Protokoll der Sitzung vom 14.12.2009

Insofern können wir zusammenfassend sagen: Die 2,3 Milliarden Euro sind der Sache und der Höhe nach als Ultima Ratio geboten. Das sollte man gerade dieser auf Verschuldungsbegrenzung großen Wert legenden Landesregierung von Christian Wulff und insbesondere unserem Finanzminister Hartmut Möllring objektiv attestieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Um es noch grotesker werden zu lassen, Herr Jüttner: Sie stützen Ihre Klage gegen den Dritten Nachtragshaushalt 2009 u. a. mit der Begründung, die Landesregierung nehme mehr Kredite als notwendig in Anspruch, und diese Mittel würden in die Rücklage fließen. Sie kritisieren dieses Vorgehen als verfassungswidrig.

Im Änderungsantrag der SPD-Fraktion zum Haushalt steht zum Einzelplan 13: Zusätzliche Einnahmen: Entnahme aus der allgemeinen Rücklage: 150 Millionen Euro. - Sie kritisieren also etwas als verfassungswidrig, zerren uns vor den Staatsgerichtshof und fassen selbst genauso da hinein. Das ist völlig widersprüchlich und unlogisch und zeigt die ganze finanzpolitische Misere der SPD.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Es zeigt, dass Sie keine Ahnung von Haushaltsrecht haben!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz sagen.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Was sagt denn der Landesrechnungshof dazu?)

Die Kritik der Opposition am Wachstumsbeschleunigungsgesetz steht in keinem Verhältnis.

Erstens. Diese Krise kostet das Land Niedersachsen insgesamt allein im nächsten Jahr 2,4 Milliarden Euro; so die Mai-Steuerschätzung.

Zweitens. Die von der Großen Koalition, also von SPD-Bundesfinanzminister Steinbrück auf den Weg gebrachten Entlastungen - - -

(Heinrich Aller [SPD]: Die Große Koa- lition - Steinbrück! Ich lache mich tot!)

- Leiden Sie an partieller Amnesie? Herr Steinbrück war doch noch bis vor wenigen Monaten Finanzminister! Was reden Sie denn da, Herr Aller?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Wie heißt denn die Dame, die die Kanzlerin ist?)

Die Entlastungen, die die Große Koalition - Union und SPD gemeinsam - auf den Weg gebracht hat, belasten den Landeshaushalt mit 500 Millionen Euro. Dazu gehören die Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge - 364 Millionen Euro - und die Veränderungen im Steuerrecht im Umfang von insgesamt 132 Millionen Euro.

Jetzt geht es um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das 135 Millionen Euro weniger für Niedersachsen in 2010 bedeutet. Das ist natürlich ein Bruchteil der Summen, die ich soeben vorgetragen habe.

Ich frage Sie, wenn es Ihnen denn wirklich um die Sache geht: Wo war Ihr Aufschrei, als die Große

Koalition damals die Entlastung beschlossen hatte? Damals haben Sie nicht protestiert, weil Sie, wie wir auch, der Meinung gewesen sind, dass dies gerade in diesen schwierigen krisenbedingten Zeiten sinnvolle Maßnahmen sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir können diese 135 Millionen Euro ohne zusätzliche Neuverschuldung im Haushalt vertretbar darstellen.

Aber ich will noch etwas zu den Details sagen. Herr Jüttner, 90 % dieses Gesetzes finden unsere Zustimmung; über 10 % kann man in der Tat streiten. Aber Sie wissen auch, dass jeder Gesetzentwurf insbesondere in einem föderativen Staat letztlich ein Kompromiss ist. Niedersachsen wird mit sehr guten Argumenten am Freitag für dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz stimmen können.

Erstens. Man kann hinsichtlich der Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsleistungen durchaus unterschiedlicher Auffassung sein. Weil Sie vorhin gesagt haben, nur ein einziger Verband habe dies gelobt, will ich nur Sven Ambrosy, Landrat von Friesland, SPD-Landesvorstandsmitglied, in der Hotel- und Gaststättenzeitung vom 3. November zitieren:

„Ab dem 1. Januar 2010 will die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf Beherbergungsleistungen von 19 auf 7 % senken und macht damit auch den Tourismusverband Niedersachsen (TVN) glücklich. Dessen Vorsitzender Sven Ambrosy, im Hauptberuf Landrat des Kreises Friesland, macht darauf aufmerksam, dass die entsprechende Mehrwertsteuer in den Niederlanden lediglich 6 % beträgt.“

Ich finde, Sven Ambrosy, mit dem ich zusammen studiert habe, hat eine so miese öffentliche Behandlung durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden nicht verdient.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Die geplanten Änderungen zur Unternehmenssteuerreform sind richtig, weil sie in der Krise auch unsere niedersächsischen Betriebe entlasten und Wachstumsbremsen lockern können.

Drittens. Auch die angedachten Änderungen bei der Erbschaftsteuer sind absolut richtig, weil es im

Lichte von Artikel 6 des Grundgesetzes, der die Familie ausdrücklich schützt, nicht richtig war, Geschwister und deren Kinder, also Nichten und Neffen des Erblassers, so zu behandeln, wie es der SPD-Bundesfinanzminister ursprünglich durchgesetzt hatte.

Viertens. Man könnte auch etwas zur Verstetigung der Förderung von Biogasanlagen oder zur weiteren steuerlichen Ermäßigung für den Agrardiesel sagen.

Aber ich will auf das aus unserer Sicht Entscheidende, auf den größten Posten des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes noch eingehen: Herr Jüttner, Sie haben dieses Gesetz als „unsinnige Maßnahme“ und „Mist“ bezeichnet. Das größte Volumen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes macht die Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro und der Kinderfreibeträge aus.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen aus tiefster Überzeugung: Dieses Geld ist für Kinder und Familien da. Es fließt direkt wieder in den Konsum. Dies ist eine wichtige Entlastung von Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist eine finanzielle Entlastung für die schweigende Mehrheit oder vielleicht eine schweigende Minderheit in diesem Land.

(Zurufe von der LINKEN)

Das sind junge Menschen, die heiraten, eine Familie gründen, morgens aufstehen, ihre Kinder zur Kindertagesstätte oder in die Schule fahren

(Helge Limburg [GRÜNE]: Eben nicht, weil es nicht genügend Plätze gibt!)

und dann arbeiten gehen, wobei sie im Pendlerland Niedersachsen zum Teil weite Wege fahren. Es sind tüchtige, fleißige Menschen, die abends mit ihren Kindern noch die Hausaufgaben machen und die sich ehrenamtlich engagieren, ob im Elternrat, im Sportverein oder der Feuerwehr. Diese Menschen kennen die Polizei eigentlich nur aus dem Tatort vom Sonntagabend, weil sie sich ansonsten an Recht und Gesetz halten.

Meine Damen und Herren, es sind diese ganz normalen Lebensentwürfe, die jetzt begünstigt werden sollen. Ich sage Ihnen eines in aller Deutlichkeit und mit großer Leidenschaft: Dies soll denjenigen zugute kommen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, die mit ihren Steuern und Abga

ben unseren Sozialstaat mitfinanzieren, die mit ihrer Entscheidung für Kinder unserem Land eine Zukunft geben. Sie haben keine lautstarke Lobby in Berlin und werden durch das bestehende Steuersystem extrem benachteiligt. Ich sage Ihnen aus vollem Herzen: Wir wollen, dass genau diese Menschen entlastet werden. Die schweigende Mitte in unserem Land soll mehr Netto vom Brutto haben.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt beachtliche Argumente dafür, dass Niedersachsen diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz am Freitag im Bundesrat zustimmen wird und es eine Mehrheit finden wird. Letzte Details werden am Mittwoch oder vielleicht sogar erst am Donnerstag spät in der Nacht endgültig beraten werden.

Ich fasse zusammen: Dieser Haushalt 2010 ist ein weiteres Zeichen politischer Handlungsstärke dieser Regierung und ihrer Koalitionsfraktionen. Er setzt erkennbar klare politische Schwerpunkte in den wichtigen Zukunftsbereichen unseres Landes. Der verantwortliche Umgang mit den Landesfinanzen ist und bleibt ein Markenzeichen dieser Regierungskoalition.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Stürmischer, nicht enden wollender, rhythmischer Beifall bei der CDU und bei der FDP - Bravo! bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich Herrn Klein zu einer Kurzintervention aufrufe, weise ich noch einmal darauf hin, dass wir uns in der vergangenen Woche im Ältestenrat über den Umgang im Parlament unterhalten haben. Ich gehe davon aus, dass Sie, Frau Reichwaldt, diese Diskussion auch in Ihre Fraktion getragen haben. Wenn ein Kollege von Ihnen den Begriff „Kasper“ gebraucht, was sonst nicht weiter zu uns gelangt ist, dann gehört dies nicht zu dem anständigen Ton, den wir hier pflegen wollen.

(Heiner Bartling [SPD]: Was ist mit „Haufen“?)

Ich bitte nun Herrn Klein um seine Kurzintervention. Sie haben anderthalb Minuten, Herr Klein!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege McAllister, zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich wirklich froh bin, dass Sie die

se Rede überlebt haben. Zeitweilig war ich richtig in Sorge. Mit Bluthochdruck ist nicht zu spaßen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gemeldet habe ich mich zum Aufstockungsprogramm und zu den 20 Millionen Euro für Lehrer. Wir haben in unserem Änderungsantrag genau diesen Posten noch ausgeschlossen. Eigentlich waren wir der Meinung, dass dies nicht notwendig ist. Wir haben eine Aufstellung bekommen, die besagt, dass 100 Millionen Euro dieses Aufstockungsprogramms wegen nicht begonnener Maßnahmen noch frei sind. Diese Mittel haben wir in unserem Antrag gekürzt. Uns wäre nicht im Traum eingefallen, dass diese 20 Millionen Euro seit Januar auf dem Konto liegen und Sie in dieser Angelegenheit noch nichts unternommen haben. Dies konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen.