Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Zustimmung von David McAllister [CDU])

Meine Damen und Herren, die Einschätzung der Gewerkschaften, dass eine Kennzeichnungspflicht so, wie sie die Linke will, den Erfordernissen der Polizeipraxis nicht gerecht wird und dadurch alle Einsatzkräfte diskriminiert werden, teilen wir ebenso wie die Aussage der GdP, dass bei einer allgemeinen Kennzeichnungspflicht Polizisten unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Vorwürfe mit Ermittlungsverfahren überzogen werden können. Dies gilt, meine Damen und Herren, sowohl für

eine Kennzeichnung mit Namen als auch für eine Identifizierungsnummer.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in dem Bewusstsein, dass sich die bestehenden Regelungen, beispielsweise die Kennzeichnung von Einsatzhundertschaften, bewährt haben und völlig ausreichend sind und dass alle Einsätze im Alltagsgeschäft immer nachvollziehbar dokumentiert werden, sagen wir: Die in Niedersachsen per Erlass geregelte freiwillige Trageweise von Namensschildern ist vernünftig und deshalb nicht zu ändern. Unsere Polizei, die unter Einsatz ihres Lebens für einen größtmöglichen Schutz der Bürgerinnen und Bürger sorgt, hat unser vollstes Vertrauen. Wir lehnen Ihren Antrag ab!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es folgt eine Kurzintervention von Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ahlers, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie vor dem Hintergrund einer möglichen Gefährdung von Polizistinnen und Polizisten - es gibt da ja auch Frauen - eine Kennzeichnung der Polizisten nicht wollen - auch nicht mit einer Buchstaben-ZahlenKombination. Ich bitte Sie, mir einmal zu erklären, wie es denjenigen, die solche Drohungen ausstoßen, wie sie hier von Frau Modder zitiert worden sind, anhand einer Buchstaben-Zahlen-Kombination - die nicht bei jedem Einsatz die Gleiche sein muss, die von Einsatz zu Einsatz wechseln kann und deren Schlüssel nur der Polizei selbst bekannt ist - möglich sein soll, die Namen und Adressen der Polizisten aufzutreiben? Denn nur die Polizei selbst würde über eine entsprechende Aufstellung verfügen. Sie müssen mir einmal erklären, wie das funktionieren soll. Ich verstehe das einfach nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Was haben Sie denn für ein Interesse daran?)

Meine Damen und Herren, Herr Ahlers hat die Möglichkeit zu erwidern. - Ich sehe, er macht davon keinen Gebrauch.

Dann rufe ich die nächste Wortmeldung auf.

(Unruhe)

- Wir sind bald am Ende der Tagesordnung. Vielleicht können Sie etwas leiser sein, auch in den letzten Reihen.

Ich rufe Herrn Oetjen für die FDP-Fraktion auf.

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Innenausschuss haben wir eine sehr intensive Debatte geführt, die sich heute hier fortsetzt. Das zeigt, wie emotional besetzt dieses Thema ist.

Ich möchte mich im Wesentlichen den Ausführungen der Kollegin Modder und des Kollegen Ahlers anschließen. Wir sollten bei dem, was wir tun, sehr, sehr vorsichtig sein. Die Polizistinnen und Polizisten in Niedersachsen haben einen sehr schwierigen Job.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie Frau Zimmermann schon sagte!)

In diesem Job leisten sie eine sehr, sehr gute Arbeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Die Kollegin Modder hat aus meiner Sicht sehr richtig dargestellt, dass diese Frage der Kennzeichnungspflicht nicht im Alltag virulent wird, sondern in Extremsituationen, wenn geschlossene Einsätze gefahren werden und solche Einschüchterungen, wie sie die Kollegin Modder dargestellt hat, gegenüber den Polizisten stattfinden. Ich sage daher sehr deutlich: Gerade weil es sich um solche Extremsituationen handelt, die wir auch im Auge haben müssen, wenn wir unsere Entscheidung hier treffen, kann die Antwort eigentlich nur sein, dass eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten nicht der richtige Weg ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der FDP)

Der Kollege Briese hat hier dargestellt, dass sich die Gewerkschaften für eine Kennzeichnungspflicht ausgesprochen hätten. Das ist so. In der Anhörung zum Versammlungsrecht hat der DGB,

der in Mannstärke aufgeschlagen ist, gesagt, dass er sich das vorstellen könnte. Aber das Entscheidende ist doch: Die Betroffenen,

(Ralf Briese [GRÜNE]: Nein!)

diejenigen, die die Polizisten vertreten, die GdP, haben sehr eindeutig gesagt, dass eine Kennzeichnungspflicht für sie der falsche Weg ist, weil sich die Polizisten damit unter Generalverdacht gestellt fühlen. Selbst wenn es vielleicht nicht so gemeint ist, aber sie fühlen sich unter Generalverdacht gestellt.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Limburg?

Nein. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, gerade weil sich unsere Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst dann unter Generalverdacht gestellt fühlen würden, können wir dieser Kennzeichnungspflicht nicht zustimmen. Deswegen werden CDU, FDP und SPD in diesem Hause diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion hat sich der Kollege Bartling noch einmal zu Wort gemeldet. Er hat noch anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einen kleinen Beitrag zu der Diskussion leisten und begründen, warum wir meinen, dass wir uns mit der Ablehnung dieser Kennzeichnungspflicht hinter bzw. vor unsere Polizeibeamtinnen und -beamten stellen sollten.

Ich will Ihnen ein kurzes Beispiel schildern: Ich habe einmal in einer Fernsehsendung mit Herrn Ehmke diskutiert, der mir sagte, dass einmal in einem Korridor, der damals mit einem Demonstrationsverbot belegt war - es ist übrigens auch obergerichtlich bestätigt, dass dieses Demonstrationsverbot zu Recht bestand -, sogenannte fantasievolle Aktivitäten durchgeführt wurden. Ich habe ihm damals gesagt: Das sind für mich keine fantasievollen Aktivitäten, sondern das ist reiner Rechtsbruch, was da passiert. In dieser Situation sind

unsere Polizeibeamten aufgefordert, diesen Rechtsbruch zu bereinigen.

(Kurt Herzog [LINKE]: Nur innerhalb des Korridors, oder wie? - Miriam Staudte [GRÜNE]: Was hat das denn mit der Kennzeichnungspflicht zu tun?)

Das war damals innerhalb des Korridors, wo die sogenannten fantasievollen Aktivitäten stattfanden. Es kann nicht sein, dass sich unsere Polizeibeamten dafür rechtfertigen müssen, dass sie die Rechtslage bei etwas durchsetzen, was von den Demonstrierenden „fantasievolle Aktivitäten“ genannt wird. Es waren leider auch einige dabei, die sich heute für die Kennzeichnungspflicht aussprechen, meine Damen und Herren. Das ist einer der Gründe, warum wir dagegen sind. Wenn Sie dann von den handelnden Polizeibeamten geschildert bekommen, dass sie bespuckt und mit Mist beworfen werden, dann bitte ich ein bisschen um Verständnis dafür, dass wir nie Eindruck erwecken dürfen, diese Leute dort alleine zu lassen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention. Bitte schön, Herr Adler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bartling, ich versuche gerade, mich in diese Situation hineinzuversetzen, die Sie eben geschildert haben. Selbstverständlich verurteile auch ich das Verhalten, das in dieser Situation gegenüber der Polizei offenbar wurde.

Aber jetzt vergleichen Sie doch bitte einmal zwei Situationen: In der einen Situation tritt die Staatsmacht den Bürgerinnen und Bürger anonym gegenüber, weil man die einzelnen Polizeibeamten nicht unterscheiden kann. Im anderen Fall haben sie eine Nummer. In welcher der beiden Situationen ist der Staat souveräner, selbstsicherer und bürgerfreundlicher?

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Silva Seeler [SPD])

Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung und sehen uns morgen früh um 9 Uhr wieder.

Herr Bartling, möchten Sie erwidern? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich jetzt Herrn Innenminister Schünemann das Wort. Bitte!

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19.23 Uhr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben auch in geschlossenen Einsätzen eine Kennzeichnung bis zur Zuggröße, und wir haben in Niedersachsen - darauf ist zu Recht hingewiesen worden - überhaupt keine Problematik. Wenn eine Anzeige erstattet worden ist, konnten wir in Niedersachsen identifizieren. Ich habe mich danach erkundigt. Insofern haben wir überhaupt keinen Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren, gerade nach den Worten meines Vorgängers möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei der breiten Mehrheit hier im Haus dafür bedanken, dass sie an dieser Stelle ein klares Signal setzt. Wir haben eine Fürsorgepflicht für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in ganz besonderer Weise.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Zurufe: Nein!)

Nein. Irgendwann kann man - das finde ich zumindest - bei dieser Debatte auch zum Schluss kommen.