Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, teilen Sie die Einschätzung, dass Sie in dem Moment, als Sie in der Businessclass Platz genommen haben, gegen § 5 Abs. 4 des Ministergesetzes verstoßen haben?

(Hartmut Möllring [CDU]: Nein, er war als Privatperson unterwegs!)

Herr Ministerpräsident, bitte!

Nachdem mir am 14. Januar bewusst geworden ist, dass das Verhalten nicht in Ordnung war, haben wir in der Staatskanzlei auf meine Veranlassung hin auch Fragen jeglicher Verstöße gegen jegliche denkbaren Bestimmungen unter Einschluss des Ministergesetzes geprüft. Das Ergebnis der Prüfungen, das ich teile, ist, dass ich objektiv von einem Verstoß gegen das Ministergesetz ausgehen muss. Ich denke, das ist, objektiv gesehen, ein Verstoß gegen das Ministergesetz. Weitere Bestimmungen bzw. Tatbestände, insbesondere strafrechtliche Tatbestände der § 313 ff., sind nicht tangiert. Das halte ich auch für nachvollziehbar und überzeugend. Aber auf Ihre Frage antworte ich klar mit Ja.

Herr Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Herrn Ministerpräsidenten: Wenn Sie am 12. Januar erfahren haben, dass sich Der Spiegel dafür interessiert, warum ist Ihnen dann erst am 14. Januar, also zwei Tage später, bei einem Gespräch mit Ihrem Pressesprecher deutlich geworden, dass die Angelegenheit nicht koscher ist? Herr Ministerpräsident, Sie sind Jurist. Sie hätten doch schon am 12. Januar merken müssen, als sich die Presse dafür interessierte, dass die Angelegenheit nicht in Ordnung ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Ministerpräsident, bitte!

Ich hörte das erste Mal von meiner Frau, dass Air Berlin das Thema Upgrade zur Sprache gebracht hatte. Sie wissen, manche Fluggesellschaften befördern manche Politiker gar nicht. Das ist beispielsweise das Problem der Kanzler. Sie dürfen Chartermaschinen gar nicht benutzen. Wenn ihre Ehefrauen oder Familien da mitfliegen würden, müssten sie Tausende von Euros bezahlen, sodass diese dann Charter fliegen. Letztlich muss diese Frage zur Erkenntnis klar so beantwortet werden: Ich musste, als zum ersten Mal über das Thema Upgrade für den Ministerpräsidenten gesprochen wurde, erkennen, dass ein Ministerpräsident, ein Regierungschef nur upgraden darf, wenn er dieses Upgrade dann auch mit Bargeld oder Meilen bezahlt und sich nicht etwa gewähren lässt - mit welcher Begründung auch immer, die im ersten Moment auch noch so nachvollziehbar sein könnte, wie sie mir im ersten Moment war: Sicherheitsgründe, lieber vorne, wo es mehr Überblick gibt, dieses und jenes.

Ich hätte es da erkennen müssen, habe es da aber nicht erkannt. Das ist der Fehler, den ich hier einräume.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Frau Dr. Andretta von der SPDFraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass § 331 StGB die Vorteilsannahme eines Amtsträgers unter Strafe stellt, und zwar auch dann, wenn tätige Reue gezeigt und der Vorteil zurückgezahlt wurde

(Zurufe von der CDU)

- das ist so, Herr McAllister -, und vor dem Hintergrund, dass der Ministerpräsident sowohl Amtsträger ist als auch einen erheblichen Vorteil erhalten hat, frage ich die Landesregierung: Wie beurteilt sie die Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten nach dem Strafgesetzbuch?

Herr Ministerpräsident, bitte!

Frau Andretta, ich denke, dass wir dem Justizminister die Möglichkeit geben müssen, aufgrund des heute streitfrei gestellten Sachverhalts eine solche

Prüfung vorzunehmen. Sie können davon ausgehen, dass unsere exzellente und unabhängige Staatsanwaltschaft in Niedersachsen diese Dinge - die Presseberichterstattung und Ähnliches - aufmerksamst verfolgt und dann entscheiden wird, wie man das beurteilt.

Die Prüfungen bei uns, intern, innerhalb der Landesregierung - das wird Ihnen ohnehin nicht ausreichen, was ich verstehe; auch ich habe einmal Opposition gemacht -, kommen zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen nicht einschlägig sind. Das ist auch für mich als Jurist sehr nachvollziehbar. Aber das wird sicherlich auch noch an anderer Stelle geprüft und sicherlich auch dem Parlament gegenüber dargestellt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Jüttner stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Wulff, Sie haben Ihre Zettel hier liegen lassen.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Die können da liegen bleiben!)

- Alles klar, nicht, dass ich davon ablese.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Nicht dass Sie sie mitnehmen! Geben Sie sie mal lieber her! - Heiterkeit)

- Ja, das ist zu gefährlich.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage vor dem Hintergrund, dass der heutige Justizminister im Jahre 1996 hier im Landtag die folgenden Ausführungen gemacht hat:

„Aber politische Amtsträger unterliegen nun einmal anderen und strengeren Regeln als maßgebliche Herren aus der Wirtschaft. Sie müssen selbst den bösen Schein meiden. So sie sich aufwendig entspannen möchten, was ihnen gern gegönnt sei, sollen sie ihre Logenplätze und Flugreisen gefälligst aus eigener Tasche bezahlen, wie andere Privatleute dies auch zu tun pflegen. Das Schicksal Lothar Späths hätte eigentlich allen als Warnung dienen müssen.“

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, Herr Wulff: Sie sind jetzt seit sieben Jahren im Amt. War es

das erste Mal, dass Sie mit dieser Situation des Upgradens konfrontiert worden sind?

Herr Ministerpräsident!

Es war das erste Mal, dass ich mit dieser Situation des Upgradens bei einer Privatreise konfrontiert wurde. Und ich halte prinzipiell das, was Herr Busemann damals als Vertreter der Opposition gesagt hat, auch aus der Sicht der heutigen Regierung für richtig. Die Sichtweisen dürfen sich da nicht geändert haben, d. h. bereits der Anschein muss vermieden werden.

Das ist eigentlich das, worüber ich mich am meisten ärgere, dass man nämlich einen kleinen Beitrag leistet, dass das Ansehen von Politikerinnen und Politikern, Parteien und Politik durch solche Dinge außerordentlich leidet und dass die Dinge, bei denen wir und sicherlich auch alle von Ihnen Großes leisten, eben nicht diese breite Berichterstattung finden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Jüttner stellt eine weitere Zusatzfrage.

(Zurufe von der CDU: Peinlich!)

- Die Bewertung überlassen Sie mal lieber Dritten, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren, wir reden schon über relevante Geschichten, nämlich darüber, ob gegen Gesetze dieses Landes verstoßen worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Präsident! Herr Wulff, Ihre Darstellung der Geschichte kollidiert an einer Stelle mit dem, was der Spiegel zitiert. Dort heißt es: „Festpreis ok lt. J. Hunold“.

Meine Damen und Herren, ist meine Darstellung des Vorgangs nicht eher nachvollziehbar, Herr Wulff, dass möglicherweise - ich weiß nicht, ob es bei Air Berlin immer üblich ist -, wenn jemand mit herausgehobener Funktion die Holzklasse gebucht hat, diese Buchung automatisch als Festpreis genommen wird, aber gleichzeitig dafür von vornherein das Leistungsspektrum Businessclass eingebucht wird? Anders ist dieser Hinweis im Spiegel überhaupt nicht erklärbar.

(Hartmut Möllring [CDU]: Fragen Sie doch den Spiegel!)

Vor dem Hintergrund, dass vor wenigen Tagen auch bestätigt worden ist, dass Ihr Rückflug von Anfang an in der Businessclass gebucht worden ist, scheint mir diese Interpretation naheliegender als Ihre Geschichte, dass es hierbei um Upgrade geht. Es geht, glaube ich, nicht um Upgrade, sondern um einen Festpreis, bei dem von vornherein klar war: Für Herrn Wulff ist die Businessclass durchgebucht.

Herr Ministerpräsident!

Aus den Tickets, wie sie bis drei Tage vor Reiseantritt vorlagen, ergab sich die Economyclass.

(Wolfgang Jüttner [SPD] bespricht sich)

- Ich weiß nicht, ob Sie an einer Antwort interessiert sind.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Entschuldi- gung!)