Protokoll der Sitzung vom 30.10.2009

Eines sollte Ihnen, Herr Jüttner und Frau WeddigeDegenhard, allerdings wirklich zu denken geben: Frau Weddige-Degenhard, dass Ihr Redebeitrag zum Thema DDR-Geschichte in niedersächsischen Schulen mit Beifall von den Linken begleitet wurde, zeigt, in welcher schwierigen Situation Sie sind.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist al- bern! - Detlef Tanke [SPD]: Das ist unterirdisch!)

Im Übrigen ist das symptomatisch für den Niedergang der SPD als Volkspartei in Deutschland.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Für so etwas ist die Sache eigentlich zu ernst!)

Zu einer Kurzintervention auf Herrn McAllister hat Frau Weddige-Degenhard das Wort. Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten.

So viel brauche ich gar nicht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr McAllister, man kann sich den Beifall nicht aussuchen. Dies geht auch Ihnen häufig so.

(David McAllister [CDU]: Nein! Ich kriege von denen nie Beifall! - Heiter- keit - Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Der nächste Redner ist Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die um zusätzliche Redezeit gebeten hat. Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten.

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD] - David McAllister [CDU]: Du hast sel- ber schuld, Wolfgang! - Detlef Tanke [SPD]: Das war ganz schwach, Herr McAllister! - Zuruf von Wilhelm Hei- demann [CDU])

- Herr Tanke, Herr McAllister und Herr Heidemann, ich habe gerade gesagt, dass Herr Wenzel das Wort hat. Und mein Wort gilt!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Genau! Sie ist die Präsidentin!)

Herr Wenzel!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte drei Anmerkungen machen.

Erstens. Herr McAllister, Sie haben nicht erklären können, warum die Frau Kultusministerin die Defizite, die Sie in Ihrem Antrag beschrieben haben, nicht aus Ihrer Verantwortung als Kultusministerin heraus aufarbeitet und angeht.

Zweitens. Zu der Bemerkung zu dem Beifall von der falschen Seite kann ich nur sagen: Eine solche Form der Auseinandersetzung hier ist peinlich. Es steht jedem zu, sich hier zu sinnvollen oder weniger sinnvollen Bemerkungen zu äußern. Ich glaube, das ist ganz offensichtlich.

Die dritte Bemerkung zu dem, was Herr Adler vorgetragen hat: Ich habe lange im Schatten der

Grenze, nämlich 1 km von der Grenze entfernt, gelebt. Ich habe Kontakt zu Verwandten und Freunden von jemandem gehabt, der aus der DDR geflüchtet und durch die Spree geschwommen ist und die wir oft in Ostberlin besucht haben. Wir haben Gespräche geführt und dort erlebt, was es hieß, in diesem Staat zu leben. Von daher habe ich mich sehr früh äußerst intensiv mit diesem Staat auseinandergesetzt. Ich kann Ihnen nur sagen: Die DDR ist für mich ein Unrechtsstaat. Das ist kein Kampfbegriff, sondern das ist eine Beschreibung dessen, was in dieser Diktatur stattgefunden hat.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Ich halte auch nichts davon, die UN-Menschenrechtscharta zu relativieren, indem man sozusagen eine neue Form der Definition von Menschenrechten einführt. Das macht z. B. China sehr dezidiert. Ich glaube, wir tun gut daran, uns an der UN-Menschenrechtskonvention von 1948 zu orientieren. Ihr vorausgegangen ist ein Krieg, der Millionen von Menschenleben gefordert hat. Ich glaube, dass diese Definition der Menschenrechte die universelle ist. Eine bessere ist mir bisher noch nicht untergekommen.

Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Herr Adler hat für eine Kurzintervention auf Herrn Wenzel eine Redezeit von anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wenzel, Ihnen ist es vielleicht nicht bekannt: Es gibt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Sie zitiert haben. Aber es gibt auch zwei UN-Pakte für Menschenrechte, die, glaube ich, aus dem Jahr 1961 sind. Der eine Pakt geht von den bürgerlichen Freiheiten und Menschenrechten aus. Der andere Pakt geht von den sozialen Menschenrechten aus. Beide stehen gleichrangig im Normenwerk der Vereinten Nationen. - So viel nur dazu.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich habe den letzten Ausführungen von Herrn McAllister entnehmen können, dass die Ausschussüberweisung beantragt wird und dass wir das vorherige Signal nicht beachten.

(David McAllister [CDU]: Ja!)

- Gut. Ich sehe und höre keinen Widerspruch.

Dann schlage ich Ihnen entsprechend dem Ältestenratsbeschluss vor, den Antrag an den Kultusausschuss zu überweisen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 33 auf:

Erste Beratung: Kinder und Jugendliche reden mit - Demokratie muss gelernt werden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1757

Zur Einbringung dieses Antrages hat Frau Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben ja bei den letzten beiden Tagesordnungspunkten sehr engagiert und lebhaft über das Thema Demokratie und Jugend diskutiert. Wir greifen diese Thematik auch mit unserem Antrag auf und möchten detaillierter mit Ihnen darüber ins Gespräch kommen. Ich hoffe, dass wir dies in einer möglichst sachlichen Art und Weise tun können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als wir im Juni 2008 hier im Landtag erstmalig über unseren Antrag, das Wahlalter auf 14 Jahre abzusenken, diskutiert haben, gab es ganz erheblichen Widerstand. Einige Kritiker äußerten, es gebe doch sehr viel geeignetere Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche partizipieren lassen zu können. Herr Adasch formulierte damals - ich zitiere:

„Parteiübergreifend sind wir uns in diesem Hohen Hause einig, dass wir junge Menschen mehr als bisher für Politik interessieren wollen und in politische Entscheidungsprozesse ein

binden wollen. Ich nenne einige Beispiele: die Betreuung von Schulklassen im Rahmen unserer Landtagsarbeit,“

- damit war wohl nicht die Diskussion in den Schulen gemeint -

„die Einrichtung von Schülerparlamenten in den Landkreisen, Städten und Gemeinden unseres Landes …“

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, Sie sind jetzt zwar nicht mehr in großer Zahl anwesend, aber wir nehmen Sie heute insofern beim Wort.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Auch die SPD kündigte damals vollmundig an, man lade uns Grüne dazu ein, den Weg zu mehr Mitsprache mit der SPD gemeinsam zu gehen. Herr Tonne, diese Einladung gebe ich heute gern an Sie zurück. Unterstützen Sie uns bei unserem Anliegen, die Partizipation in Niedersachsen wieder als Thema auf die Agenda zu setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man wird als Mensch und nicht als Staatsbürger geboren. Staatsbürger wird man erst durch einen intensiven Lernprozess. Daher ist unser Antrag mit „Kinder und Jugendliche reden mit - Demokratie muss gelernt werden“ überschrieben. Ich möchte Ihnen die zentralen Forderungen unseres Antrages vorstellen.

Erstens. Das Land startet wieder eine Kampagne zur Verbesserung der Partizipation. Es gab in dieser Hinsicht schon im Jahr 2000 zarte Ansätze mit der Gemeinschaftsaktion „Land für Kinder“. Diese Aktion wurde damals in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund, dem Landesjugendring und dem Landessportbund in Niedersachsen initiiert. Diese Aktion wurde aber 2004 von der damaligen Ministerin von der Leyen wieder eingestampft. Nun muss diese Aktion aber reaktiviert werden. Wir fordern, dafür eine Servicestelle beim Ministerium einzurichten, die Wettbewerbe für Kommunen ausschreibt, die Best-Practice-Börsen führt etc.

Zweitens. Die Aus- und Fortbildungsangebote für Moderatorinnen und Moderatoren müssen wieder aufgenommen werden; denn Beteiligung braucht professionelle Methodik.

Drittens. Wir wollen - das ist ein ganz zentraler Punkt -, dass § 22 e der Niedersächsischen Ge

meindeordnung in das geplante einheitliche kommunale Gesetzbuch übernommen wird, das künftig die Niedersächsische Gemeindeordnung, die Landkreisordnung und das Regionsgesetz Hannover vereinigen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit er Ihnen präsent ist, lese ich § 22 e - Beteiligung von Kindern und Jugendlichen - einmal vor: