Protokoll der Sitzung vom 30.10.2009

Frau Kollegin Flauger stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Innenminister Schünemann hat im Juli 2009 in einem Brief an den Landkreis Lüchow-Dannenberg geschrieben, dass die entstehende Kommune nach erfolgter Fusion lebensfähig sein müsse. Ich frage die Landesregierung, ob mit dem Ausdruck „lebensfähig“ ein ausgeglichener Haushalt gemeint ist oder was dieses Wort in diesem Zusammenhang sonst - mehr, weniger oder etwas anderes - bedeuten soll.

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will erreichen, dass in dem neuen Landkreis dann eine ordentliche Haushaltsführung sichergestellt werden kann. Dazu ist es einmal notwendig, dass man schlankere Strukturen entwickelt. Zum anderen muss aber sicherlich die Strukturhilfe so eingesetzt werden, dass dort insgesamt mehr Einnahmen erzielt werden.

Frau Kollegin König von der Fraktion DIE LINKE stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Nach welchen Kriterien wird die Förderquote bei Fusionen festgelegt, d. h. was bedeutet die Formulierung „bis zu 75 %“?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn eine ordentliche Haushaltsführung schon mit 50 %

erreicht werden kann, würden wir das natürlich umsetzen. Aber wenn Sie sich ansehen, wie groß die finanziellen Schwierigkeiten der betroffenen Kommunen sind, können Sie davon ausgehen, dass in der Regel 75 % erforderlich sind. Wenn es aber schon früher möglich ist, werden wir natürlich nicht 75 % ausgleichen.

Herr Kollege Perli von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wird die Landesregierung für den Fall, dass eine durch eine Fusion neu entstehende Kommune trotzdem ein erhebliches Haushaltsminus aufweist, diese Fusion untersagen, oder wird sie sie trotzdem erlauben und, wenn ja, bis zu welcher Schuldenhöhe wird sie sie erlauben?

Herr Minister!

Wenn man Fusionen ohne finanzielle Unterstützung des Landes vorhat, werden wir sie nicht verbieten; das ist doch völlig klar. Wir müssen dann nur sehen, ob die Größenordnung, die geschaffen werden soll, noch dem Leitbild entspricht und insgesamt verfassungskonform ist. Wichtig ist für uns, dass dann, wenn wir bis zu 75 % der Zinsen und Tilgung übernehmen, durch das neue Gebilde, durch die neue Struktur tatsächlich ein ordentlicher Haushalt aufgestellt werden kann. Wäre das nicht gewährleistet, dann würden wir zwar Geld in erheblicher Höhe zur Verfügung stellen, aber würde das sehr schnell verpuffen. Das wäre nur schwer zu rechtfertigen. Ich habe schon oft auf das Beispiel Harz hingewiesen, wo man das vor etwa zehn Jahren gemacht hat. Dort hat man auch aus dem kommunalen Finanzgleich, aus Mitteln der Solidargemeinschaft viel Geld zur Verfügung gestellt, und anschließend waren die Probleme noch genauso groß wie vorher. Insofern wird es für solche Zusammenschlüsse keine finanzielle Unterstützung geben.

Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, zu dieser Fusionsprämie interessiert mich zum einen, ob Sie dabei auf Erfahrungen anderer Bundesländer - wenn es die denn gibt - zurückgegriffen haben. Zum anderen interessiert mich, was eigentlich passiert, wenn eine Kommune nach reiflicher Überlegung eine solche Fusion ablehnt. Wie werden Sie dann weiter verfahren? Werden Sie das dann noch einmal versuchen, oder wird es ad acta gelegt?

Herr Minister Schünemann!

Ich verstehe ja, dass Sie immer wieder versuchen, darauf hinzuweisen, dass das vielleicht doch nicht freiwillig ist. Nein, das ist ein freiwilliges Angebot an die Kommunen. Wenn eine Kommune ein solches Geschenk ablehnt, dann hat sie es eben nicht. Das ist dann schon ein Problem für diejenigen, die es abgelehnt haben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Für Sie auch!)

- Natürlich ist es insgesamt für unser Land ein Problem. Aber wir werden das Problem nicht dadurch lösen, dass wir von oben etwas aufdrücken und auf diese Weise versuchen, etwas zu erreichen. Das haben wir in anderen Bundesländern erlebt. Gucken Sie sich Schleswig-Holstein an. Dort hat es tolle Beschlüsse gegeben, die jedoch nicht umgesetzt worden sind. Es ist vor Ort so viel Unruhe entstanden, dass keine vernünftigen Entscheidungen mehr getroffen worden sind. Deswegen ist der freiwillige Weg auf jeden Fall der richtige.

Es gibt für unseren Weg keine weiteren Beispiele. Wir in Niedersachsen versuchen, aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen, und meinen deshalb, den richtigen Weg zu gehen. Im Bereich der Verwaltungsmodernisierung sind wir in der letzten Legislaturperiode häufig neue Wege gegangen, die erfolgreich gewesen sind und anschließend zum Teil sogar mit Preisen prämiert worden sind.

Herr Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob die vertraglich zugesicherte sogenannte Hochzeitsprämie in Zukunft auch dann ausgezahlt wird, wenn sich der Landeshaushalt außerhalb des verfassungsrechtlich Zulässigen bewegt und somit erhöhter Einsparbedarf auf Landesebene besteht. Werden dann trotzdem die vertraglich zugesicherten Prämien konsequent ausgezahlt werden?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Landesregierung war immer vertragstreu.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist aber keine Beantwortung der Frage! - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Aber nicht ver- fassungstreu! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Irgendwann wird jeder entjung- fert!)

Herr Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das passt jetzt dazu. Sie müssen ja, wenn Sie den Schuldendienst übernehmen, entsprechend dem vereinbarten Tilgungssatz unter Umständen sehr langjährige Verpflichtungen eingehen. Wie wollen Sie das haushaltsrechtlich umsetzen? Wollen Sie es aus dem normalen Haushalt mit Verpflichtungsermächtigungen machen? Wollen Sie ein Sondervermögen bilden oder vielleicht einen weiteren Schattenhaushalt einrichten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir übernehmen natürlich nur Zinsen und Tilgung. Kassenkredite sind ja eigentlich kurzfristige Kredite. Der Abtrag wird sich jedoch über einen länge

ren Zeitraum, wahrscheinlich über 20 Jahre, erstrecken. Wir haben hier eine solidarische Finanzierung, einmal aus dem kommunalen Finanzausgleich. Das ist das, was den Kommunen selber zusteht. Das ist meiner Ansicht nach sinnvoll. Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass man damit rechnet, dass man dann Bedarfszuweisungen, die man sonst für diese Gebiete zur Verfügung stellen müsste, nach relativ kurzer Zeit - ich sage einmal: vielleicht in fünf, sechs Jahren - nicht mehr zur Verfügung stellen muss. Das heißt, dieses Vorgehen wird für die Solidargemeinschaft insgesamt sehr schnell Früchte tragen und, was den kommunalen Finanzausgleich angeht, mit einer Entlastung verbunden sein.

Die 35 Millionen Euro, die wir auf der Landesebene zusätzlich zur Verfügung stellen müssen, müssen natürlich in den Haushaltsberatungen abgesichert werden. Es gibt bereits einen Kabinettsbeschluss, dass wir das bei entsprechender Zusicherung der kommunalen Spitzenverbände dem Landtag vorschlagen werden. Denn nicht die Landesregierung verabschiedet den Haushalt, sondern das Parlament. Wir bringen ihn ein. Die Verträge, die dann geschlossen werden, sind natürlich nur auf der Grundlage eines Haushaltsbeschlusses möglich. Deshalb ist es sinnvoll, dass in den Haushalt 2010 für die Kommunen, bei denen es sich jetzt schon abzeichnet und mit denen das Land Verträge schließen muss, entsprechende Verpflichtungsermächtigungen eingestellt werden.

Herr Kollege Krogmann von der SPD-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, vor dem Hintergrund des Zukunftsvertrages und der wissenschaftlichen Untersuchung, die Sie in Auftrag gegeben haben, frage ich Sie: Wie verfahren Sie, wenn die Kommune A und die Kommune B freiwillig fusionieren möchten, die Ergebnisse der Bestandsaufnahme aber ausweisen, dass das nicht sinnvoll ist? Hören Sie dann auf die Freiwilligkeit oder auf den teuer eingekauften wissenschaftlichen Rat?

Herr Minister Schünemann, bitte!

Ich höre auf diejenigen, die im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung legitimiert sind, darüber zu entscheiden. Das sind die Räte und die Kreistage in den Kommunen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Modder, Sie haben die Möglichkeit, die nächste Zusatzfrage zu stellen. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass sich die Fusionsgespräche hier und da ein bisschen schwierig gestalten, frage ich die Landesregierung: Aus welchem sachlichen Grund wird die Angebotsphase, die Sie jetzt gestalten, zeitlich befristet?

Herr Minister Schünemann, bitte!

Das tun wir deshalb, weil wir nach den Erfahrungen in anderen Bundesländern wissen, dass es für die kommunale Ebene sehr schwierig ist, wenn man über eine solche Fusionen drei, vier oder fünf Jahre diskutiert. Vielmehr ist es sinnvoll, dass wir die Fakten auf den Tisch bekommen. Dabei unterstützen wir die Kommunen ja auch mit Zuschüssen für einen Gutachter. Wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, muss man sich nach einer Abwägungszeit dafür oder dagegen entscheiden. Die Kommunalwahl im Jahr 2011, die wahrscheinlich im September stattfindet, ist einfach eine „natürliche Grenze“, bis zu der man zu einer Entscheidung kommen muss.

Würde das Angebot darüber hinausreichen, dann würde es sehr schwierig. Dann müsste wieder ein ganz neuer Prozess in Gang gesetzt werden. Sie müssen sich vorstellen: Dann gibt es wieder ganz neue Räte und Kreistage. Das heißt, Sie fangen in diesem Zusammenhang wieder von vorne an. Das Ganze würde dann wahrscheinlich wieder über fünf oder acht Jahre diskutiert.

Da sage ich Ihnen: Es ist schon sinnvoller, zu sagen, wir gewähren jede Unterstützung bei der Moderation, jede Unterstützung bei gutachterlichen Tätigkeiten. Aber dann ist es sinnvoll, dass die Kommune eine Entscheidung trifft, in der einen

oder in der anderen Richtung. Wenn man sich bis zur Kommunalwahl entschieden hat und die Kriterien erfüllt sind, kann man auch mit einer finanziellen Entlastung bei den Kassenkrediten rechnen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kolleg Herzog von der Fraktion DIE LINKE stellt seine zweite Zusatzfrage.

Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass ich es schade finde, dass Sie die realen Berechnungen der Kämmerer in Uelzen und Lüchow-Dannenberg ignorieren, möchte ich das von Ihnen doch konkret anhand von Zahlen beantwortet haben. Bis zum Zeitpunkt einer möglichen Fusion dieser beiden Landkreise sind in beiden Landkreisen 250 Millionen Euro Kassenkredite aufgelaufen. Eine 75-%Quote entspräche ca. 190 Millionen Euro. Sie haben bis 2012 - bis 2011 wäre dies dann der Fall - lediglich 35 Millionen und dann 70 Millionen Euro im Haushalt. Wie wollen Sie die Finanzierung allein dieser einen Fusion sicherstellen, aus welchen Haushaltsmitteln, welchem Haushaltstopf? Wie ist das verfassungskonform zu machen?

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade für den Bereich Lüchow-Dannenberg haben wir sogar Sonderzuweisungen zur Verfügung, die leider Gottes noch nicht ausgekehrt werden konnten, weil man vernünftige Zielvereinbarungen in diesem Zusammenhang noch nicht abschließen konnte. Entsprechende Einsparungen war man im Moment nicht in der Lage darzustellen. Das bedaure ich sehr. Denn die Entwicklung im Landkreis Lüchow-Dannenberg, die Sie jetzt auch selber geschildert haben, ist dramatisch. Dass man dann ein solches Angebot nicht in Anspruch nimmt, wundert mich schon sehr.

Insofern könnte man bei einer Fusion der Landkreise Lüchow-Dannenberg und Uelzen diese Mittel - ich glaube, es sind etwa 20 Millionen Euro - zusätzlich als direkte Bedarfszuweisung zur Verfügung stellen. Darüber hinaus geht es nicht darum,