„Die Arbeitslosenquote der jüngeren Arbeitslosen betrug 9,3 % gegenüber 7,4 % im Juni und 8,4 % im Juli 2008.“
(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Bley [CDU]: Sie haben lange suchen müssen, um etwas Negatives zu fin- den!)
Was machen Sie an dieser Stelle? - Sie operieren mit dem billigen Taschenspielertrick, eine Momentaufnahme eines Ausschnitts, nämlich des
Handwerks im Monat Juni, zu dem großen Hoffnungsballon „Es geht aufwärts in Niedersachsen“ aufzublasen. Das ist blamabel.
Herr Bley, Sie haben den Ausbildungspakt erwähnt. Der Ausbildungspakt ist gescheitert, wie Sie wissen.
Er ist auch wegen dieser Landesregierung gescheitert. Ich will Ihnen auch da nur eine Zahl nennen: Bei den zusätzlichen 3 000 Stellen, die in diesem Pakt stehen, ist kein Land in Sicht. Was aber inzwischen in Sicht ist, ist ein Minus von 22,9 % bei den Stellen im öffentlichen Dienst, sodass dort nur noch erbärmliche 1 303 Stellen zur Verfügung stehen. Das ist der eigentliche Ausbildungsskandal dieser Landesregierung.
Nun wissen auch wir - da muss ich Herrn Möllring, der jetzt nicht da ist, in Schutz nehmen -: Dieses Minus resultiert nicht aus einem Minus bei den Ausbildungsplätzen des Landes; es resultiert im Wesentlichen aus den Problemen der Kommunen.
Unsere Fraktion hat in der Vergangenheit von der drohenden Finanzkatastrophe der Kommunen gesprochen. Herr Möllring wird das alles nach dem 27. September bestätigen. Diese drohende Finanzkatastrophe der Kommunen, die Sie verursacht haben, wirkt sich bereits jetzt erstens in einem Rückgang der Ausbildungsverpflichtungen der Kommunen - der steckt nämlich hinter diesen 22,9 % - und zweitens - lesen Sie die Hannoversche Allgemeine Zeitung von heute - in einer Ankündigung der Kommunen aus, dass die ausgebildeten jungen Leute nicht in Arbeitsplätze übernommen werden; sie wandern vielmehr gleich in Hartz IV ab. Das ist die Situation, die sich durch Ihre Politik gegenwärtig darstellt.
- aus Zeitgründen kann ich das nicht machen - die tatsächlichen Zahlen des DGB referieren. Die Kernzahl, mit der Sie sich auseinanderzusetzen haben, ist: Es gab - Stand: Juli 2009, also frisch - insgesamt 52 725 Bewerberinnen und Bewerber in
Niedersachsen und 39 861 betriebliche Ausbildungsstellen. Das macht eine Lücke von 12 864. Das ist der Ausbildungsskandal in Niedersachsen,
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Grüne bedanken uns beim niedersächsischen Handwerk ausdrücklich dafür, dass es in seinen Betrieben seine Fachkräfte von morgen selber ausbildet.
Das ist vorbildlich, Herr Kollege Bley. Aber hier künstliche Jubelreden zu diesem Thema zu halten und dabei auf den Stichtag 31. Juli zu verweisen, wird der Angelegenheit überhaupt nicht gerecht.
Sie müssten am besten wissen, welche Sondereffekte hier zusammenkommen: Zum einen - das sagen die Kammern selbst - haben wir in Niedersachsen dieses Jahr besonders früh Ferien gehabt. Da haben viele Handwerksbetriebe, anders als in anderen Bundesländern, schnell noch Ausbildungsverträge abgeschlossen. Letztes Jahr hatten wir sehr spät Ferien; entsprechend wirkt sich das aus.
Zum anderen haben wir in Niedersachsen eine Sondersituation zu bedenken: Weltweite Wirtschaftskrisen schlagen hier aufgrund der Struktur nicht so schnell durch. In der Vergangenheit hatten wir bei Wirtschaftskrisen das volle Brett erst zeitversetzt. Das droht uns hier leider auch noch.
Man darf auch nicht vergessen, dass das Handwerk die ungeliebte Ausbildungsplatzumlage z. B. im Bauhandwerk betreibt, die Sie überhaupt nicht wollten und die wir sinnvollerweise für den gesamten Ausbildungsmarkt einführen möchten. Sie wirkt
Herr Bley, Ihr Erfolg ist hier auf Sand und Hoffnung gebaut. Jenseits der Handwerksbranche haben wir in Niedersachsen nämlich leider eine ganz andere, eine dramatische Situation, wie man erkennt, wenn man auf die Gesamtzahlen der Jugendarbeitslosigkeit und der Ausbildungsplätze schaut. Im Bundesbildungsbericht 2008 haben wir noch schlechtere Ergebnisse für Niedersachsen als 2006. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind die Länder, wo am wenigsten Jugendliche von der Schule in die Ausbildung kommen. Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind auch die Bundesländer, die im Vergleich aller Bundesländer die größten Übergangssysteme haben. So viel zu Ihren Erfolgsmeldungen, Herr Kollege.
Statt aber notwendige Reformen jetzt anzugehen, loben Sie den Ministerpräsidenten in den Himmel und nehmen den flüchtigen Lichtblick von Ende Juli, um den Menschen vor der Wahl Sand in die Augen zu streuen. Das wird so nicht gelingen. Denn die Menschen sehen die realen Zahlen: Die Jugendarbeitslosigkeit als Gegenstück zur mangelnden Ausbildung steigt in Niedersachsen leider wieder besonders stark an - ein Signal, dass wir in der Ausbildung einfach nicht genug tun.
Weiter darauf zu vertrauen, dass der demografische Wandel Ihre Arbeit erledigt - das scheint ja Ihr Motto zu sein -, ist angesichts der Generationen, die jetzt ohne Ausbildung bleiben, nahezu zynisch. Wir haben fast genau so viele Jugendliche im Übergangssystem wie in Ausbildung. Ein unhaltbarer Zustand!
Wir dürfen also nicht länger warten. Wir Grüne machen dazu mit DualPlus die richtigen Vorschläge. Wir gewinnen damit viele Tausend zusätzliche Ausbildungsplätze. Wir laden Sie ein, dieses Konzept mitzumachen und in den Branchen, in denen bisher zu wenig ausgebildet wird, in denen es viele Betriebe gibt, die sich das nicht zutrauen, in denen aber dennoch eine sehr positive Wirtschaftsentwicklung - z. B. im IT-Bereich oder bei den erneuerbaren Energien - vorhanden ist, mit dem Konzept DualPlus der Grünen auch in Niedersachsen der
Jugend Zukunft zu bieten. Machen Sie mit, dann haben alle Jugendlichen auch in Niedersachsen bald eine Chance, nicht nur die Hälfte wie bei Schwarz-Gelb im Augenblick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin ja bekannt dafür, dass ich erstens sachlich und zweitens zu dem gestellten Thema rede. Deshalb konzentriere ich mich auf die Ausbildungssituation. Das Ausbildungsjahr 2009/2010 hat soeben begonnen, und es ist durchaus berechtigt, hier eine Zwischenbilanz zu ziehen. Das können wir tun, indem wir einen Blick auf die Zahlen respektive die Fakten werfen.
In der Tat haben wir im Handwerksbereich im Vergleich von Juli 2008 zu Juli 2009 einen Anstieg der Zahl der Ausbildungsplätze um etwa 10,7 %, nämlich von 9 472 auf 10 484 Ausbildungsplätze, und im Bereich der Industrie- und Handelskammern im gleichen Zeitraum eine Veränderung von 23 794 Ausbildungsplätzen auf jetzt 23 249 Ausbildungsplätze. Das ist ein Minus von 545 Ausbildungsplätzen, also 2,3 %. In Summe haben wir allerdings eine Zunahme von 1,4 % zu verzeichnen.
Meine Damen und Herren, wir vergleichen das Ausbildungsjahr 2009/2010 mit dem Ausbildungsjahr 2007/2008. Das vergangene Ausbildungsjahr war zugegebenermaßen von der positiven konjunkturellen Entwicklung gekennzeichnet. Insofern ist es umso bemerkenswerter, dass wir jetzt vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise dennoch eine stabile Ausbildungssituation in Niedersachsen haben.
Ich darf dazu Otto Kenzler, den Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks zitieren. Er sagt:
„Das Handwerk hat sich in der Finanz- und Wirtschaftskrise als ‚Stabilitätsanker’ für die Konjunktur erwiesen.“