Deshalb erfolgte in diesem Land eine einzigartige Abstimmung mit den Füßen der mutigen Menschen der damaligen DDR. Ich begrüße den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP ausdrücklich, die Geschichte des Unrechtsstaates noch stärker im Unterricht zu verankern. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Wir haben die Grundlagen in den Kerncurricula festgelegt. Auf meine Initiative hat, um auf die Anträge einzugehen, die Kultusministerkonferenz einen Beschluss gefasst, wonach das Georg-Eckert-Institut die Schulbücher im Hinblick auf diese Thematik evaluiert. Ich freue mich auf diese Ergebnisse.
Unsere Kinder müssen auch wissen, dass die Menschen, die diesem Regime entfliehen wollten, durch Selbstschussanlagen und durch gezielte Schüsse an der Grenze getötet worden sind.
Unsere Kinder müssen ebenfalls wissen, dass die Bespitzelung der Bürger zum Alltag der Menschen in der DDR gehört hat, dass die Staatssicherheit Kinder und Ehepartner aufgefordert hat, ihre Eltern, ihre Ehepartner und ihre Freunde bei der Staatssicherheit anzuzeigen. All das gehört mit dazu.
Unsere Kinder müssen - damit komme ich auf die Zeitzeugen zu sprechen - mit den Zeitzeugen sprechen, wie es in Niedersachsen im Übrigen geschieht.
Ich habe daran teilgenommen und dabei festgestellt, wie eine heute sehr betagte Dame einer 19jährigen Schülerin erzählt hat: Mädchen, in deinem Alter bin ich beim Übertritt über die grüne Grenze festgenommen worden und durfte dann bis zu meinem 35. Lebensjahr in einem Gefängnis verschwinden. - Das ist eine Lebenszeit, die auch den
heutigen 18- und 19-Jährigen so richtig bewusst geworden ist. Insofern ist das Zeitzeugengespräch ganz wichtig.
Unsere Kinder müssen auch wissen, dass den Müttern in diesem Unrechtsstaat ihre Kinder brutal weggenommen worden sind und dass sie zum Teil bis heute darum gekämpft haben, ihre Kinder wiederzusehen, sie überhaupt zu identifizieren. Das regt mich ganz besonders auf.
Meine Damen und Herren, gerade von der Linken, ich finde, unsere Kinder müssen auch wissen, dass es den Bürgerrechtlern zu verdanken war, dass dieses System gekippt ist,
und dass es beim besten Willen nicht das Verdienst der SED gewesen ist, dass es zu keinen gewalttätigen Ausschreitungen gegen die Demonstranten gekommen ist.
Es waren schlicht und ergreifend die Ohnmacht und die Hilflosigkeit vor dem übermäßigen Drang der Menschen, dort herauszukommen, die letztendlich zu einer Kapitulation dieses Regimes vor den Menschen geführt hat.
Ich freue mich mit Ihnen auf die Diskussion in den Ausschüssen zu diesem Thema. In einem Punkt können Sie ganz sicher sein: Diese Landesregierung wird alles dafür tun, damit diese Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.
Nach § 71 Abs. 3 hat Frau Flauger für die Fraktion DIE LINKE zusätzliche Redezeit beantragt. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst eine Klarstellung, weil wir hier falsch zitiert worden sind: Wir haben nicht behauptet, dass das Ende der DDR und des SED-Regimes auf die SED zurückzuführen sei, sondern - ich zitiere einen Teil unseres Antrags -:
„Dieser Versuch des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft ist gescheitert, weil er die Wirtschaft administrativ zu regulieren versuchte und in Staat und Gesellschaft grundlegende Prinzipien von Demokratie und Menschenrechten verletzt hatte. Der Bau der Mauer und ihre Aufrechterhaltung über Jahrzehnte waren Ausdruck dieses Prozesses und der irrigen Auffassung, man könnte und dürfte mit der Begründung langfristiger gesellschaftspolitischer Zielsetzungen zwangsweise Menschen an der Ausreise aus dem eigenen Staat hindern. Dass das Ende des SEDRegimes ohne gewaltsame Auseinandersetzungen herbeigeführt werden konnte, ist ein historischer Verdienst aller daran beteiligten Akteure, und zwar sowohl der Bürgerrechtsbewegung wie auch der innerparteilichen Opposition in der SED.“
Meine Damen und Herren, wir müssen hier nicht über Selbstverständlichkeiten streiten. Ich habe es gerade aus dem Antrag vorgelesen. Eine Stasi sowie die Bespitzelung von Familien und Ehegatten in einem Umfang, der kaum begreiflich ist, darf es nie wieder geben. Ebenso wenig darf es wieder ein Verbot geben, das eigene Land zu verlassen. Dies fällt Menschen normalerweise nicht leicht, und wenn, dann haben sie gute Gründe dafür.
Herr Schwarz, auch das, was Sie geschildert haben, darf sich nicht wiederholen. Das sind Formen von Unrecht, gegen die wir an jeder Stelle, in jedem Land kämpfen müssen, übrigens auch dort, wo heute so etwas passiert, und in anderen Ländern, wo so etwas passiert. Auch hier werden Menschen in einer unrechten Art und Weise behandelt.
Wir sind für jede differenzierte Auseinandersetzung mit diesem Thema zu haben und freuen uns auf eine konstruktive Auseinandersetzung zu diesem Thema im Ausschuss.
Wir möchten aber auch sagen, dass mit uns ein pauschales Verurteilen der gesamten DDRGeschichte nicht zu machen ist und dass wir dem Eindruck, der so bei den betroffenen Menschen entsteht, die versucht haben, ihre Lebensziele zu verwirklichen, entgegenwirken werden.
Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege McAllister das Wort. Sie haben noch eine Redezeit von drei Minuten. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP auf jeden Fall im Ausschuss intensiv erörtern.
Erstens zu Ihnen, Frau Korter: Sie haben gefragt, warum wir diesen Antrag gerade jetzt eingebracht haben. Ich habe versucht, das zu erläutern. Wir haben das deswegen gemacht, weil beispielsweise die Untersuchung der Freien Universität Berlin erschreckende Wissensdefizite bei jungen Menschen offenbart hat, was die DDR-Geschichte angeht.
Eines hat diese Debatte heute allerdings auch gezeigt: Offenkundig gibt es erhebliche Kenntnisdefizite, was das Thema DDR angeht, nicht nur bei Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei einigen Abgeordneten dieses Hohen Hauses.
Zweitens. Herr Adler, Sie haben hier wieder einmal, wie wir das ja schon kennen, verquast versucht, die DDR-Geschichte dazustellen,
und haben Ihren Beitrag zur Verklärung der DDRGeschichte gemacht. Eines ist klar: Sie sind Ihrer Linie, Ihrer alten DKP-Linie, Ihrer jetzigen LinkenLinie treu geblieben.
Aber auch etwas anderes wird ganz deutlich - Frau Flauger, da können Sie so viel argumentieren, wie Sie wollen -: Sie haben diese Vertreter in Ihren eigenen Fraktionsreihen sitzen.
Herr Adler und andere haben ein gestörtes Verhältnis zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Damit haben Sie letztlich auch ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland.
Drittens zur Rednerin der SPD: Herr Jüttner, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist schwer nachzuvollziehen, dass es der SPD-Fraktion nicht gelungen ist, bei diesem Thema eine Gemeinsamkeit von CDU, FDP und SPD hinzubekommen. Dies ist schwer nachzuvollziehen. Aber das haben Sie zu vertreten.
Eines sollte Ihnen, Herr Jüttner und Frau WeddigeDegenhard, allerdings wirklich zu denken geben: Frau Weddige-Degenhard, dass Ihr Redebeitrag zum Thema DDR-Geschichte in niedersächsischen Schulen mit Beifall von den Linken begleitet wurde, zeigt, in welcher schwierigen Situation Sie sind.