Auch im Niedersächsischen Landtag gab es zwei Fälle, in denen Abgeordnete während ihrer Landtagstätigkeit weiterhin von einem Konzern Gehalt bezogen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Diese Fälle wurden inzwischen ausgeklagt. Offensichtlich und erfreulicherweise waren die Regelungen des § 27 Abs. 3 unseres Abgeordnetengesetzes dazu ausreichend.
Was aber in Niedersachsen nicht ausreichend geregelt war und ist, ist das Thema Transparenz. Es gab hierzu in der 15. Wahlperiode einen Unterausschuss, der in vielen Sitzungen diskutierte, viel Papier produzierte und sich dann darauf verständigte, seine Tätigkeit einzustellen, bis im Bund eine Klärung der dortigen Regelung herbeigeführt sein sollte.
Es gab ja im Bund 2005 eine Novelle des Abgeordnetengesetzes und dazu 2006 entsprechende Verhaltensregeln. Die Nebentätigkeiten sollten danach veröffentlicht werden und die dafür erzielten Vergütungen auch. Gegen diese Regelungen klagten neun Abgeordnete von CDU, FDP, CSU und SPD. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahre 2007 im Sinne der Bundestagsregelung, dass das Volk Anspruch auf die Transparenz seiner Abgeordneten hat und dass Nebentätigkeiten ohne entsprechende Transparenz erhebliche Gefahren für die Unabhängigkeit der Abgeordneten bergen können. Zuletzt wurde Ende September dieses Jahres eine Klage des Abgeordneten Schily abgewiesen. Damit sind jetzt alle Regelungen des Bundestages gerichtsfest.
Meine Damen und Herren, für uns ist eine weitgehende Transparenz von Abgeordneten ein Beitrag zur politischen Kultur. Wir sind der Meinung, dass im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten die Ausübung des Mandats zu stehen hat.
Dass Abgeordnete andere Tätigkeiten wahrnehmen, ist ihnen zuzubilligen. Allerdings haben die Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf, dass erstens das Mandat im Mittelpunkt steht und zweitens transparent wird, welche Nebentätigkeiten durch Abgeordnete ausgeübt werden.
Wichtig ist, dass erkennbar wird, ob ein Abgeordneter durch die Nebentätigkeit Interessenkonflikten unterliegen könnte. Wählerinnen und Wähler müssen wissen, ob und, falls ja, welchen Interessen Dritter ihre Abgeordneten verpflichtet sind.
Als Maßstab für das Ausmaß der Veröffentlichungspflichten schlagen wir die Bundestagsregelung vor. Veröffentlicht werden sollen alle Nebentätigkeiten und die daraus erzielten Vergütungen, sofern sie nicht unter 1 000 Euro im Monat bzw. 10 000 Euro im Jahr bleiben. Auch hier soll dann nur die Größenordnung in Stufen veröffentlicht werden. Es gibt beim Bundestag drei Stufen - das wollen wir hier auch so haben -: 1 000 bis 3 500 Euro, 3 501 bis 7 000 Euro und über 7 000 Euro.
Daran können die Wählerinnen und Wähler ablesen, welche ökonomische Bedeutung die Wahrnehmung des Mandats und welche Bedeutung die Nebentätigkeit für den Abgeordneten hat. Daraus kann man sich je nach Einzelfall ein Bild machen, ob in bestimmten Debatten die Meinung dieses Abgeordneten womöglich durch seine wirtschaftliche Tätigkeit beeinflusst wird und ob sein Handeln im Wesentlichen dem Wähler- und Wählerinnenauftrag entspricht. Bürgerinnen und Bürger können dann z. B. unter Abgeordnetenwatch Nachfragen stellen, die dann auch öffentlich und transparent beantwortet werden.
Für meine Fraktion stelle ich noch einmal klar: Niemand von uns will die Nebentätigkeit von Abgeordneten als Freiberufler, Unternehmer oder im Rahmen eines Autorenvertrags in ein schiefes Licht rücken. Die Nebentätigkeit ist okay; aber gerade weil sie okay ist, muss man sie auch nicht verheimlichen.
Das ist nichts Anrüchiges, was niemand erfahren dürfte. Ganz im Gegenteil, Wählerinnen und Wähler haben einen Anspruch darauf, es zu erfahren. Schließlich schicken sie uns in dieses Parlament. Sie können dann auch erwarten, dass wir unsere gesamte Kraft für das Mandat aufwenden bzw. Rechenschaft darüber ablegen, was wir ansonsten tun.
Wenn sich Bürgerinnen und Bürger von dem Handeln ihrer Abgeordneten ein Bild machen können, dann wird dies kein Schaden für dieses Haus und
Als Beitrag zur politischen Kultur betrachten wir auch die von uns vorgesehene Möglichkeit, dass Kommunen sich ebenfalls eine Ehrenordnung geben können, um eventuelle Nebeneinkünfte und Interessenskonflikte der Ratsmitglieder transparent zu machen.
Hier erinnere ich an das Beispiel der Stadt Uelzen, die sich eine Ehrenordnung geben wollte, dies aber nicht durfte, weil es nach Ansicht des Innenministeriums in der NGO nicht vorgesehen ist.
Wir orientieren uns in unserem Vorschlag an einer entsprechenden Regelung in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens, die dort bereits seit Mai 2005 in einer Musterordnung des dortigen Städte- und Gemeindebundes umgesetzt ist. Da, wo Räte es wollen, sollen sie sich Regelungen geben dürfen. Auch das ist Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung und muss durch den Landesgesetzgeber ermöglicht werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Medien bereits entnommen, dass es eine breite Zustimmung für unseren Vorschlag gibt. Ich freue mich darüber und denke, dass wir sehr schnell zu einem Ergebnis kommen und die Bundestagsregelung für unser Haus übernehmen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden hier darüber, dass Abgeordnete Sachverhalte offenlegen sollen, die dazu führen könnten, dass sie ihr Mandat nicht in der nötigen Unabhängigkeit, wie im Grundgesetz vorgesehen, wahrnehmen. Im Einzelnen reden wir von bezahlten Nebentätigkeiten, von Vorstands- und Aufsichtsratsfunktionen, von Zusagen für Arbeitsplätze oder Vermögensvorteile nach Ende des Mandats, von wesentlichen
Die Forderung nach Transparenz auch hier im Land Niedersachsen unterstützen und begrüßen wir Linke ausdrücklich. Unserer Auffassung nach gibt es viel zu viel Einflussnahme von Wirtschaft auf Politik. Ich zitiere dazu beispielhaft aus der Welt vom 28. Januar. In dem Artikel geht es um Parteispenden, die für das Jahr 2008 dargestellt werden: Deutsche Bank 200 000 Euro für CDU, 200 000 Euro für FDP, 100 000 Euro für SPD, Sal. Oppenheim 100 000 Euro für CDU, 100 000 Euro für FDP, Commerzbank 100 000 Euro für CDU, 100 000 Euro für SPD. Jetzt zitiere ich wörtlich:
„Breiter streute der Allianz-Konzern seine Zuwendungen. Er spendete allen im Bundestag vertretenen Parteien zwischen 50 001 und 60 001 Euro außer der Linkspartei. Sie erhielt als einzige im Parlament vertretene Partei keinerlei Großspenden.“
(Beifall bei der LINKEN - Hans- Christian Biallas [CDU]: Wo sind ei- gentlich die SED-Millionen? - Weitere Zurufe von der CDU)
Darauf sind wir stolz, und so soll es auch bleiben. Wir wollen im Sinne des Grundgesetzes Vertreter des gesamten Volkes und nicht von Interessengruppen sein, die es sich leisten können, große Spenden zu zahlen, und dafür natürlich Gegenleistungen erwarten. Ich verweise nur auf die Privatisierung und Kommerzialisierung von Teilen der Sozialversicherungen auf massives Betreiben der privaten Versicherungswirtschaft.
Als überzeugte Demokratinnen und Demokraten wollen wir, dass die Menschen darüber informiert sind und ihnen transparent ist, wie viel Geld Abgeordnete von welchen Unternehmen und von anderen bekommen, zu welchen Unternehmen und Interessenverbänden Abhängigkeiten und Verpflichtungen oder auch nur Verpflichtungsgefühle bestehen könnten und ob der Umfang der Nebentätigkeiten von Abgeordneten eine angemessene Wahrnehmung ihres Mandats überhaupt noch ermöglicht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Anmerkung zu dem Beitrag von Frau Flauger. Frau Flauger, Sie haben hier sehr breit über Parteispenden gesprochen. Parteispenden sind aber gar nicht Gegenstand des Vorschlags von Bündnis 90/Die Grünen,
Sie haben gerade eine Liste von Parteispenden vorgelesen. Die sind nach dem Parteispendengesetz ordnungsgemäß aufgeführt worden.
Wären sie intransparent und im Dunkeln geblieben, hätten Sie sie hier gar nicht anführen können. Von daher war das leider neben dem Thema.
Frau Flauger, Sie haben die Diskussion gerade in eine Richtung gebracht, die von einer sachgerechten Beratung des Themas abweicht. Man könnte das Thema ja durchaus sachgerecht beraten. Schlägt man unser Handbuch auf, stellt man fest, dass es schon eine gewisse Transparenz gibt. Schließlich müssen wir entsprechend der für uns geltenden Verhaltensregeln bestimmte Angaben machen. So kann man bereits jetzt feststellen, wer mit wem verbunden ist oder wer welche Nebentätigkeiten wahrnimmt.
Ich gebe gerne zu, dass man dem Handbuch nicht entnehmen kann, ob man entlohnt wird oder nicht. Dies darf man hier dem Präsidenten noch so mitteilen, ohne dass es veröffentlicht wird.
Frau Flauger, Sie sollten also die Skandalisierung weglassen. Dann kommen wir dem Thema sicherlich etwas näher.
Vielleicht sollten Sie dabei auch beachten, was ein großer deutscher Philosoph, nämlich Immanuel Kant, wusste: Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. - Dies sollte man bei dieser Debatte durchaus berücksichtigen. Man kann hier nämlich über alles Mögliche reden, aber man sollte der Wahrheitsfindung keine Steine in den Weg rollen, die dort nicht hingehören. Also, Frau Flauger, lassen Sie uns ganz entspannt über dieses Thema reden.