Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

Ansonsten ist die Aussprache damit beendet.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die drei Tagesordnungspunkte. Ich bitte, die Abstimmung mit der nötigen Sorgfalt zu begleiten.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16. Es geht um den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/1047 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen dann zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17. Hier geht es um den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und somit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1048 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18. Es geht um den Antrag der Fraktion der SPD. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/1637 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch hier war das Erste die Mehrheit.

Damit ist die Beratung zu diesen Tagesordnungspunkten abgeschlossen.

Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 19 auf:

Zweite Beratung: Die Sonderrechte der Atomindustrie schaden Niedersachsen! Subventionen abschaffen - Verursacherprinzip anwenden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1036 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/1807

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer gestern und vorgestern Zeitung gelesen hat, fand dort sehr interessante Kommentare zu dem Thema, über das wir heute beraten. Der Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung hat festgestellt: Mit der Politik der neuen Regierung, mit der neuen Atompolitik verspielt Deutschland seine Technologieführerschaft bei den erneuerbaren Energien.

(Christian Dürr [FDP]: Totaler Quatsch!)

Die Allianz-Versicherung hat zusammen mit dem Umweltverband WWF eine Pressekonferenz durchgeführt, in der sie festgestellt hat, dass künftig aufgrund des Klimawandels im Sommer die Atomkraftwerke für längere Zeit wegen Kühlwassermangels abgeschaltet werden müssten. Auch das ist eine interessante Information.

Das Handelsblatt schrieb: Kurswechsel - Berlin fördert wieder Atomexporte - Neue Subventionen für die Atomindustrie.

Meine Damen und Herren, ich habe mir einmal angeschaut, wie es mit der Wirtschaftlichkeit der Atomindustrie bestellt war, als es mit der Nutzung der Atomenergie zu sogenannten friedlichen Zwecken losging. In dem Memorandum der Atomkommission von 1957 steht geschrieben, dass eine Investition in die Nutzung von Atomstrom dreimal teurer ist als im Falle von konventionellen Kraftwerken.

Interessant ist, dass der Rechnungshof der Vereinigten Staaten dazu eine aktuelle Zahl vorgelegt hat. Er hat festgestellt, dass das heute noch genauso ist, nämlich dass eine Investition in neue Atomkraftwerke dreimal so teuer ist wie eine Investition in Gaskraftwerke.

Meine Damen und Herren, das zeigt eindeutig: Subventionen von der Wiege bis zur Bahre. Was vor 50 Jahren mit Subventionen begann, wird auch heute noch massiv subventioniert.

Die sogenannten Marktparteien FDP und CDU subventionieren die Alttechnologie Atomkraft gegen alle wirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Prinzipien. Sie verzichten auf angemessene De

ckungsvorsorge für Haftpflicht. Sie verzichten auf mündelsichere Anlagen der steuerfreien Rückstellungen. Sie verzichten auf das Verursacherprinzip bei Altlasten.

Der gesamte Wert der beiden Marktführer E.ON und RWE - diese Unternehmen kosten 85 Milliarden Euro an der Börse - wäre nur in der Lage, einen Bruchteil des Schadens abzudecken, der bei einem großen Unfall abzudecken wäre.

Geradezu schizophren mutet an, was jetzt Ihr neuer Bundesumweltminister erklärt, wenn er sagt, es solle Laufzeitverlängerungen und neue Subventionen für eine monopolisierte Struktur am Strommarkt, für die vier großen Stromkonzerne geben. Zugleich sagt er aber, das sei kein Ausstieg aus dem Atomausstieg.

Meine Damen und Herren, schizophrener geht es nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb ist das Vorhaben, wenn Sie es denn umsetzen wollen, ein Fall für die Generaldirektion Wettbewerb der EU.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, CDU und FDP begehen Verrat an ihren eigenen wirtschaftspolitischen Grundsätzen, wenn diese Politik Wirklichkeit wird. Von daher bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Gehen Sie endlich einen neuen Weg. Steigen Sie aus den Dauersubventionen für diese Industrie aus.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rechte hat das Feld geräumt.

(Martin Bäumer [CDU]: Das darf doch wohl nicht wahr sein!)

- Gucken Sie sich einmal um, Herr Bäumer; Sie werden es sehen.

(Martin Bäumer [CDU]: Ich bin kein Rechter! - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Das Thema ist gut, nur der Redner ist falsch!)

Seit Atomminister Strauß erhielt die Atomindustrie mindestens 40 Milliarden an Subventionen, während die erneuerbaren Energien seit 1974 ganze 6 Milliarden erhielten. Die direkte Subvention war das eine. Die vielen indirekten Subventionen sind noch viel wichtiger und kaum bezifferbar.

Der rot-grüne Atomkonsens briet dabei die fettesten Extrawürste. Er garantierte neben der Eignungshöffigkeit Gorlebens einen reibungslosen Betrieb der Atomindustrie ohne zusätzliche Sicherheitsauflagen, und er schuf das einzigartige Modell der versteckten Subventionen durch steuerfreie Rückstellungen und die bis auf Kleinstmerkposten erlassene Haftungspflicht. Mit lediglich 1 ‰ der prognostizierten Schadenssumme im Falle eines GAUs sind Atomkraftwerke versichert. Wie war eigentlich die Asse versichert, und wie werden Sie, Herr Bäumer und Ihre Kollegen von CDU und FDP, das von Ihnen gewollte Endlager Gorleben versichern? Ich sage es Ihnen: gar nicht.

„Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und nach menschlichem Ermessen nicht zu erwarten...“ - Für solche Beruhigungsfloskeln finden sich immer willfährige Verabreicher, denen die Karriereleiter wichtiger ist als wissenschaftlich seriöse Arbeit.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Quatsch!)

Die Aussagen etlicher Zeugen im Untersuchungsausschuss Asse haben mit erschreckender Offenheit bewiesen, wie der Atomenergie zum Durchbruch verholfen wurde. Trotz aller Gesundbetereien im wissenschaftlichen Bereich und trotz des Chaos auf der politischen Kommandobrücke stand die Entlastung der Atombetreiber immer im Vordergrund. Das inszenierte Verwirrspiel basierte auf wohldosiertem Kalkül. Man klebte Etiketten wie „Forschung“ oder „Versuch“ auf die zielgerichtete endgültige Beseitigung von 126 000 Fässern. Das bezahlte im Wesentlichen der Steuerzahler, so wie jetzt auch die havarierende Asse. „Verursacherprinzip“ war ein Fremdwort aus der Propagandakiste des „unappetitlichen Packes“, wie der verurteilte Ex-CDU-Innenminister Kanther einst meinte.

Dann wurden die Rahmenbedingungen schamlos angepasst, z. B. im Jahr 2001 in Form des gelockerten Strahlenschutzes zugunsten der Atomkraftwerksbetreiber. Die Tritiumlast wird legal in die Flüsse entlassen. Radioaktives Abbruchmaterial

erreicht als Straßengründung flächendeckend die Endverbraucher.

Meine Damen und Herren, die EU ist sehr eindeutig. Sie verlangt einen getrennten Fonds für Rückstellungen mit eigener Verwaltung. Die Mittel müssen ausreichend sein, gegen Konkurs, Spekulation gesichert, transparent und kontrollierbar, zweckentsprechend verwendet, Verursacherprinzip, und es müssen Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. Stattdessen nutzen die Stromgiganten in Deutschland die Rückstellungen als Hausbank, mindern so ihre Steuerlast und steigern ihren Gewinn. Sie investieren das Geld zweckentfremdet in Telekommunikation und Abwasser.

Die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage meiner Fraktion bezüglich Konkurssicherheit offenbarte Aufschlussreiches: Bei Konkurs des AKW-Betreibers tritt die Konzernmutter ein. Die EVUs haben sich aber lediglich verpflichtet, dies bis 2012 aufrechtzuerhalten. Ein politischer Schelm, der Böses denkt.

Meine Damen und Herren, die Atomenergie wäre ohne die finanziellen politischen Subventionen längst am Ende. Sie wäre am Ende, wenn die strahlenschutzmedizinischen Erkenntnisse umgesetzt würden und wenn die möglichen Schäden wirklich versichert werden müssten. Sie wäre am Ende, wenn politische Entscheidungsträger nicht immer wieder ihren politischen Silberblick an Folgen vorbeischweifen ließen, so wie Sie von CDU und FDP es auch jetzt mit Gorleben, mit Laufzeitverlängerungen und mit Träumereien von neuen Reaktorgenerationen wieder tun. No pasarán.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung kommt von Frau Emmerich-Kopatsch von der SPD-Fraktion. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion ganz besonders bitten, Herrn Bundesminister Röttgen unsere besten Grüße auszurichten. Er weiß uns an seiner Seite, wenn es darum geht, weiterhin am Atomausstieg festzuhalten. - Vielen Dank für die Übermittlung.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist im Grundsatz natürlich richtig, und wir werden ihm auch zustimmen. Gerade vor dem Hintergrund, dass große Teile Ihrer schwarz-gelben Bundesregierung die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken beabsichtigen, ist dieses Thema für uns aktueller denn je.

Kolleginnen und Kollegen, Subventionen sind per Definition staatliche finanzielle Unterstützungen eines Wirtschaftsbereichs, der sonst am Markt nicht bestehen könnte. Wir als SPD würden daher auch nicht von Subventionen für die Atomwirtschaft sprechen, sondern vielmehr von Geldgeschenken in ungerechtfertigter Milliardenhöhe.

(Beifall bei der SPD)