Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

Wer allerdings glaubt, dass Niedersachsen dieses Programm im Zusammenhang mit den Änderungsanträgen zum Health Check aufgenommen hat, den muss ich enttäuschen: Nichts ist passiert.

Bei der öffentlichen Erörterung unseres Antrages im Agrarausschuss sagte Herr Staatssekretär Ripke, dass er mit dem Antrag der SPD fachlich eine Menge anfangen könne. Der Antrag der SPD sei insofern zu unterstützen, als es darum gehe, die Abhängigkeit von Importeiweißfuttermitteln zu reduzieren. - Was will man eigentlich mehr als so eine Zustimmung von der Hausspitze? Man ist das ja ansonsten nicht so sehr gewöhnt.

Aber es kam noch mehr. Der Kollege der CDUFraktion, Herr Deneke-Jöhrens, vertrat die Ansicht, die SPD habe einen in der Sache interessanten, diskussionswürdigen Antrag vorgelegt. Der Erhalt von heimischen Körnerleguminosen solle unterstützt werden. In diesem Punkt stehe die CDUFraktion - man mag sich das auf der Zunge zergehen lassen - an der Seite der SPD-Fraktion. Im Grundsatz stimme die CDU dem Antrag zu. Allerdings sei er ergänzungsbedürftig - also nicht etwa

änderungsbedürftig, sondern lediglich ergänzungsbedürftig. Die FDP, Herr Oetjen, erklärte, dass diese Ausführungen seine volle Zustimmung fänden.

Man einigte sich also darauf zu prüfen, ob ein gemeinsamer Antrag möglich sei. Dann war allerdings Funkstille. Es kam kein Vorschlag. Allerdings wurden zwischenzeitlich die Änderungsvorschläge für das Programm PROFIL in Brüssel eingereicht. Das Programm „Klimaschonender Anbau von Körnerleguminosen“ wurde in Niedersachsen nicht aufgenommen - bei aller Übereinstimmung!

Meine Damen und Herren, nachdem es uns zu bunt wurde und wir nachfragten, erklärte die CDUFraktion, dass man nun kein Interesse mehr an einem gemeinsamen Antrag habe, sich auch keine Arbeit mit einem eigenen Antrag machen wolle. Es folgte eine schlichte Ablehnung - und das, obwohl man doch angeblich hinter dem Antrag steht. Aus Unterstützung wird ohne Erläuterung Ablehnung - ein etwas merkwürdiger Vorgang; denn Diskussionen gab es nicht mehr. Wir sind also gespannt, welche Verrenkungen Sie hinsichtlich einer schlüssigen Begründung für Ihre Ablehnung jetzt vollziehen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich jetzt Frau König das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Biodiversität in der Landwirtschaft zu steigern und den Anbau von Eiweißpflanzen zu fördern ist ein guter Gedanke. Deshalb begrüßt die Fraktion DIE LINKE den Antrag der SPD. Auch von den Fraktionen der CDU und der FDP war zu hören: Fachlich gut, in einigen Punkten noch zu diskutieren und vielleicht zu ergänzen. - Dies ließ die Hoffnung aufkommen, dass dieser Antrag der SPD hier im Plenum fraktionsübergreifend angenommen wird unabhängig von allem Parteiengezänk.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Aber: Irrtum! Dabei hatte der Antrag der SPD nie das Ziel, durch den Anbau heimischer Eiweißpflanzen Sojaimporte auszuschließen, und war auf keinen Fall ein Gegenantrag zu dem Antrag der

CDU „Eiweißversorgung sicherstellen“, den wir hier im September letzten Jahres beraten haben. Aber durch den Anbau von heimischen Eiweißpflanzen reduziert sich auf jeden Fall die Abhängigkeit von Sojaimporten, und das könnte bei Engpassen ein guter Puffer sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Vergessen wir nicht: Der Anbau von Eiweißpflanzen ist ein ganz wesentlicher, positiver Beitrag zum Klimaschutz. Klimaschutz darf auch für die Fraktionen der CDU und der FDP nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Hier ist endlich auch einmal Handeln gefordert. Das wäre schon einmal ein Schritt. Aber um heimisches Eiweißfutter bereitzustellen, sind die im Antrag geforderten Maßnahmen dringend erforderlich. Wir begrüßen es, dass die SPD dies einfordert. Auch das Landwirtschaftsministerium bestätigte, dass der Bedarf an gentechnikfreiem Eiweißfutter aus der heimischen Region besteht. Hier liegt einmal die Betonung auf „gentechnikfrei“; denn auch die konventionelle Landwirtschaft will gentechnikfreie Futtermittel, die oftmals dazu aus der Region stammen sollen. Deshalb sieht meine Fraktion in diesem Antrag auch keine indirekte Förderung für die ökologische Landwirtschaft. Bei der Entscheidung der Landwirte, importiertes Soja oder heimische Eiweißpflanzen zu verfüttern, spielt natürlich oft der Preis eine Rolle. Aber hier zu sagen „Der Markt wird es richten, Sojaschrot ist billiger, die Landwirte werden es schon kaufen“, ist zu einfach.

(Beifall bei der LINKEN)

Alternativen, die noch dazu den Klimaschutz fördern, darf man nicht ignorieren. Das darf keine Antwort auf diesen Antrag sein. Aus diesen Gründen wird die Fraktion DIE LINKE dem Antrag der SPD zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau König. - Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Deneke-Jöhrens das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stief-Kreihe, Ihr SPD-Antrag ist ja als Reaktion auf unseren Antrag aus dem Jahr 2008 formuliert worden, bei dem es darum ging, die drohende Eiweißlücke in der tierischen Ernährung

zu verhindern, die durch das Importverbot für gentechnisch verändertes Soja droht.

Sie haben es erwähnt: Weltweit wird zunehmend GVO-Soja angebaut. Verunreinigungen GVO-freier Herkünfte durch Stäube sind nicht auszuschließen. Daher haben wir uns gegen die Nulltoleranz und für die Einführung von Toleranzschwellen im Promillebereich ausgesprochen. Sie werden das verfolgt haben. Es sind jetzt auch Schiffspartien gestoßen worden, die von Stäuben verunreinigt waren.

Sie wollen jetzt der drohenden Unterversorgung mit Einweiß durch die Steigerung des Anbaus heimischer Körnerleguminosen entgegenwirken. In der Überschrift Ihres Antrages haben Sie einen Schwerpunkt auf die Steigerung der Biodiversität gelegt. Hören Sie jetzt bitte zu; ich antworte Ihnen. Diesen Ansatz unterstützt die CDU-Fraktion. Mit genau diesem Ansatz, der Steigerung der Biodiversität, bin ich vor 25 Jahren von der Hochschule gekommen. Damals hieß das „integrierter Pflanzenbau“. Unter dem Schlagwort haben wir neben pflugloser Bodenbearbeitung, dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nach Schwellenwerten und der Düngung nach Nährstoffbilanzen auch den Anbau von Körnerleguminosen verfolgt.

All das eben Erwähnte gehört mittlerweile zur guten fachlichen Praxis. Lediglich mit dem Anbau von Körnerleguminosen bin ich, wie viele andere Landwirte auch, grandios gescheitert. Das liegt daran, dass die heimischen Körnerleguminosen im Wettbewerb mit der Sojabohne aus vielen Gründen nicht konkurrenzfähig sind. Sie haben das ja auch bestätigt. Nur noch 1,8 ‰, also etwa 0,2 % des benötigten Eiweißbedarfs in der Schweineproduktion in Niedersachsen, werden über die Körnerleguminosen gedeckt. Das liegt also im Promillebereich. Lediglich im ökologischen Landbau haben die Körnerleguminosen noch einen Stellenwert.

Dies vorausgeschickt, möchte ich feststellen, dass Ihr Antrag in vielen Punkten an den Realitäten vorbeigeht und nicht sauber ausgearbeitet ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie fordern eine Aufnahme der Züchtung und des Anbaus von Körnerleguminosen in Förderprogramme. Das ist auch in Ordnung. Außerdem sollen die Vermarktung, Verarbeitung und Verwendung als Eiweißfuttermittel gefördert werden. Sie haben ja - wenn ich das richtig verstanden habe - mit Ihrer Fraktion eine Verbandsbeteiligung gemacht. Wir haben dann einmal bei Herrn Gabriel

vom KÖN nachgefragt, wie denn diese Förderung aussehen soll, die Sie sich da vorstellen. Es soll eine Anreizprämie für den Anbau von Leguminosen an die Landwirte gezahlt werden. Sie haben das EU-Programm ja auch aufgezeigt. Das soll natürlich auch für konventionell arbeitende Landwirte gelten; denn bei den wenigen ökologisch arbeitenden Landwirten besteht das Problem, dass das nicht reicht.

Ich habe über einen Zeitraum von zehn Jahren mit viel Idealismus Körnerleguminosen, also Bohnen und Erbsen, angebaut. Für einen konventionell wirtschaftenden 100-ha-Betrieb muss ein Anreiz von etwa 5 000 Euro - schätze ich einmal so - als Ausgleich gegenüber den Konkurrenzfrüchten geschaffen werden. Dabei sind der höhere Vorfruchtwert und all das, was Sie an Vorteilen angesetzt haben, berücksichtigt. Man braucht trotzdem diese hohen Summen.

Aus unserer Sicht ist es dann auch Quatsch, was uns zugetragen wurde, nämlich dass die Förderung des Anbaus von Pflanzen, die nur von Ökobetrieben alle fünf Jahre auf 2 % der niedersächsischen Nutzfläche angebaut werden - mehr ist das nicht -, zu einer Steigerung der Forschungstätigkeit führen soll.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ge- nau!)

Also, durch die Prämie wird mehr Nachfrage nach Saatgut erzeugt. Dadurch sollen dann die mittelständischen Pflanzenzüchter und auch die Universitäten angeregt werden, weitere Forschung zu betreiben.

(Clemens Große Macke [CDU]: Reine Theorie!)

Das ist theoretisch. Das klappt nicht. Die Förderung des Anbaus selbst würde lediglich zu Prämienmitnahmeeffekten bei denjenigen führen, die sowieso schon Körnerleguminosen anbauen, und das sind die Betriebe des Ökolandbaus.

Zweitens fordern Sie, verstärkte Forschung im Bereich sojafreier Nutztierfütterung zu betreiben. Der Ansatz ist sehr realitätsfern. Auch bei einem Anbau auf 100 % unserer Ackerfläche könnten wir nur ca. 20 % des benötigten Eiweißes aus heimischer Produktion decken. Wir kommen - wie Sie selbst feststellen - nicht an der Sojabohne vorbei. Deshalb kann es keine sojafreie Tierernährung geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das haben wir auch nicht gefordert!)

- Das steht aber unter Nr. 2 Ihres Antrages. Sie wollen die sojafreie Tierernährung fördern. Schauen Sie in den Antrag.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das tue ich ja!)

Drittens sollen die landwirtschaftlichen Betriebe umfassend über die Vorzüge des Körnerleguminosenanbaus informiert werden. Liebe Frau StiefKreihe, das mag für Sie alles neu sein. Aber der Bauer lernt das schon im ersten Jahr in der Berufsschule. Das ist alles längst bekannt und gehört zum kleinen Einmaleins des Ackerbaus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für uns stand bei den Beratungen der Ansatz der Förderung der Biodiversität sowie der Forschung durchaus im Vordergrund. Nur, die Art und Weise, in der Sie dies erreichen wollen, nämlich durch Förderung mit der Gießkanne, lehnen wir ab. Sie wollen eine einseitige Klientelpolitik für den ökologischen Landbau.

(Clemens Große Macke [CDU]: So ist es!)

Sie wollen eine weitere Bevorzugung derjenigen hoch geförderten Betriebe, die in ihren Bilanzen sowieso schon zu den erfolgreichen gehören. Ihre Schlussfolgerung, ein gutes Stück unabhängiger von den Sojaimporten zu werden, ist schlichtweg unrealistisch, wie ein Blick auf die von mir genannten Zahlen verdeutlicht.

Wir unterstützen den Ansatz, im Bereich der Forschung tätig zu werden, um über den Züchtungsfortschritt wettbewerbsfähige einheimische Eiweißpflanzen zu erzeugen. Das könnte aber auch in die Richtung gehen - ähnlich, wie beim Mais geschehen - , Sojabohnen züchterisch an unsere Standortbedingungen anzupassen.

Das alles steht bei Ihnen aber nicht im Vordergrund. Von daher haben wir den Antrag abgelehnt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Herr Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Stief-Kreihe hatte natürlich völlig recht. Deshalb brauche ich die guten Argumente nicht zu wiederholen.

Durch den Beitrag von Herrn Deneke-Jöhrens haben CDU und FDP ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie haben zu erkennen gegeben, worum es ihnen eigentlich geht. Zuletzt im Jahre 2008 haben Sie hier im Parlament wortreich den Mangel an eiweißreichen Futtermitteln beklagt. Der Beschluss ist angesprochen worden. In der Konsequenz wollten Sie erreichen, dass unkontrollierte, in der EU nicht zugelassene Gensojasorten hier zugelassen und eingeführt werden.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ge- nau das nicht!)