Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Hocker. - Nun folgt eine Kurzintervention auf Ihren Beitrag durch Herrn Kollegen Herzog von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort für anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Herr Dr. Hocker, es ist wirklich schade, dass Sie sich damit so wenig auseinandersetzen. Schauen Sie sich beispielsweise das Institut IfaS genauer an. Ich hatte die Gelegenheit, vor zwei Jahren bei den sogenannten Biogastagen in Lüchow-Dannenberg einen Vortrag von Herrn Professor Dr. Heck zu hören. Dadurch bin ich ja erst darauf gekommen. Der Vortrag war so beeindruckend, weil er genau nicht das macht, was Sie krampfhaft konstruieren wollen. Natürlich muss man der Linken unterstellen, sie wolle immer nur Formalitäten und die Leute in Korsetts zwingen. Das alles ist Unsinn. Das ist ein Angebot, bei dem es, weil es auch auf guter Information basiert, dazu kommt, dass gerade die, die wir beide nach vorn bringen wollen, nämlich mittelständische Unternehmen, davon profitieren, dass sie die Möglichkeit haben, ihre Stoffströme - vielfach Abfälle, die sie teuer entsorgen müssen - in den Prozess einzubringen. Bisher wissen sie nicht genau, wo. Dafür gibt es dann Ansprechpartner. Gerade in Rheinland-Pfalz gibt es viele Landkreise, die das schon praktizieren. Es wird nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Sogar in meiner Region stelle ich fest, dass es vielfach Einzelkämpfer sind.

Aber es geht nicht in das große Bewusstsein ein, sodass die Leute sagen würden: Betrieb A kann Betrieb B beliefern und umgekehrt. Diese Dinge funktionieren im Einzelfall, weil jemand plietsch ist, aber in der Regel funktionieren sie eben nicht. Hier geht es nicht um das Draufsatteln großer formalistischer Monstren, sondern es geht um ein Angebot. Das muss untermauert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Hocker möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten Zeit. Bitte schön!

Lieber Herr Herzog, wenn es Reststoffe gibt, dann kann ich Ihnen sagen, dass Unternehmen so - wie Sie sagen - plietsch sind, dass sie aus ihrem ureigenen Interesse heraus nach jemandem suchen, dem sie die veräußern und verkaufen können. Ich bleibe dabei: Ich glaube, dass der Ansatz, den Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, zentralistisch ist und darauf setzt, was die Kommune macht.

Ich sage Ihnen: Wenn es Reststoffe gibt, die man zu Geld machen kann, dann sind die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land schlau genug, einen entsprechenden Abnehmer zu finden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Unter- stützen Sie doch die kleinen Unter- nehmen!)

Nun spricht für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch. Bitte!

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, Ihr Antrag zum Klimaschutz ist sicherlich eine Diskussionsgrundlage für die Arbeit des Umweltausschusses. Allerdings hat er aus unserer Sicht erhebliche Mängel, greift in bestimmten Bereichen viel zu kurz und ist aus unserer Sicht zu kleinteilig. Er drückt somit nicht aus, was wir meinen.

Selbstverständlich liegt aber auch meiner Fraktion daran, zeitgemäße Anpassungen bei effizienter Verwendung von Ressourcen und Energieeinsatz zu gewährleisten. Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der FDP, gerade in schwierigen Zeiten braucht der Mittelstand Hilfe und Unterstützung dabei, seine Produkte und Produktionslinien zu optimieren und den Einsatz wertvoller Rohstoffe und die Verwendung von Energie unter maximaler Ausnutzung zu führen. Das ist gut für den Klimaschutz, für den Umweltschutz und für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Produzenten.

Aber es gibt auch noch andere Gründe, die eine Neujustierung der Kreislaufwirtschaft notwendig erscheinen lassen. Kolleginnen und Kollegen, ge

rade beginnt das verantwortungslose Spiel der Spekulanten wieder, die an den Finanzmärkten die Rohstoff- und Energiepreise nach oben treiben. Unsere Unternehmer und Bürger sind diesem Treiben hilflos ausgeliefert. Schon aus diesen Gründen ist es wichtig, alle Prozesse so zu optimieren, dass man mit möglichst wenig Zukäufen auskommen kann. Die stetige Verbesserung der Effizienz führt häufig auch zu neuen innovativen Produkten und Verfahren, die Deutschland dann weltweit verkaufen könnte.

Während es für die großen Betriebe und für die Industriebetriebe zum Alltag gehört, Prozesse zu optimieren, haben kleine und mittlere Unternehmen diese Möglichkeit oft nicht. Sie brauchen Hilfe und Beratung. Hier wäre es gut, wir hätten noch die Niedersächsische Energieagentur, die Sie natürlich abgeschafft haben.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Leider hat die Landesregierung wenig Sinn für all diese Überlegungen. Es ist schon verwunderlich, dass gerade die beiden FDP-Minister dieser Landesregierung eigentlich rückwärtsgewandt industrie- und wirtschaftsfeindlich sind; denn mit der Abschaffung des Ökofonds und der kürzlich erfolgten Streichung der einzelbetrieblichen Förderung hat sie gerade den Innovationstreibern in unseren Unternehmen einen schweren Schaden zugefügt. Diese Landesregierung merkt gar nicht, wie wichtig es wäre, gerade aus Wettbewerbsgründen den Unternehmen bei der Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion zu helfen. Sie verhindert mit ihrer selbst von den Unternehmerverbänden kritisierten Streichung der Förderung, dass hier in Niedersachsen wertvolle neue und hochwertige Arbeitsplätze entstehen.

Auch das von uns seit Langem eingeforderte Klimaschutzprogramm der Landesregierung lässt weiterhin auf sich warten. Hieraus könnten sinnvolle Leitfäden zur Umsetzung moderner Stoffstrommanagementsysteme abgeleitet werden.

Im Übrigen ist das europäische System EMAS für kleine und mittlere Betriebe häufig nicht anwendbar, und wir bräuchten da umsetzbare Konzepte. Aber das ist mit Ihnen als Landesregierung von CDU und FDP ja nicht zu machen. Selbst ein Energiekonzept verweigern Sie. Außer dass Sie für die Verlängerung der Laufzeiten eintreten, gibt es bei Ihnen nicht einmal ein Grobkonzept für all diese Fragen. Die Umweltwirtschaft in Niedersachsen als Innovationstreiber zu begreifen, wäre ebenso

notwendig. Aber selbst da halten sich MU und MW vornehm zurück. Hier sehen wir den eigentlichen Nachholbedarf.

Die Kommunen mit weiteren Aufgaben zu belasten, wie es der Antrag fordert, halten wir nicht für zielführend. Wer etwas für den Klimaschutz und die Arbeitsplätze tun will, der muss sich mit Stoffströmen beschäftigen. Auch beim Recycling könnten wir nachjustieren. Kolleginnen und Kollegen, wertvolle Rohstoffe finden sich z. B. in all unseren elektronischen Geräten und in unseren gebrauchten Handys, in denen seltene und oft sehr teure Rohstoffe verwendet worden sind, die man nicht substituieren und auf örtlicher Ebene einsetzen kann, wie Herr Herzog meinte. Die Herkunft dieser Rohstoffe ist teilweise sehr umstritten. Bei Rohstoffen z. B. aus dem Kongo würde ich persönlich mir sehr wünschen, dass die Landesregierung eine Initiative startet, um zu verhindern, dass Produkte mit Rohstoffen aus Kriegsgebieten in Deutschland verkauft werden. Aber selbst die Thematik Rohstoffsicherung ist kein Thema für diese Landesregierung.

Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns auch bereits heute mit dem Recycling von Solarzellen beschäftigen; denn ihre Inhaltsstoffe sind nicht unproblematisch. Beispielsweise Cadmiumtellurid stellt sicherlich ein großes Problem dar, wenn man es recyceln muss. Also muss man heute schon Verfahren dafür entwickeln.

Auch bei der Abwasserbehandlung müssen wir umsteuern. Immer mehr Einträge z. B. aus hochpotenten Medikamenten und Desinfektionsmitteln werden auf die Dauer zu einer Gefahr für Menschen und Umwelt.

All diese Fragen haben uns lange nicht beschäftigt. Es wird Zeit, dass wir sie wieder zu einem Schwerpunkt machen. Stoffstrommanagement und Klimaschutz gehören jedenfalls zu komplexen Systemen, die eindeutig mehr Aufmerksamkeit verdienen. Ich freue mich auf unsere Ausschussberatungen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Emmerich-Kopatsch. - Nun hat für die CDU-Fraktion Herr Miesner das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Herzog, wenn man hört, was Sie alles so vorhaben - ich denke, Sie haben mit Ihrer „Gruppe X“ die Mehrheit im Kreistag. Sie können doch Ihren kleinen Landkreis zu einer Modellregion für Niedersachsen weiterentwickeln. Sie haben dort die Mehrheit. Sie können alles entwickeln. Stattdessen hören wir immer nur: Wir wollen nichts. Wir machen nichts. Wir tun nichts.

Wir waren vor ein paar Wochen mit unserem Arbeitskreis mitten im Landkreis. Ich kann nur sagen: Krempeln Sie die Ärmel hoch, und packen Sie erst einmal dort an! Entwickeln Sie Ihren Landkreis weiter, bevor Sie hier etwas einbringen! Machen Sie erst einmal zu Hause weiter! Dann laufen die Leute auch nicht weg und suchen woanders Arbeit.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das war ja sehr ni- veauvoll!)

- Ja, so ist das doch!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: An- spruchsvolle Argumente!)

Kommen wir zum Thema. Ihr Antrag, Herr Herzog, ist wieder einmal ein typischer Oppositionsantrag. Er ist ein echter Pausenfüller. Er ist ein Bürokratiemonster. Er ist ein Abfallmonster. Er ist gar nichts.

(Kurt Herzog [LINKE]: Und das müs- sen Sie alles ablesen?)

Herr Herzog, Ihr Antrag ist rein gar nichts. Ihr Antrag ist überflüssig wie ein Kropf.

Wenn man die Forderungen in Ihrem Antrag einmal damit vergleicht, wie die Abfallwirtschaft heute schon am Markt aufgestellt ist, dann stellt man fest, dass vieles von dem in der Abfallwirtschaft bereits umgesetzt wird. Da können wir Ihnen viele Beispiele nennen.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Antrag zeigt, dass Sie nur in zentralistischen Politikansätzen denken und handeln und der kommunalen Selbstverwaltung überhaupt kein Vertrauen schenken. Nebenbei bemerkt: Sie waren in Rheinland-Pfalz unterwegs. Um es genau zu sagen: Sie waren bei der Fachhochschule in Trier. Sie können meinetwegen fahren, wohin Sie wollen - aber Sie sollten sich auch in Niedersachsen aus

kennen. Das können wir ja wohl von Ihnen verlangen.

Wir haben in Niedersachsen, Herr Herzog - genau: in Suderburg -, ein Institut für Angewandte Abfallwirtschaft und Stoffstrommanagement. Wie Sie sehen, ist dieses Thema schon lange in Niedersachsen zu Hause, und wir sind mit einer entsprechenden Kompetenz auch deutschlandweit vertreten.

Unsere Landesregierung, Herr Herzog, ist auf einem guten Weg, wenn es darum geht, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Ich will konkrete Maßnahmen und Projekte stichwortartig vorstellen: Wir unterstützen die Kommunen bei der energetischen Verbesserung ihrer eigenen Gebäude und unterstützen die Gemeinden, Städte und Landkreise bei der Verbesserung der Energieeffizienzmaßnahmen in den kommunalen Gebäuden. Wir unterstützen die Kommunen mit entsprechenden Förderungen auch bei der Ausstattung und Umrüstung der Straßenbeleuchtung mit der neuen LEDTechnik. Außerdem begleiten wir die Kommunen im Wettbewerb „Klima kommunal 2010“, in dem es auch darum geht, Klimaschutzkonzepte in den Kommunen zu entwickeln und umzusetzen - ich hoffe, Herr Herzog, auch in Lüchow-Dannenberg. Gemeinsam mit den Unternehmerverbänden fördert das Land das sogenannte Transferzentrum Energieeffizienz, bei dem es um praktische Ansätze für die Verbesserung der Energieeffizienz in den Unternehmen geht. Dort tauschen sich die Unternehmer aus nach dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“. Last, but not least, verweise ich auf umfangreiche Förderprogramme, die dazu dienen, Anreize für Energiesparmaßnahmen im Wohnungsbau zu schaffen. Bereits diese Maßnahmen zeigen doch auf, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.

Zusammengefasst kann man zu dem Antrag der Linkspartei eigentlich nur feststellen: Der Antrag ist fachlich falsch. Er ist sachlich falsch. Er ist ganz einfach überflüssig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Herr Wenzel, wenn ich Sie im Gespräch unterbrechen darf, dann haben Sie jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Immer gern, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Linken, der Antrag von Herrn Herzog, kommt vielleicht mit einem etwas spröden Titel daher, Herr Miesner. Es ist nicht so einfach zu transportieren, was mit dem Wort „Stoffstrommanagement“ gemeint ist.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ver- steht nicht jeder!)

Deswegen, glaube ich, man muss vielleicht ein wenig übersetzen, was dieser Ansatz bedeutet.

Wir haben in der Tat in Niedersachsen schon Beispiele, wo sich Kommunen auf den Weg gemacht und gesagt haben: Wir wollen einmal ganz praktisch durchdenken, was das heißt. Beispielsweise die Gemeinde Jühnde im Landkreis Göttingen ist solch ein Dorf, in dem 800 Einwohner gesagt haben: Wir machen jetzt ein Stoffstrommanagement, wie man es in 20, 30 oder 40 Jahren sinnvollerweise in der gesamten Bundesrepublik tun würde.