Um es in drei Sätzen zusammenzufassen: Ja, der Bologna-Prozess ist ohne Alternative, wie es in unserem Antrag zur Aktuellen Stunde heißt. Ja, die Studierenden haben recht, wenn sie eine bessere Umsetzung einfordern, wenn sie heute ihre Proteste formulieren. Ich finde, sie machen das in herausragender Art und Weise. Sie machen deutlich, was sie wollen. Aber sie machen es nicht in irgendeiner kriminalisierten Form, wie sie Ihnen möglicherweise lieber wäre.
(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Hallo, geht es noch? Das ist eine ganz miese Unterstel- lung! Das war Verleumdung! - Wolf- gang Jüttner [SPD]: Ordnungsruf, bit- te! - Weitere Zurufe - Unruhe)
Niedersachsen ist auf einem richtigen Weg, weil Lutz Stratmann den Kurs vorgegeben hat. Wir können froh und dankbar sein, dass er unser Wissenschaftsminister ist.
Im Hinblick auf die Ausführungen, die eben gemacht worden sind, werden wir gleich klären, ob Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Ich bitte um etwas Zeit, damit wir das in aller Ruhe abklären können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schade, Herr Nacke, dass Sie die Grenze hier wieder einmal deutlich überschritten haben.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion unterstützt die Forderungen der Studierenden nach besseren Studienbedingungen und nach Abschaffung der Studiengebühren.
Angesichts überfüllter Hörsäle, verschulter Studiengänge und ungleicher Bildungschancen sind die Proteste berechtigt. Auch wenn vieles an der Kritik der Studierenden richtig ist, falsch ist es,
Herr Perli, vielleicht sollten Sie auch einmal darüber nachdenken, vor welchen Karren Sie sich spannen lassen, wenn Ihnen bei Ihren Forderungen bezüglich Bologna Frau Schmoll von der FAZ und der konservative Hochschullehrerverband applaudieren.
Viele Missstände, die heute beklagt werden, sind hausgemacht, und viele waren natürlich auch schon vor Bologna da. Ich muss sagen, es ist schon etwas zynisch, dass vor allem diejenigen Bologna schlecht machen, die Bologna schlecht gemacht haben. Vieles wurde schlecht gemacht. Da ist die KMK zu nennen. Sie zwängte die Studienreform in ein Korsett unsinniger Strukturvorgaben. Egal, ob Philosophie oder Architektur, alles wurde in teutonischer Gründlichkeit auf Einheitsnorm gebracht. Jeder Student, jede Studentin muss pro Jahr 900 Stunden studieren, und die Regelstudienzeit darf zehn Semester nicht überschreiten.
Zu nennen sind auch die Hochschulen. Viele haben alte Diplomstudiengänge einfach nur in eine neue Form gequetscht und darauf das Etikett „Bachelor“ geklebt. Von mehr Transparenz und Mobilität - das eigentliche Ziel von Bologna - kann nicht die Rede sein. Versuchen Sie einmal, im Lehramtsstudium von Vechta nach Göttingen oder von Braunschweig nach Hildesheim zu wechseln! Das wird Ihnen nicht gelingen. Das liegt aber nicht an der Bologna-Erklärung, Herr Perli, sondern an dem Unwillen und der Unfähigkeit der Universitäten, Bologna umzusetzen.
Meine Damen und Herren, auch das Parlament, auch wir tragen Verantwortung. Wir haben die Hochschulen gewähren lassen und nannten das Hochschulautonomie. Niemand hat sich um die Umsetzung gekümmert. Wir wollten, dass die Hochschulen sich für mehr Studierende öffnen. Wir wollten aber nicht mehr Geld dafür ausgeben. Wir wollten, dass die Studenten schnell auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Effizienz war das Zauberwort. Aber auch das hatte nichts mit Bologna zu tun.
genen Tagen wenig gehört. Im Gegenteil: Plötzlich outen sich alle als Studentenversteher, vorneweg Frau Schavan. Obwohl die Hochschulen Sache der Länder sind, verspricht sie Studenten eine bessere Lehre und fordert den freien Zugang zum Master getreu dem Motto „Sollen sich doch andere darum kümmern, wie dem Willen Wirklichkeit eingehaucht werden kann“. Natürlich konnte Herr Stratmann dem nicht nachstehen und zückte ebenfalls das Reformschwert.
Sein Vorschlag: Der achtsemestrige Bachelor muss her. - Bravo! Doch laut KMK-Beschluss von 2003 konnte der achtsemestrige Bachelor schon immer angeboten werden. Es wird übrigens an einigen Hochschulen gemacht, vereinzelt sogar in Niedersachsen. Die spannende Frage ist doch: Warum bieten es nicht mehr Universitäten an? - Ganz einfach: Die Universitäten wollen ihren viersemestrigen Master nicht opfern; denn Ruhm und Lorbeer gibt es für die Lehre in den Masterstudiengängen, aber nicht für den Bachelor.
Also, Herr Stratmann: Das, was bisher von Ihnen geboten worden ist, ist ein Dünnemann. Aber wir dürfen ja gleich das Wunder erwarten, das Herr Nacke angekündigt hat. Die Studierenden werden sehr gespannt darauf sein, welche Vorschläge Herr Stratmann gleich konkret vorlegen wird. Sie sind gespannt darauf, welche Mittel sie zur Verbesserung der Lehre erwarten können. Vor allem, Herr Stratmann: Wo bleibt Ihre Antwort auf die soziale Dimension des Bologna-Prozesses? Die sind Sie bis heute schuldig geblieben. Sie beharren auf Ihren unsozialen Studiengebühren und lassen sogar bei BAföG-Empfängern abkassieren.
Meine Damen und Herren, wir begrüßen die Ankündigung des Bundes, das BAföG zu erhöhen. Ein starkes Bafög ist allemal besser als das geplante Stipendienprogramm, das nur ein Eliteprogramm für die Kinder der Reichen und nichts anderes als Klientelpolitik ist.
Doch, meine Damen und Herren, ein bisschen mehr Bafög wird die Studenten und Studentinnen nicht von der Straße bringen. Sie wollen, dass sich ihre Studienbedingungen endlich verbessern. Ein gutes Signal wäre der Verzicht auf die milliardenschweren Steuergeschenke und eine Investition
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es etwas gibt, womit die Ära Wulff in die Geschichte eingehen wird, dann werden es Bildungsstreiks bzw. Bildungsdemonstrationen sein.
Seit zwei Jahren gehen Schüler, Lehrer, Eltern und jetzt auch Studierende auf die Straße und protestieren gegen eine verfehlte Bildungspolitik, in diesem Falle gegen eine verfehlte Hochschulpolitik, die an falschen Weichenstellungen festhält. Zugegeben, auch die Hochschulen haben bei Bologna eine Reihe von Fehlern gemacht; Frau Dr. Andretta hat darauf hingewiesen. Aber die derzeitigen Proteste der Studierenden sind nicht zuletzt auch das Ergebnis einer falschen Hochschulpolitik.
Die gegenwärtige Situation ist ja interessant: Niemand leugnet mehr, dass die Studierenden zu Recht auf die Barrikaden gehen. Aber so richtig schuld daran sein will auch niemand. Auch Sie, Herr Minister Stratmann, machen beim SchwarzerPeter-Spiel eifrig mit. In Ihrem Zehnpunktekatalog zur Reform der Bologna-Reform befassen sich neun Punkte allein mit frommen Appellen an die Hochschulen nach dem Motto: Die Hochschulen müssen, die Hochschulen sollen, die Hochschulen werden aufgefordert. Einzig der Punkt „Ausbau des BAföG“ - da wissen Sie uns an Ihrer Seite - ist an die Adresse der Politik gerichtet. Ansonsten lassen Sie geflissentlich völlig außer Acht, dass es durchaus eigene Fehler, politische Fehler sind, die in den Protesten der Studierenden ihren Widerhall finden. Denn wenn die Studierenden heute über Stofffülle und starre Curricula klagen, dann hat das nicht nur, aber selbstverständlich auch damit zu tun, dass diese Landesregierung Bologna immer als Sparmodell gefahren hat.
Hochschulen neue Aufgaben übernehmen, es gibt auch keine Antwort auf Fragen nach mangelnder Ausstattung in der Lehre, die wir vonseiten der Opposition gestellt haben, bei der Sie nicht darauf hingewiesen haben, dass wir durch die BolognaReform Kapazitäten einsparen können, weil die Studierzeit sehr viel kürzer und der Durchlauf der Studierenden höher sein wird.
Über den zweiten Fehler bei der Umsetzung der Bologna-Reform redet im Moment kaum noch jemand: Diese Reform ging mit einer Kürzung um 50 Millionen Euro pro Jahr einher, die die Hochschulen zeitgleich zu kompensieren hatten.
Der Hochschulpakt, der heutzutage immer gerne als zusätzliche und neue Bildungsinvestition abgefeiert wird, hat das Problem letztlich mehr verschärft denn gelöst; denn die Gelder, die in die Hochschule fließen, fließen in die Hochschule, um neue Studienplätze zu schaffen, und nicht, um die bestehenden zu verbessern. Da sie auch in der zweiten, nachgebesserten Runde noch immer unterfinanziert sind, werden Sie das Problem weiter verschärfen.
Es ist außerdem wohlfeil - darauf hat die Kollegin Andretta schon hingewiesen -, den achtsemestrigen Bachelor zu fordern, solange die Gesamtstudiendauer eines konsekutiven Bachelor- und Masterstudiums auf zehn Semester festgeschrieben ist, was noch immer der Fall ist; denn so geben Sie dem Bachelor das, was Sie dem Master nehmen. Das kann nicht die Lösung sein.
Verschärft wird die Situation in Niedersachsen durch die Einführung von Studiengebühren. Liebe Kollegen von CDU und FDP, Ihre Mär vom Gebühren zahlenden Kunden, der freiwillig gerne in die Verbesserung seiner Studienbedingungen investiert, ist spätestens mit diesen Protesten endgültig geplatzt.
Studiengebühren sind nicht nur unsozial, sondern sie taugen auch nicht, die strukturelle Unterversorgung in der Lehre zu entschärfen; sonst hätten wir die Proteste im Moment nicht.
Ob es das Saarland ist, ob es Hamburg, Hessen oder ob es Schleswig-Holstein ist - selbst Ihre eigenen Parteifreunde haben doch inzwischen erkannt, dass Studiengebühren der falsche Weg sind.
Bereits drei Jahre nach der Einführung, lieber Herr Minister Stratmann, ist Ihr Studiengebührenmodell zum Auslaufmodell geworden. Deshalb fordern wir Sie auf: Ziehen Sie endlich Ihre Konsequenzen daraus und schaffen Sie diese Studiengebühren ab, oder erfüllen Sie eine bei den Protesten erhobene Forderung der Studierenden!
Das ist ein Foto aus der HAZ zu den Demonstrationen in der letzten Woche: „Reiche Eltern für alle“. Diese vermeintlich paradoxe Parole bringt es auf den Punkt: Der christlich-liberale Zeitgeist erklärt Chancengleichheit zur Privatsache. Der einst hart erkämpfte Grundsatz „Bildung für alle“ ist anscheinend jetzt der Parole „Bildung für alle, die es sich leisten können“ gewichen.