Protokoll der Sitzung vom 08.06.2010

Zweitens. Abgelehnt wird auch, dass künftig durch Gesetz weitere öffentliche Schulen in die Trägerschaft der Kirchen überführt werden, damit auf diese Weise die dreijährige Wartezeit entfällt. Kommunale Schulträger dürfen sich auf diese Weise nicht der Pflicht entziehen, das notwendige Schulangebot und die erforderlichen Schulanlagen vorzuhalten.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Von der Landesregierung verlangen wir, die Vorschriften zur Schulentwicklungsplanung so zu gestalten, dass die kommunalen Schulträger in der Lage sind, ihre Schulen im Sekundarbereich I flexibel neu zu ordnen, ohne auf die Hilfe privater Schulträger ausweichen zu müssen.

(Beifall bei der SPD - Glocke der Prä- sidentin)

Hintergrund: Wenn kirchliche Gesamtschulen in ihrer Zügigkeit Freiheiten genießen, die öffentliche Gesamtschulen nicht besitzen, dann ist das für die Gesamtstruktur des Schulwesens in höchstem Maße problematisch.

(Beifall bei der SPD)

Sie verstehen, damit ist insbesondere die Mindestgröße für die IGS gemeint, die wieder auf die bis 2008 geltenden Bestimmungen - mindestens vier- und im Ausnahmefall dreizügig - zurückzuführen sind.

(Beifall bei der SPD)

Gestatten Sie mir eine letzte Anmerkung. Mit diesen Ergänzungen wurde auch eine Chance vertan, nämlich die Chance, für einen in einigen Landesteilen zurzeit rechtswidrig gehandhabten Teil konkordatärer Vereinbarungen, nämlich den der Bekenntnisgrundschulen, neue und für die kommunalen Schulträger handhabbare Regelungen zu schaffen. Auch diese Regelungen mahnen wir an.

(Beifall bei der SPD - Glocke der Prä- sidentin)

Die einschlägigen von dieser Regierung geänderten Verordnungen zum Niedersächsischen Schulgesetz haben sich als untauglich erwiesen.

Ein letzter Satz als Zusammenfassung. Wir stehen zum Recht auf die Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft. Wir stehen zum Konkordat. Wir stehen auch zu seiner Weiterentwicklung. Wir fordern diese Landesregierung aber auf, wie andere Regierungen vor ihr stets die Balance im Auge zu haben, die nötig ist, um sowohl die Rechte aller Schulen in freier Trägerschaft als auch die des öffentlichen Schulwesens angemessen zu berücksichtigen. Das gesamte Schulwesen - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

Hier habe ich jetzt wirklich den Punkt gesehen, Herr Kollege Poppe; ich bitte um Nachsicht. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Schwarz das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Ich habe den Eindruck, Sie haben genau zum richtigen Zeitpunkt abgebrochen. Die letzten drei Sätze, die Herr Kollege Poppe geäußert hat, kann ich durchaus unterstreichen. Wenn man so zu diesen Dingen steht, ist das absolut in Ordnung. Herr Klare und auch Herr Poppe haben meiner Meinung nach sachdienliche Hinweise zu dem gesamten Vorgang gegeben, auch wenn man nicht alle Aussagen von Herrn Poppe in diesem Zusammenhang mittragen kann.

Der Landtag ist aufgerufen, seine Zustimmung zu Verträgen und Durchführungsvereinbarungen, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Niedersachsen geschlossen worden sind, per Gesetz zu geben. Wenn wir das nicht tun, sind alle bisher erarbeiteten Ergebnisse hinfällig.

Ich spreche zu diesem Thema nicht als bildungspolitischer Sprecher unserer Fraktion. Björn Försterling ist unser bildungspolitischer Sprecher. Ich spreche zu diesem Thema vor allem deshalb, weil der Standort Twistringen für mich seit 2004 in der Tat eine gewisse Bedeutung hat und wir bei diesem Thema sehr intensiv eingebunden sind. Der Landkreis Diepholz hatte damals ein sehr nachdrückliches Interesse, in Twistringen ein Gymnasium einzurichten. Das enorm hohe Schulgeld, das wir an den Landkreis Vechta im Südoldenburgischen zu zahlen hatten, hat uns in eine schwierige Situation gebracht. Deswegen haben wir es für gut und richtig befunden, in der Region Twistringen ein Gymnasium einzurichten. Schon damals bestand ein dringender Wunsch der Bevölkerung, hier auch die katholische Kirche insgesamt zu beteiligen. Es gab bekanntlich insgesamt drei Optionen für Konkordatsgymnasien. Die Option wurde aber nur im Falle Wolfsburg umgesetzt. Das war dann der Grund dafür, dass für Twistringen neue Möglichkeiten eröffnet wurden.

Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass faktisch kein Mehraufwand seitens des Landeshaushalts gegenüber einer Schule in öffentlicher Trägerschaft

vorgehalten werden muss. Ich halte das für einen ausgesprochen wichtigen Punkt.

Ich habe dem schriftlichen Bericht entnommen, dass es Kritik an dem gedrängten Beratungsverfahren gegeben haben soll. Herr Poppe hat dies eben gerade auch noch einmal geäußert. Das trifft aber eigentlich nicht den Kern der Sache. Wir haben uns seit 2004 mit diesem Thema beschäftigt. Herr Poppe, es war Ihr Kollege Michael Albers, der sich bereits damals sehr intensiv in die Diskussion eingebracht hat und die Möglichkeiten genutzt hat, sich an dem Verfahren insgesamt zu beteiligen. Es gab auch eine ganze Reihe von Presseartikeln. Deswegen ist es absurd, hier ein Beratungsbedrängnis zu formulieren.

Unter dem Strich, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleibt zu sagen, dass die Stadt Twistringen, der Landkreis Diepholz, vor allen Dingen die katholische Kirche und die Bürgerschaft vor Ort in einem äußerst langwierigen Verfahren eine Lösung vorlegen können, die vernünftig ist. Ich bin deswegen sehr zuversichtlich, weil ich mir in der Vergangenheit Schulen vor Ort habe anschauen und dabei habe feststellen können, dass wir bei unseren Konfessionsschulen und bei den freien Schulen eine besonders gute Qualität vorzuweisen haben. Insofern kann ich schlicht und einfach sagen, dass wir dieser Vorlage mit Überzeugung zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Frau Kollegin Reichwaldt das Wort.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich habe mich gemeldet!)

- Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen. Herr Jüttner hat zu einer Kurzintervention für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Poppe hatte zu einem Schlusssatz angesetzt, den er nicht mehr unterbringen konnte. Er lautet - - -

Das können Sie jetzt nicht vortragen. Sie müssen sich auf die Rede von Herrn Schwarz beziehen, Herr Jüttner.

Ich kenne mich hier doch aus.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Herr Schwarz hätte den Schlusssatz gern gehört!)

- Herr Schwarz hätte ihn gern gehört.

Herr Schwarz, das Entscheidende in Deutschland ist der Vorrang für das öffentliche Schulwesen. Einen Satz in Ihrer Rede fand ich vollständig falsch. Sie haben gesagt: Wenn es nicht mehr kostet, ist es in Ordnung; dann kann man es privat vergeben. Das ist der O-Ton. Genau darum geht es nicht.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir nehmen zur Kenntnis, dass es auch Schulen in privater Verantwortung gibt. Dem Motto „privat vor Staat“ folgen wir aber nicht, schon gar nicht im Bildungsbereich.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Deswegen ist die Argumentation von Ihnen vollständig falsch.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Schwarz möchte antworten. Auch er hat anderthalb Minuten Redezeit.

Herr Jüttner, ich hatte, als ich mich zu diesem Thema äußerte, schon die Befürchtung, dass Sie und Herr Kollege Poppe mir, weil Sie sich unterhalten haben, bei diesem Punkt nicht genau zugehört haben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Doch, ich habe ganz genau zugehört!)

Ich habe gesagt: Ich halte es durchaus für gut, dass es im Haushalt des Landes im Vergleich zur Errichtung einer öffentlichen Schule keinen Mehraufwand gibt, wenn in Twistringen ein Gymnasium in konfessioneller Form errichtet wird. Mehr habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass das Motto „privat vor Staat“ gelten solle. Das hat hier kein Mensch gesagt. Ich möchte Ihnen auch deutlich sagen, dass wir jederzeit zu den freien Trägern stehen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir auch!)

Das möchten wir auch gern berücksichtigt wissen. Verdrehen Sie also bitte nichts.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Frau Reichwaldt das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die LINKE steht für die Trennung von Staat und Kirche. Daher ist es nur folgerichtig, dass wir keinem Vertrag zustimmen können, der ausgewählte kirchliche Schulen im Vergleich zu anderen Schulen in freier Trägerschaft besserstellt.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Helge Limburg [GRÜNE])

Mit der Änderung des Konkordatsvertrages wird es nunmehr möglich, dass zwei katholische Gymnasien mit der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II errichtet werden.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)