Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

Oder ist Ihnen bekannt, dass es Bestrebungen gibt, ähnliche Einrichtungen ins Leben zu rufen?

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Busemann das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege, ich denke, dass wir mit der Stiftung so, wie wir das seit zehn Jahren in Niedersachsen aufgebaut haben, doch im guten Sinne so eine Art Alleinstellungsmerkmal haben. Es gibt ähnliche Stiftungen, wenn ich das richtig erinnere, in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, die sich aber eher - ich darf das so sagen - auf geldliche Abwicklungen konzentrieren. Das ist auch wichtig. Das ist ja bei uns auch ein Teil des Programms. Aber davon kann man nicht sagen, dass das ganze Betreuungsthema dort so, wie ich das auch in der Breite vorhin dargelegt habe, entsprechend mitverfolgt wird. Das ist vielleicht statutenbedingt oder ressourcenbedingt. Dabei sollte es allerdings nicht eine Frage

von Ressourcen sein, mit Beratung und Rat und Tat zur Verfügung zu stehen.

Ich meine, Sachsen-Anhalt und Bayern haben auch schon einmal angeklopft und gefragt: Wie macht ihr das in Niedersachsen? Wie können wir das bei uns organisieren? - Deswegen denke ich, dass wir da schon nicht schlecht aufgestellt sind. Wir haben elf Zentralen - ich glaube, eine auch bei Ihnen in Oldenburg -, die immer mit zwei Personen besetzt sind - und weitere Kräfte aus anderen Bereichen, wenn ich hier z. B. die „Waage“ in Hannover und andere sehe, die sich da mit einbringen. Das ist schon nicht schlecht. Deswegen denke ich, wir können nächstes Jahr mit Ruhe darangehen, das ganze Thema zu evaluieren und zu gucken, was wir auch noch weiter machen können und wie wir weiter besser werden können.

Bei den ganzen Themen Opferentschädigung, Opferhilfe, Opferanwalt ist schon viel passiert, auch durch gesetzliche Änderungen, erst letztes Jahr durch Bundestag und Bundesrat. Aber ich denke, man kann das auch noch weiterentwickeln. Eigentlich bin ich jedoch nicht unzufrieden.

Falls das jemand fragen sollte: Es gibt auch nicht den Vorhalt, ob da nun mehr Geld hin muss und all diese Dinge. Ich habe ja nicht ohne Grund darauf hingewiesen, dass uns vor allen Dingen im Betreuungsbereich, im therapeutischen Bereich, im Umsorgungsbereich an weiteren Kräften gelegen ist, sodass das Geld nicht in erster Linie das Thema ist. Aber ich denke, wir können das auch inhaltlich noch weiterentwickeln.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Danke schön. - Die nächste Frage kommt von der Fraktion DIE LINKE. Frau Zimmermann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass ich finde, dass das eine richtig gute Anfrage ist, weil dies ein ganz wichtiges Thema betrifft, frage ich die Landesregierung: Welche Projekte hält die Landesregierung vor, und zwar außer den Projekten, die schon durch die Stiftung zur Verfügung gestellt werden, um Opfern zu helfen? - Das ist die eine Frage.

Zweitens - das auch wieder vor dem Hintergrund, dass alle hier im Landtag sitzenden Fraktionen im Kuratorium vertreten sind, außer unserer Fraktion

DIE LINKE - frage ich die Landesregierung: Wann wird die erste Einladung an uns zur Kuratoriumssitzung kommen?

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Gar nicht!)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Zimmermann. Ich will nur darauf hinweisen, dass die erste Frage dezidiert eine Ausweitung der hier vorliegenden Mündlichen Anfrage darstellt. Es obliegt also der Landesregierung, hierauf zu antworten.

Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Kollegin, das ist natürlich so eine Sache. Nun haben wir ein Projekt just zu einem Ziel, das Sie ja offenbar auch billigen, und nun fragen Sie uns, ob wir noch weitere Projekte haben. Ich glaube, das schließt sich gegenseitig aus. Wir haben es doch gemacht, weil das richtig und vernünftig ist. Vieles, wovon auch wir meinen, dass es abgedeckt werden muss, findet nun auch in dieser Stiftung Opferhilfe statt, mit den diversen Stützpunkten und mit den befreundeten Organisationen, sodass ich denke, innerhalb der Stiftung Opferhilfe und den befreundeten Organisationen müssen dann auch mal neue Projekte angedacht werden.

Ich nenne nur einen Bereich, der irgendwo auch mit in das ganze Thema hineingeht, nämlich unseren Landespräventionsrat. Ich habe dort z. B. durch eine Stellenverstärkung dafür gesorgt, dass wir noch besser in das Thema „häusliche Gewalt“ eindringen können. So gesehen, kann ich Ihnen aus der Hüfte und etatisiertermaßen keine weiteren Projekte benennen, die genau das machen, was die Stiftung Opferhilfe schon tut. Damit habe ich ein kleines Problem.

Ferner haben Sie unser Kuratorium angesprochen. In der Tat: Es geht dort wie auch bei allen anderen Stiftungen des Landes um die Frage, ob dort im Beirat oder im Kuratorium oder sonst wo auch alle im Parlament vertretenen Fraktionen einen Sitz haben. Das Anliegen der Fraktion DIE LINKE ist bekannt und liegt dem Vorsitzenden des Kuratoriums auf dem Tisch. Das ist Herr Dr. Weiner aus Meppen. Ich sage Ihnen einmal Folgendes: Am Justizminister, der ebenfalls im Kuratorium sitzt, wird es nicht scheitern.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Herzlichen Dank. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die SPD-Fraktion Herr Haase. Bitte!

Danke, Frau Vorsitzende. - Herr Rickert, um es vorab zu sagen: Zehn Jahre kann man leicht zurückrechnen. Es war die rote Landesregierung, die diese segensreiche Einrichtung auf den Weg gebracht hat. Ich meine aber, dass bei guten Sachen die Urheberschaft egal ist. Man sollte sie jedoch nicht verschweigen.

Herr Minister, Sie sprachen von zurzeit elf Opferhilfebüros in den Regionen des Landes Niedersachsen. Nun wissen wir alle, dass Niedersachsen ein sehr großes Land ist. Gibt es innerhalb des Kuratoriums bzw. der Landesregierung zurzeit Bestrebungen dahin gehend, dieses Netz etwas dichter zu knüpfen, oder will man es bei diesen elf Opferhilfebüros belassen und lediglich dort, wo regionale Initiativen stattfinden, eine Fortentwicklung mit Sach- oder Projektmitteln unterstützen?

Da ich gerade das Wort habe, möchte ich - wenn ich darf - sogleich meine zweite Frage anschließen. Es war eine Einladung von Ihnen. Sie sagten, Geld spielt keine Rolle. Um diese segensreiche Einrichtung einmal vorzustellen und hier im Hause noch weiter zu verinnerlichen, wäre es schön, wenn Sie einmal deutlich machen würden, wie die Mittel zustande kommen und ob diese 2,37 Millionen Euro des letzten Jahres auch in den nächsten Jahren wieder gewährt werden, sofern denn entsprechende Anträge gestellt werden.

Herzlichen Dank, Herr Kollege Haase, auch dafür, dass Ihr Fragekontingent damit erschöpft ist. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Haase, auf Ihre diversen Fragen gehe ich natürlich gern ein.

In der Tat: Die Gründung der Stiftung - Stammkapital 1 Million - geht auf die Regierungsphase der SPD - das ist ja schon lange her - zurück. Nun könnte ich sagen, ohne dass Sie es aus dem Stand widerlegen können: Die Gründung geht auf

einen Antrag der damaligen Opposition zurück. Sie hat Sie so überzeugt, dass Sie nicht anders konnten.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Nun weiß ich aber selber nicht, ob das stimmt.

(Heiner Bartling [SPD]: Da waren wir lernbereiter als Sie!)

Es lehrt doch die Landesgeschichte: Es gibt immer wieder unwiderlegbar vernünftige Sachen, die gemacht werden müssen. Es ist ja gut gewachsen, auch was die Volumina anbelangt. Es ist ein Stiftungskapital vorhanden. Der Beitrag des Landes besteht insbesondere darin, dass wir jedes Jahr regelmäßig das Personal bezahlen. Wenn Sie die elf Dienststellen mit je zwei Leuten und noch ein paar andere Dinge zusammennehmen, kommen Sie leicht auf 300 000 bis 500 000 Euro. So schlecht ist das nicht. Der Druck ist aber nicht so groß - Geld können wir immer gebrauchen; es kann nicht genug sein, auch in diesem Bereich nicht -, dass an den einzelnen Standorten immer gejammert wird: Das Geld ist nicht auskömmlich. Wir können unseren Auftrag nicht erfüllen. Es muss mehr Staatsgeld kommen. - Das sehe ich so nicht.

Sie sitzen ja selbst im Kuratorium. Insofern fragen Sie sich jetzt ja gerade selbst. Es ist nicht so, dass wir Hinweise darauf bekommen, dass unbedingt neue Standorte gegründet werden müssten. Die elf Standorte sind so schlecht nicht und entsprechen zufällig auch der Struktur unserer Landgerichtsstandorte. In diesem Punkt sind wir nicht schlecht aufgestellt. Von daher halte ich weitere Standorte für nicht unbedingt erforderlich.

Die Finanzierung wird im Übrigen auch über Spenden sichergestellt, die fleißig gesammelt werden. Es gibt gezielte Zuwendungen an die Stiftung Opferhilfe von Leuten, die dafür einen guten Grund haben. Da haben natürlich viele Leute Begehrlichkeiten. § 153 a der Strafprozessordnung lässt grüßen! In dieser Vorschrift heißt es: Wenn ein Verfahren eingestellt wird, 1 000 Euro Auflage. Bitte, für welchen Zweck? - Der eine hätte es gern für die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, der Nächste für die Kinderhilfe und manche eben auch für die Opferhilfe. Das ist auch gut so. Auf diese Weise kommt über das Jahr schon eine ganze Menge zusammen.

Auf die Frage von Frau Kollegin Zimmermann nach den weiteren Aktivitäten möchte ich noch nachtragen, dass ich mich in meiner Antwort auf die Aktivi

täten meines Ressorts beschränkt habe, weitere Projekte aber nicht genannt. Auch in unserem Sozialministerium ist man da meiner Kenntnis nach ganz gut unterwegs. Es sind auch Koordinierungsstellen für Opfer von Gewalttaten eingerichtet worden. Außerdem wird Krisenintervention betrieben, wenn eine psychotherapeutische Begleitung erforderlich ist. Es gibt jugendpsychologische Dienste und Einrichtungen der Familienhilfe. Es wird über Zuständigkeiten beraten, wenn staatliche Hilfe koordiniert werden muss. Auch andere Ressorts bis hinein in den Bildungsbereich stehen immer mit zur Seite.

Meiner Meinung nach kann man hier folgendes gemeinsame Fazit ziehen: Das Projekt hat funktioniert und ist gewachsen. Wir wollen im nächsten Jahr gucken, ob wir es vielleicht gemeinsam noch optimieren können. Das ist aber nicht nur eine Sache von Geld. Wenn hier und da jedoch etwas mehr kommt, freuen wir uns gemeinsam.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Herr Professor Dr. Dr. Zielke von der FDP-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage. Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich frage die Landesregierung, ob sie definieren kann, was der Begriff „Opfer einer Straftat“ tatsächlich bedeutet, wie dieser Begriff abgegrenzt werden kann und ob insbesondere Angehörige von Suizidenten dazuzählen.

Herzlichen Dank, Herr Professor Dr. Dr. Zielke. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Professor Dr. Dr. Zielke, ich denke, von den Satzungsbestimmungen her betreiben wir hier Opferschutz oder Opferhilfe, anknüpfend an den Tatbestand einer Straftat. Das ganze Leben ist voller Opfer - vor welchem Hintergrund auch immer,

(Ronald Schminke [SPD]: Das stimmt!)

also Politik, Familie oder was auch immer. Hier aber geht es um die Opfer von Straftaten. Opfer

kann man aus verschiedenen Gründen sein. Der eine leidet seelisch. Der Nächste leidet wirtschaftlich. Ein anderer leidet aufgrund körperlicher Versehrtheit. Der Nächste ist mittellos geworden oder hat seinen Wohnsitz verloren und vegetiert jetzt dahin und muss aufgefangen werden. Für jede Variante muss die Opferhilfe greifen.

Nun hat Herr Professor Dr. Dr. Zielke hier ja einen hoch interessanten Gesichtspunkt angesprochen: Opfer aufgrund des Suizids eines nächsten Angehörigen.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Suizid ist doch keine Straftat!)

- Damit nehmen Sie mir die rechtliche Begründung weg, Herr Kollege Adler. - Also: Der Mann hat sich umgebracht, und Frau und Kinder bleiben übrig. Sie sind in gewisser Weise Opfer. Es war aber keine Straftat, weil Suizid als solcher keine Straftat ist und der Täter auch nicht mehr existent wäre. Ich sage Ihnen trotzdem: Wenn eine Familie aus solch einem Kontext heraus Hilfe braucht, dann wird kein Opferhilfebüro in Niedersachsen die Tür zumachen oder sagen: Wir sind qua Satzung oder aufgrund des Gesetzes nicht zuständig. - Das behaupte ich einfach einmal, und die Kuratoriumsleute, die hier anwesend sind, werden dies sicherlich unterstützen. Wenn ein Fall einer Hilfe bedarf, dann wird er entsprechend unseren finanziellen Möglichkeiten bedacht.

Herzlichen Dank. - Zu dieser Frage liegen mir keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen mehr vor.

Damit rufe ich jetzt Frage 2 auf:

Niedersächsische Insolvenzgerichte: zu wenig Erfahrung, zu wenig Fachkenntnis, aber hohe Gebühren für Insolvenzverwalter?