Protokoll der Sitzung vom 28.08.2009

Es lautet in etwa ähnlich - meine Mitarbeiter haben es mir deshalb auch schriftlich gegeben; vielleicht nehmen Sie das dann zur Kenntnis -: Die Rücknahme des Plutoniums soll in Form von Mischoxidbrennelementen erfolgen, die als Kernbrennstoff eine Mischung aus Uranoxid und Plutoniumoxid enthalten.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ja, und? Was beweist das jetzt?)

Herr Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Ausstiegs der CDU/CSU-FDPBundesregierung aus der eigenen Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen auf eine außerhalb Deutschlands durchzuführende Wiederaufbereitung umgestiegen ist,

(Christian Dürr [FDP]: Wovon reden Sie jetzt eigentlich, Herr Hagenah? Was ist Ihre Frage?)

inwieweit die MOX-Elemente, die jetzt nach Deutschland zurückgeliefert werden, aufgrund des Ausstiegs von CDU/CSU und FDP aus der Wiederaufbereitung im eigenen Land zurückgeliefert werden

(Björn Thümler [CDU]: Darum geht es doch gar nicht! - Christian Dürr [FDP]: Das ist doch gar nicht Teil der Frage!)

und, weil sie wiederaufbereiteter deutscher Müll sind, aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtung, die aufgrund der Vereinbarung von CDU/CSU und FDP heute noch auf uns lastet, von Deutschland angenommen werden müssen.

(Christian Dürr [FDP]: Das hat doch damit gar nichts zu tun! - Björn Thüm- ler [CDU]: Es geht um Umschlag in Cuxhaven!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Sander, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, das hätte passieren können. Aber die Verpflichtung dazu gibt es erst seit dem Konsens von Rot-Grün.

Weitere Wortmeldungen zur Frage 1 liegen mir nicht vor.

Ich rufe die Frage 2 auf, die der Abgeordnete Patrick Humke-Focks gestellt hat:

Welche Haltung hat die Landesregierung bezüglich der drohenden Veränderung bei den neonatologischen Versorgungsstufen Level I und II im Flächenland Niedersachen?

Dazu erteile ich ihm das Wort.

(Unruhe)

- Herr Kollege, vielleicht sollten Sie noch etwas warten, bis wieder ein bisschen Ruhe eingetreten ist. Die Gespräche am Rande des Plenarsaals sollten möglichst draußen weitergeführt werden. - Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollege! Ich verlese jetzt meine Anfrage:

Im Dezember 2008 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erstmals eine Mindestmengenregelung mit Regelmäßigkeitsziffer für die Versorgung von kleinen Frühgeborenen eingeführt. Diese besagt, dass das Zeitintervall zwischen den Aufnahmen dieser Frühgeborenen durchschnittlich weniger als 30 Tage zu betragen hat. Kliniken, die diese Regelmäßigkeitsziffer in der Versorgung von kleinen Frühgeborenen nicht erreichen, verlieren damit den jeweiligen Status der Versorgungsstufe. Inzwischen wird im G-BA sogar eine Erhöhung der Mindestmengenregelung diskutiert.

Allerdings wird bereits die bestehende Mindestmengenregelung in Niedersachsen dazu führen, dass von den aktuell 31 Kinderkliniken mit neonatologischer Versorgung Level I bis III langfristig nur noch fünf Kliniken mit dem Level I erhalten bleiben. Die Verhandlung mit den Krankenkassen hat kürzlich für Stade ergeben, dass man der dortigen Kinderklinik und damit der Neonatologie den

Level I formal aberkannt hat. Das bedeutet, dass eine Vergütung bei Versorgung einerseits nicht erfolgt, andererseits - streng genommen - die Klinik diese Frühgeborenen auch nicht mehr versorgen darf, den Notfall ausgeschlossen.

Für Niedersachsen bedeutet der Fortlauf dieser Entwicklung, dass Frühgeborene unter 1 500 g zukünftig nur noch in fünf Zentren versorgt werden dürfen. Für weite Teile Ostfrieslands und des westlichen Niedersachsens führt das zu erheblichen Problemen für die betroffenen Frauen und Familien. Wenn etwa mit der 21. Schwangerschaftswoche wiederkehrend vorzeitige Wehen auftreten, wären mehrfach lange Strecken zurückzulegen, was zusätzlich belastend wirkt und damit als kontraindiziert bezeichnet werden kann. Zusätzliche starke Belastungen entstünden auch in den Fällen von sehr kleinen Frühgeburten, bei denen bereits Geschwister vorhanden und zu versorgen sind.

Es bleibt seitens aller Verantwortlichen kritisch zu hinterfragen, ob die Orientierung an Mindestmengen ein adäquater Umgang mit der Problematik Frühgeburten darstellt. Einerseits sind Frühgeburten keine planbare Größe - das Beispiel der Mehrlingsgeburten zeigt, wie Fallzahlen extremen Schwankungen unterliegen -, andererseits kann diese Regelung falsche Anreize für die Kliniken geben; schließlich gilt es, Frühgeburten zu verhindern bzw. sie hinauszuzögern.

Ein weiterer Aspekt ist die Qualität der kinderärztlichen Versorgung von Neugeborenen im Allgemeinen. In die neonatologische Versorgung sind auch jene Geburten von Kindern einzubeziehen, die zwar reif, aber dennoch krank sind.

Im Nachbarland Schleswig-Holstein hat bezüglich der Mindestmengenregelung ein Umdenken stattgefunden. Bei konsequenter Umsetzung der Mindestmengenregelung blieben für die höchste Versorgungsstufe (Level I) nur die Universitätsklinik Kiel und Lübeck übrig. Nachdem kürzlich der sogenannte Schweinegrippeerreger H1N1 zur temporären Schließung der Geburtenklinik in Lübeck geführt hatte, zeigte sich ein weiteres Risiko der Zentralisierung der Neonatologie, das in unverantwortbaren potenziellen Kapazitätsengpässen auszumachen ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um dem Abbau der flächendeckenden Versorgung

kleiner Frühgeborener (unter 1 500 g) entgegenzuwirken?

2. Sieht die Landesregierung in der Einführung von Mindestmengen mit einer Regelmäßigkeitszahl ein sinnvolles Qualitätskriterium in der Versorgung kleiner Frühgeborener?

3. Wie beurteilt die Landesregierung langfristig die Qualität der medizinischen Versorgung nicht nur kleiner, sondern auch reifer kranker Neugeborener bei konsequenter Umsetzung des G-BA-Beschlusses?

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Ross-Luttmann. Ich erteile ihr das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesem speziellen medizinischen Thema geht es um die Versorgung von Kindern mit einem Geburtsgewicht unter 1 500 g. Lassen Sie mich vorweg einige Begriffe erläutern:

Der Gemeinsame Bundesausschuss unterscheidet vier Stufen bei der Versorgung von Früh- und Neugeborenen:

− Level IV - Geburtskliniken.

− Level III - Perinatale Schwerpunkte: Geburtskliniken mit einer Kinderklinik im Haus oder Geburtskliniken, die mit einer Kinderklinik kooperieren.

− Perinatalzentren Level II: Hier werden Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht zwischen 1 250 g und 1 499 g versorgt.

− Perinatalzentren Level I: Hier werden Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1 250 g versorgt.

Für beide zuletzt genannten Levels ist ein hauptamtlicher Arzt für Neonatologie und einer für Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin erforderlich.

In der Anfrage geht es also um Neugeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1 500 g und somit um die Versorgungsstufen Level I und II.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Niedersachsen hatten im letzten Jahr 678 Kinder ein Geburtsgewicht von weniger als 1 500 g. Das ist

bei rund 62 000 Geburten ein Anteil von gerade einmal 1,1 %. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat erstmals zum 1. Januar 2006 Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität bei Frühgeborenen definiert und damals die Unterteilung in die eben genannten vier Stufen festgelegt.

Auf dieser Grundlage wurden im letzten Jahr Frühgeborene in 31 Perinatalabteilungen niedersächsischer Krankenhäuser versorgt. Der G-BA-Beschluss von 2005 wurde mit einem weiteren Beschluss vom 18. Dezember 2008 konkretisiert. Mit Wirkung vom 1. April 2009 wurde eine Regelmäßigkeitszahl von durchschnittlich zwölf Behandlungen als Voraussetzung für die Versorgung von kleinen Frühgeborenen eingeführt.

Am 20. August 2009 - mithin letzte Woche - hat nun der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2010 eine verbindliche Mindestmenge von 14 Fällen pro Jahr die Voraussetzung dafür sein soll, dass Krankenhäuser auch weiterhin Frühgeborene versorgen dürfen. Diese Information haben wir einer Pressemitteilung des G-BA vom 21. August 2009 entnommen; der endgültige Beschluss liegt uns noch nicht vor. Er bleibt natürlich in seinen Begründungen abzuwarten.

Ich möchte aber aufbauend auf dieser Pressemitteilung die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantworten:

Zu 1: Bei der Versorgung von Frühgeborenen unter 1 500 g hat die bestmögliche medizinische Versorgung in unseren Krankenhäusern oberste Priorität bei möglichst familiennaher Erreichbarkeit. Diese kleinen Babys stellen an das Personal, aber auch an die Technik extreme Anforderungen. Deshalb brauchen wir hierfür medizinisch-technisch hervorragend ausgestattete Krankenhäuser mit einem hohen Maß an ärztlicher und pflegerischer Erfahrung.

Wenn wir die Geburtszahlen 2008 zugrunde legen, ist nach vorsichtiger Einschätzung davon auszugehen, dass in Niedersachsen zwölf Krankenhäuser die Mindestzahl, die jetzt vom G-BA festgesetzt wurde, erreichen. Ein weiteres Krankenhaus liegt nur um einen Fall darunter. Neben diesen zwölf neonatologischen Einrichtungen, die 2008 die Mindestmenge von 14 erreicht haben, erwarten wir, dass vor dem Hintergrund einer familiennahen Erreichbarkeit und hoher Fachlichkeit weitere Einrichtungen die Voraussetzungen erfüllen werden. Weil der G-BA am 20. August 2009 auch beschlossen hat, die Einführung einer Mindestmenge

mit einem Beratungs- und Qualitätskonzept zu verbinden, beabsichtigen wir, in konkrete Planungen einzutreten.