Protokoll der Sitzung vom 08.05.2008

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir steigen heute in die Beratung eines Entwurfes für ein Niedersächsisches Naturschutz

gesetz ein. Aktuell liegt uns der Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen vor. Wir erwarten, wie angekündigt, „so schnell wie möglich“ den Gesetzentwurf der Landesregierung, und wir erwarten spätestens 2009 das Umweltgesetzbuch, zu dem im Moment ein Referentenentwurf vorliegt, zumindest zu dem Part, der das Naturschutzgesetz betrifft. Uns liegt die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes vor, wie sie im Oktober 2007 im Umweltausschuss mit den Stimmen der Koalition gebilligt worden ist. Das alles bildet den Hintergrund unserer Gesetzesberatung. Aus Berlin ein bisschen schwarz-rote Koalition mit Enthaltung der FDP gegen Bündnis 90/Die Grünen und die Linken, hier ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen, der uns in weiten Teilen durchaus gefällt und dem wir zustimmen könnten - das gibt insgesamt eine interessante Farbenlehre und - davon gehe ich aus - auch eine ganz spannende Diskussion, was immer auch ihr Ergebnis sein mag.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Darüber werden wir zu gegebener Zeit reden!)

- Ja, wir reden darüber. Das wollen wir gerne. Wir haben auch einiges einzubringen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch kurz auf die Inhalte eingehen. Es ist gut, dass uns dieses Werk vorliegt. Dadurch haben wir das Thema Naturschutz wieder auf der Tagesordnung. Uns zumindest ist der Naturschutz sehr wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Naturschutz ist mehr als der Schutz von Lebensräumen bestimmter Tier- und Pflanzenarten. Unser gesamtes kulturelles, soziales und ökonomisches System ist verbunden mit dem ökologischen System. Denken wir an Bodenfruchtbarkeit, Trinkwasserangebote, Wasserspeicherung, Luftfilterung oder auch ganz simpel die Bestäubung von Blütenpflanzen! Das alles sind Serviceleistungen von Ökosystemen, auf die wir nicht verzichten können, die aber nur funktionieren, solange die Ökosysteme in Ordnung sind. Wenn die Ökosysteme nicht mehr funktionieren, dann wird es gewaltig teuer. Wir diskutieren ja im Moment etliche Zahlen im Zusammenhang mit Klimawandel und Biodiversität. Diese Zahlen gehen in die Billionen.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf finden wir viele gute Ansätze für einen umfassenden Naturschutz. Ich will nur ein paar einzelne Wörter nennen; denn auch ich habe den Entwurf recht kurzfristig bekommen und konnte mich so gar nicht auf die ein

zelnen Passagen einlassen. Das will ich heute auch bewusst noch gar nicht tun. Aber Punkte wie Kompensationsflächenkataster, Biotopverbund, Flächenvorkaufsrecht für Kommunen und europäisches ökologisches Netz sind wichtig.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir alle wissen aber: Die Tücke liegt im Detail. Von daher ist es wichtig, intensiv zu diskutieren, um dann zum Schluss hoffentlich zu einem guten Naturschutzgesetz zu kommen.

(Rolf Meyer [SPD]: Aber doch nicht mit dieser Landesregierung!)

Meine Damen und Herren, ich habe im Internet nachgeguckt, ob der Minister vielleicht noch etwas Aktuelles zu einem Naturschutzgesetzentwurf gesagt hat. Wir hatten das Thema ja im Juli. Ich habe da nichts Entscheidendes gefunden. Gefunden habe ich aktuell eine Pressemitteilung zum ehrenamtlichen Naturschutz, die ich doch recht originell fand. Deshalb will ich sie Ihnen nicht vorenthalten. In dieser Pressemitteilung steht, dass der Umweltminister kürzlich zwei Herren, die das zweifellos verdient haben, Umweltnadeln verliehen hat.

(Zuruf von der CDU: Das ist doch gut!)

- Ich sage nichts dagegen. Ich gönne es den Herren auch. - Ich fand die Pressemeldung recht originell. Darin steht nämlich nicht, ob sich die Geehrten über diese Ehre gefreut haben. Es steht aber drin, dass sich der Minister gefreut hat.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Die freuen sich immer! - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wenn der Minister sich freut, freut sich das Land, und damit freuen wir uns alle!)

Es steht nicht drin, nach welchen Kriterien geehrt wird. Es wäre vielleicht ganz gut, das zu wissen. Dort steht auch nicht, inwieweit diese Ehrung dem Naturschutz nützt und wie viele Nadeln es insgesamt gibt, ob der Minister noch Nadeln hat oder ob sie schon alle weg sind,

(Ursula Körtner [CDU]: Fragen Sie ihn doch mal!)

ob diese Verleihungen irgendwann vorbei sein werden oder ob inflationär weiterverliehen wird. Das alles erfahren wir leider nicht. Es drängt sich einzig der Eindruck auf, dass die Landesregierung

eine ganz eigene, originelle Art hat, mit dem Naturschutz umzugehen.

Ich gehe allerdings davon aus, dass diese Umweltnadeln kein Bestandteil des Naturschutzgesetzes sein werden, sodass wir ganz beruhigt in die Diskussion eintreten können. Wir freuen uns darauf und hoffen, dass es am Schluss ein ganz wunderbares Naturschutzgesetz geben wird.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Danke schön Frau Rakow. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Dürr zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Rolf Meyer [SPD]: Aber jetzt nicht so laut! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Jetzt mache nicht wieder alles kaputt!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Rakow, beim Stichwort „Freude“ rate ich Ihnen, eine Veranstaltung des niedersächsischen Umweltministers zu besuchen. Wenn sich auf einer solchen Veranstaltung der Minister freut, freuen sich dort alle, und es ist eine gute Veranstaltung für dieses Land.

(Beifall bei der FDP)

Ich will jetzt zum Gesetzentwurf kommen. Herr Kollege Meyer, in meiner Schulzeit hätte man gesagt: Gut abgeschrieben! Gut abgeschrieben bei der Niedersächsischen Landesregierung, beim niedersächsischen Umweltministerium. Wir freuen uns, dass Sie die meisten Dinge aus dem damaligen Gesetzentwurf der Landesregierung übernehmen wollen. Insofern herrscht an dieser Stelle großer Konsens. Vielleicht hatten Sie auch nicht den Mut, große eigene Dinge einzubringen. Das waren hier eher Sonntagsreden und nichts, was sich letztlich in Ihrem Gesetzentwurf widerspiegelt.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Sonntagsreden hält die FDP ja nie!)

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass es Ihnen an dieser Stelle völlig ausreicht, wenn viel Papier schwarz gemacht wird. Wir dagegen wollen im Naturschutz in Niedersachsen wirklich etwas erreichen.

(Beifall bei der FDP)

Sie können an der weißen Liste, die das Umweltministerium in der vergangenen Wahlperiode herausgegeben hat, sehen, dass wir gerade im Natur- und Artenschutz mit dieser schwarz-gelben Landesregierung endlich etwas erreicht haben. Das ist der Unterschied zu den 90er-Jahren und Frau Griefahn. Diese Landesregierung handelt beim Naturschutz und macht am Ende nicht nur viel weißes Papier schwarz.

(Beifall bei der FDP - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: An schwarz ist si- cherlich nichts auszusetzen!)

Der Bundesumweltminister hat es geschafft, aus dem Umweltgesetzbuch eine unendliche Geschichte zu machen. Ein Referentenentwurf aus seinem Hause ist von fast allen komplett in der Luft zerrissen worden. Bevor wir eine vernünftige Naturschutznovelle auf Landesebene machen können, müssen wir wissen, was der Bund und der Bundesumweltminister wollen. Ich will das ganz deutlich sagen: Die Herren in Berlin sind sich an dieser Stelle schlicht nicht einig. Das muss man ganz klar feststellen.

(Ingrid Klopp [CDU]: Richtig!)

Ihr Bundesumweltminister hat es bisher nicht geschafft, Einigkeit an dieser Stelle herzustellen.

(Rolf Meyer [SPD]: Machen Sie sich da keine Sorgen!)

An Ihrem Entwurf ist eines deutlich geworden, Herr Kollege Meyer. Frau Klopp hat das vorhin schon deutlich ausgeführt. Sie haben jetzt offensichtlich das Thema Biodiversität als neues Modethema für sich entdeckt. Wir kennen das Thema schon deutlich länger. Man muss ganz klar sagen: Wenn man das Thema Biodiversität und Artenvielfalt auch in Niedersachsen wirklich ernst nimmt, dann muss man bei diesem Thema gemeinsam mit den Flächennutzern arbeiten. Das heißt in Niedersachsen: Insbesondere mit den bewirtschaftenden Landwirten.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Ich bezweifele, dass Sie sie bisher mit Ihrer Politik überzeugen konnten.

Ich will noch auf ein Thema kommen, das uns sicherlich auch in der Frage der Abweichungsmöglichkeiten des Landes später noch beschäftigen wird, nämlich das Thema Ausgleich und Ersatz. Wir erleben zurzeit eine Diskussion um die Knappheit von Flächen zur Nahrungsmittelproduktion wegen des Anbaus von Biomasse zur energeti

schen Nutzung. Das Problem stellt sich aber nicht nur in der Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzenanbau, sondern stellt sich auch, weil immer mehr Flächen mit naturschutzfachlichen Erschwernissen belegt werden, da für Bau- und Infrastrukturvorhaben Ersatz geleistet werden muss. Ich glaube - das wäre vielleicht auch ein Hinweis an die Grünen -, dass es vielleicht Sinn macht, einmal darüber nachzudenken, mehr vorhandene Naturschutzflächen naturschutzfachlich aufzuwerten und dafür ein Ersatzgeld einzusetzen, als dass wir immer mehr Flächen schlicht mit Naturschutzauflagen belegen, aber am Ende für den Natur- und Artenschutz in Niedersachsen nichts erreichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Meyer, weil Sie vorhin auf Frau Steiner zu sprechen kamen, möchte ich auf eine Sache hinweisen - dazu müssten Sie noch einmal in Ihre Unterlagen bzw. in die der Kollegin aus der letzten Legislaturperiode blicken -: Wir haben das Niedersächsische Naturschutzgesetz in der letzten Legislaturperiode bereits einmal novelliert. Damals waren wir uns im Ausschuss mit der Kollegin Steiner sehr einig, dass es sinnvoll ist, dass ein Landwirt, der Vertragsnaturschutz betrieben hatte, nach dem Auslaufen dieses Vertrages 15 Jahre Zeit hat, diese Flächen zu nutzen. Sie wollen das jetzt umdrehen. Frau Steiner hat damals an unserer Seite gekämpft. Schade, dass Sie diese sehr gute Linie verlassen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal Herr Kollege Meyer zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Klopp, ich bin Ihnen für die Aussage sehr dankbar, dass wir die biologische Vielfalt in das Naturschutzgesetz hineinschreiben müssen, dass Sie dieses Defizit, auf das wir mit einem Part eingehen, in Niedersachsen ebenfalls sehen und dass wir deshalb zu einer klaren Umsetzung kommen;

(Christian Dürr [FDP]: In 2005 wollten Sie noch nichts davon wissen!)

denn die Regierung bleibt weiterhin die Antwort schuldig, wie sie die Ziele, z. B. des Bundeskabi

netts in der Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, also das Artensterben bis 2010 zu stoppen, erreichen will. Der WWF hat Ihnen gerade vorgerechnet, dass diese Ziele gerade in Niedersachsen nicht erreicht werden. Da können Sie hier noch so viele Weiße Listen aufstellen, die Roten Listen bleiben viel zu lang.