Protokoll der Sitzung vom 14.12.2009

Gemeldet habe ich mich zum Aufstockungsprogramm und zu den 20 Millionen Euro für Lehrer. Wir haben in unserem Änderungsantrag genau diesen Posten noch ausgeschlossen. Eigentlich waren wir der Meinung, dass dies nicht notwendig ist. Wir haben eine Aufstellung bekommen, die besagt, dass 100 Millionen Euro dieses Aufstockungsprogramms wegen nicht begonnener Maßnahmen noch frei sind. Diese Mittel haben wir in unserem Antrag gekürzt. Uns wäre nicht im Traum eingefallen, dass diese 20 Millionen Euro seit Januar auf dem Konto liegen und Sie in dieser Angelegenheit noch nichts unternommen haben. Dies konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus muss ich einfach nur noch auf unseren Antrag in Bezug auf die Bildungsausgaben hinweisen. Sie haben ihn ja sehr genau gelesen. Dann werden Sie auch gesehen haben, dass allein dort über 90 Millionen Euro für den Schulbereich angesetzt sind. Insofern müssen wir uns, glaube ich, überhaupt keine Sorgen machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr, Herr Dr. Sohn!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, diese Regierung hat - das zeigt der Haushaltsplan sehr deutlich - jeden Gestaltungswillen verloren, jede Vision von einem sozialen, humanen und ökologisch verträglichen Niedersachsen 2020. Sie führt gegenwärtig einen Angriff auf die Grundlagen der kommunalen Demokratie, und vor allem führt sie Niedersachsen immer tiefer in den Schuldenmorast. Das sind die Kernpunkte dieses Haushaltsentwurfs.

(Beifall bei der LINKEN)

Angetreten war diese Regierung anders. In der Koalitionsvereinbarung 2008 steht wörtlich - ich lese Ihnen das noch einmal vor; wir lesen Ihnen das wahrscheinlich auch in den Folgejahren noch vor -:

„Ab dem Jahr 2010 soll nicht nur die Neuverschuldung beendet, sondern auch mit dem Schuldenabbau begonnen werden.“

Meine Herren, guten Morgen! Es ist 2010.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt dieser vollmundigen Erklärungen möchten Sie vom Oktober 2009, also dem letzten Nachtragshaushalt für dieses Jahr, bis zum Dezember 2010 neue Schulden in Höhe von 4,6 Milliarden Euro aufnehmen.

Statt also die Neuverschuldung zu beenden, häuft die Regierung Wulff/Bode neue Schulden auf, und zwar so viel in so kurzer Zeit wie noch keine Landesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr McAllister, laute Stimme und roter Kopf machen noch keine schwarzen Zahlen.

(Beifall bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Warum sind Sie denn so laut?)

Selten also hat sich Vollmundigkeit so blamiert. Dagegen hilft auch nicht, das Märchen 2010 jetzt durch das Märchen 2017 zu ersetzen.

Das Hauptargument, das eben in der Rede noch einmal ausführlich strapaziert worden ist, lautete: Aber wir sind doch in einer schweren Wirtschaftskrise. - Das ist richtig. Aber treffen Sie die angemessenen Maßnahmen? Das ist die Kernfrage auch dieser Haushaltsdebatte.

Es gibt einige Anlehnungen an den berühmten New Deal in den USA 1933. Mit Verweis auf den damaligen Erfolg wird gesagt: In einer solchen Krise muss man eben Geld in die Wirtschaft pumpen. Man darf in der Krise nicht auch noch weiter sparen. - Das ist der richtige Teil. Die Ausgabensteigerung ist grundsätzlich richtig.

Aber wenn man das als Messlatte anlegt, ist die Frage zu stellen: Was haben Sie gemacht? - Sie haben in Ihren Erklärungen - das spiegelt sich in den Zahlen wider - darauf verwiesen, dass Sie in den wesentlichen Ausgabepositionen gar nichts geändert haben. Das ist auch tatsächlich so. Sie tun so, als ob Sie wirklich Impulse in die Wirtschaft gäben. Sie tun es aber überhaupt nicht; denn die wesentlichen Ausgabepositionen ändern sich gar nicht.

Das Wesentliche, was Sie tun müssten, wenn Sie eine solche antizyklische Politik betreiben wollten - das werden wir Ihnen im weiteren Verlaufe der

Debatte noch auffächern; das findet sich auch in unseren entsprechenden Anträgen wieder -, wäre: jetzt mehr Bildung, jetzt mehr soziale Gerechtigkeit, jetzt mehr Schienen in Niedersachsen, jetzt mehr Schulen, jetzt mehr Krankenhäuser. - Davon machen Sie überhaupt nichts.

(Beifall bei der LINKEN)

Die andere Frage ist natürlich: Wie finanziert man das auf der Einnahmeseite? Da ist unser Vorschlag - der übrigens den historischen Erfahrungen entspricht, wie das tatsächlich funktionieren kann -, das spekulierende Geld, das die Finanzblasen verursacht hat, dort oben abzuschöpfen. Das ist der Kern unserer Vorschläge: mehr Vermögensteuer, mehr Großerbensteuer, Körperschaftsteuer und Börsenumsatzsteuer. Diese vier Maßnahmen, zusammengenommen mit verbessertem Steuervollzug, sind die Einnahmeseite eines wirklichen Krisenbekämpfungspaketes, von dem Ihre Regierung meilenweit entfernt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Unsere Vorschläge sind - darauf wurde hingewiesen - gegenfinanziert.

(Lachen bei der CDU und der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber die Zah- len stimmen nicht! - Christian Dürr [FDP]: In Millionen oder Milliarden ge- genfinanziert, Herr Dr. Sohn?)

Wir sind - auch das hat Herr McAllister genannt - einigermaßen stolz darauf, dass wir sagen können: Unsere Gegenfinanzierung führt dazu, dass ungefähr 40 Millionen Euro übrig bleiben. Damit könnten erstmals neue Schulden getilgt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser Haushaltsdebatte - wie übrigens auch an der letzten - ist die erstaunliche und in gewisser Weise sogar traurige Tatsache, dass die Linke inzwischen die einzige Kraft in diesem Hause ist, die ernsthaft an dem Ziel der Haushaltskonsolidierung festhält,

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

und zwar nicht irgendwann 2017, sondern jetzt, Herr McAllister. In Ihre Richtung und auch zu SPD und Grünen möchte ich sagen - Herr Försterling guckt immerhin aufmerksam -: Wahr ist in der Tat, dass tatsächlich kein Landeshaushalt und auch kein kommunaler Haushalt in Zukunft sanierbar sein wird ohne eine Politik von mehr sozialer Ge

rechtigkeit, also ohne Umverteilung von oben nach unten statt umgekehrt.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr McAllister, es wird Sie verfolgen, auch wenn Sie das nicht freut: Wir haben im letzten Jahr diese inzwischen lange vergriffene Broschüre mit unseren detaillierten Vorschlägen, mit unseren Alternativen für den Haushalt gemacht.

(Der Redner zeigt die Broschüre „Für ein soziales Niedersachsen“ seiner Fraktion)

Das wird eine Serie. Dies ist ein Vorabdruck der Broschüre für dieses Jahr, in der wir diese Vorschläge machen.

(Der Redner zeigt eine weitere Bro- schüre)

Auch diese Broschüre wird sich großer Beliebtheit bei Gewerkschaften, in sozialen Kreisen usw. erfreuen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir legen also Alternativen entsprechend der Linie „sozial und solide finanziert“ vor. Wir legen auch ordentliche Kürzungen vor: Kürzungen an Schünemanns Schnüfflertruppe, Kürzungen am unsinnigen Landtagsneubau und Kürzungen an der genauso unsinnigen Y-Trasse.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese beiden wesentlichen Punkte - Ihre mangelhafte Ausgaben- und Ihre feige Einnahmenpolitik - unterscheiden sich zwischen den Haushaltsjahren 2009 und 2010 nicht wesentlich. Ein wesentlicher Unterschied allerdings besteht zwischen diesen beiden Haushaltsplänen - das hat Herr Jüttner heute Morgen schon angeschnitten -, und zwar in der Frage der kommunalen Demokratie und ihrer Grundlage, nämlich der kommunalen Finanzkraft.

Sie haben in Ihrem Plan - in der Mittelfristigen Planung schreibt sich das sogar für die Folgejahre fort - Kürzungen der Zuweisungen an die Kommunen von rund 500 Millionen Euro. Sie registrieren natürlich wie die Kommunen auch massive Gewerbesteuerausfälle. Sie haben jetzt schon die Situation, dass die Kommunen Kassenkredite in Höhe von 4,4 Milliarden Euro angehäuft haben. Dieser Situation steht Herr Wulff mit verschränkten Armen gegenüber, entsprechend seiner Leitlinie: Das lässt mich alles kalt. - Das ist ja zunehmend die Leitlinie dieses Ministerpräsidenten: Soziale Fragen? Kommunale Fragen? Das lässt mich alles

kalt. - Das ist die Überschrift des Nichthandelns dieses Ministerpräsidenten.

Getoppt wird er nur noch durch den Innenminister Schünemann, der meint, es sei die Zeit für Erpressungsmanöver gekommen. Er sagt nämlich: Wenn ihr von euren Kassenkrediten herunterkommen wollt, dann könnt ihr das machen. Ich erlasse sie euch, wenn ihr euch zwangsvereinigt. - Diese Schünemann-Erpressung macht das ganze Ausmaß der Verzweiflung dieser Landesregierung angesichts der wachsenden Schuldenberge von Land und Kommunen deutlich.

Nun besteht die Landesregierung nicht nur aus Wulff und Schünemann. Vielmehr ist das die Landesregierung Wulff/Bode, auch wenn Herr Bode heute entschuldigt ist. Herr Bode hat sich in den letzten Tagen zweimal als Krisenbändiger hervorgetan.

In Kopenhagen tagt im Moment, wie Sie wissen, eine wichtige Konferenz, die von 100 000 Demonstranten aufgefordert ist, endlich Taten zur Rettung des Klimas vorzuweisen. Gleichzeitig kündigt die Bahn genau in diesen Tagen einen Kahlschlag von 4 000 Stellen an, und der CDUVerkehrsminister steht mit verschränkten Armen daneben.

(David McAllister [CDU]: Was für ein CDU-Verkehrsminister?)

Herr Bode handelt; denn er weiß: Von 1990 bis 2007 sind die CO2-Emissionen im europäischen Verkehrssektor um 36 % gestiegen. Was schlägt er also, passend zum Klimagipfel, vor? - Einen achtspurigen Ausbau der A 2. Das ist sein Beitrag zum Klimawechsel.