Protokoll der Sitzung vom 16.03.2010

Straftaten verabredet und vorbereitet werden. Die Ermittlungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ebenso wie in den anderen Fällen hatten gezeigt, dass islamische Vereine und Moscheen als Anlaufstellen, Treffpunkte oder Logistikzentralen für islamistische Personen eine erhebliche Rolle spielten. Das sind Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann. Dies war etwa auch bei den kürzlich verurteilen Verdächtigen der SauerlandGruppe der Fall. Diese Orte mussten daher gezielt in den Blick genommen werden.

Ein Baustein im Maßnahmenkonzept der Polizei zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus waren daher nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auch offene Personenkontrollen im öffentlichen Raum vor islamischen Vereinen und Moscheen.

Vor dem Hintergrund der Fakten, die ich Ihnen gerade dargestellt habe und die man noch einmal in Erinnerung rufen muss, waren diese Kontrollen insofern klar anlassbezogen und auch begründet. Von daher ist gerade bei der Abwägung, ob die Anwendung verfassungskonform war oder nicht, in dem Fall die entscheidende Frage, ob es ganz konkrete Anlässe dafür gegeben hat. Diese habe ich Ihnen gerade geschildert.

Die Erkenntnisse der niedersächsischen Sicherheitsbehörden haben sich in den letzten Jahren im Vergleich zu der Zeit unmittelbar nach dem 11. September 2001 insgesamt deutlich verbessert. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Praxis der offenen Personenkontrollen, die im Laufe der Zeit immer zielgerichteter durchgeführt werden konnten. Das Umfeld von Moscheen und anderen religiösen Stätten blieb dabei weiter von Interesse, rückte im Vergleich zu anderen relevanten Orten aber eher in den Hintergrund.

Von Anfang an bestand aber auch das Ziel, zwischen Polizei und islamischen Einrichtungen, Vereinen und Verbänden ein Vertrauensverhältnis auf- und auszubauen und die Kommunikation zwischen den Akteuren zu verbessern. Die niedersächsischen Polizeibehörden führen deshalb seit Jahren einen regelmäßigen Dialog mit den unterschiedlichen Ansprechpartnern und pflegen die Kontakte vor Ort.

Ein weiteres Beispiel ist die Veranstaltung „Vertrauensbildende Maßnahmen - Dialog zwischen muslimischen Organisationen und der Polizei Niedersachsen“, die das Landeskriminalamt am 16. Januar dieses Jahres mit Vertretern islamischer Verbände und Vereine sowie polizeilichen

Ansprechpartnern durchgeführt hat und an der fast 200 Personen teilgenommen haben.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Das haben Sie schon beim letzten Mal erzählt! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Recycelt!)

Meine Damen und Herren, ich meine, wir haben hier bereits beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Damit dies so bleibt und weiter verbessert wird, werden wir den Dialog auf allen Ebenen fortsetzen.

Herr Briese, Sie haben dargelegt, ich hätte die Unwahrheit gesagt. Ich kann Ihnen nur sagen - dies habe ich bei den letzten Plenardebatten genauso dargelegt -, dass ich aus einer Zeitungsnachricht zitiert habe.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Falsch zitiert!)

Ich hatte überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, weil ich dies im persönlichen Gespräch genauso gesehen habe.

Die Personenkontrollen im Umfeld von Moscheen und islamischen Gebetsstätten haben wir vor diesem Hintergrund zielorientiert ausgerichtet. Kontrollen nach § 12 Abs. 6 Nds. SOG werden jetzt nur noch in besonders begründeten Einzelfällen durchgeführt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte über Verbindungen zu islamistisch-terroristischen Strukturen gegeben sind. Nur dann, wenn ein Lagebild eindeutig, spezifisch und differenziert erwarten lässt, dass sich durch Personenkontrollen im Umfeld von Moscheen und islamischen Gebetsstätten weitere unverzichtbare Erkenntnisse über islamistisch-terroristische Strukturen und Netzwerke gewinnen lassen, werden solche Kontrollen durchgeführt werden. Selbstverständlich müssen die Kontrollen dann so durchgeführt werden, dass sie nicht zu übermäßigen Grundrechtseingriffen führen und insbesondere durch eine begrenzte und sensible Ausgestaltung die Religionsfreiheit nicht verletzen.

Meine Damen und Herren, es gibt daher keine Veranlassung, die geltende Regelung des § 12 Abs. 6 Nds. SOG zu ändern.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Doch!)

Herr Bachmann, meine Damen und Herren, wir haben das doch 2001 erlebt. Damals haben Sie noch die Verantwortung getragen, und mein Vorgänger, Herr Bartling, war im Amt. Es war notwendig, ganz schnell Gesetze zu ändern, um sehr schnell Erkenntnisse zu erzielen. Es ging z. B. um die Rasterfahndung. Wir haben das mitgemacht.

Das ist innerhalb von vier bis sechs Wochen durchgeführt worden.

Aber, meine Damen und Herren, es kann doch nicht die Vorgehensweise des Gesetzgebers sein, immer erst dann, wenn etwas passiert ist, zu reagieren. Vielmehr brauchen wir ein SOG, mit dem wir sofort handeln können, wenn es notwendig ist. Insofern ist die Grundlage, die wir hier haben, völlig korrekt.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Was reden Sie jetzt? Der Gesetzentwurf ist hilfreich!)

Meine Damen und Herren, wir werden sie so anwenden, dass sie anlassbezogen und insofern auch rechtskonform ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung ab. Die auf die Ablehnung des gesamten Gesetzentwurfs lautende Beschlussempfehlung ist die weitestgehende Empfehlung. Wir stimmen daher zunächst über diese ab. Nur falls diese Beschlussempfehlung abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über die Änderungsanträge ab. Sollte einer der Änderungsanträge angenommen werden, müssten wir, da er sich nur auf Artikel 1 des Gesetzentwurfs bezieht, anschließend noch einzeln über die Artikel 2 und 3 des Gesetzentwurfs abstimmen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1646 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen gab es nicht. Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen dann zur Abstimmung über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die in die Beratung einbezogene Eingabe 01071 für erledigt erklären möchte, den bitte ich ebenfalls um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Auch das ist mehrheitlich so beschlossen.

Meine Damen und Herren, damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung: Angemessene Würdigung des 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung in Niedersachsen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2068 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/2266 - Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2337

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE hat die Annahme des Antrages in einer geänderten Fassung zum Ziel.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Als Erster hat sich Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Aussprache knüpft an die Debatte vom 21. Januar 2010 an, wobei ich anmerken möchte, dass das stenografische Protokoll über die damalige Debatte einige Resonanz bei Bürgerinnen und Bürgern, die in der Gedenkstättenarbeit aktiv sind, gefunden hat. Uns und auch mich persönlich hat das sehr gefreut. Die Debatte vom Januar dieses Jahres wird heute also fortgesetzt.

Ich möchte mich darauf beschränken, unseren Änderungsantrag zu unserem damaligen Antrag kurz zu begründen. Dieser Änderungsantrag ist der Versuch, die damalige Debatte aufzunehmen. Bei diesem Versuch konnte relativ wenig von dem damaligen ziemlich geschichtslosen faktischen Nichtbeitrag von Herrn Försterling - er hat inhaltlich zu dem Antrag fast nichts gesagt; es war ja auch ein relativ kurzer Beitrag, wie Herr Försterling bestätigen kann - aufgenommen werden.

Zweitens haben wir uns bemüht, in unserem Änderungsantrag einige Aspekte sowohl aus der Rede von Frau Hartmann als auch aus der Rede von Frau Korter aufzunehmen, obwohl beide meines Erachtens relativ weit weg vom Thema argumentierten. Die eine Änderung betrifft nicht den Antrag, sondern die Begründung, die insbesondere bei

Frau Hartmann in ausführlicher Weise eine Rolle gespielt hat. Die Begründung, die gar nichts mit dem 8. Mai zu tun hatte, beinhaltete einen Bezug, den wir, Frau Hartmann und Frau Korter, dadurch zu berücksichtigen versucht haben, dass wir das Habermas-Zitat angeführt haben. Wir hoffen, dass Ihnen das entgegenkommt.

Die anderen Änderungen, die wir Ihnen mit dem vorliegenden Änderungsantrag vorschlagen, beziehen sich auf Punkte, bei denen wir auf die Rede von Frau Seeler von der SPD eingehen. Diese Rede wurde nicht nur von unserer Fraktion, sondern auch von Außenstehenden als außerordentlich wohltuend, abwägend und kritisch empfunden, wie die Rückmeldungen ergaben.

Die Frage, welches die Hauptursache des Faschismus war, haben wir nach der Redeintervention von Frau Seeler schlicht und ergreifend ausgeklammert. Man kann darüber ja weiter forschen und auch streiten.

Wir haben den Hinweis auf die Einbeziehung der Kerncurricula für das Fach Geschichte berücksichtigt. Wir haben auch die Forderung nach Wiedereinsetzung der Landeszentrale für politische Bildung berücksichtigt. Schließlich haben wir die Formulierung „das zentrale Datum“ durch die Formulierung „ein zentrales Datum“ ersetzt.

Wir hatten nun eigentlich die Hoffnung auf eine breite Zustimmung auch von CDU und FDP; denn wir haben, wie gesagt, versucht, alle Hinweise aufzunehmen. Wenn von uns ein Antrag kommt, wissen wir aber natürlich, dass CDU und FDP noch nicht einmal dann zustimmen können, wenn der Antrag schlicht und ergreifend lauten würde: 1945 war der Krieg zu Ende. - Eine Zustimmung von Ihnen zu einem solchen Antrag wäre, wie wir wissen, unmöglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Das führt leider zu der Situation, dass es am 8. Mai eine Reihe von Feiern und Gedenkveranstaltungen vom Atlantik bis hinter Moskau geben wird, dass es zwischen Ems und Elbe aber Schweigen und zusammengepresste Lippen geben wird. Ich finde das beschämend.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Die nächste Wortmeldung ist die von Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE steht heute in veränderter Form zur Abstimmung. Die im JanuarPlenum diskutierte Fassung ist in einigen Punkten überarbeitet worden. Das wurde hier eben vorgetragen. Wir können die Zielsetzung nachvollziehen und unterstützen die Forderung, den 8. Mai als bedeutendes historisches Datum angemessen zu würdigen, z. B. in einer Feierstunde im Niedersächsischen Landtag.

Es bleiben bei uns aber begründete Zweifel, ob eine so verkürzte Darstellung, wie sie der vorliegende Antrag der Linken zur angemessenen Würdigung des 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung beinhaltet, der Bedeutung dieses Datums wirklich gerecht wird. Lassen Sie mich das kurz erläutern. Zu Beginn des Antrags heißt es:

„Der Niedersächsische Landtag stellt fest, dass vor allen anderen bedeutsamen Ereignissen des letzten Jahrhunderts für den weiteren Verlauf der Geschichte Deutschlands und Niedersachsens der 8. Mai 1945 ein zentrales Datum ist. An diesem Tag wurde unser Land von Faschismus und Krieg befreit.“