Protokoll der Sitzung vom 19.02.2010

Sie haben als Beispiel für unsere Forderung nach Benennung von Kinderbeauftragten in den Verwaltungen das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung angesprochen. Wenn Sie den Antrag genau gelesen hätten, dann hätten Sie gesehen, dass es unter Nr. 2 ausdrücklich um die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen im kommunalen Bereich geht. Das steht in der Überschrift. Die Unterpunkte beziehen sich natürlich auf die Beteiligung im kommunalen Bereich. Ein Landesamt gehört nicht zum kommunalen Bereich, Herr Riese. Lesen Sie also bitte den Antrag sorgfältig, bevor Sie solche Behauptungen aufstellen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der SPD: Das kann er doch nicht!)

Des Weiteren haben Sie hier völlig dagegen polemisiert, dass wir uns für eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Kindertagesstätten einsetzen. Ich will Ihnen eines sagen: Das Land hat natürlich die Möglichkeit, Rahmenbedingungen für Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen zu schaffen und Empfehlungen an sie zu geben. Sie haben hier so getan, als würden die Kindertagesstätten mit ihren Leitbildern völlig im rechtsfreien Raum operieren und völlig autonom darüber entscheiden. Natürlich kann das Land darauf hinwirken, dass bestimmte Dinge in diesem Leitbild integriert sind. Genau das haben wir gefordert. Sie haben kein inhaltliches Argument genannt, das eine ablehnende Haltung begründet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Was die Soll- oder Mussvorschrift in § 22 e NGO angeht, Herr Riese, so haben Sie die Regierungsmehrheit. Wenn Ihnen eine Mussvorschrift wichtig ist, dann machen Sie doch eine! Wir wollen, dass man zumindest nicht hinter die bestehende Rechtslage zurückfällt, was bei Ihrer Landesregierung offensichtlich zu befürchten ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Riese, wollen Sie erwidern? - Bitte!

Sie haben so schnell geredet, dass man fast nicht zuhören konnte. Aber wenn Sie so alt werden wie ich, dann lernen Sie vielleicht auch das langsamere Sprechen. Auch ich habe lange daran gearbeitet. Es gelingt mir auch noch nicht immer.

Meine Damen und Herren, ich habe schon vorgetragen, dass einige Forderungen in dem Antrag redundant sind, sich also inhaltlich wiederholen. Manches ist auch etwas ungenau formuliert. So steht tatsächlich „in jeder Verwaltung“ darin. Es ist richtig, im Obersatz ist von kommunaler Verwaltung die Rede.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie müs- sen alle Sätze lesen!)

Aber es können uns auch kommunale Fachverwaltungen einfallen, in denen das ebenso absurd ist wie in der von mir genannten. Schreiben Sie das

nächste Mal doch „in jeder Kommune“; dann wird das alles schon sehr viel verständlicher.

Eindeutig ist, dass Sie - wie immer - nichts zu dem Umfang Ihrer Forderungen ausgeführt haben, also dazu, wie viele Stellen eingerichtet werden sollen und wer die Kindermoderatorinnen und -moderatoren am Ende bezahlen soll. Dazu möchte ich etwas hören. Vielleicht haben Sie dafür noch Ideen.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, wir haben eine Kurzintervention und die Erwiderung dazu gehabt. Jetzt kommt die Wortmeldung von Frau Vockert von der CDU-Fraktion dran. Bitte!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Jetzt wollen wir einmal sehen, ob das auch auf diesem Niveau ist! - Gegenruf von Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Das glaube ich nicht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn hier dargestellt worden ist, was uns alles trennt - der Antrag insbesondere -, so glaube ich doch, dass ich zumindest sagen kann, dass wir uns von der CDU-Fraktion mit der FDP-Fraktion, mit der SPD-Fraktion und mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Punkt einig sein sollten, wie wir es vor zehn Jahren hier im Niedersächsischen Landtag schon einmal dokumentiert haben, als wir hier nämlich gemeinsam gesagt haben: Unser Ziel ist es, nicht nur Politik für Kinder und Jugendliche zu machen, sondern mit Kindern und Jugendlichen. Wir waren uns damals darin einig. Ich glaube, Herr Klein, wir sind uns da immer noch einig. Ich versuche, zunächst einmal das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen. Das halte ich für wichtig. Ich glaube, es darf nicht so sehr das Trennende betont werden, wie es vielleicht bei der Beratung rübergekommen ist.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Vor zehn Jahren war die FDP nicht im Landtag! - Gegenruf von Roland Rie- se [FDP]: In zehn Jahren ist die SPD nicht mehr drin!)

Ich glaube, es ist wichtig, noch einmal darzustellen, dass wir damals gesagt haben: Es ist notwendig, unsere Kommunen dafür zu sensibilisieren und Anreize für sie zu schaffen, dass sie Projekte

für Kinder und Jugendliche aufbauen. Das haben Sie ja eben auch bestätigt.

Nun kann man sich, Frau Kollegin Staudte, darüber streiten, ob man sagt: Wir haben den Eindruck, Sie gängeln die Kommunen. - Das hatte ich in meiner Einbringungsrede gesagt, weil ich der Meinung bin, es bringt recht wenig, wenn Sie in dem Moment mit dirigistischen Maßnahmen, mit Zwangsmaßnahmen, mit „Sie kriegen kein Geld mehr, wenn - - -“ arbeiten. Hier ist es viel sinnvoller, tatsächlich auf die Erkenntnisprozesse der Kommunalpolitiker - diese haben das übrigens in den vergangenen zehn Jahren fantastisch umgesetzt - und darauf zu setzen, dass sich das weiterentwickelt.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür nennen, wie es sich weiterentwickelt hat. In meiner Gemeinde in Schiffdorf hatten wir vor 10 oder 15 Jahren noch keinen Jugendpfleger. Inzwischen haben wir einen Jugendpfleger. Aber damit allein ist die Jugendarbeit nicht getan. Damit allein ist keine Kinder- und Jugendbeteiligung gegeben. Deswegen ist die Benennung eines Kinderbeauftragten - Herr Kollege Riese hat das ja eben exzellent abgearbeitet - wirklich völliger Blödsinn; denn in dem Moment, in dem man jemanden einstellt, gibt man die Verantwortung ab nach dem Motto „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan“. Alle, aber auch wirklich alle sind gefordert, sich dafür einzusetzen, dass Kinder und Jugendliche beteiligt werden.

In der Gemeinde Schiffdorf gibt es z. B. einen „Tag der Jugend“. Das läuft momentan exzellent. Warum sage ich jetzt „momentan“? - Weil die Jugendlichen momentan bereit sind, sich auf dieses Projekt einzulassen. Wer weiß, wie das im nächsten oder im übernächsten Jahr aussieht. Wir als verantwortliche Landespolitiker müssen wissen, wie sich die Beschlüsse, die wir hier fassen, auf kommunaler Ebene auswirken. Deshalb haben wir hier Gott sei Dank noch einige Kommunalpolitiker. Diese Kommunalpolitiker müssen sich damit Jahr für Jahr immer wieder neu auseinandersetzen. Ich finde das toll. Auch beim Kollegen Försterling ist so etwas umgesetzt worden. Bei ihm werden Kinder und Jugendliche z. B. beim Planen von Spielplätzen und anderen Dingen mit einbezogen. Das ist nicht überall so, aber auch eine tolle Idee. Momentan sind die Kinder und Jugendlichen dafür offen. Das ist ein ganz wichtiges Thema.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Momentan! Was bringen diese Jugendlichen? - Sie sind nicht statisch nach dem Motto „Ich richte ein

mal ein Jugendparlament ein“ - wie es jetzt z. B. in Wolfenbüttel vorgesehen ist -, „Ich mache einmal einen ‚Tag der Jugend’“ und „Ich mache einmal einen Kindergipfel“, den wir im nächsten oder im übernächsten Monat auch im Landtag veranstalten. Wir müssen uns vielmehr immer wieder neu auf die Jugendlichen einstellen, die sich ja auch immer wieder neu darzustellen wissen.

(Beifall bei der CDU)

Insofern ist es wichtig, dass wir unseren Kommunalpolitikern Möglichkeiten aufzeigen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Es ist von Herrn Kollegen Riese gerade dargestellt worden, dass dies immer wieder geschieht, und zwar auch in Verbindung mit dem Landesjugendring. Was wird nicht alles auf der Ebene des Kreisjungendringes gemeinsam mit verantwortlichen Kommunalpolitikern initiiert!

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Das heißt, die Vereine und Verbände sind ebenso wie die Jugendringe mit eingebunden. Ich finde das einfach fantastisch.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb meine ich, Frau Kollegin Staudte, dass wir uns in der Zielsetzung einig sind. Wir haben unterschiedliche Ansätze und verschiedene Wege. Sie wollen ein bisschen mehr Druck von oben. Wir sagen, dass wir das nicht brauchen und dass das der falsche Weg ist. Nicht Misstrauen, sondern Vertrauen und Zutrauen sind hier erforderlich. Wir geben unseren verantwortlichen Kommunalpolitikern Zutrauen und Vertrauen in deren Kinder- und Jugendfreundlichkeit.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Wir wissen doch alle, dass es eindeutig eine Bereicherung ist, Kinder und Jugendliche mit einzubinden. Wir wissen doch alle, dass das ohne sie nicht geht. Insofern meine ich, dass wir auch bei den Schulen unheimlich gute Ansätze haben. Ich nenne hier das Stichwort „Eigenverantwortliche Schule“ und den Kinderbereich in den Schulen und den Jugendbereich. Insofern gibt es hier unheimlich viele tolle Ideen.

Auch die Niedersächsische Landesregierung gibt immer wieder Anschübe. Herr Kollege Klein, ich nehme Sie in dem Punkt wirklich ernst. Ich fand Ihren Beitrag auch gut, bis auf den Schlusssatz, in dem Sie sagten, dass Sie dem Antrag der Grünen zustimmen. Ansonsten war Ihr Beitrag inhaltlich wirklich exzellent. Sie haben gesagt, Sie wollen

mehr. Diese Landesregierung setzt doch wieder ein Plus obendrauf, indem sie z. B. gerade vor Kurzem 74 Initiativen aus allen Regionen Niedersachsens für den Preis „Kinder haben Rechte“ ausgezeichnet hat. Das ist auch etwas, was viele nicht wissen. Manchmal denke ich dann immer, dass solche Anträge vielleicht deshalb gestellt werden, weil Sie sich mit der Materie nicht so sehr im Detail und nicht so sehr in der Tiefe auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei der LINKEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist eine Un- terstellung!)

- Herr Kollege Limburg, das mag eine Unterstellung sein. Beweisen Sie es in dem Moment durch andere Anträge! - Dies ist jedenfalls eine Aktion des Kinderschutzbundes Niedersachsen und des Landes.

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Sehr überheblich! - Glocke des Präsi- denten)

Es sind einfach tolle Projekte umgesetzt worden.

Lassen Sie mich nur ein letztes Beispiel anführen - dann komme ich auch zum Schluss, Herr Präsident -: In Braunschweig sind im Rahmen eines Projekts Kinder mit Politikerinnen und Politikern zusammengekommen, um z. B. die Frage zu beantworten, was es in unserer heutigen Zeit bedeutet, Kind zu sein, und wie es sich als Kind in Braunschweig lebt.

(Glocke des Präsidenten)

Hier wird so viel umgesetzt. Wir brauchen diesbezüglich wirklich keine Hinweise durch den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich kann zu dem Antrag nur sagen: Frau Staudte, wir sind wesentlich weiter. Insofern brauchen wir Ihren Antrag nicht, weil er tatsächlich deckelt.

Frau Kollegin, letzter Satz!

Ich war doch schon fertig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche zu Kurzinterventionen, zum einen von Frau Staud

te und zum anderen von Herrn Klein. Frau Staudte, zunächst Sie!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vockert, es ist schön, dass Sie auch Gemeinsamkeiten betonen. Sie verweisen hier allerdings auf einen gemeinsamen Beschluss des Landtages, der letztendlich dadurch revidiert worden ist, dass die Kampagne „Niedersachsen - Ein Land für Kinder“ wieder eingestellt worden ist. Insofern kann man nicht sagen, dass wir hier noch auf einem gemeinsamen Forderungsniveau sind.

Es nützt auch nichts, dass Sie eine Reihe von einzelnen Projekten erwähnen, die es gibt und die auch wirklich ganz toll sind - darin gebe ich Ihnen recht -, wenn das Hauptproblem darin besteht, dass es keine flächendeckende Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gibt, und das Land sich nicht dafür einsetzt, dass das realisiert wird.