Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

und andere sagen „Das möchte ich schriftlich haben“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, ich muss Sie unterbrechen.

Es ist doch ganz einfach: Das, was ich hier gesagt habe, kann - das Protokoll ist ja schnell da - als Protokoll ausgedruckt werden, und dann können Sie sich daran abarbeiten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Minister, es gibt zwei Wünsche nach Zwischenfragen.

Ja, bitte schön!

Zuerst Herr Jüttner, bitte!

Herr Möllring, ich habe fünf Jahre dem Landeskabinett angehört. Da war eine der Übungen, dass vor problematischen, schwierigen Fragestellungen die zuständigen Fachleute in den Ressorts einen Vermerk angefertigt haben, damit man auf der ganz sicheren Seite ist. Nun lese ich seit Tagen in niedersächsischen und nationalen Zeitungen, dass es im Zusammenhang mit dieser Kandidatur von Herrn Wulff viele offene juristische Fragen gibt. Es erstaunt mich - und ich frage, ob das stimmt -, dass in der Landesregierung alle diese offenen juristischen Fragen durch Zuruf erledigt worden sind. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Herr Minister!

Das kann ich Ihnen naturgemäß nicht sagen, weil ich nicht den Überblick über die gesamte Landesregierung habe. Sie haben vorhin selbst miterlebt,

dass die Frage, bei der wir beide nicht genau wussten, wie es ist - - -

(Zurufe von der SPD)

- Entschuldigen Sie, Ihr Fraktionsvorsitzender hat eine Frage gestellt, die ich gerade beantworte. Aber wenn Sie das verhindern wollen, indem Sie dazwischenrufen, finde ich das Ihrem Fraktionsvorsitzenden gegenüber nicht fair.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Ober sticht Unter!)

Sie haben selbst miterlebt, dass ich kurz zum Handy gegriffen habe, bei mir im Ministerium angerufen habe und dass mir mündlich erläutert worden ist, wie die Rechtslage ist. Diese habe ich dann Ihnen und den anwesenden Journalisten vorgetragen. Darüber hat es gar keinen Schriftverkehr gegeben. Den brauche ich auch nicht, weil mir die Fachleute bei mir im Ministerium schlicht die Rechtslage erklärt haben. Diese Rechtslage habe ich dann wiedergegeben. Die steht jetzt im Protokoll, weil ich sie hier dem Stenografischen Dienst - entschuldigen Sie - nicht diktiert habe, sondern weil sie das mitgeschrieben haben.

Die Antwort auf die Frage, wie es sich mit dem Rücktritt eines Ministerpräsidenten verhält, steht in der Verfassung. Die Minister dürfen jederzeit zurücktreten. Wenn der Ministerpräsident zurücktritt, gilt die Landesregierung als zurückgetreten. Dafür brauche ich auch keine schriftliche Expertise, weil der Wortlaut der Verfassung aus sich heraus spricht.

Zu der Frage, ob der Landtag bestätigt, dass man von einem Landtagsmandat zurückgetreten ist, oder ob man das Landtagsmandat erst verliert, wenn der Landtag darüber entschieden hat, habe ich hier auch etwas dargelegt. Dazu braucht man keine lange schriftliche Expertise. Das ist gelebtes Verfassungsrecht. Wir brauchen dazu also keine Expertise. Ich bin seit 20 Jahren im Landtag. Ich mache das ja nicht zum ersten Mal mit. Das ist hier ständige Übung.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Warum ha- ben Sie denn dann fünf Tage ge- braucht?)

- Entschuldigen Sie, gestern hat Herr Bartling dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass wir ähnliche Vorfälle schon hatten, als jemand Bundeskanzler geworden ist. Er ist hinterher zurückge

treten. Damals hat keiner verfassungsrechtliche Zweifel gehabt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir bezie- hen uns auf diesen Fall!)

Ich war hier 13 Jahre in der Opposition. In dieser Zeit hat es Rücktritte bei Ihnen gegeben. Wir haben es auch damals so abgehandelt. Jetzt bin ich sieben Jahre in der Mehrheitssituation. In dieser Zeit hat es auf Ihrer Seite und auch auf unserer Seite schon Rücktritte vom Landtagsmandat gegeben. Das ist jedes Mal völlig problemlos verlaufen. Niemals hat eine schriftliche Expertise vorgelegen. Wir brauchen auch jetzt keine schriftliche Expertise,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

weil das Verfahren seit Jahrzehnten verfassungsrechtlich erprobt ist. Wenn man das weiß, muss man es nicht noch einmal aufschreiben.

Herr Dr. Sohn!

Herr Minister Möllring, wenn das alles so einfach ist, möchte ich auch eine einfache Frage an Sie richten. Wie lautet nach Ihrer Vorstellung der wichtigste Tagesordnungspunkt für die für den 1. Juli angedachte Sitzung? Ich vermute - vielleicht sagen Sie, das sei völlig falsch, weil ich nicht durchblicke -, er lautet: Neuwahl des Ministerpräsidenten und Bestätigung des Kabinetts.

(Björn Thümler [CDU]: Falsch!)

Wenn das so sein sollte, hätte ich die Frage, ob man den Landtag zu einer Sitzung mit einem solchen Tagesordnungspunkt einberufen kann, bevor ein Rücktritt überhaupt vorliegt.

(Björn Thümler [CDU]: Das geht!)

Vielleicht haben Sie aber auch eine andere Idee, wie die Tagesordnung für die Sitzung am 1. Juli lautet.

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ganz einfach: Das machen wir seit dem Kriege so.

(Heiterkeit bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das machen wir seit 1946 so, seitdem der erste Ministerpräsident in diesem Landtag gewählt worden ist. Auf der Tagesordnung steht selbstverständlich nicht „Neuwahl des Ministerpräsidenten“, sondern nur „Wahl des Ministerpräsidenten“; denn es wird ja nicht neu gewählt, sondern es wird gewählt. Bis Anfang der 90er-Jahre stand in der Verfassung, dass der Ministerpräsident bei Zusammentritt des neuen Landtages seinen Rücktritt zu erklären habe. Jetzt steht es nicht mehr in der Verfassung. Ich habe dafür gesorgt, dass es nicht mehr darin steht.

Wir hatten dann die Situation, dass der Landtag zusammentrat, zunächst der Landtagspräsident gewählt wurde und dieser dann dem Landtag zur Kenntnis gebracht hat: Der Herr Ministerpräsident - dann folgte der Name; damals war es Herr Dr. Albrecht - hat schriftlich mitgeteilt, dass er nach dem einschlägigen Artikel der Verfassung zurückgetreten ist. - Trotzdem hatten wir eine Tagesordnung, auf der „Wahl des Ministerpräsidenten“ stand. Es ist also nichts Ungewöhnliches, dass so verfahren wurde, obwohl der Rücktritt noch nicht erfolgt war.

Jetzt haben wir es auf meinen Vorschlag hin in der Verfassung praktischerweise so geregelt, dass wir sagen: Der Ministerpräsident muss nicht aktiv eine solche Erklärung abgeben, sondern er gilt mit Zusammentritt des neu gewählten Landtages als zurückgetreten. Er braucht also nicht mehr zu schreiben „Ich trete zurück“, sondern er gilt als zurückgetreten, ist aber doch noch im Amt. Es wird also eine Tagesordnung aufgestellt, auf der „Wahl des Ministerpräsidenten“ steht, obwohl ein Ministerpräsident noch gar nicht zurückgetreten ist oder als zurückgetreten gilt. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Ich würde auch im vorliegenden Falle empfehlen, so zu verfahren. Darüber müsste aber das Präsidium in Zusammenarbeit mit der Landtagsverwaltung befinden.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Zur Geschäftsordnung dürfen Sie natürlich noch das Wort ergreifen, Frau Kollegin Helmhold. Herr Dr. Sohn hatte sich nicht zur Geschäftsordnung gemeldet.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wir sind doch in einer Geschäftsordnungsde- batte!)

- Wir sind in einer Geschäftsordnungsdebatte. Deshalb dürfen Sie auch noch einen Beitrag leisten. Ich wollte nur erklären, dass sich Herr Dr. Sohn zu Wort gemeldet hatte, aber nicht zur Geschäftsordnung.

Frau Helmhold, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens finde ich es bemerkenswert, dass uns der Finanzminister erzählt, wie die Tagesordnung des nächsten Plenums aussieht.

(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens finde ich es bemerkenswert, dass der Finanzminister uns hier detaillierte Rechtsauskünfte gibt, die er eben auf Zuruf aus seinem Ministerium erfahren haben will.

(Björn Thümler [CDU]: Der Mann ist Jurist!)

Wir konnten in den letzten Tagen der Presse entnehmen, dass es sowohl in Berlin als auch hier in der Staatskanzlei minutiöse Prüfungen gibt, wie das ganze Prozedere des Rücktritts und der Wahl so durchgeführt werden könnte, dass es mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist.

Ich bin überzeugt davon, dass sowohl in der Staatskanzlei als auch in der Landtagsverwaltung, also im Hause unseres Landtagspräsidenten, eine entsprechende Expertise bereits vorbereitet und formuliert ist. Herr Thümler, wir wollen in der Ältestenratssitzung heute Abend darüber sprechen. Es ist übrigens immer schön, wenn man sich auf etwas bezieht, was gesagt worden ist. Ich habe hier weder über eine Frist von 30 Tagen noch über eine Frist von 21 Tagen gesprochen. Ich habe darüber gesprochen, dass ich der Meinung bin, dass mit diesem Parlament in der Form umgegangen werden muss, dass wir für das, was wir hier beraten, vernünftige Entscheidungsgrundlagen haben. Ich möchte, dass uns, wenn wir heute Abend im Ältestenrat beraten, diese Expertise, wenn sie denn vorliegt, vorgelegt wird. Ansonsten begreife ich nicht, dass z. B. Herr Hagebölling in der Landespressekonferenz in der letzten Woche offensichtlich nicht sagen konnte, wie es juristisch aussieht. Begreife das, wer will. Der Finanzminister begreift es ja offenbar auf Zuruf. Wir wollen die Unterlagen haben, wenn es sie gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das Parlament zeichnet sich normalerweise durch das gesproche- ne Wort und nicht durch ausgetausch- te Vermerke aus!)

Herr Thiele, es zeichnet sich auch dadurch aus, dass man sich zu Wort meldet.