Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

Dass die Anhörung gut verlaufen ist, erkennt man daran, dass wir die wesentlichen Anregungen der Angehörten zu den Hochschulräten, zu den Rechten der Senate und zur Freiheit der organisatorischen Gestaltung berücksichtigt haben.

Einige Punkte müssen wir bei einer solchen Defusion aber berücksichtigen: Es muss unser Anliegen sein, dass das Geld, das wir den Hochschulen für ihre Arbeit zur Verfügung stellen können, möglichst nicht in Verwaltung fließt, sondern in Forschung und Lehre. Deshalb war es folgerichtig, zu sagen: Selbst dann, wenn wir aus einer großen Fachhochschule, die nicht funktionieren konnte und sich intern behindert hat, zwei Fachhochschulen machen, muss nicht zwingend ein Mehr an Verwaltung produziert werden, sondern war es richtig und klug, diesen herausragenden Leuchtturm im Nordwesten, die Universität Oldenburg, zu bitten, einzelne Elemente der Verwaltung der neuen Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth mit zu übernehmen. Das war ein richtiger und kluger Schritt. Außerdem war es richtig, den in der Anhörung von den Hochschulen gegebenen Hinweis aufzunehmen, die gesagt haben: Wir möchten etwas Zeit, damit wir selbst diese richtige Anre

gung klug umsetzen können. - Das hat mir sehr gut gefallen.

Es ist richtig, klug und zukunftsweisend, dass die Universität Oldenburg mit beiden neuen Fachhochschulen zusammenarbeitet, aber eben insbesondere mit der Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, weil die regionale, zum Teil sogar die lokale Verbundenheit gegeben ist. Es ist richtig, im Zusammenhang mit den Bachelor- und Masterstudiengängen Forschungsaktivitäten und Studiengänge dort aufeinander abzustimmen, wo es sich anbietet.

Aber wenn man das möchte, wenn man zwei souveräne, autonome Hochschulen enger aneinanderführen möchte, also in eine Kooperation, aber nicht immer von oben gängeln will, dann muss man auch eine Struktur mitliefern, dann muss man es schaffen, dass diejenigen gefördert werden, die in das Gelingen verliebt sind, und nicht jene wieder unterstützt werden, die lieber das Verhindern anstreben.

(Beifall bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund ist auch der gemeinsame Lenkungsausschuss, der in dieses Gesetz Einzug gehalten hat, richtig. Der Vorsitzende des gemeinsamen Lenkungsausschusses kann nicht gegen die Hochschulräte eingesetzt werden, eine Entwicklungsplanung kann nicht gegen die Senate der einzelnen Hochschulen durchgeführt werden, und Abstimmungen innerhalb des Lenkungsausschusses, die eine Hochschule betreffen, können nicht gegen die Position des Präsidenten dieser Hochschule getroffen werden; es sei denn, das Ministerium stimmt der Entscheidung zu. Es ist also eine völlig falsche Wahrnehmung, dieser Lenkungsausschuss würde in die Autonomie der Hochschulen eingreifen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das se- hen Juristen aber anders!)

- Ach, wissen Sie, Frau Dr. Andretta, Jurist bin ich ja auch selber. Insofern können Sie nicht „alle Juristen“ sagen. Mindestens hier steht einer, der es nicht so sieht.

Sie haben angekündigt, dass Sie zum Staatsgerichtshof gehen. Das ist nun der letzte Versuch. Gewaltige Drohung! Wir empfinden das aber nicht so. Der Gang zum Staatsgerichtshof ist Ihr gutes Recht. Tun Sie das! Aber nehmen Sie auch zur Kenntnis, was die politische Folge sein kann! Wenn man es so machen würde, wie Sie es wollen, dann würden Sie Strukturentscheidungen

durch das Ministerium statt durch die Hochschulen fördern. Sie würden der Fusion von Hochschulen erneut das Wort reden, obwohl doch gerade Sie selbst mit Ihrer Idee, wie Sie oft genug eingeräumt haben, bei der Fusion von Hochschulen völlig gescheitert sind.

Vor diesem Hintergrund macht es keinen Sinn, den Lenkungsausschuss mit Blick auf die Hochschulautonomie abzulehnen. Seine Nichteinführung würde in die Hochschulautonomie eingreifen. Damit drehen Sie sich im Kreis. Aber das haben Sie bis zum Schluss nicht verstehen können.

Ich habe insgesamt die Beratungen im Ausschuss als sehr angenehm empfunden. Ich finde, dass wir konstruktiv und gut miteinander diskutiert haben. Wir haben häufig Anregungen entgegengenommen, weil Sie lange die Position verfolgt haben, dass Sie dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen würden. Am Ende hatte ich doch den Eindruck, dass Sie einem Gesetzentwurf der CDU und der FDP nicht zustimmen wollen. Einen echten sachlichen Grund hat es zum Schluss nicht mehr gegeben, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das werde ich Ihnen gleich erklären!)

Insofern würde ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich weiß aber, Sie werden es nicht tun. Macht nichts. Dann machen wir es eben ohne Sie. Es ist wichtig, dass die Fachhochschulen ein vernünftiges Gesetz bekommen, dass die Fachhochschulen arbeiten können. Dafür werden wir jetzt sorgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun hat Frau Dr. Andretta von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön!

(Im Plenarsaal klingelt ein Handy)

- Einen Moment, bitte! Gibt es irgendwo ein Handy, das noch angeschaltet ist? - Dann machen wir das doch einfach aus, und dann wäre es gut.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist doch verboten! Eine Mark in die Kasse!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Teilung der Fachhochschule OOW in zwei selbstständige Fachhochschulen, die Fachhochschule

Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth und die Fachhochschule Emden/Leer, wird von der SPDFraktion - Herr Nacke, um der Legendenbildung vorzubeugen - nach wie vor mitgetragen und unterstützt.

Nicht zustimmen werden wir allerdings dem vorgelegten Gesetzentwurf. Denn er gefährdet den Erfolg der Selbstständigkeit der Fachhochschulen, er stellt einen tiefen Eingriff in die Hochschulautonomie dar, und er missachtet die in unserer Verfassung garantierte Wissenschaftsfreiheit.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird, was ich sehr bedauere, die Chance für einen von einer breiten Mehrheit im Landtag getragenen und kraftvollen Neubeginn vertan. Aber ein Neubeginn ist bitter notwendig.

Es hat sich gezeigt, dass die Erwartungen, die der Gesetzgeber vor zehn Jahren mit der Fusion verband, nicht eingetreten sind. Es ist in der Vergangenheit weder gelungen, das Studienangebot standortübergreifend neu zu ordnen und das Forschungsangebot abzustimmen, noch ist es gelungen, ein gedeihliches Zusammenwirken der Beteiligten zu erreichen. Sie haben dazu einiges gesagt, Herr Kollege. Kurzum: Die Chancen der Fusion wurden nicht genutzt, und die Fusion - auch das sage ich - war damals eine Chance. Die drei Fachhochschulen waren zu klein, um im neu eingeführten Finanzierungssystem der leistungsbezogenen Mittelvergabe überleben zu können. Hinzu kamen Parallelangebote an den verschiedenen Standorten, die nicht ausgelastet waren. Mit der Fusion sollten deshalb die Wettbewerbsfähigkeit der Fachhochschule verbessert und durch Einsparung bei der Verwaltung zusätzliche finanzielle Handlungsspielräume für neue Studienangebote der Hochschule geschaffen werden.

Doch leider kam es anders. Es gab in der Verwaltung durchaus positive Effekte und Synergien, nicht aber in der Forschung und Lehre. Konkurrenzen blieben. Animositäten wurden gepflegt. Trotz mehrfacher Anläufe kam es zu keiner gemeinsamen Entwicklungsplanung.

Meine Damen und Herren, die Fusion ist gescheitert. Die Herausforderungen von damals sind jedoch geblieben, und diese sind für die beiden Fachhochschulen enorm. Es geht für sie darum, auch dann noch genügend Studierende zu haben, wenn demografisch bedingt die Studierendenzahlen zurückgehen. Und es geht darum, sie so auf

zustellen, dass sie ihre wichtige Aufgabe, Motoren regionaler Entwicklung zu sein, erfüllen können. Mögliche Entwicklungsperspektiven für die neuen Fachhochschulen werden von der Strukturkommission aufgezeigt und werden von uns ausdrücklich unterstützt. Dazu gehören:

Erstens. Für die Fachhochschule Emden/Leer muss ein Wachstum auf dauerhaft über 4 000 Studierende gesichert werden.

(Beifall bei der SPD)

Empfohlen werden der Ausbau des Fachbereichs Sozialarbeit und Gesundheit und neue Studienangebote im Fachbereich Technik. Die Seefahrtausbildung am Standort Leer muss gestärkt und ein eigener Fachbereich werden.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Die Fachhochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth muss ihr Profil maritime Wirtschaft, Logistik, Meerestechnik und Tourismuswirtschaft ausbauen, neue Studienangebote entwickeln und mit der Universität Oldenburg in Forschung und Lehre enger kooperieren.

(Beifall bei der SPD)

Die Strukturkommission, meine Damen und Herren, hat aber auch deutlich gemacht, dass der Neustart nur dann gelingen kann, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören:

Erstens. Die für die Entflechtung entstehenden Kosten müssen komplett vom Land ausgeglichen werden. Geschieht dies nämlich nicht, müssen die Hochschulen den Aufbau ihrer Verwaltung aus den Mitteln für Forschung und Lehre finanzieren. Damit schneidet man ihnen den Ast ab, auf dem sie sitzen.

(Zurufe von der CDU: Warten Sie doch mal ab!)

Zweitens. Zusätzlich muss das Land eine Anschubfinanzierung als Anreiz zur Kooperation leisten. Ich erinnere daran, dass schließlich auch der NTH Brautgeld gezahlt wurde. Ich finde, das Gleiche dürfen jetzt auch die Fachhochschulen im Nordwesten erwarten.

(Beifall bei der SPD)

Leider steht aber zu diesen beiden Punkten im Gesetz nichts Konkretes drin. Eine Kostenfolgenabschätzung der Entflechtung wurde von uns und dem Landesrechnungshof mehrfach angefordert,

doch bis heute ist der Minister dieses schuldig geblieben, obwohl - und auch das hat der Landesrechnungshof festgestellt - eine Berechnung der Kostenfolgen nicht nur möglich ist, sondern laut Landesverfassung auch Pflicht ist.

(Beifall bei der SPD)

Doch, meine Damen und Herren - wir erfahren das ja nicht zum ersten Mal -: Bei dieser Landesregierung scheint unsere Verfassung nicht hoch im Kurs zu stehen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt allerdings!)

Damit komme ich zu dem Punkt, der es meiner Fraktion unmöglich macht, dem Gesetz unsere Zustimmung zu geben. Die Landesregierung will überhaupt keine echte Defusion, sondern schafft in Bezug auf die Universität Oldenburg und die Fachhochschule WOE einen Zwitter von staatlichem Regiebetrieb und scheinselbstständigen Hochschulen. Das kann nicht gut gehen, und das ist verfassungswidrig.

(Beifall bei der SPD)

Die Universität Oldenburg und die Fachhochschule WOE werden gezwungen, als zentrales Organ der Hochschulen einen gemeinsamen Lenkungsausschuss einzurichten. Dieses Gremium hat drei stimmberechtigte Mitglieder. Zwei Mitglieder kommen jeweils aus den Präsidien der beiden Hochschulen. Das dritte Mitglied wird vom Minister eingesetzt und übernimmt auch den Vorsitz. Nicht mehr der Senat der beiden Hochschulen, sondern der Lenkungsausschuss wird künftig über die Entwicklungsplanung der Hochschulen entscheiden.

(Jens Nacke [CDU]: Falsch! Das stimmt nicht!)

Es ist aber gerade die Entscheidung über die Entwicklungsplanung, die den Kernbestand der Selbstverwaltung ausmacht.