Protokoll der Sitzung vom 08.06.2010

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Müssen Sie das?)

Man mag ja Meinungsverschiedenheiten haben, manchmal auch bei den Wegen, die zu beschreiten sind. Aber nehmen Sie es mir ab: In jedem

Winkel, in jeder Ecke seines Tuns ist der Kollege Sander um die Sicherheit der Bevölkerung, der Technik usw. bedacht. Das beachtet er auch bei seinen Gesetzesvorlagen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von den GRÜNEN: Das ist aber nicht immer rechtlich sauber! - Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich das Thema gleichwohl rechtlich in aller Kürze beleuchte. Es geht um die EG-Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen. Das ist schon angesprochen worden. Das geht auf die Seveso-II-Richtlinie zurück. Diese muss natürlich und stets aktuell in nationales Recht umgesetzt werden. Der Bundesgesetzgeber hat das im Bundes-Immissionsschutzgesetz mit der Zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, der sogenannten Störfall-Verordnung - die ist im Allgemeinen viel besser bekannt -, getan.

Der Bundesgesetzgeber hat aber keine Kompetenz zur Regelung der Störfallvorsorge in Betrieben und Einrichtungen, die nicht gewerblichen und nicht wirtschaftlichen Zwecken dienen. Welche Bereiche sind das? - Das wurde schon angesprochen: Es sind die Hochschulen und nicht kommerzielle Forschungseinrichtungen. Auch nach der Föderalismusreform ist diese Zuständigkeit bei den Ländern verblieben. Das ist auch gut so. Aufgrund des sich hieraus ergebenden Bedarfs für eine landesrechtliche Umsetzung der EG-Richtlinie wurde schon am 20. November 2001 das Niedersächsische Störfallgesetz verkündet.

Worum geht es heute, meine Damen und Herren? - Das europäische Störfallrecht wurde inzwischen geändert. Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Anpassung des niedersächsischen Störfallrechts an die europarechtlichen Änderungen. Mit der Anpassung insbesondere an die geltende Fassung der Zwölften Bundes-Immissionsschutzverordnung werden die neuen Mengenschwellen, die sich aus der Stoffliste des Anhangs I der Störfall-Verordnung ergeben, in Kraft gesetzt. Sie führen insbesondere zu einer erheblichen Erhöhung der Mengenschwellen der Nr. 12 der Stoffliste - das sind die krebserregenden Stoffe -, die damit begründet wird, dass auch Zubereitungen und Gemische nun unter diese Stoffkategorie fallen. Wenn Sie so wollen: Wo liegt das Weitergehende? - Das bedeutet einfach, dass nun auch bei Gemischen und

Zubereitungen krebserregende Stoffe ermittelt werden sollen, also dort, wo man das möglicherweise vorher nicht hat feststellen wollen oder können. Neue weitere Anwendungsfälle sind mit dieser Anpassung nicht verbunden.

In Vorbereitung auf meinen heutigen Beitrag habe ich mir angesehen, wie die Verbandsbeteiligung gelaufen ist - das fand ich ganz interessant. Dabei kann es durchaus auch einmal kontrovers zugehen, weil es unterschiedliche Interessenlagen gibt. Wer wurde alles angehört? - Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, Verband der Chemischen Industrie, Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau, Verband der Deutschen Lederindustrie, Unternehmensverbände Niedersachsen, Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen und Bremen des LandmaschinenHandels und -Handwerks, WirtschaftsVereinigung Metalle, Fachvereinigung Arbeitssicherheit, TÜV Nord, DEKRA, NABU, BUND, LBU, HIS, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie - die ganze Palette all derjenigen Kollegen, die es vielleicht besser wissen als Sie und wir. 16 Experten- und Fachverbände sind angehört worden. Die Stimmen waren unisono: Es wurden keine Bedenken oder Änderungsvorschläge vorgetragen. Das hat einen gewissen Seltenheitswert. Deswegen sollten wir keine Verrenkungen vornehmen und dem Gesetzentwurf einfach zustimmen.

Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. - Die Gegenprobe! - Wer enthält sich? - Dieser Gesetzentwurf wurde einstimmig verabschiedet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzaus

gleich und des Göttingen-Gesetzes - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2020 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/2528 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2575

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Ich rufe Herrn Hiebing von der CDU-Fraktion auf. Sie haben das Wort, Herr Hiebing.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich beraten und beschließen, gelangt damit nach meiner Ansicht ein wichtiger Bestandteil des für viele Kommunen des Landes wichtigen Vorhabens in die Umsetzung, nämlich der Zukunftsvertrag. Dieser Zukunftsvertrag - das betone ich ausdrücklich - ist im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden zustande gekommen. Der Entschuldungsfonds hat damit im Finanzausgleich einen weiteren Schwerpunkt gebildet. Ich glaube schon, dass es sich lohnt, darüber zu debattieren.

Meine Damen und Herren, durch solidarisches Handeln der Landkreise und der Gemeinden wird es möglich werden, dass Gemeinden unter bestimmten Anspruchsvoraussetzungen für bis zu 75 % ihrer bis zum 31. Dezember 2009 aufgelaufenen Schulden Zins- und Tilgungshilfen erhalten. Damit - das kann man schon heute prognostizieren - wird der Zukunftsvertrag ein wesentlicher Baustein zur nachhaltigen Verbesserung der Zukunftsfähigkeit vieler niedersächsischer Kommunen sein. Kommunen und Land zahlen jeweils maximal 35 Millionen Euro pro Jahr in das Sondervermögen - Entschuldungsfonds - ein. Mit diesem Geld soll möglichst vielen Kommunen aus ihrer finanzielle Bredouille geholfen werden.

Natürlich sind die Zins- und Tilgungshilfen an Bedingungen geknüpft. So soll vor allem Gemeinden geholfen werden, die einerseits über eine Steuerkraft verfügen, die im Einwohnergrößenvergleich unterdurchschnittlich ist, und zugleich überdurchschnittlich hohe Schulden aus Liquiditätskrediten

haben. Vor allem müssen zuvor - das ist mir sehr wichtig - natürlich erhebliche eigene Konsolidierungsbemühungen unternommen worden sein. Wer immer, meine Damen und Herren, über seine Verhältnisse gelebt hat, ohne selbst ans Sparen zu denken, darf nicht jetzt noch auf die Solidarität seiner Nachbarn bauen wollen.

(Zustimmung bei der CDU)

Insofern sind maximale Anstrengungen zur eigenen Konsolidierung in den Kommunen eine, wie ich finde, wichtige und wesentliche Voraussetzung. Zugleich sollen mit dem Entschuldungsfonds Anreize zur Erzielung von Effizienzgewinnen durch Fusionen zweier oder mehrerer Gemeinden oder durch Umwandlung von Samtgemeinden in Einheitsgemeinden geschaffen werden. Dabei, meine Damen und Herren, sage ich aber eines in aller Deutlichkeit: All dies geschieht freiwillig und ausschließlich nach Beratung und Beschlussfassung in den kommunalen Räten. Mir scheint sehr wichtig sein, dass das immer Maßgabe dieses Handelns ist und bleibt.

Natürlich ist es folgerichtig so vorgesehen, dass im Falle einer Fusion zweier Gemeinden, von denen eine zwar erhebliche Schulden in die Fusion einbringt, die fusionierte Gemeinde aber letztendlich die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen würde, die erworbenen Ansprüche aus dem Entschuldungsfonds auch auf die neue Gemeinde übertragen werden. Es soll also nicht so sein, dass die nicht nur mittellose, sondern hoch verschuldete Braut nur deshalb keinen Bräutigam findet, weil die Hochzeit ihn in den finanziellen Ruin treiben würde. Für die Tilgung der Schulden wird unabhängig vom Zusammengehen der beiden Partner dann auch gesorgt werden.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass im Lande große Unterschiede bei der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen bestehen. Es ist ja durchaus nicht so, dass alle Kommunen notleidend oder Empfänger von Bedarfszuweisungen wären.

(Johanne Modder [SPD]: Es werden aber immer mehr!)

Für einen Ausgleich sorgt auf jeden Fall der Finanzausgleich, der in den letzten Jahren noch einmal durch einen Flächenansatz ergänzt worden ist, durch den die höheren Kosten im ländlichen Raum ausgeglichen werden sollen. Wir alle kennen das Urteil des Staatsgerichtshofs aus den letzten Tagen auf eine Klage der Region Hannover

und des Landkreises Schaumburg, mit dem der Landesregierung bestätigt wird, dass diese Vorgehensweise verfassungsrechtlich in Ordnung ist. Ich glaube, das darf man an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun wird der Finanzausgleich um die Finanzierung des Entschuldungsfonds ergänzt. Wir wissen sehr wohl, dass diejenigen Kommunen, die letztlich die Hälfte der Entschuldung anderer Kommunen zu zahlen haben, darauf in diesen Zeiten nicht gerade mit „Hurra“ antworten werden. Dennoch sind wir uns sicher - wenn ich „wir“ sage, erinnere ich noch einmal an das Einvernehmen der drei kommunalen Spitzenverbände -, dass solidarisches Handeln von Kommunen und Land der richtige Weg ist, um denjenigen Kommunen, denen das Wasser sprichwörtlich seit Jahren bis zum Halse steht, wirklich effizient und vor allem nachhaltig zu helfen. Das Verfassungsgericht hat vor Jahren, auch bei einer Klage zum Finanzausgleich, diesen erstens als rechtens anerkannt und zweitens der Landesregierung durchaus mit auf den Weg gegeben, finanzschwachen und verschuldeten Kommunen zu helfen. Insofern ist dieses Vorgehen auch die logische Folge eines höchstrichterlichen Urteils.

Wir schaffen mit dem Zukunftsvertrag und hier konkret mit dem Entschuldungsfonds ein gerechtes, weil der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen angepasstes Umlagemodell, das Zahlungen aus dem Finanzausgleich berücksichtigt. Vielen Kommunen wird durch die Entschuldung, die eben nicht wie ein Strohfeuer wirkt, nachhaltig geholfen. Das habe ich auch schon im Innenausschuss gesagt. Ein Strohfeuer würde ja niemandem nutzen und allen nur schaden. Ich glaube, wir versuchen nun zum ersten Mal, Kommunen nachhaltig aus größter Finanznot zu helfen.

Es hat auch in der Vergangenheit schon häufig Versuche gegeben - der ehemalige Innenminister Bartling ist gerade nicht da -, hoch verschuldeten Kommunen zu helfen. Häufig - Sie werden das wissen, Frau Kollegin Modder - war die Verschuldung anschließend noch höher als vor der Hilfe. Das kann so nicht richtig gewesen sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Der Zukunftsvertrag und mit ihm der Entschuldungsfonds ist für manche Kommunen ein Weg oder mit großer Wahrscheinlichkeit sogar der einzige Weg, um aus der Überschuldung, die sich in der Vergangenheit aufgebaut hat, wieder heraus

zukommen, um überhaupt wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen und wieder eine Perspektive und auch Handlungsfähigkeit zu erlangen. Dieses große Ziel ist nach unserer Auffassung große Anstrengungen wert. Deshalb bitte ich Sie alle um Ihre Zustimmung im Interesse einiger Kommunen dieses Landes.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Hausmann für die SPDFraktion. Bitte schön, Herr Hausmann!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Städte und Gemeinden in Niedersachsen befinden sich in einer nie dagewesenen Finanznot. Nach einer kurzfristigen finanziellen Erholung in den Jahren 2006 bis 2008 aufgrund einer wirtschaftlich guten Entwicklung haben die Wirtschaftskrise und die Bankenkrise die Schulden der Städte und Gemeinden erneut drastisch ansteigen lassen. Die Kassenkredite haben mit 6,4 Milliarden Euro ihren ersten absoluten Höhepunkt erreicht. Besonders betroffen von den explodierenden Schulden sind die Städte und Gemeinden in den strukturschwachen Gebieten unseres Landes. Das Finanzausgleichsgesetz und der Zukunftsvertrag mit den kommunalen Spitzenverbänden sollen nun, wie Herr Hiebing gerade gesagt hat, die Finanzprobleme lösen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir meinen, hier machen die Regierungsfraktionen es sich einfach zu leicht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist letztlich die Aufgabe der Landesregierung und des Landes, die Kommunen mit den finanziellen Mitteln zu versorgen, die nötig sind, um ihre Pflichtaufgaben als Kommune zu erfüllen und dabei auch noch einen gewissen gestalterischen Spielraum zu haben. Dabei darf es nicht das Ziel eines ausgeglichenen Landeshaushaltes sein, sich auf Kosten der Städte und Gemeinden zu bereichern. Es scheint ja sehr einfach zu sein, wenn die eigenen finanziellen Mittel nicht mehr ausreichen, schnell in die kommunalen Taschen zu greifen, die Steuerverbundquote zu senken, wie es geschehen ist. Sie haben die Steuerverbundquote mit 16,04 % übernommen und sie dann auf 15,04 % gesenkt.

Damit haben Sie den Kommunen einfach mal so ca. 180 Millionen Euro im Jahr weggenommen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Und wie war es zu SPD-Zeiten?)

- Ich gehe normalerweise auf Zwischenrufe nicht ein. Ich weiß, dass sie immer verringert wurde. Ich habe nachgesehen: Wir hatten mal eine Steuerverbundquote von über 22 %. Aber eines steht fest: Die SPD hat die Quote nie unter 16,04 % fallen lassen. Sie haben sie auf 15,04 % gesenkt.