Deshalb bleibt es für meine Fraktion dabei: Wir brauchen ein faires und einfaches Steuersystem, das die Mitte unserer Gesellschaft entlastet.
Zur Vermögensteuer: Die Linke zitiert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mit einem Vorschlag aus dem Jahre 2002. Ich wünsche mir, dass die Linke genauso lernfähig wie das DIW ist. Für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen untersuchte das DIW 2004 verschiedene Modelle einer Vermögensbesteuerung und kam am Ende zu dem Ergebnis, dass eine Vermögensteuer am besten gar nicht eingeführt werden sollte. Wir sehen dies als Liberale genauso.
Zum Schluss gehe ich noch auf die Vorschläge der Linken zum Steuervollzug ein. Erstens sind die Vorstellungen nach dem Motto „Je mehr Personal, desto mehr Steuereinnahmen“ - all dies wird auch noch linear hochgerechnet - aus meiner Sicht ziemlich naiv. Aber das können wir im Ausschuss gerne näher diskutieren. Zweitens wird deutlich, dass nach Ihrem Weltbild der Bürger für den Staat da ist. Wir sehen dies gänzlich anders. Der Staat ist für die Menschen da.
Zu den linken Vorschlägen passt eher das von Professor Paul Kirchhof geprägte Bild der Hydra als Staat. Dieses vielköpfige Ungeheuer hält unser Land fest im Griff und schafft mit immer mehr Regeln und üppigen Geldleistungen mehr Ungerechtigkeiten und hinterlässt resignierte Bürgerinnen und Bürger. Dies mag, meine sehr geehrten Kolle
ginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, das Bild sein, das Sie von unserem Staat haben. Unser Bild ist es nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe nur kurz auf die Frage der Steuersenkungsbremse ein, die Sie thematisiert haben, und trage Ihnen kurz vor, was wir als Entwurf einer solchen Steuersenkungsbremse vorschlagen. Bei der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote soll das Niveau des Jahres 2008 nicht unterschritten werden. Dann kommt der entscheidende Satz:
„sind nur zulässig, wenn ein gesetzlicher Ausgleich zur Gewährleistung der Steuerdeckungsquote, die das Niveau des Jahres 2008 nicht unterschreitet, erfolgt (Ausgleichspflicht).“
Dies hat folgenden Kerngedanken - das ist mit dem Stichwort „Skandinavien“ von Herrn Jüttner und eben auch von Herrn Adler angesprochen worden -: Sie haben in den letzten 20 Jahren eine Politik verfolgt, den Staat unentwegt zu schwächen und die Privatschatullen der Vermögenden und Unternehmen zu füllen. Mit dieser Politik, die immer damit begründet wurde, dies sichere die Arbeitsplätze der Zukunft und stärke die Wirtschaft und damit auch die einzelnen Menschen im Lande, gehen Sie in diesen Monaten grandios baden. Dies allein wäre mir egal. Aber mit Ihnen gehen Millionen von Menschen ebenfalls grandios baden. Deshalb wollen und werden wir diese Politik beenden, und deshalb muss der Staat gestärkt werden. Die Politik der permanenten Steuersenkung und der Aushungerung des Staates muss ein Ende haben, weil sonst die Krise, die Sie angerichtet haben, unentwegt so weitergeht.
Ich danke Ihnen herzlich, Herr Präsident. - Hier geht es um eine Diskussion, die im Grunde schon mehrfach geführt wurde. Die Priorität, die von der Politik gesetzt werden muss, ist eindeutig: Wir müssen die Schulden reduzieren und daran arbeiten, unser Finanzsystem, unser Haushaltssystem in den Griff zu bekommen. Die Priorität, jetzt eine Steuersenkungsbremse einzubauen, ist aus meiner Sicht eine reine Nebelkerze. Die Politik, die Sie mit den Steuererhöhungen und der Verbesserung der Einnahmesituation verfolgen, führt am Ende dazu, dass wir gar keine Bemessungsgrundlage mehr haben, um diese Einnahmen zu generieren. Insofern bleibt es dabei: Die Schuldenbremse ist richtig, aber eine Steuersenkungsbremse geht völlig an der Realität vorbei.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE enthält eine Vielzahl von Themen und auch einige altbekannte Forderungen der Linken, über die wir in diesem Hause schon diskutiert haben. Daher werde ich - etwas anderes würde auch den Rahmen dieser Rede sprengen - nicht auf alle Themen eingehen können.
Eines erscheint mir aber als sehr wichtig: Wir haben hier auch heute wieder eine sehr populäre Kritik an der Ausgabenpolitik des Staates gehört. Sie mag manchmal sogar berechtigt sein. Wer aber die Forderung aufstellt, die staatliche Ausgabenpolitik gehöre insgesamt auf den Prüfstand, darf dabei eines nicht vergessen: Aus den Budgets von Bund, Ländern und Gemeinden werden unverzichtbare staatliche Leistungen und Entwicklungen finanziert. Dazu gehören sowohl gezielte Förderungen sowie Ausgleichs- und Sozialleistungen als wesentliche Beiträge zur gesellschaftlichen Entwicklung als auch die Sicherstellung der öffentlichen Infrastruktur in den Bereichen der Bildungseinrichtungen - wer weiß dies besser als wir hier in
Niedersachsen? -, der Versorgung und der Mobilität. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise hat eindrucksvoll verdeutlicht, dass gerade in besonders schwierigen Zeiten ein handlungsfähiger Staat unverzichtbar ist.
Eine hohe Staatsverschuldung, die einen großen Teil des staatlichen Budgets für Zinszahlungen bindet, schränkt aber die Handlungsfähigkeit des Staates ebenfalls massiv ein. Die Wahrung der Handlungsspielräume für nachfolgende Generationen durch stabile und gesicherte öffentliche Finanzen ist daher eine zentrale Voraussetzung für eine verantwortliche Finanzpolitik.
Die bereits gültigen gesetzlichen Schuldenregelungen einschließlich der Maastricht-Kriterien zur Begrenzung der Staatsverschuldung haben den massiven Anstieg der Staatsverschuldung in den letzten Jahren nicht verhindern können. Angesichts dieser hohen Verschuldung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden und der weitestgehenden Wirkungslosigkeit der auf Bruttoinvestitionen bezogenen Kreditobergrenze in Artikel 115 des Grundgesetzes und in ähnlichen Normen der Landesverfassungen stehen wir auch dazu, dass wir neue, effektivere Schuldenregelungen für Bund, Länder und Gemeinden benötigen.
Eine Schuldenregelung ist aber nur dann glaubwürdig, wenn sie auch tatsächlich einzuhalten ist und nicht nur Symbolpolitik beinhaltet. Ein höherer oder niedrigerer Schuldenstand ist nämlich keineswegs vollständig oder auch nur überwiegend das Ergebnis autonomer politischer Entscheidungen auf der jeweiligen staatlichen Handlungsebene, sondern hat in einem hohen Maße strukturelle Gründe. Es war übrigens der frühere Ministerpräsident Ernst Albrecht, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, der vor einigen Jahren bundesweit auf diese Problematik hingewiesen und für die Bewältigung struktureller Probleme die Unterstützung des Bundes eingefordert hat. Im Gegensatz dazu versucht die heutige Landesregierung immer wieder, den Eindruck zu erwecken, der erfreulicherweise positive Haushaltsverlauf der letzten Jahre sei ausschließlich Ergebnis eigenen Tuns. Die Steuermehreinnahmen der letzten Jahre sind offensichtlich vom Himmel gefallen. Heute Morgen durften wir dann erfahren, dass negative Entwicklungen, wie wir sie jetzt zu verzeichnen haben, ausschließlich der Wirtschaftskrise zugeschrieben werden. - Das ist Logik à la CDU und FDP.
Unverzichtbar ist für jede staatliche Ebene eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, mit der in wirtschaftlichen Normalsituationen der Haushaltsausgleich möglich ist. Niedersachsen kann seine Einnahmeentwicklung allerdings kaum selbst beeinflussen. Seine Finanzkraft hängt wesentlich von der Steuerpolitik auf der Bundesebene ab. Die Einflussmöglichkeit besteht nur mittelbar über den Bundesrat.
Die Grenzen der Vorhersehbarkeit staatlicher Einnahmen werden uns gerade in diesen Tagen eindrucksvoll vor Augen geführt. Ein Blick in die aktuelle und noch gültige mittelfristige Finanzplanung des Landes Niedersachsen zeigt, dass die tatsächliche Entwicklung alle Einnahmeerwartungen über den Haufen geworfen hat.
Aber auch die Handlungsspielräume auf der Ausgabenseite sind bekanntlich mehr als gering. Standards werden den Ländern häufig vom Bund vorgegeben. Auch im Personalbereich gibt es kaum Möglichkeiten, die Ausgabenentwicklung zu beeinflussen. Der Staatsgerichtshof hat daher bekanntlich vor einigen Jahren die sogenannte freie Spitze in Niedersachsen auf weniger als 5 % beziffert.
Wenn wir in Niedersachsen unsere Einnahmen, wie beschrieben, nicht beeinflussen können, die Ausgaben auch nur bedingt, dann führt das mit der jetzigen Grundgesetzänderung beabsichtigte absolute Neuverschuldungsverbot dazu, dass unsere politische Handlungsfähigkeit gleich null sein wird.
Wir halten Grundsätze der Haushaltspolitik auf der Bundesebene für wichtig und richtig. Die Einführung von konkreten Schuldenregelungen muss aber den Ländern vorbehalten bleiben und in den Landesverfassungen geregelt werden. Sie bedürfen der konstitutiven Mitwirkung durch die Landesparlamente - denn wir haben das Budgetrecht - und dürfen uns nicht durch die Änderungen des Grundgesetzes übergestülpt werden.
Sparen in der Krise mache keinen Sinn - so die heutige Aussage des Ministerpräsidenten -, und daher seien Ausgabenkürzungen zur Haushaltskonsolidierung zurzeit nicht opportun. Gleichzeitig
wird aber der Eindruck erweckt, Niedersachsen sei in der Lage, die Vorgaben eines Neuverschuldungsverbotes, wie es jetzt geplant wird, einzuhalten.
Meine Damen und Herren, dazu reichen Ihnen weder die Ausnahmeregelungen für die konjunkturelle Verschuldung noch die lange Übergangszeit bis zum Jahre 2020. Niemand kann heute absehen, wie lange die konjunkturelle Schwächephase dauern wird. Auch Konjunkturverläufe sind - das zeigt uns die Geschichte - eben nicht vorhersehbar und verlaufen auch nicht symmetrisch.
Die Verpflichtung, in konjunkturell guten Zeiten Schulden zurückzuführen, kann auch nur dann eingehalten werden, wenn Einnahmeüberschüsse in konjunkturell positiven Jahren nicht durch Steuersenkungsbeschlüsse minimiert werden. Sie aber, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, fordern selbst in konjunkturell schwierigen Zeiten Steuersenkungspakete. Das ist nicht zu verantworten.
Die Antwort auf die Frage, wie Sie unter diesen Vorgaben einen einhaltbaren Tilgungsplan aufstellen wollen, sind Sie bisher schuldig geblieben. Das gilt auch für die Frage, wie künftig große Infrastrukturprojekte wie z. B. der JadeWeserPort finanziert werden sollen. Verlassen Sie sich ausschließlich darauf, dass private Investoren das leisten? - Das hat dann mit gestaltender Politik nichts mehr zu tun.
Es ist auch nicht verantwortbar, dass wir künftigen Generationen eine dramatisch schlechtere Infrastruktur vererben.
Ihnen liegt doch so viel an Generationengerechtigkeit. Für solche Maßnahmen muss weiterhin die Möglichkeit der Kreditfinanzierung bestehen, mit einem verbindlichen Tilgungsplan, wie das auch seriöse Kaufleute tun.
Meine Damen und Herren, wir sind gerne bereit, uns an der Ausgestaltung einer sinnvollen und einhaltbaren Schuldenregelung zu beteiligen, und werden das in den Ausschussberatungen auch verdeutlichen. Eines werden wir aber nicht unter
stützen: eine Schuldenbremse, die niemand einhalten kann oder will und die, wenn sie ernst genommen würde, zur Handlungsunfähigkeit unseres Landes Niedersachsen führen und Niedersachsen zu einer unteren Verwaltungseinheit des Bundes degradieren würde.
Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!