Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

der CDU-Fraktion haben bei ihren Besuchen vor Ort festgestellt, dass die Umsetzung des Gutachtens so einfach nicht ist.

Das ist keine Kritik am Gutachten. Ein Gutachten ist sinnvoll. Aber keiner von denen, die das Gutachten erstellt haben, war jemals vor Ort und hat sich die Streckengegebenheiten in der Realität angesehen. Hier kommt noch eine ganze Reihe von Fragestellungen auf uns zu.

Ich bedaure etwas, dass wir gestern die Diskussion zum Thema Hafenhinterlandverkehre nicht mehr führen konnten. Deswegen an dieser Stelle ein Satz: Wir brauchen die Y-Trasse; da sind wir uns vollkommen einig. Wir können nicht nur damit leben, dass wir kleine, nicht mehr genutzte Strecken ausbauen und darüber die Verkehre abwickeln. Wir müssen perspektivisch vernünftige Verkehrswege für die Bahn haben. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Ich hoffe, dass wir dafür weiterhin Mehrheiten im Parlament haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass wir hinsichtlich der Hafenhinterlandanbindung über nicht bundeseigene Bahnstrecken sehr stark in die Diskussion mit den Bürgern darüber einsteigen müssen, welche Möglichkeiten es gibt.

Ich will hier nur ein Beispiel nennen, um deutlich zu machen, vor welchen Herausforderungen wir stehen: Wir haben uns vor Ort informiert. Bürgern, die direkt an der Bahnstrecke wohnen, wurde in dem Exposé, das sie vor dem Kauf des Grundstücks von der Bank bekommen hatten, mitgeteilt, bei der Strecke vor ihrer Tür handele es sich um eine Museumsbahnstrecke. Durch das DLR-Gutachten und die Notwendigkeiten, die unbestritten bestehen, wird auf einmal deutlich, dass 30 oder 50 Zugpaare - teilweise werden sogar 60 genannt - diese Strecke befahren sollen.

Ich denke, das ist nicht zumutbar. Da müssen wir ran. Da ist es im Übrigen - das sage ich mit Blick auf die Grünen - mit Lärmschutz alleine nicht getan. Diese Züge fahren direkt an den Häusern vorbei. Lärmschutz kann da nur ein Teil sein, aber mit Sicherheit nicht die Lösung. Wir brauchen vernünftige neue Verkehre; daran sollten wir wirklich arbeiten.

Sie haben das Nationale Hafenkonzept angesprochen. Es ist eine richtige Lösung. Ich frage mich aber, warum die zweite Ausbaustufe für den JadeWeserPort, die Sie hier wieder erwähnen, nach den vielen Diskussionen, die wir vor Ort geführt

haben, nicht in das Nationale Hafenkonzept aufgenommen wurde. Warum ist von den Niedersachsen interessierenden Maßnahmen nur die Elbvertiefung Teil des Konzeptes, nicht aber die zweite Ausbaustufe? Da frage ich mich doch: Wo ist der Minister gewesen, als es um die Verhandlungen ging?

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Diskussion geführt. Herr Staatssekretär Kapferer hat uns zugesagt, sich darum zu kümmern. Ergebnis im gestern veröffentlichten Nationalen Hafenkonzept: nichts. Die Arbeit war also wirklich nicht besonders fruchtbar.

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen. Es geht um Seaports of Niedersachsen oder - das halte ich im Sinne des Nationalen Hafenkonzeptes für dringend erforderlich - Seaports of Germany. Im Nationalen Hafenkonzept steht, dass geprüft werden soll, wie Häfen künftig enger zusammenarbeiten können. Ich denke, das muss unser gemeinsames Interesse sein. Wir haben im Moment eine Flaute. Wir haben im Moment die Situation, dass unsere Häfen bei Weitem nicht das leisten, was sie zu leisten imstande wären. Wir müssen aufpassen, dass sich unsere Häfen gemeinsam mit den Häfen von Bremen und Hamburg aufstellen, damit sie wirklich erfolgreich gegenüber den Mitbewerbern - den ARA-Häfen und den Mittelmeerhäfen - bestehen können. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

Aber - das habe ich schon am Dienstag gesagt - ich bitte den Minister, sehr intensiv darauf zu achten, dass die niedersächsische Hafenpolitik sich nicht nur am Interesse der Hamburger Hafenpolitik ausrichtet - wir nehmen schon die Verkehre von und nach Hamburg auf; die gehen nämlich durch Niedersachsen -, sondern vor allem am Interesse der niedersächsischen Häfen. Ich würde mir wünschen, dass der Minister mit seinen Partnern in Hamburg enger zusammenarbeitet und mehr im Interesse von Niedersachsen herausholt. Das habe ich in der letzten Zeit vermisst. Ich hoffe, dass es uns bei der Beratung gelingt, da gemeinsam Druck zu machen.

Ich wünsche mir eine gute Beratung.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ganz herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Twesten zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Wahlkampf rückt näher, und es kostet nicht viel, aus den vielen Konzepten zur Stärkung der maritimen Wirtschaft, die in den letzten Jahren auf dem politischen Markt ausgebreitet worden sind, zehn programmatische Punkte herauszunehmen und in eine Landtagsentschließung zu gießen.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wo ist der Minister eigentlich?)

Alle Jahre wieder legen Sie solche Papiere vor, mit denen Sie den Blick auf dieses vermeintliche Markenzeichen, Herr Hiebing, richten wollen, mit dem Ziel, die maritime Wirtschaft zu stärken.

Das Hafenkonzept, das Minister Hirche 2007 vorgelegt hat, war zugegebenermaßen hübsch bebildert, hatte aber wenig Substanz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es bietet Ihrer Meinung nach „gute Ansätze, Niedersachsen international zu einem führenden Standort für maritime Wirtschaft und Logistik zu entwickeln“. In eigener Regie scheint Ihnen dies in der Praxis aber nicht zu gelingen. Wie anders denn als Hilferuf ist Punkt 1 Ihres Entschließungsantrages zu verstehen? Unter Zuhilfenahme der Abteilung Regionalwirtschaft der NORD/LB sollen danach mittels dort in Auftrag gegebener Gutachten Konzepte und Maßnahmen entwickelt werden. Offensichtlich hat das Hafenkonzept von 2007 noch nicht einmal Sie überzeugt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit den norddeutschen Ländern wollen Sie in den Bereichen „maritime Rohstoffgewinnung“, „Meeresbergbau“ und „blaue Technologie“ kooperieren - aber offensichtlich doch nur deshalb, weil die Forschungseinrichtungen IfM-Geomar in Kiel und AWI in Bremerhaven nicht in Niedersachsen, sondern in den Nachbarländern angesiedelt sind.

Für Investitionen in den Hafenbau und in den Hinterlandverkehr wollen Sie künftig privates Kapital gewinnen. Was beim JadeWeserPort schon schwierig war, soll nun ausgerechnet unter den derzeitig schlechten wirtschaftlichen Bedingungen gelingen? Das müssen Sie mir erklären!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Man hat schon vor der Krise mit Schiffen kaum noch Geld verdient, weil es in diesem Bereich strukturelle Probleme gibt.

Natürlich ist es wichtig, unsere Häfen auszubauen. Aber wir müssen die Verkehre vernünftig organisieren. Denn der beste Hafen ist ohne funktionierende Hinterlandanbindung nichts wert; das dürfte sich allmählich herumgesprochen haben.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir ein Konzept der norddeutschen Hafenkooperation befürworten, weil es unwirtschaftlich ist, vier konkurrierende große deutsche Seehäfen an der Nordsee auszubauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist nur sehr schwer nachvollziehbar, warum die Regierungsfraktionen hier nicht endlich anfangen, verantwortungsvoll zu handeln.

Wir führen seit Jahren eine Debatte über die Hinterlandanbindung. Sie kommen aber überhaupt nicht voran. Der wahre Wert eines Hafens hat nichts mit Suprastrukturen zu tun. Vielmehr werden unsere Häfen dann als Umschlagsort angelaufen, wenn die Infrastrukturfrage, die Frage des Abtransports der Container, geklärt ist.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Das Drama um die Bahnanbindung des JadeWeserPorts zeigt doch nur, dass diese Landesregierung sich auf einem schier aussichtslos scheinenden Schlingerkurs befindet und immer nur wartet, dass andere die Probleme lösen.

(Glocke der Präsidentin)

Wenn andere nicht funktionieren, gehen Sie nach Berlin. Aber nicht einmal dort gelingt es Ihnen, diese vielfach als nationale Aufgabe besungene Problematik deutlich zu machen.

Die Sechste Nationale Maritime Konferenz hat gezeigt: Außer Durchhalteparolen kommt von wenig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, Ihre Entschließung wird noch unglaubwürdiger, wenn Sie als die Fraktionen, die die Regierung stellen, sich selbst auffordern, Niedersachsen Ports weiterzuentwickeln.

(Glocke der Präsidentin)

Hier zeigt sich, wie wenig Substanz Ihr Antrag hat. Sie bleiben auf der Stufe einer Wahlkampfresolution zum Thema „maritime Wirtschaft“ stehen. Ich finde, dieses Ablenkungsmanöver ist unredlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte kommen Sie zum Schluss!

Ein letzter Satz: Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, glauben immer noch, aus der Konkurrenz zu den anderen norddeutschen Hafenstandorten als Sieger hervorgehen zu können. Das ist ein Irrweg.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Twesten. - Für die Fraktion DIE LINKE haben Sie, Herr Dr. Sohn, sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorweg etwas sagen, was mich offen gestanden maßlos ärgert. Herr Rösler stellt sich in der Aktuellen Stunde hin und geißelt die SPD, da sie bei verschiedenen Empfängen nicht anwesend sei. Dann geht es um die maritime Wirtschaft, das Herzstück dieser Landesregierung - und er ist unentschuldigt nicht hier.

(David McAllister [CDU]: Doch, er ist entschuldigt! - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist besprochen worden!)