Meine Damen und Herren, da schwingt doch schon das grundsätzliche Misstrauen gegen die Eltern mit, wenn man das so formuliert.
Ich möchte kurz aus der Anhörung zitieren, weil Sie darauf eingegangen sind. Herr Dr. Gieseking vom Deutschen Hausärzteverband sagte:
„Ich möchte Sie zu diesem Gesetzentwurf ausdrücklich beglückwünschen. Ich habe auch in meiner schriftlichen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, dass ich in vielen Dingen den Gesetzentwurf für ausgesprochen sinnvoll halte. Ich habe auch dargelegt, dass ich das nur als einen Baustein eines Gesamtangebots“
„verstanden sehen möchte. Aber ich meine, das ist ein absoluter Sprung bzw. der Weg in die richtige Richtung.“
Das Gleiche gilt für die Vernetzung. Während Sie in Ihrem Antrag noch davon reden, ist die Vernetzung in Niedersachsen schon vorhanden. Ich habe dargestellt, was durch die Niedersächsische Landesregierung alles an Maßnahmen durchgeführt wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, auch das von Ihnen vorgeschlagene Verfahren, wie das Ganze ablaufen soll, ist kein Beitrag zu schneller Hilfe. Ich will das einmal darstellen: Sie wollen eine zentrale Stelle, die die Eltern auffordert - auffordert! -, zur Untersuchung zu gehen. Es wird von dort aus auch erinnert. Anschließend - jetzt geht es los - wird das örtliche Gesundheitsamt eingeschaltet. Dieses prüft und nimmt Kontakt mit der Familie auf, während die zentrale Stelle prüft, ob das Kind nicht doch inzwischen an der Untersuchung teilgenommen hat. Das Gesundheitsamt teilt der zentralen Stelle mit, dass auch dieses keinen Kontakt bekommen hat, schaltet dann das Jugendamt ein, das prüfen soll, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Während das Ganze hin- und hergeht, gehen die Daten und Akten vielleicht sogar noch verloren. Sie verkennen dabei auch, dass zwischen den einzelnen U-Untersuchungen nur eine geringe Zeit liegt. Dann geht das Ganze parallel wieder von vorne los. Das Verfahren startet von vorne. Meine Damen und Herren, das ist ein bürokratisches Monster und mit Sicherheit kein Beitrag zu schneller Hilfe für Familien und Kinder.
ob ich ihn schon einmal irgendwo gelesen hätte. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, einen eigenen Gesetzentwurf zu formulieren und zu schreiben. Stattdessen hatten Sie sich einfach in der Republik umgeguckt: Wie machen das die anderen sozialdemokratisch regierten Länder? - Es sind ja nicht mehr so viele. Sie haben ein bisschen gegoogelt, sind bei Rheinland-Pfalz gelandet, haben das dortige Gesetz entdeckt und abgeschrieben.
Sogar die Überschrift Ihres Gesetzentwurfes ist identisch mit dem Gesetz Ihres Freundes Kurt Beck. Im Grunde haben Sie bei Word einfach die Ersetzen-Funktion genommen. Sie haben einfach „Rheinland-Pfalz“ durch „Niedersachsen“ ersetzt. So einfach können Sie sich das hier nicht machen.
Meine Damen und Herren, Sie wollten zum großen Wurf ausholen. Sie haben aber verkannt, dass man beim Speerwerfen nicht mit einer Eisenkugel zum Wettkampf kommt. Herzlichen Glückwunsch!
Zum Redebeitrag von Herrn Focke gibt es zwei Meldungen zu einer Kurzintervention. Herr Schwarz von der SPD-Fraktion, zunächst haben Sie für anderthalb Minuten das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens. Herr Focke, wenn Ihre Ministerin auf der Basis eines Elektromotorantriebs läuft, dann kann ich nur sagen: Mit der Reichweite scheint es nicht weit her zu sein.
Zweitens. Sie haben uns gerade dafür kritisiert, dass wir den Gesetzentwurf von Rheinland-Pfalz übernommen haben. Ich habe den Eindruck gehabt, mit Ihrer Lesekompetenz kann es nicht weit
her sein. Dieser Gesetzentwurf orientiert sich nicht nur an Rheinland-Pfalz, sondern an den meisten anderen Bundesländern. Die sind leider noch nicht alle sozialdemokratisch regiert. Aber wir werden daran arbeiten. Darauf können Sie sich verlassen.
Sie kritisieren die von Ihrer Partei geführten Landesregierungen, weil das angeblich Mist ist. Hätten Sie sich das einmal angeguckt, dann hätten auch Sie ein besseres Gesetz vorlegen können, meine Damen und Herren.
Meine dritte Anmerkung gilt Ihrem tollen Wurf „Familie mit Zukunft“, 20 Millionen Euro pro anno. Ausweislich des Haushaltsplans ist dieses Programm so toll, dass jedes Jahr 10 Millionen Euro übrig bleiben. Was machen Sie damit? - Sie schieben das Geld der Kultusministerin zu und verwenden es zweckentfremdet zur Finanzierung des Krippengipfels, der auf Bundesebene vereinbart worden ist. Dieses Geld wäre beim Kinderschutz allemal besser angebracht.
Erstens. Ich finde es eine wahnsinnige Unterstellung, die wirklich jeder Grundlage entbehrt, dass die Kritiker Ihres Gesetzentwurfes die Eltern unter Generalverdacht stellen.
Wir wissen ganz genau, dass die meisten Eltern ihre Arbeit sehr gut und gewissenhaft machen. Wer hier wirklich einen Generalverdacht ausspricht, das sind die Regierungsfraktionen und die Landesregierung, die jeden mit einem Hausbesuch des Jugendamts beglücken, der einmal eine Vorsorgeuntersuchung vergessen hat, vielleicht weil er im Urlaub ist. Ich will gar nicht ausschließen, dass mir das bei meinen Kindern auch einmal passiert ist.
Zweitens. Die einzigen, die in der Anhörung für den Gesetzentwurf gesprochen haben, die Hausärzte, sind - das muss man ganz ehrlich sagen -
befangen. In der Anhörung wurde relativ deutlich, dass sie sich zusätzliche Patientenbesuche erhoffen, also letztendlich wirtschaftliche Vorteile.
Drittens. Die Verfahrenskritik, die Sie gerade eben an dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion angebracht haben, können Sie 1 : 1 auf den Gesetzentwurf der Landesregierung übertragen. Genau die von Ihnen befürchteten bürokratischen Probleme - Meldungen, Schreiben hin und her, Verfahrensfehler - werden bei dem Gesetzentwurf der Landesregierung auftreten.
Erstens. Herr Schwarz, ich glaube, es ist richtig, nicht sofort nach vorne zu preschen, sondern abzuwarten, was die anderen Länder machen, und zu schauen, welche Fehler sie gemacht haben.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wie viele Jahre sollen wir denn warten, 10 oder 20? - Weitere Zurufe von der SPD und von den Grünen)
Die Zeit wurde genutzt. Zum Beispiel werden auf den Antwortkarten die Daten jetzt mit einem Barcode verschlüsselt. Die Schweigepflicht der Ärzte ist - auch das ist aus dem Weg geräumt - auch kein Problem mehr. Darüber haben wir vorher noch diskutiert; das ist jetzt kein Problem mehr.
Zweitens. „Jeden unter Generalverdacht stellen“, das finde ich einfach schrecklich. Wie kann man so etwas sagen? Hier liegt ein Gesetzentwurf der SPD vor, der sich mehr mit Bürokratie und Akten als damit beschäftigt, dass die Kinder an der Gesundheitsversorgung teilnehmen, dass die Eltern motiviert und informiert werden und dass bei den Kindern, deren Eltern trotz Erinnerung nicht mit ihnen zur Untersuchung gehen, noch einmal nachgeholfen wird, vielleicht auch durch die Familienservicebüros vor Ort, damit wir hier einfach näher an die Familien herankommen.
Drittens. Eines will ich Ihnen noch zu unserem Gesetzentwurf sagen: Sie schreiben da ein riesiges Pamphlet,
bauen bürokratische neue Strukturen auf. Ich sage Ihnen: Der Gesetzentwurf dieser Landesregierung ist richtig. Er ist transparent und effektiv. Sie sollten sich ihm heute anschließen und ihm zustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist trotz der Ausschussberatung und einiger unbedeutender Kosmetik im Text ungenügend. Die Ausführungen von Herrn Focke gerade haben das wieder einmal bestätigt. Folgerichtig kann die Ausschussempfehlung von der Linksfraktion nur abgelehnt werden. Das ist überhaupt keine Frage.