Es ist aber gerade die Entscheidung über die Entwicklungsplanung, die den Kernbestand der Selbstverwaltung ausmacht.
Wir haben bereits einen Hochschulrat, in dem das Ministerium vertreten ist. Zukünftig werden wir ein Gründungspräsidium haben, das vom Minister eingesetzt wird. Hinzu kommt der Lenkungsausschuss, dem drei stimmberechtigte Mitglieder angehören, davon zwei vom Minister eingesetzt. Doch damit nicht genug: Treffen zwei Mitglieder
eine Entscheidung zulasten und gegen das Votum des dritten Mitglieds, entscheidet - wer? - der Minister.
Warum übernehmen Sie eigentlich nicht gleich die Hochschule als untergeordnete Behörde? - Mit Hochschulautonomie hat diese Veranstaltung jedenfalls nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren!
In der Anhörung ist der Gesetzentwurf bei den Hochschulen mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Nicht nur der Lenkungsausschuss wurde abgelehnt. Abgelehnt wurde auch die unverständlich lange Amtszeit des eingesetzten Gründungspräsidiums von sechs Jahren. Ich frage mich: Welche Persönlichkeit will sechs Jahre lang eine Hochschule führen, eingesetzt von des Ministers Gnaden und ohne eine demokratische Legitimation durch den Senat?
Sie sehen: Der ganze Gesetzentwurf ist geprägt von tiefem Misstrauen gegenüber den Hochschulen. Völlig zu Unrecht! Die Hochschulen unterstützen ausdrücklich eine engere Zusammenarbeit. Es geht also gar nicht um das Ob der Zusammenarbeit, sondern um das Wie. Hier fordern die Hochschulen zu Recht, dass die Kooperation auf Augenhöhe stattfindet, d. h. konkret: unter Wahrung der Autonomie und Eigenständigkeit der beteiligten Hochschulen. Genau diese wird vom Gesetz ausgehöhlt.
Wir lehnen jede Zwangskooperation ab und folgen dem Senat der Universität Oldenburg, der zur Abstimmung der Zusammenarbeit in der Entwicklungsplanung die Einrichtung eines Kooperationsausschusses mit beratender Funktion vorschlägt. Genau diese Möglichkeit sieht das NHG in § 36 a bereits vor. Auf zusätzliche gesetzliche Regelungen kann hier also getrost verzichtet werden.
Das Gesetz, meine Damen und Herren, ist aber nicht nur bei den Hochschulen durchgefallen. Auch die Landtagsjuristen haben mit Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Oktober 2004 zur Wissenschaftsfreiheit verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht.
Für uns steht fest: Die Schaffung eines gemeinsamen Lenkungsausschusses stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in Artikel 5 Abs. 3 des
Grundgesetzes und Artikel 5 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung dar. Dort wird den Hochschulen das Recht auf Selbstverwaltung garantiert. Sollte der Gesetzentwurf heute unverändert beschlossen werden, Herr Nacke, wird meine Fraktion in der Tat eine verfassungsgerichtliche Prüfung beantragen. Eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit werden wir nicht akzeptieren. Wir lehnen deshalb den Gesetzentwurf heute ab!
Zu dem Beitrag von Frau Dr. Andretta liegt eine Kurzintervention von Herrn Nacke vor. Sie haben anderthalb Minuten, Herr Nacke!
Frau Kollegin Dr. Andretta, über Ihren Vortrag bin ich schon ein bisschen enttäuscht. Sie haben die Standorte der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven vor zehn Jahren durch eine völlig verfehlte Planung und ein völlig danebenliegendes Gesetz zwangsfusioniert, ohne die Standorte nach ihren tatsächlichen Bedürfnissen zu fragen. Diese Standorte sind zehn Jahre lang durch SPD-Entscheidungen aufgehalten worden!
Und jetzt spielen Sie sich hier als Hohepriesterin auf. Kein Wort der Entschuldigung, kein Wort von: Entschuldigung, dass wir etwas falsch gemacht haben. Es tut uns leid, dass wir euch aufgehalten haben. - Jetzt wollen Sie auch noch den zukunftsweisenden Weg verhindern. Es ist ein Skandal! Ich hätte schon erwartet, dass Sie hier ein bisschen zurückhaltender argumentieren.
Herr Kollege Nacke, ich habe begründet, dass die damalige Entscheidung für eine Fusion eine Überlebensfrage der Hochschulen gewesen ist.
Das waren die drei kleinsten Hochschulen mit den wenigsten Mitteln. Die Auslastung der Studienangebote lag unter 30 %. In dieser Situation nicht zu handeln, wäre verantwortungslos gewesen.
Lassen Sie mich noch etwas zu den vergangenen zehn Jahren sagen: Wir waren nicht die letzten zehn Jahre in der Regierungsverantwortung.
Ich möchte daran erinnern, dass diese Landesregierung seit fast sechs Jahren regiert. Und was ist an diesen Fachhochschulen passiert? - Nichts ist passiert.
Diese Hochschule ist durch die Unfähigkeit dieses Ministers, endlich eine Entscheidung zu treffen, in schweres Wasser geraten. Das ist die Wahrheit!
(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Ich war damals dabei, Herr Nacke! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Das ist ja noch schlimmer! Dann müssten Sie es doch besser wissen!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fachhochschulen im Nordwesten unseres Landes stehen vor einem Neubeginn. Nach der missglückten Zwangsfusion aus dem Jahr 1999 ist nun die Chance da, dass die beteiligten Hochschulen in der neu entstandenen Eigenverantwortung zu neuen Ufern aufbrechen können.
Unstrittig ist die Teilung der bisherigen Fachhochschule in die neuen Standorte. Die Eigenständigkeit der Standorte wird dazu führen, dass die Identifikation vor Ort größer wird und dass die Kompetenzen klar geregelt sind.
fleth und der Universität Oldenburg. Für uns als FDP-Fraktion ist immer wichtig gewesen, dass diese Kooperation auf Augenhöhe stattfindet. Sowohl bei den Verwaltungen als auch im akademischen Bereich ist unsere Vorgabe durch dieses Gesetz voll erfüllt worden.
Ich darf mich bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ministerium und den Fraktionen sowie - auch Kollege Nacke hat dies bereits gemacht - beim GBD sehr herzlich für den guten und reibungslosen Verlauf der Beratungen bedanken.
Sehr bedauerlich, liebe Frau Dr. Andretta, finde ich allerdings die Verweigerungshaltung der SPDFraktion in dieser Frage. Bei der Festlegung des Verfahrens - was Sie auch heute kritisieren - haben wir damals Übereinstimmung erzielen können. Allerdings hat der weitere Beratungsverlauf gezeigt, dass Sie über Ihre Verweigerungshaltung leider nicht hinweggekommen sind.
Die Fraktionen der CDU und der FDP haben auf die geäußerten Bedenken in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf reagiert. Sie hingegen sind stur bei Ihrer Position geblieben.
Das politische Signal einer breiten Mehrheit für unsere Fachhochschulen im Nordwesten haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der SPDFraktion, leider verspielt.
Für meine Fraktion war es wichtig, kritische Punkte bei der Anhörung aufzugreifen und sie im Gesetz noch umzusetzen. Wir wollen die beteiligten Hochschulen möglichst mitnehmen. Ich meine, dies ist gelungen.
Wir haben die Abwählbarkeit des Gründungspräsidiums, die Einrichtung von zwei Hochschulräten an der Universität und an der FH, eine einjährige Frist bei der Neuordnung der Verwaltungen sowie die Begrenzung der Kompetenz des Lenkungsausschusses zwischen Universität und FH als Änderungen eingebracht.
Einer möglichen Klage der Oppositionsfraktionen gegen den Lenkungsausschuss, liebe Frau Dr. Andretta, blicke ich gelassen entgegen. Das, was in der Öffentlichkeit von der SPD-Fraktion und den Linken als verfassungswidriger Eingriff bezeichnet wird, wird laut GBD so beurteilt - ich zitiere -: „Es scheint nicht völlig risikolos zu sein.“ Es ist schlicht falsch zu behaupten, dass der Lenkungsausschuss verfassungswidrig eingreift, da z. B. bei
der Entwicklungsplanung der Senat der jeweiligen Hochschule letztendlich entscheidet. So ist es, Frau Dr. Andretta, und nicht so, wie Sie es vorhin fälschlicherweise dargestellt haben.
Wir betreten, wie übrigens schon bei der NTH, auch in diesem Fall Neuland. Dies kann selbstverständlich nicht ohne Risiko sein. Selbstverständlich achten wir die grundgesetzlich garantierte Wissenschaftsfreiheit. Aber wir sind auch dafür verantwortlich, dass mit der Wissenschaftsfreiheit verantwortlich umgegangen wird. Dies dürfte man zumindest in der Vergangenheit für die Fachhochschule OOW bezweifeln. Die Politik hat die demokratisch legitimierte Aufgabe, Strukturen, die überwiegend der Steuerzahler finanziert, zu hinterfragen. Auch das, meine Damen und Herren, ist eine Verfassungsaufgabe. Unter dem Strich ist die Autonomie für die Hochschulen im Nordwesten gestärkt worden.
Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bei der Strukturkommission und ihren Mitgliedern unter der Führung von Herrn Professor Klockner bedanken. Sie haben wichtige Anstöße und Empfehlungen ausgesprochen und uns damit geholfen, dieses Gesetz vorzulegen. Für die Hochschulen im Nordwesten beginnt heute eine neue Zeit - eine gute und eine bessere Zeit.