Protokoll der Sitzung vom 07.05.2008

(Beifall bei der LINKEN)

Noch etwas, Herr Toepffer. Sie haben hier gesagt, dass der Verfassungsschutz unser Vertrauen genießen müsse, weil er mit so hervorragenden Beamten besetzt sei. Ich will Ihnen einmal Folgendes sagen: In den 70er- und 80er-Jahren habe ich in zig Prozessen darum gekämpft, dass völlig unbescholtene Lehrerinnen und Lehrer, deren demokratische Gesinnung nie infrage gestellt wurde,

(David McAllister [CDU]: So wie bei Ihnen!)

in den öffentlichen Dienst eingestellt oder nicht entlassen werden. In allen diesen Verfahren hat der Verfassungsschutz eine ganz unrühmliche Rolle gespielt, weil nämlich ständig diese sogenannten Regelanfragen gestellt werden mussten und die jeweiligen Bewerber sozusagen politisch auf ihre Zuverlässigkeit hin durchleuchtet wurden. Das hat zu einer Verängstigung ganzer Generationen geführt.

(David McAllister [CDU]: Ach was! Das muss ich mir von DKP-Leuten anhören!)

Später hat man diesen Fehler Gott sei Dank korrigiert, wobei in diesem Fall auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dem Denken auf die Sprünge geholfen hatte. - Das als Bemerkung vorweg. Ich sage das deshalb, weil wir gegenüber einem solchen Geheimdienst - um einen solchen handelt es sich ja beim Verfassungsschutz - die weitestgehenden Rechte haben möchten und diese Rechte nicht eingeschränkt wissen wollen.

Wir haben in diesem Fall die Situation, dass das Kontrollgesetz zum Verfassungsschutz nicht gleichzeitig mit der Landesverfassung erlassen worden ist, die ebenfalls entsprechende Bestimmungen enthält. Deshalb bestand das Bedürfnis für eine Harmonisierung. Ich habe aber auch schon damals im Ausschuss gesagt: Wir können im einfachen Gesetz über den Rahmen, den die Verfassung als Mindeststandard setzt, durchaus hinausgehen. Wir können mehr Rechte für das Parlament gesetzlich regeln. Wir dürfen nur nicht

weniger Rechte regeln. Deshalb macht es durchaus einen Sinn, nicht nur 20 % der Abgeordneten eines solchen Ausschusses, sondern jedem einzelnen Abgeordneten dieses Ausschusses das Recht einzuräumen, Auskunftspersonen anzuhören.

Wenn Sie richtig rechnen, ist es wie folgt: Der Ausschuss hat 13 Mitglieder. 20 % davon sind 2,6. Wenn man das nach mathematischen Regeln aufrechnet, kommt man auf drei Mitglieder. Das heißt, selbst die Grünen und die Linken zusammen könnten noch nicht einmal ein derartiges Recht erzwingen. Ich freue mich darüber, dass der Vertreter der Grünen im Ausschuss gemerkt hat, dass er im Ausschuss fehlerhaft abgestimmt hat, und dass die Grünen jetzt ihre Position korrigieren.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Professor Dr. Dr. Zielke das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht muss ich doch etwas im Detail wiederholen, weil die bisherige Diskussion doch sehr ins Politische abgeglitten ist.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Es geht hier nämlich um Rechtspositionen und um die Auslegung des Verhältnisses der Verfassung zu Einzelgesetzen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir einige Diskrepanzen zwischen dem bisherigen Verfassungsschutzgesetz und unserer Niedersächsischen Verfassung beseitigen. Selbstverständlich muss unsere Verfassung bei der Behebung solcher Abweichungen Vorrang haben. Das heißt, wenn keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen, wird man zur Harmonisierung nicht die Verfassung ändern, sondern das einfache Gesetz, auch und gerade dann, wenn es sich bei dem zweiten Gesetz um jenes handelt, das den Schutz der Verfassung regelt.

Artikel 24 Abs. 2 unserer Verfassung lautet:

„Die Landesregierung hat, wenn es mindestens ein Fünftel der Ausschussmitglieder“

- das gilt für jeden Ausschuss -

„verlangt, zum Gegenstand einer Ausschusssitzung Akten unverzüglich und vollständig vorzulegen …“

Die analoge Bestimmung im bisherigen Verfassungsschutzgesetz räumt dem Ausschuss bei demselben Auskunftsverlangen dieselben Rechte ein. Der Ausschuss übt aber diese Rechte auf Antrag mindestens eines seiner Mitglieder aus. Auskunftspflichtig ist also laut Verfassung die Landesregierung, wenn ein Fünftel der Ausschussmitglieder dies verlangt, egal um welchen Ausschuss es sich handelt - beim Einzelgesetz hingegen das Fachministerium, und zwar schon dann, wenn nur ein einzelnes Mitglied des Ausschusses dies verlangt. Da das Fachministerium aber unstrittig Teil der Landesregierung ist, hat die Regelung in der Verfassung offenbar Vorrang, jedenfalls soweit es um Auskunftsrechte geht, die in der Substanz gleich sind. Dann braucht man dies im Einzelgesetz auch nicht mehr zu erwähnen; denn es steht schon in der Verfassung.

Das bisherige Verfassungsschutzgesetz enthält indes über die substanziell gleichen Auskunftsrechte hinaus das Recht, Auskunftspersonen anzuhören. Das kann in der Sphäre des Verfassungsschutzes durchaus bedeutsam sein. Dieses Recht soll dem Ausschuss in keiner Weise beschnitten werden. Es ist aber offenbar vernünftig, das Verlangen an dasselbe Quorum zu koppeln wie das Recht auf Akteneinsicht. Wenn wichtige Gründe - etwa Belange des Landeswohls oder des Bundeswohls - durch eine Auskunft bedroht sind, kann die Landesregierung die Auskunft verweigern. So sagt es Artikel 24 Abs. 3 unserer Verfassung. Das wird jetzt genau so auch für diesen Ausschuss gelten.

Nun noch ein Wort zu Herrn Tonne. Herr Tonne, Sie haben sich für eine Reorganisation des Verfassungsschutzes in Niedersachsen eingesetzt. Darüber kann man reden. Im Ausschuss haben Sie aber nicht darüber geredet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr folgen möchte, den

bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dieser Empfehlung wurde zugestimmt.

Artikel 2. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist bei übergroßer Mehrheit so angenommen.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen jetzt zur Schlussabstimmung. Wer der Gesetzesvorlage so zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Damit ist diesem Gesetzentwurf mit übergroßer Mehrheit gefolgt worden.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP - Drs. 16/62 neu - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/137 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/151

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen lautet auf Annahme mit Änderungen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Althusmann von der CDU-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis auf einen einzigen Punkt werden zumindest die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP - also die drei großen Fraktionen hier im Hause - dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes zustimmen.

Sie wissen, dass alle Abgeordneten in allen Parlamenten der Länder und des Bundes einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Da Abgeordnete keine Beamten, sondern im Parlament Gesetzgeber sind, führt nun einmal kein Weg daran vorbei, dass wir für uns selbst beschließen müssen. So unangenehm das in der Sache ist, so sehr ist dieser Umstand in Wahrheit Stärke unserer Demokratie. Das

vergessen wir gelegentlich, wenn über die Frage der Diätenanpassung gesprochen wird.

Die aktuellen Debatten zur Abgeordnetenentschädigung geben immer wieder Anlass zu polemischen Vorwürfen der Selbstbedienung oder der Maßlosigkeit. Persönlich möchte ich nicht der Versuchung unterliegen, die im Bund derzeit geführte Debatte weiter anzuheizen. Rund 8,3 % im nächsten Jahr sind möglicherweise doch nicht, wie Herr SPD-Fraktionsvorsitzender Struck auf Bundesebene gesagt hat, eine ganz normale Anpassung.

Der Niedersächsische Landtag berät und entscheidet die möglichen Erhöhungen auf der Grundlage von Empfehlungen einer unabhängigen Diätenkommission, und dies schon seit Jahren. Im Übrigen: Niemand versteckt sich hinter dieser Diätenkommission. Ihr Vorschlag wird auch nicht einfach ungeprüft übernommen - ganz im Gegenteil. In den Jahren vor dem Jahr 2007 hat der Niedersächsische Landtag alleine fünf Mal auf eine entsprechende Anpassung der Diäten der Abgeordneten des Landtags verzichtet und keine Erhöhung beschlossen.

Für die plakative Ablehnung einiger Fraktionen in diesem Hause habe ich daher wenig Verständnis. Sie sind schlagzeilenträchtig; in Wahrheit ist das aber unehrlich.

Meine Damen und Herren, auch nach der Beratung in den Fachausschüssen bleibe ich bei der Feststellung, die ich bei der Einbringung des Gesetzentwurfs getroffen habe: Die Erhöhung um 2 % ab Mai dieses Jahres - und damit real um 1,5 %, auf das ganze Jahr 2008 gesehen - ist sehr zurückhaltend. Sie liegt im Rahmen der allgemeinen Einkommensentwicklung und deutlich unter den vereinbarten 3,1 % in 2008 sowie 2,9 % in 2009 für die 1,3 Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst beim Bund und bei den Kommunen.

Ebenso haben wir die Versorgungsbezüge der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags mit Beginn dieser Legislaturperiode deutlich angepasst. Wir haben den bisherigen Sockelbetrag nach acht Jahren gestrichen und auf ein Modell von 2,5 % pro Jahr umgestellt. Dies hat am Ende dazu geführt, dass nach einer durchschnittlichen Parlamentszugehörigkeit von 15 Jahren die heutigen Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags monatlich rund 600 Euro weniger Versorgungsbezüge erhalten. Das heißt, der Niedersächsische Landtag ist unter Federführung insbesondere von CDU und FDP, am Ende aber auch mit Zustimmung der SPD den Weg gegangen, die

Versorgungsansprüche der Abgeordneten des Landtags in vorbildlicher Weise deutlich abzusenken.

Zudem beträgt die wöchentliche Arbeitszeit der Abgeordneten ca. 60 Stunden. Mit der Verkleinerung des Landtags sind auch die Wahlkreise größer geworden.

Insofern wäre es ein gutes Signal, wenn die SPDFraktion dem von ihr ja mit unterzeichneten Gesetzentwurf zustimmen würde, wie sie es in den Fachausschüssen auch vorgemacht hat. Wenn man etwas für richtig hält, sollte man auch dazu stehen; sonst verliert man nicht nur an Glaubwürdigkeit, sondern auch an Orientierung.

Herr Kollege Möhrmann, nun zu dem strittigen Punkt. Die Fraktionen der CDU und der FDP schlagen vor, die reduzierte Aufwandsentschädigung für Abgeordnete anzupassen, die zugleich Mitglieder der Landesregierung sind. Diese verminderte Aufwandsentschädigung für die Minister in der geltenden Höhe wurde letztmalig im Jahre 1997 angehoben. Seit ihrer Einführung im Jahre 1978 wurde sie bis heute um ca. 2,9 % erhöht. Mit der Änderung würde die für die Arbeit im Wahlkreis gewährte allgemeine Aufwandsentschädigung auf 75 % der eigentlichen Aufwandsentschädigung begrenzt werden. Diesen Schritt halten wir für verhältnismäßig.

Nicht verhältnismäßig, Herr Kollege Bartling, ist Ihre überzogene Kritik an diesem Vorgang.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das finde ich aber auch!)

Die steuerfreie Aufwandsentschädigung für die Minister ist kein Bestandteil des Gehalts der Minister. Dann wäre sie nämlich steuerpflichtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)