Protokoll der Sitzung vom 30.10.2009

Der Kollege Hausmann von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass es auch Gemeinden gibt, die konsolidiert haben, die auskonsolidiert sind - die also keine Möglichkeiten mehr haben, weiter zu konsolidieren - und trotzdem auch nach 75-prozentiger Übernahme der Kassenkredite durch das Land nicht in der Lage sein werden, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, frage ich Sie, wie Sie zu diesen Gemeinden stehen. Was passiert mit diesen Gemeinden, wenn sie den Antrag stellen, beispielsweise aus einer Samtgemeinde eine Einheitsgemeinde zu machen oder zu fusionieren?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Genau um die geht es ja. Wenn sie schon jetzt alle Anstrengungen unternommen haben und trotzdem keine Chance haben, zu einer ordentlichen Haushaltsführung zu kommen, dann ist es sinnvoll, dass man weiterdenkt.

An der einen oder anderen Stelle gibt es auch die Überlegung, von einer Samtgemeinde zu einer Einheitsgemeinde zu kommen. Dann müsste man prüfen, ob das ausreicht, um tatsächlich entsprechende Einsparungen zu erzielen. Wenn das nicht ausreicht, gibt es auch die Möglichkeit der interkommunalen Zusammenarbeit bis zur Fusion.

Das ist genau das, was wir uns hier vorgestellt haben. Wenn man dann in einer solchen größeren Einheit durchaus höhere Einsparungen erzielt - davon kann man ausgehen - und dann auch noch das Instrumentarium der besonderen Förderung - Strukturhilfe - hinzuzieht, ist dies aus meiner Sicht der einzige Weg, um hier verantwortungsvoll vorzugehen.

Einfach nur mit Geld zu agieren, wie es in der Vergangenheit im Harz geschehen ist, indem man einfach höhere Bedarfszuweisungen überweist,

führt zu nichts, weil man anschließend genauso viele Probleme hat wie vorher auch. Es müssen also Strukturveränderungen stattfinden, um eine entsprechende Hilfe zu bekommen.

(Zustimmung bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Schwerwiegender Bei- fall!)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie will sie ihr Vorhaben eigentlich finanzieren, wenn sie erfolgreich sein sollte? Müssten wir dann, wenn eine Vielzahl von Kommunen die Fusionsprämie abrufen sollte, mit einem Nachtragshaushalt rechnen, weil ein solches Vorhaben schließlich nicht mit 35 Millionen Euro zu finanzieren ist? Müssen Sie nicht Angst vor Ihrem eigenen Erfolg bekommen?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens hatte ich vor Erfolg nie Angst, und das sollte man auch nicht haben. Zweitens haben wir in dem bereits zitierten Kabinettsbeschluss festgestellt, dass wir insgesamt 70 Millionen Euro pro Jahr ab dem Jahr 2012 bereitstellen wollen: 35 Millionen Euro zusätzlich und 35 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich als Solidarbeitrag der Kommunen insgesamt.

Ich bin den kommunalen Spitzenverbänden sehr dankbar, dass sie diesen Gedanken mittragen. Das ist ja nicht selbstverständlich, gerade auch vor dem Hintergrund - darüber haben wir ja gestern diskutiert -, dass wir in den nächsten Jahren insgesamt damit rechnen müssen, dass der kommunale Finanzausgleich nicht ansteigt, um es vorsichtig auszudrücken. Insofern ist klar, dass wir diese 35 Millionen Euro ab dem Jahr 2012 zusätzlich zur Verfügung stellen müssen. Das sind aber, wenn Sie das gesamtstaatlich sehen - d. h. Kommune und Land -, keine neuen Schulden, die aufgenommen werden, sondern das ist im Prinzip eine

Hilfe, um Schulden abzubauen. Das ist meiner Ansicht nach ein ganz entscheidender Faktor.

Des Weiteren müssen Sie sehen: Wenn das erfolgreich ist, dann fallen diese Kommunen irgendwann in den nächsten Jahren aus dem Bedarfszuweisungstopf heraus, sodass das für die Solidargemeinschaft insgesamt durchaus eine sehr sinnvolle Investition aus dem Finanzausgleich ist. Wenn die Kommunen - - -

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Traum- tänzer!)

- Einmal wird mir vorgeworfen, ich hätte Angst vor dem Erfolg. Nun erläutere ich Ihnen den Erfolg. Dann bin ich ein „Traumtänzer“. Für eines müssen Sie sich schon entscheiden!

Wichtig ist, dass wir diesen Weg konsequent so gehen,

(Zustimmung von Astrid Vockert [CDU])

dass wir alles versuchen, damit die betroffenen Regionen in dem Zusammenhang wirklich eine positive Zukunftsperspektive bekommen, d. h. dass die Strukturhilfe greift. Das ist entscheidend. Insofern werden wir in den nächsten 12 bis 15 Monaten zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden hart arbeiten müssen, um hier den richtigen Weg aufzuzeigen. Das ist aber eine Riesenchance. Wenn wir es wirklich schaffen, dann haben wir in Niedersachsen den strukturschwachen Kommunen sehr zielgerichtet geholfen.

Ich habe von Ihnen noch keine Alternative gehört.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit einem Solidaritätsfonds, der in Rheinland-Pfalz bereits gescheitert ist, kann man nun wirklich nicht als Alternative kommen. Hier können wir ganz zielgerichtet denen helfen, die wirklich in Not sind.

(Beifall bei der CDU)

Der Kollege Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schünemann, ich habe eine Nachfrage zu Ihrer Antwort auf die Frage von Herrn Adler. Wie hoch ist derzeit nach der Einschätzung der Landesregierung das Gesamtvolumen der Zuschüsse unter Zugrundelegung der 75-%-Quote für diejeni

gen Kommunen, mit denen Sie derzeit verhandeln?

Ich habe noch eine zweite Frage. Das interessiert mich vor allen Dingen auch vor dem Hintergrund, dass ich Ratsherr in Göttingen bin.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Als Ratsherr hat man hier kein Rederecht!)

- Als Landtagsabgeordneter und Ratsherr! - Mich interessiert, bis zu welcher Flächengröße die Landesregierung Fusionen für verfassungskonform hält unter der Maßgabe, dass auch der örtliche Bezug erhalten bleiben muss. Derzeit gibt es ja Überlegungen, dass sich eventuell mehrere Landkreise in Südniedersachsen zusammenschließen. Haben Sie diese Frage verstanden?

(Heiterkeit - Christian Dürr [FDP]: Das war schon die dritte Frage!)

Ob er sie verstanden hat, wird sich jetzt zeigen, Herr Kollege. Der Herr Minister antwortet jetzt nämlich.

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Er hat sich ja gerade unterhalten!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gefragt, ob ein Gebilde wie die Region Hannover verfassungskonform ist. War das so?

(Zuruf von Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE])

Für mich ist ganz wichtig, dass wir - - - Wie bitte?

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Die Frage kam unglücklich, weil Sie sich gerade unterhalten haben!)

- Ich habe Sie schon gut verstanden, keine Frage.

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Wie der örtliche Bezug erhalten bleibt vor dem Hintergrund eines Zusam- menschlusses von mehreren Ge- meinden oder Landkreisen!)

Wir haben ja bereits jetzt ein Leitbild. In diesem Leitbild für die Landkreise wird von mindestens 150 000 Einwohnern gesprochen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: „Leitbild“ schreibt sich bei Ihnen aber inzwi- schen mit „ight“!)

- Ach so.

Insofern ist klar: Schon jetzt gibt es Landkreise, die weniger als 150 000 Einwohner haben; es gibt aber auch einige, die etwa 300 000 Einwohner haben, z. B. im Bereich des Emslandes. Sie sehen, dass wir in Niedersachsen hierbei schon eine Vielfalt haben. Das ist meines Erachtens auch sinnvoll. Das ist übrigens der Grund, warum es unserer Meinung nach keinen Sinn macht, sich irgendwo, z. B. am Schreibtisch des Innenministers, hinzusetzen und neue Kreise zu ziehen und festzulegen, dass alle ungefähr 300 000 oder 400 000 Einwohner haben müssen. Das macht keinen Sinn. Vielmehr können wir sehr unterschiedliche Antworten auf die Herausforderungen gerade auch auf der kommunalen Ebene haben.

Die Nähe zu den Bürgern wird sicherlich - da gebe ich Ihnen recht - über die Landkreisebene zu erreichen sein. Aber das Entscheidende ist, dass wir auf der Gemeindeebene möglichst viele Dienstleistungen anbieten können. Das ist etwas, was wir heutzutage im Zeitalter der modernen Kommunikationstechniken hervorragend erreichen können. Im Zukunftsvertrag wird deshalb auch stehen, dass wir überlegen, Aufgaben von der Landes- auf die Landkreisebene zu übertragen, und dass wir überlegen - das ist ganz entscheidend; der Städtetag und der Städte- und Gemeindebund legen darauf großen Wert -, ob wir Aufgaben von der Landkreisebene auf die Gemeindeebene übertragen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie sich das anschauen, dann wird klar, dass das ein Gesamtkonzept ist. Es ist nicht so einfach, wie man sich das vorstellt. Wenn Sie das als Gesamtkonzept sehen, wird klar, dass wir mit der Erledigung von Aufgaben und Dienstleistungen sogar noch näher an den Bürger herankommen können. Das ist eigentlich das Ziel in diesem Zusammenhang.

Zu der ersten Frage - auch die habe ich mitbekommen -, wie viel Geld insgesamt zur Verfügung gestellt werden muss, wenn alle 60 Gebietskörperschaften, die sich im Moment gemeldet haben, ihre Planungen umsetzen würden: Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht im Detail sagen, weil sich diese Verfahren in noch sehr unterschiedlichen Stadien befinden: ob man zusammenkommt, in welchen Größenordnungen es tatsächlich zu Fusionen

kommt oder ob es in den Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit geht. Aber nach den Hochrechungen, die ich gerade gehört habe, würde der Topf, den wir zur Verfügung haben, im Moment ausreichen.

Frau Kollegin Flauger stellt die nächste Zusatzfrage.