Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

(Beifall bei der CDU)

Sie haben doch gesehen, dass die Taktik gerade zu dieser Demonstration, diesen Demonstrationszug sehr eng durch die Polizei zu begleiten, dazu geführt hat, dass es während der Demonstration zu keinen großen Ausschreitungen und zu keinen großen Straftaten gekommen ist. Das heißt, die Taktik der Polizei ist völlig aufgegangen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass gerade vor dem Hintergrund, dass die Polizeidirektion und der Polizeipräsident Wargel gerade bei der Links-Rechts

Auseinandersetzung, die wir in Göttingen häufig haben, eine sehr konsequente Taktik angewandt haben, gerade auch gegen die rechtsextreme Szene,

(Zuruf von Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE])

die immer dazu beigetragen hat - hier in Zusammenarbeit mit der Versammlungsbehörde, einmal war es der Landkreis Göttingen, aber auch die Stadt Göttingen -, hier auch Verbote auszusprechen. Insofern kann ich nur sagen, dass die Polizeitaktik der Polizeidirektion Göttingen aufgegangen ist, richtig ist und insofern überhaupt keine Abkehr von irgendeiner Taktik sein kann.

Wenn mit Deeskalation gemeint ist, dass man Straftaten toleriert, wird das in unserem Rechtsstaat und unter meiner Führung als Innenminister niemals geduldet, und ich glaube, das darf auch niemals geduldet werden.

(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie fallen in alte Freund- Feind-Schemata zurück!)

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, wie bewerten Sie die nachweislich der Filmaufnahmen im Internet - das Internet wird ja in China und in Deutschland in solchen Zusammenhängen immer wichtiger - durchgeführten Versuche, die freie Berichterstattung der Presse zu unterbinden? Ich nenne dazu Berichterstatter der taz, des NDR und auch örtlicher Radiosender, die nachweislich dieser Aufnahmen an der Ausübung ihres Berufes gehindert worden sind. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund der Bedeutung der Pressefreiheit diese Handlungen, die in Göttingen belegt sind?

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann. Bitte schön!

Der Landesregierung und auch der Polizei liegen keine Beschwerden von den genannten Journalis

ten bzw. Redaktionen vor. Hier ist überhaupt keine Beschwerde geführt worden. Insofern weiß ich nicht, wovon Sie in diesem Zusammenhang reden. Bei YouTube und in anderen Internetangeboten werden Filmsequenzen eingestellt. Diese werden auch von der Polizei bewertet. Hier kann man nur darstellen, dass es den Zusammenhang, den Sie gerade dargestellt haben, überhaupt nicht gibt, sondern es ist immer nur eine Sequenz aus dem Zusammenhang gezeigt worden ist. Insofern ist die Entstehung dieser Handlungen überhaupt nicht festgestellt worden.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Insofern sind Ihre Rückschlüsse in diesem Zusammenhang schlicht falsch.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Victor Perli [LINKE])

Danke schön. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Krumfuß von der CDU-Fraktion. Bitte schön!

Ich frage die Landesregierung: Welche Organisationen, Verbände und Parteien haben zur Teilnahme an der Demonstration anlässlich des 20. Jahrestages des Todes von Cornelia Wessmann aufgerufen, und wie bewertet die Landesregierung diese Aufrufe?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ihre Partei jedenfalls nicht! Schlimm genug!)

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Initiator ist die Antifaschistische Linke International zu sehen, die als Erste entsprechende Plakate, Flyer und Internetpublikationen herausgegeben und für die Demonstration geworben hat. Der Aufruf wurde durch alle relevanten linksextremistischen Gruppen und Initiativen Göttingens sowie überregional unterstützt: Antifaschistische Aktion Burg, Antifaschistische Aktion Hannover, Antifaschistische Aktion Lüneburg, Antifaschistische Jugend Bochum, Linke Freiburg, Linke Fürth, Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin, Antifa Info Pool Hamburg, Antifa Syke, Autonome Linke

Magdeburg, Freie ArbeiterInnen-Union Bielefeld, Jugend-Antifa Göttingen, Infoladen NmK Karlsruhe, Next Steffi Karlsruhe, Organisierte Autonomie Nürnberg, Radikale Linke Nürnberg, Red and Anarchist Skinheads Berlin/Brandenburg, Revolutionäre Perspektive Berlin,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie kennen sich ja gut aus!)

Sozialistische Linke Hamburg, Sozialrevolutionärer Block Gießen, Autonome Antifa Frankfurt. Die Aufrufe waren teilweise strafrechtlich relevant.

(Unruhe)

- Ich weiß gar nicht, warum Sie so nervös sind. Es ist eine Frage gestellt worden. Dann kann ich doch wenigstens einmal sagen, wer dazu aufgerufen hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Hier ist nie- mand nervös!)

Wie gesagt, die Aufrufe waren teilweise strafrechtlich relevant. Verfahren wegen Beleidigung sind eingeleitet. Es gab Mobilisierungsveranstaltungen u. a. in Göttingen, Hamburg, Berlin und Hannover. Eine Beteiligung aus den Städten Hamburg, Berlin, Hannover, dem Landkreis Schaumburg, aus Wunstorf, Lüneburg, Oldenburg, Magdeburg, Burg, Bremen, Bielefeld, Minden, Gießen, Bochum und Frankfurt war hier insofern auch zu erwarten.

Aufgrund des Demonstrationsthemas, der überregionalen Beteiligung sowie insbesondere der Inhalte der Veranstaltungsaufrufe war davon auszugehen, dass neben dem Gedenken an Cornelia Wessmann schwerpunktmäßig die Polizei im besonderen Fokus der Veranstaltung stehen würde. So lauteten Ankündigungen und Aussagen zur Demonstration u. a.: „Zusammenarbeit mit der Polizei und Ordnungsbehörden nicht denkbar“; „Hass, Trauer, Widerstand!“, „Kein Frieden mit Polizei und Überwachungsstaat“, „Nie wieder Polizeiterror … nieder mit Staat und Kapital“, „Kein Vergeben, kein Vergessen“, „Weg mit Polizeistaat und Kapital“, „Der Staat gefährlich und gewalttätig“, „Angriff ist die beste Verteidigung“, „Conny, das war Mord“, „Kampf der Gewalt, der falschen Freiheit“, „Wir vergessen nicht“.

(Victor Perli [LINKE]: Alles aus dem Zusammenhang gerissen!)

Darüber hinaus kam es im Vorfeld des 14. November zu diversen strafrechtlich relevanten Aktionen, die ebenfalls einen unmittelbaren Bezug zur Poli

zei erkennen ließen. Am 27. Oktober 2009 wird auf diversen Flyern ein offenes Feuer dargestellt, welches auf einen hellen Pkw überzugreifen droht. Die Aufschrift lautet: „Conny ist tot. Wir kämpfen weiter. Kein Frieden mit Polizei- und Überwachungsstaat. Demonstration 14. November 2009, 15.00 Uhr, Göttingen“.

2. November 2009: Der Göttinger Polizei wird auf den Internetseiten der ALI wiederholt vorgeworfen, Conny W. getötet zu haben. Es handele sich um Mord bzw. politischen Mord, was sich auch aus dem abgebildeten Plakat, das regional zahlreich verbreitet wurde, ergibt. Deshalb wurde ein Strafantrag durch den Behördenleiter gestellt.

11. November 2009: Anbringen eines Transparents am Eingang der Weender Straße in Göttingen Höhe Auditorium mit der Aufschrift: „Conny, 17.11.89 von der Polizei ermordet - Antifaschistische Aktion“.

11. November 2009: Farbschmierereien mit der Aufschrift: „…“ - ich will es gar nicht vorlesen“ - „und Bullenschweine“ usw. Das heißt, in diesem Zusammenhang ist klar, aus welcher Szene hier mobilisiert worden ist. Dass hier nicht zu friedlicher Demonstration aufgerufen worden ist, ist, glaube ich, durch das, was ich gerade zitiert habe, sehr eindeutig belegt worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Innenministers in Bezug auf die überwiegend friedlichen Demonstrationen zum G-8-Gipfel in Heiligendamm, deren Teilnehmer er hier pauschal als gewaltbereit diffamiert hat, vor dem Hintergrund der bereits in der Anfrage verwendeten Formulierung und des vom Innenminister wiederholten Kampfbegriffes, es würden 850 gewaltbereite Menschen anreisen, ohne dass dieser Begriff näher definiert oder durch irgendwelche konkreten Tatsachen belegt wird, vor dem Hintergrund, dass offensichtlich die gesamte Zielstellung der Anfrage

(Björn Thümler [CDU]: Herr Limburg, Ohrstöpsel raus!)

- schreien Sie mich bitte nicht so an, Herr Thümler! -

(Björn Thümler [CDU]: Ich schreie Sie nicht an! - Heiner Bartling [SPD]: Kei- ne Gewalt!)

und der Stellungnahme der Landesregierung darauf ausgerichtet ist, antifaschistische Demonstrationen, die auch von dem Grundrecht in Artikel 8 geschützt sind, pauschal zu kriminalisieren und zu diffamieren,

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

und vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung es sich anmaßt, die Art und Form einer Trauer- und Gedenkveranstaltung zu bewerten - nach den Worten von Herrn Schünemann ist für ihn nicht nachvollziehbar, in welcher Form da gedacht wird; das muss für Sie auch nicht nachvollziehbar sein, Herr Innenminister -, frage ich Sie, ob es Ihr Anliegen ist, jegliche Form der Demonstration - sei es anlässlich des G-8-Gipfels oder konkret hier in Göttingen - zu kriminalisieren und die Teilnehmer mit Straftätern gleichzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN und Zustimmung bei der SPD - Bernhard Busemann [CDU]: Uner- hört! Unglaublich! - Björn Thümler [CDU]: Unverschämt!)

Eine exakt formulierte Frage. - Herr Minister Schünemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer als Abgeordneter in diesem Landtag das Demonstrationsgeschehen in Rostock und Heiligendamm anlässlich des G-8-Gipfels als überwiegend friedlich bezeichnet, der hat, glaube ich, schon ein Problem damit, wie eine friedliche Demonstration tatsächlich auszusehen hat.

(Beifall bei der CDU)

Die aggressive Art und Weise, mit der hier auch gegen Polizeibeamte vorgegangen worden ist, ist aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren.

(Victor Perli [LINKE]: Sie haben keine Ahnung, Sie sind ein Lügner!)

- Bitte?