Protokoll der Sitzung vom 16.02.2010

Den zweiten Ablehnungsgrund finden wir in § 63 zur Gewässerunterhaltung. Hier regeln CDU und FDP den reibungslosen Wasserabfluss ausschließlich. Strukturvielfalt und Artenvielfalt im Gewässer geraten ins Hintertreffen und interessieren überhaupt nicht. CDU und FDP streichen hemmungslos

die Verweisung auf die bundesgesetzliche Regelung, die die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers einfordert. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ein Fluss ist nicht nur ein Abfluss, er ist auch Lebensraum.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich fasse zusammen: Wir akzeptieren das gleichzeitige Inkrafttreten von Bundes- und Landesgesetz, kritisieren das damit verbundene unzureichende Zeitmanagement, kritisieren vor allem die materiellen Verschlechterungen bei den Gewässerrandstreifen und der Gewässerunterhaltung und lehnen wegen dieser Verschlechterungen den Gesetzentwurf ab. Sie ruinieren damit die Umwelt. Wir machen da nicht mit!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich komme damit zu dem Versprechen: Wir werden alles daransetzen, dass die Menschen in Niedersachsen bald ein Gesetz bekommen, das nicht nur die Klientel der Regierungsfraktionen bedient, sondern das allen Menschen gerecht wird.

Schönen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Dr. Hocker von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, bevor ich mich zu den vorliegenden Gesetzen einlasse, meinen ganz herzlichen Dank an die Mitarbeiter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes und an die mit den Gesetzentwürfen befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien zu richten, die uns während der nicht immer ganz einfachen Beratungen im Ausschuss, wie ich finde, stets kompetent und ergebnisorientiert beraten haben. Herzlichen Dank dafür!

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, diese Beratungen haben nach diversen Anhörungen wohl nahezu sämtlicher mittelbar und unmittelbar betroffenen Verbände in unserem Bundesland schließlich zu den

vorliegenden Gesetzesvorlagen geführt, mit deren Verabschiedung das Land Niedersachsen von seinen Möglichkeiten, das Wasserrecht, das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung und das Naturschutzrecht einerseits an die Bedürfnisse der Menschen in unserem Land anzupassen und andererseits gleichzeitig einen hohen Standard hinsichtlich des Schutzes unserer Natur einzuhalten, Gebrauch gemacht hat.

Schließlich führen diese Gesetze für alle Beteiligten, für die Umwelt- und Naturschutzverbände, für Investoren, für Naturschutzbehörden, für die Wasserverbände und vor allem - das ist am allerwichtigsten - für die Menschen in unserem Lande, zu Rechtssicherheit, wenn ab dem 1. März 2010 die bundesgesetzlichen Regelungen in Kraft treten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Dass wir in Niedersachsen die Balance zwischen Naturschutz- und Bewirtschaftungsinteressen in der Vergangenheit klug abgewogen haben, zeigt sich in dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber eine ganze Reihe der niedersächsischen Regelungen zum 1. März 2010 in Bundesgesetze überführt. So ist z. B. die Regelung über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen des Niedersächsischen Wassergesetzes ein hannoverscher Exportschlager, den die Bundesregierung u. a. in ihrem Wasserhaushaltsgesetz aufgegriffen hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Das haben Sie nicht gemacht!)

Auch bei den Paragrafen zu Gewässerrandstreifen hat der Bundesgesetzgeber Anleihen bei unseren Regelungen genommen. Die bisher im Landesrecht enthaltenen Regelungen zu Gewässerrandstreifen sind in das Wasserhaushaltsgesetz übernommen worden. Weil wir in Niedersachsen dem Rest Deutschlands häufig eine Nasenlänge voraus sind, werden wir mit unserem Gesetz bei Gewässern erster und dritter Ordnung wiederum abweichen und neue Wege gehen. An den Gewässern erster Ordnung ist der Gewässerrandstreifen künftig nur noch 5 statt bislang 10 m breit. Innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile gibt es keinen gesetzlichen Gewässerrandstreifen mehr, meine Damen und Herren.

(Rolf Meyer [SPD]: Darauf können Sie stolz sein! Das werden Sie später mit viel Geld bezahlen!)

Dies gilt ebenso für Gewässer dritter Ordnung. Wollen wir einmal sehen, wann sich der Bundesgesetzgeber wiederum an niedersächsischen Regelungen bedient und diese sinnvollen Regelungen in einheitliches Bundesrecht überführt. Hierzu laden wir ihn herzlich ein.

Eingangs habe ich von einer angemessenen Balance zwischen den Interessen des Naturschutzes und der Bewirtschaftung gesprochen. Meine Damen und Herren, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Balance handelt, zeigt sich u. a. an der Neuregelung im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. So gilt z. B. die Pflicht zur Überprüfung der Umweltverträglichkeit künftig nicht mehr nur für Straßen, die sich in der Baulast der öffentlichen Hand befinden, sondern eben auch für Privatstraßen. Hiermit reagieren wir auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes und übertragen es im Verhältnis 1 : 1 auf unsere gesetzlichen Regelungen.

Erlauben Sie mir, dass ich für die Neuordnung des Naturschutzrechts ein Beispiel anführe, das stellvertretend für unser Verständnis von Naturschutz mit den Menschen ist. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Betretungsrechtes, des sogenannten Höflichkeitserlasses, hat es auch im Ausschuss einige Diskussionen gegeben, die die verschiedenen Vorstellungen von Naturschutz deutlich werden lassen. Wir Liberale haben bei dieser Diskussion sehr großen Wert darauf gelegt, dass auch in Zukunft das Eigentum unter besonderem Schutz steht

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und behördliche Begehungen und Besichtigungen auch in Zukunft angekündigt werden müssen, und zwar auch dann - das gestehe ich Ihnen gerne zu -, wenn dies in Einzelfällen ausnahmsweise eines gewissen bürokratischen Aufwands bedarf.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Andererseits hätte es dem Interesse des Naturschutzes in Niedersachsen nicht genutzt, wenn Behördenmitarbeiter ohne vorherige Ankündigung Begehungen oder Besichtigungen hätten durchführen dürfen. Stellen Sie sich nur einmal vor, welche Auseinandersetzungen vorprogrammiert gewesen wären, wenn mir nichts, dir nichts Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde bei ihrer wichtigen Tätigkeit plötzlich unangemeldet vor dem Wohnzimmerfenster aufgetaucht wären oder sich spielende Kinder zu Recht über den Unbekannten in

dem an den Garten angrenzenden Wald gewundert hätten.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist ein Entbürokratisierungswahn, der Sie da umtreibt, Herr Hocker!)

Dem Naturschutz wäre damit wenig gedient, lieber Herr Wenzel, wohl aber denjenigen, die gegenüber den Interessen des Naturschutzes bislang wenig Akzeptanz empfinden.

Meine Damen und Herren, mit den vorliegenden Gesetzentwürfen in ihrer Gesamtheit verpflichten wir uns zum einen zu den weltweit wohl mit höchsten Standards für den Natur- und Umweltschutz und behalten es uns als Niedersachsen zum anderen gleichzeitig vor, den Handlungsspielraum, den uns der Bundesgesetzgeber lässt, unter Abwägung von Schutzinteressen einerseits und Interessen der Bewirtschaftung andererseits auszunutzen. Wenn Sie uns auf diesem Wege begleiten möchten, lade ich Sie herzlich ein, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Langspecht von der CDU-Fraktion das Wort. Restredezeit für die CDUFraktion: 4:49 Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Neuregelung des Niedersächsischen Wassergesetzes liegt die gleiche Systematik zugrunde wie der Novellierung des Naturschutzrechtes. Das heißt für uns: Wenn wir uns nicht vor dem 1. März darüber im Klaren sind, welche Vorschriften im geltenden Landesrecht auch nach Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes weiterbestehen sollen, riskieren wir in der Tat Rechts- und Planungsunsicherheit und Reibungsverluste beim Verwaltungsvollzug.

(Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Liebe Frau Rakow, Sie wissen sehr genau - das haben wir im Ausschuss sehr ausführlich besprochen -: Einige der niedersächsischen Regelungen wären in der Tat nach dem 1. März nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig. Deshalb können wir auf jeden Fall nicht so weitermachen wie bisher, sondern müssen handeln.

Deshalb wollen wir jetzt mit der Neuregelung unseres Wasserrechtes einerseits Doppelregelungen vermeiden und andererseits eigenständige Regelungen des Niedersächsischen Wassergesetzes neben der Geltung des Wasserhaushaltsgesetzes erhalten.

Kurzum: Es wird also nichts Spektakuläres verändert. Das Wassergesetz wird inhaltlich so gut wie nicht novelliert. Ich will nur auf einige klarstellende Regelungen eingehen. Erstens. Gewässerrandstreifen sind eben schon angesprochen worden. Nach Bundesrecht bestehen Gewässerrandstreifen jetzt einheitlich an allen Gewässern in einer Breite von 5 m. Von dieser Regelung wird entsprechend dem bisherigen niedersächsischen Recht insofern abgewichen, als an Gewässern dritter Ordnung kein Gewässerrandstreifen eingerichtet wird. Dies war in den Beratungen nicht unumstritten. Wir sind davon überzeugt, dass es einer Ausweisung eines Randstreifens an Gewässern dritter Ordnung nicht bedarf. Hier gilt landwirtschaftliches Fachrecht. Schadstoffeinträge durch Dünge- und Pflanzenschutzmittel werden durch die fachgesetzlichen Vorgaben verhindert. Außerdem enthalten auch die Regelungen zum Gewässerrandstreifen kein Bewirtschaftungsverbot, was oft irrtümlich angenommen wird. Insofern wird die Ausweisung der Randstreifen auch häufig überschätzt.

Meine Damen und Herren, wir müssen auch berücksichtigten, dass insbesondere wir in Niedersachsen mit einer deutliche größeren Wasserhypothek belastet sind als andere Länder. Von daher passt die Bundesregelung nicht ganz für die regionalen Gegebenheiten bei uns in Niedersachsen.

(Björn Thümler [CDU]: Hört, hört!)

Im Übrigen halten wir es für sachgerecht, meine Damen und Herren, auch hier bei Bedarf stärker auf freiwillige Vereinbarungen mit der Landwirtschaft zu setzen, als immer mehr Nutzungseinschränkungen zu verfügen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Bezüglich der Gewässerunterhaltung haben wir in § 63 klargestellt, dass der ordnungsgemäße Wasserabfluss weiterhin Inhalt der Gewässerunterhaltung ist. Dies war bei den Beratungen ebenfalls nicht unstreitig. Ich sage aber auch hier ganz klar: Für uns darf der Gewässerabfluss nicht gegen ökologische Gesichtspunkte ausgespielt werden. Beides - der ordnungsgemäße Abfluss und die naturschutzfachlichen Belange - ist bei der Unterhaltung miteinander in Einklang zu

bringen, und nichts anderes, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Drittens. An den Nutzungsbeschränkungen in Überschwemmungsgebieten ändert sich wenig. Allerdings waren wir uns nicht ganz sicher, ob die im Bundesrecht getroffenen Neuregelungen nicht zu einer Erschwerung von Bewirtschaftungsmaßnahmen in der Landwirtschaft führen könnten. Wir lehnen hier weitere Bewirtschaftungserschwernisse ab. Aus unserer Sicht kann es nicht angehen, dass Landwirten z. B. die Anlage von Kartoffelmieten mit der Begründung verboten wird, der Betrieb liege in einem Überschwemmungsgebiet. Hier werden wir die weitere Entwicklung, vor allem die Genehmigungspraxis, sehr genau beobachten und ggf. noch nachjustieren müssen.

Zusammenfassend darf ich sagen, dass wir im Ausschuss trotz des vorgegebenen Zeitablaufs nach Anhörung der Verbände eine gute und konstruktive Beratung hatten. Die Novellierung des Wassergesetzes ist gut, richtig und auch sachgerecht. Das ist gut für unser Land.

Auch ich möchte mich beim GBD und bei den Mitarbeitern des Umweltministeriums bedanken. Beim GBD möchte ich mich vor allem deshalb bedanken, weil ihm einige die ernüchternde Erkenntnis zu verdanken haben, dass das politisch Gewünschte häufig nicht mit dem rechtlich Machbaren in Einklang zu bringen ist.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Herzog von der Fraktion DIE LINKE das Wort.