Protokoll der Sitzung vom 15.12.2009

(Thomas Adasch [CDU]: Was soll denn dieser Blödsinn?)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja. - Die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe müssen weiter gestärkt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir lehnen Ihren Haushaltsentwurf ab. Er setzt die falschen Prioritäten.

Noch eine Bitte von uns vor Weihnachten; der Kollege Limburg hat auch schon darauf hingewiesen: Bitte richten Sie bis 2013 nicht noch mehr Schaden an. Wir würden dann große Teile dieses Landes noch intakt übernehmen. Das gilt auch für die Justizvollzugsanstalten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Beifall bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Helau!)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Professor Zielke. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den tragenden Säulen unseres demokratischen Rechtsstaats gehören Polizei und Justiz.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Gemeinsam garantieren sie den Bürgern persönliche Sicherheit und Rechtssicherheit und auch Sicherheit gegenüber dem Staat. Dies sind nicht nur herausragende Werte für jeden Einzelnen und für seine Möglichkeit, sich in Freiheit zu entfalten, sondern es bedeutet im Übrigen einen entscheidenden Standortvorteil für unsere Wirtschaft, für die Sicherheit von Investitionen und Arbeitsplätzen. Unser Rechtsstaat ist insofern durchaus auch ein Garant unseres Wohlstandes und damit Voraussetzung für unseren Sozialstaat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Nicht ohne Grund beneiden uns viele Länder um die Stabilität unserer Justiz. Für uns Politiker erwächst daraus die Verpflichtung, mit unserer Justiz sorgsam, pfleglich und nachhaltig umzugehen, auch wenn damit nicht immer die größten Schlagzeilen verbunden sind. Wir in Niedersachsen, die Koalition aus FDP und CDU, handeln danach, und

die Bürger unseres Landes wissen das zu schätzen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Trotz aller Sparbemühungen haben wir Jahr für Jahr zusätzliche Stellen geschaffen. Ich greife einen Bereich heraus, Stellen für Richterinnen und Richter. 2010 schaffen wir an den ordentlichen Gerichten neun neue Stellen und verlängern 15 sogenannte kw-Stellen zur Stärkung der Strafkammern, übrigens nachdem wir schon in 2009 19 neue Stellen geschaffen haben. Bei den Arbeitsgerichten schaffen wir fünf neue Stellen für Richter, und bei den Sozialgerichten verlängern wir acht kw-Stellen. Außerdem sehen wir 20 neue Stellen für Staatsanwälte vor.

Orientiert haben wir uns dabei wesentlich, aber nicht nur an PEBB§Y, dem Personalbedarfsberechnungssystem für die Justiz, das mittlerweile auch von den Beteiligten weitgehend akzeptiert wird. Natürlich wissen wir um die Begrenztheiten von PEBB§Y. Noch fehlen uns in Niedersachsen Richterstellen. Das weist PEBB§Y klar aus. Aber die Überlast, die wir vor ein paar Jahren konstatieren mussten, hat doch deutlich nachgelassen. Das liegt zum Teil auch an der Entwicklung der Fallzahlen in den einzelnen Gerichtsbarkeiten. Es bedeutet aber ebenso, dass wir bei Neueinstellungen die wahrscheinliche künftige Entwicklung der Fallzahlen ins Kalkül ziehen müssen.

Da wir wegen der Wirtschaftskrise mit einer erhöhten Zahl von Arbeitslosen und damit auch mit einer erhöhten Zahl von Arbeitsgerichtsverfahren rechnen und die Sozialgerichte wegen der Probleme bei den Hartz-IV-Gesetzen auf absehbare Zeit hoch belastet bleiben werden, erklärt sich so der relativ hohe Stellenzuwachs an Arbeits- und Sozialgerichten, den wir vorsehen. Interessanterweise bewegen sich auch die Vorschläge von Grünen und Linken für diese beiden Gerichtsbarkeiten in ähnlichen Größenordnungen wie unsere. Allerdings blenden Grüne und Linke die ordentlichen Gerichte aus. Das ist einäugig.

Einseitig, wenn auch genau umgekehrt, sind die Forderungen der SPD. Bei der SPD gehen Arbeits- und Sozialgerichte komplett leer aus. Dafür fordert die SPD 35 neue Richterstellen an ordentlichen Gerichten. Begründet hat dies Herr Jüttner gestern sehr allgemein mit Verfahrensverschleppungen bis hin zu Verfahrensabbrüchen wegen Personalmangel an den ordentlichen Gerichten. Das ist merkwürdig; denn gemäß PEBB§Y ist die Belastung bei

allen drei Gerichtssparten praktisch identisch: 110 % versus 110 % versus 108 % - nach PEBB§Y. Ganz offensichtlich hat sich die SPD bei ihren Forderungen an einigen spektakulären Einzelfällen mit großem Echo in den Medien orientiert. Sehen Sie, das unterscheidet uns. Wir handeln auch in Personalfragen sorgsam und nachhaltig. Sie sind auf Showeffekte aus.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Was?)

Dazu mag man in der Opposition durchaus neigen; man ist ja nicht in der Verantwortung und kann alles Mögliche fordern.

(David McAllister [CDU]: Eben!)

Ob Sie damit aber das Vertrauen der Bürger in Ihre Politikfähigkeit wiedergewinnen, wage ich zu bezweifeln.

(Beifall bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Richtig!)

Nun zu unserem großen Stellenhebungsprogramm für den mittleren und den gehobenen Dienst in den Justizvollzugsanstalten und bei den Wachtmeistern, Herr Adler. Wir haben in diesem Jahr 30 % der A-5-Stellen nach A 6 angehoben. Insgesamt haben wir somit 154 Stellen angehoben. Zu den Wachtmeistern haben schon Herr Dr. Biester bzw. Frau Konrath Stellung genommen.

Auch bei so scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten wie beim Dienstkleidungszuschuss für JVABedienstete haben wir eine Anhebung, nämlich von 50 auf 235 Euro, beschlossen. Auch das verdient Erwähnung. Das wissen die Bediensteten im Justizvollzug durchaus zu schätzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir nehmen unsere Aufgabe im Justizvollzug sehr ernst, die Gefangenen auf ein straffreies Leben nach der Haft vorzubereiten. Deshalb schaffen wir neue Stellen für Sozialtherapie und für das Übergangsmanagement von Strafgefangenen am Ende ihrer Haft.

Es ist nicht vorrangig der Sparwille, auch wenn Sparen dem Staat immer gut zu Gesicht steht, sondern es ist die Aufgabe der Resozialisierung, die uns dazu motiviert, einige kleine Standorte zu schließen, weil sie für die Gefangenen aufgrund ihrer mangelnden Größe zu wenige fördernde Angebote vorhalten können.

Auch das Projekt Bremervörde hat vor allem das Ziel, den Vollzug qualitativ noch besser zu machen, als er es schon geworden ist. Wenn es uns

um Wegschließknast bei Wasser und Brot ginge, würden wir Bremervörde nie bauen. Haftplätze hätten wir auch so genug.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Hier liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Kollegen Limburg vor. Gehe ich recht in der Annahme, dass das auf Ihrem Wortmeldezettel „Justiz“ heißen soll?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja, ja!)

Okay. Bitte schön! Noch 1:29 Minuten, Herr Limburg.

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Kollege Adler, ich schulde Ihnen noch einige Erläuterungen zu unseren Änderungsvorschlägen zum Haushalt, die Sie in der letzten Woche aber auch schon der Presse oder unseren Änderungsanträgen zum Haushalt hätten entnehmen können.

Nur zwei oder drei Klarstellungen: Wir Grünen kürzen nicht bei den Richterinnen und Richtern, sondern wir stellen mehr ein, wie ich auch vorhin schon gesagt habe. Wir kürzen auch nicht bei den Lehrerinnen und Lehrern. Wir sparen u. a. aber Stellen beim Landesamt für Verfassungsschutz ein, weil wir der Auffassung sind, dass man dies anders organisieren kann. In der Tat wollen wir im kommenden Jahr Stellenhebungen ab Besoldungsgruppe A 11 ausgesetzt wissen. Das ist richtig. Mit uns wird es aber keine Kürzungen bei Lehrerinnen und Lehrern oder bei den Richtern geben.

Das wollte ich nur noch einmal kurz klarstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann, Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr! - Die Landesregierung hat laut Zeitplan noch 6:13 Minuten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Daran hält er sich doch nicht!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sehen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach Institutionen sehnen, die integer und unbestechlich sind. Eine

solche Institution, eine solche Konstante ist ohne Zweifel die Justiz. Justitia ist nicht korrumpierbar, sondern sie wägt gewissenhaft ab und entscheidet einzig und allein nach Recht und Gesetz. Deshalb vertrauen die Menschen gerade in schwierigen Zeiten der Justiz. Das weiß die Landesregierung. Sie weiß aber auch, dass sie die Justiz gerade in schwierigen Zeiten so aufstellen muss, dass dieses Vertrauen immer wieder gerechtfertigt ist und die Bürger sich jederzeit auf ihre Justiz verlassen können.

Manchmal hat das auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun. So arbeiten unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften auf hohem qualitativem Niveau mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit. Gestern Herr Jüttner, heute Sie, Herr Haase: Sie müssen sich einmal etwas genauer danach erkundigen, wie die Verfahrenslaufzeiten denn so sind. Den Bürgerinnen und Bürgern geht es vor Gericht ja nie schnell genug. Klar. Aber wir sind in Niedersachsen ganz ordentlich aufgestellt. Unsere Staatsanwaltschaften belegten 2008 hinsichtlich der Verfahrensdauer bundesweit den zweiten Platz. Unsere Oberlandesgerichte waren bei den Zivilverfahren in Sachen Verfahrensdauer bundesweit an zweiter Stelle. Unsere Landgerichte arbeiteten 2008 in der Berufungsinstanz bei Zivilsachen bundesweit am schnellsten und in Strafsachen am zweitschnellsten. Das kann sich doch eigentlich sehen lassen, und dafür darf man sich bei den Richterinnen und Richtern sowie allen anderen in der Justiz auch einmal bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nichts aber ist so, dass es nicht noch besser werden könnte. Deshalb sind wir in allen Bereichen immer dabei, Verbesserungen vorzunehmen, um das Notwendige getan zu haben.

Zunächst möchte ich mich mit dem Vollzug befassen. Wir haben - das wissen wir; darüber ist hier auch schon diskutiert worden - mit der Neuordnung der Vollzugslandschaft - Herr Kollege Zielke hat es erwähnt - gerade auch aus qualitativen Gründen begonnen. Wir konnten bereits in fast allen Justizvollzugseinrichtungen die Mehrfachbelegung von Zellen mit drei und vier Gefangenen aufheben. Schon vergessen dieses Thema, meine Damen und Herren von der Opposition? - Wir können im geschlossenen Männervollzug nunmehr 81,8 % der Gefangenen einzeln unterbringen. Das war zuvor noch nie der Fall. Als Professor Pfeiffer im März 2003 sein Amt abgegeben hat, lag diese

Quote gerade einmal bei 54,9 %. So hat sich das Ganze inzwischen zum Besseren hin entwickelt.

Im nächsten Jahr werden wir die Zahl der Plätze im Jugendarrest von 111 auf 165 steigern, um auch hier qualitativ besser zu werden und weil wir uns im Übrigen auch ein bisschen auf die Zeiten nach der Einführung des Warnschussarrestes quantitativ einrichten müssen. Sie merken, dass wir in diesem Bereich auf einem ganz guten Weg sind. Inhaltlich haben Sie das eigentlich ja auch nicht bestritten.

Nun führen wir aber eine grundsätzliche Auseinandersetzung rund um das ÖPP-Projekt in Bremervörde. Das hat etwas Ideologisches. Ich glaube - darüber haben wir auch vor vier Wochen schon diskutiert -, dass wir hier nicht so richtig zueinander finden werden. Eines muss in diesem Zusammenhang doch einmal klargestellt werden, wenn hier vonseiten der Opposition immer wieder von „zusätzlichen Belastungen für das Land“ gesprochen wird: Im Gegenzug zu Bremervörde werden wir kleinere unselbstständige Justizvollzugsanstalten schließen. Bis zur Jahreswende werden die Einrichtungen in Alfeld, Gifhorn, Holzminden, Königslutter und Peine geschlossen. Bis 2012 werden darüber hinaus auch die Einrichtungen in Achim, Stade, Verden und Osnabrück/Schinkelstraße geschlossen. Jede Schließung führt sofort zur Einsparung von Sach- und Betriebsausgaben sowie von eventuell erforderlichen Bauunterhaltungsmaßnahmen. Ferner kann durch die Schließungen der für die JVA Bremervörde notwendige Personalansatz auf staatlicher Seite von rund 85 Bediensteten kostenneutral gedeckt werden.