Das ist nichts anderes als linke Steuerscharlatanerie. Wir haben es doch bereits hinter uns. Gerade die von Herrn Dr. Sohn in so mancher Lobeshymne gefeierten, inzwischen aber längst untergegangenen Systeme und Staaten hätten ihn doch eines Besseren belehren können. Der Glaube an den allumsorgenden Vollkaskomentalitätsstaat, der alle Wünsche finanziert, hat in den letzten Jahrzehnten gerade diese Staaten, denen Sie ja immer noch nachhängen, in die Verschuldung und damit letztendlich in den Untergang geführt.
Bei jedem Schuldenanstieg der Vergangenheit fehlte immer eine Antwort auf die wichtigste Frage: Wie sollen diese Schulden in Wahrheit wieder beglichen werden? - Schulden zu machen ist einfach, Schulden abzubauen dagegen schwer. Dieser Frage stellen sich Linke und auch manche Sozialdemokraten leider nicht.
Zur Erinnerung: Seit 40 Jahren vergeht kein Jahr in Deutschland ohne neue Schulden. Keine Finanzkrise der vergangenen Jahre ab etwa 1967 hat in Deutschland am Ende nicht zu mehr Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt geführt. Auch das, was in Deutschland auch in diesen Tagen unter dem Stichwort „Steuerschätzung“ wieder verlautbart wird, hat in Wahrheit immer dazu geführt, dass Finanzpolitiker in Deutschland eines unternommen haben, nämlich gegen die Steuerschätzung in irgendeiner Form ein Mittel zu finden. In der Regel war es immer ein Mehr an Schulden. Das heißt, die Prognose wurde zur Grundlage des eigenen Handelns gemacht. Dagegen wurde dann aber wieder mit einer entsprechenden Anhebung der Schulden anzugehen versucht.
Die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik Deutschland mit 1,7 Billionen Euro Ende dieses Jahres hat fast zur Hälfte damit zu tun, dass die Steuereinnahmen am Ende nicht in der Höhe eingetreten sind, wie sie vorher prognostiziert worden sind, und dass die Politik am Ende immer versucht hat, in irgendeiner Form einen Ausweg zu finden. Dieser Weg waren immer nur Schulden.
Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein. Die Schuldenlast eines jeden Bundesbürgers beträgt 18 600 Euro. Die Gesamtverschuldung beträgt 1,7 Billionen Euro, davon 1 Billion aufseiten des Bundes und rund 700 Milliarden Euro aufseiten der Länder. Pro Sekunde einer solchen Rede hier steigt der Schuldenberg um mal eben 4 500 Euro an, ohne dass wir irgendetwas tun.
Allein die Zinszahlungen der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von 70 Milliarden Euro sind in etwa dreimal so hoch wie das Volumen des Haushalts des Landes Niedersachsen. Also: Den Weg in die Schuldenfalle haben wir längst hinter uns. Umso wichtiger ist es, aus ihr jetzt wieder herauszugehen. Wer will, dass wir auch in Zukunft handlungsfähig sind, der muss auch den unbequemen Weg einer Schuldenbremse gehen. Wir wissen, dass die Regelungen des Artikels 115 des Grundgesetzes und des Artikel 71 der Niedersächsischen Verfassung zur Schuldenbegrenzung in den vergangenen Jahren weder angemessen noch wirkungsvoll waren.
Sehr gerne haben auch wir seit 1967 in Anlehnung an die Bundespolitik die Feststellung einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklärt. Das war immer ein bequemer Weg zu einer Schuldenaufnahme. Zum vermeintlichen Ausgleich des Haushalts wurde dann immer wieder die Nettoneuverschuldung herangezogen. Einen nachhaltigen Schuldenabbau hat es in den letzten Jahren hingegen kaum gegeben.
Die Begrenzung der Verschuldungsgrenze auf den Haushaltsvollzug war im Übrigen von Anfang an ein Fehler im System. Das Parlament konnte einen Haushalt zwar aufstellen, konnte auch eine Nettoneuverschuldung festlegen, letztendlich aber nur deshalb, weil eine Regierung - ob auf Bundes- oder Länderebene - am Ende, wenn der Haushalt verabschiedet wurde, immer selbstständig hier und da Veränderungen vornehmen konnte. Auch das hat dazu beigetragen, dass die Verschuldung immer weiter angestiegen ist.
Ein Ergebnis der Föderalismuskommission ist auch, dass man sich jetzt darauf geeinigt hat, dieses System zu verändern. Das heißt, zukünftig wird sich die Schuldenbremse sowohl auf die Haushaltsaufstellung als auch auf den Haushaltsvollzug beziehen, einschließlich der Sanktionierungsmöglichkeiten. So etwas hat es in Deutschland bisher noch nie gegeben, nämlich die Verpflichtung der öffentlichen Hand, einen konkreten Tilgungsplan vorzulegen und zu sagen, dass man das, was man jetzt notwendigerweise aufgrund einer Katastrophe oder wie auch immer aufnehmen musste, innerhalb von X Jahren wieder abbauen werde. Deshalb ist das Signal des Bundes und der Länder - bis auf die Fraktion DIE LINKE - genau richtig: Schluss mit der Spendierhosenmentalität und mit ungedeckten Schecks auf die Zukunft!
Wie es richtig geht und funktionieren kann, haben wir in Niedersachsen seit 2003 exzellent vollzogen und vorgemacht.
Wenn es einer Landesregierung wie unserer gelingt, die Nettoneuverschuldung seit 2003 um 90 % zurückzuführen, dann ist mir auch nicht bange, wenn nicht durch unser Verschulden, sondern letztendlich durch weltweites Verschulden eine Finanzkrise entstanden ist, die dazu führt, dass wir in den Jahren 2009 und 2010 voraussichtlich bis zu 5 Milliarden Euro weniger an Steuern einnehmen werden. Auch wenn wir in einer solchen Situation zu einer Neuverschuldung kommen müssen, bin ich mir sicher, meine Damen und Herren, dass es dieser Landesregierung und der sie tragenden Mehrheit hier im Parlament gelingen kann, auch die dann erhöhte Nettoneuverschuldung in den nächsten Jahren wieder zurückzuführen. Wir haben nämlich den Mut bewiesen, unbequeme Entscheidungen in Niedersachsen nicht nur anzusprechen, sondern im Gegensatz zu Ihnen auch umzusetzen.
Insofern, meine Damen und Herren: Die Diskussion über die Eigenstaatlichkeit der Länder und über die Frage, ob das, was durch das Grundgesetz vorgeschrieben werden soll, in die Haushaltsautonomie der Länder eingreift, ist eine akademische Frage.
Letztendlich geht es darum, dass wir auch eine Solidarität zwischen den Ländern sicherstellen müssen, die in der Vergangenheit auf Kosten der jeweils anderen Länder - ob es nun die Beitragsfreiheit des Besuchs von Kindergärten war, komplett oder wie auch immer - nie darauf Rücksicht genommen haben, dass es eine Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand gibt, frei nach dem Motto: Was interessieren mich meine Nachbarn? Irgendwann werden sie mich schon durchschleppen. - So kann es natürlich auch nicht weitergehen. Deshalb sitzen Bund und Länder hier in einem gemeinsamen Boot.
Ich komme zum Schluss. - Die Schuldenbegrenzung, die Schuldenbremse, ist das wichtigste Instrument für die kommenden Jahrzehnte, um die Handlungsfähigkeit Deutschlands und auch unseres Bundeslandes sicherzustellen.
Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte, Herr Adler!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Althusmann, wenn wir uns gegen eine Schuldenbremse aussprechen, dann heißt das ja nicht, dass wir immer Schulden machen wollen, sondern das heißt, dass das Parlament aufgrund seiner Finanzhoheit darüber entscheiden soll - je nach dem, wie die politischen Mehrheiten sind -, ob in einer jeweiligen Situation die Neuaufnahme von Schulden angemessen ist oder nicht. Wir möchten, dass die Entscheidung über diese Frage dem Parlament und damit dem demokratischen Prozess obliegt.
Wenn Sie diese Schuldenbremse von oben, vom Bund her, einführen, entmündigen Sie das Parlament und schwächen den demokratischen Prozess im Land Niedersachsen. Das muss Ihnen eigentlich klar sein.
Letztendlich schaffen Sie einen Zwang, auf den Sie sich später beim Sozialabbau berufen können. Ich glaube, das ist Ihre eigentliche Strategie dabei.
Sie haben die Vorbilder angesprochen, die die Linke verfolgt. Ich will Ihnen sagen, welche Vorbilder das sind. Alle diese Vorbilder können Sie in Europa und zum Teil auf in den USA finden. Die Vermögensteuer ist keine Erfindung der DDR. Die Vermögensteuer hat es auch in der Bundesrepublik gegeben, und es gibt sie auch in vielen anderen europäischen Ländern und in den USA. Auch die Börsenumsatzsteuer gibt es in verschiedenen europäischen Ländern, wie z. B. in Irland und in skandinavischen Ländern. Wenn Sie uns angreifen, dann sollten Sie qualifizierter vorgehen. Orientieren Sie sich an den Vorbildern, die wir Ihnen genannt haben und auch weiterhin nennen werden.
Meine Damen und Herren, eine Erwiderung wird nicht gewünscht. - Ich gebe dann das Wort Herrn Grascha für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE versucht mit diesem Antrag wieder einmal, sich als Hüterin des Sozialstaates aufzuspielen.
Es werden Rezepte verordnet, die noch nirgends auf der Welt gewirkt haben. Denn ich glaube nicht, Herr Adler, dass diejenigen Staaten, die Sie hier genannt haben, am Ende Ihre Vorbilder sind. Wenn Sie von „Systemwechsel“ sprechen, dann müssen Sie von anderen Staaten sprechen. Insofern bin ich mir sicher, dass die Rezepte, die Sie vorschlagen, noch nirgends auf der Welt gewirkt haben. Am Ende würden Sie hier in unserem Land dazu beitragen, dass das gesamte wirtschaftliche und gesellschaftliche System infrage gestellt wird.
(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie sollten sich mal bilden! Sie wissen doch gar nicht, worüber Sie reden!)
Die Linke bezieht sich in ihrem Antrag auf Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes. Dort steht - ich zitiere -:
Die entscheidende Frage ist nun, wie man „sozial“ definiert. Sozial ist für die Linke, das Geld möglichst zu verteilen, und zwar nach Möglichkeit weg von den Fleißigen; denn in einer sozialistischen Gesellschaft darf sich Leistung bitte schön nicht lohnen.
Was ist aber nun wirklich soziale Politik? - Das lateinische Wort „socius“ bedeutet gemeinsam und verbündet. Für die FDP-Fraktion bedeutet die Schuldenbremse, einen Verbund mit der nächsten Generation einzugehen.
Sozial müssen wir auch gegenüber der nächsten Generation sein. Deswegen muss mit der Spendierpolitik der Vergangenheit Schluss sein.
Soziale Politik bedeutet, dass die heutige Generation mit dem Geld auskommt, das heute zur Verfügung steht, und nicht das Geld der nächsten Generationen verfrühstückt.
Die FDP hält die zwischen dem Bund und den Ländern verabredete Schuldenbremse im Grundsatz für richtig. 2020 ist uns allerdings zu spät. Wir sollten in Niedersachsen prüfen, ob wir über die Landesverfassung oder die Landeshaushaltsordnung einen eigenen, besseren Weg gehen können. Politisch unterstützen wir also die Schuldenbremse.
Verfassungsrechtlich sei es aber auch von unserer Seite erlaubt, ein kleines Fragezeichen zu setzen, ob hier nicht auf rechtlich zweifelhafte Weise in das Budgetrecht der Länder eingegriffen wird.
(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE] - Zuruf von der SPD: Das klären Sie doch erst einmal in der Koalition!)
Ich komme zum nächsten Punkt Ihres Antrages: Der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE, eine Steuersenkungsbremse im Grundgesetz zu verankern, muss auf die arbeitenden Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und die vielen kleineren und mittleren Betriebe wirklich wie Hohn wirken. Auch hier wird wieder einmal suggeriert, dass Deutschland aufgrund der relativ niedrigen Steuerquote quasi ein Niedrigsteuerland sei. Entscheidend ist aber, mit wie vielen Steuern und Abgaben die Bürger und die Betriebe tatsächlich direkt belastet sind. Wenn ein Facharbeiter in unserem Land schon heute den Spitzensteuersatz zahlt und mit 50 % belastet ist, dann kann man wohl kaum von einer Steuersenkungspolitik der vergangenen Jahre sprechen.