Herzlichen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Präsidium des Niedersächsischen Landtages ist in diesem Augenblick rein weiblich. Das finden wir alle völlig normal. Es ist gut, dass das möglich ist. Ich stimme an dieser Stelle Frau Twesten ausdrücklich zu, die hier vor einigen Minuten ausgeführt hat, die rechtliche Gleichstellung der Frauen sei erreicht. Das ist ein sehr wichtiger Hinweis. Vor diesem Hintergrund sind Anmerkungen wie die von Frau Kollegin Flauger wenig hilfreich. Sie hat hier Zahlen in den Raum geworfen, dass Frauen weniger Geld verdienen. Nach meiner Kenntnis wird keine Inhaberin einer A-16-Stelle im niedersächsischen Landesdienst eine geringere Vergütung als ein männlicher Kollege in A 16 haben. Das Gleiche gilt für A 9 und andere Vergütungsgruppen.
Frau Groskurt hat an dieser Stelle ausgeführt, dass ein 16 Jahre altes Gesetz langsam dem Ende entgegengeht. Vor 16 Jahren sind dort mit einer gewissen Erwartungshaltung Vorschriften formuliert worden. Nach 16 Jahren wird man feststellen müssen, dass die Vorschriften, die in dem Gesetz von 1994 kodifiziert wurden, nicht ausreichend waren, um das von uns allen angestrebte Ziel einer stärkeren Vertretung von Frauen in Spitzenpositionen zu erreichen. Die Vorschriften, meine Damen und Herren, waren nicht auskömmlich. Das kann man sehr gut verstehen, wenn man den schon mehrfach angesprochenen Bericht der Landesregierung über die Durchführung des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes im Zeitraum zwischen 2003 und 2007 studiert.
Man darf dazu noch sagen, dass der Bericht nicht von Beamtinnen und Beamten der Landesregierung geschrieben worden ist, sondern vielmehr vom Institut für Entwicklungsplanung und Struktur
forschung an der Universität Hannover, also von unabhängigen Expertinnen und Experten, erstellt wurde.
Ich glaube, es war die Kollegin Frau Pieper, die die Seite 90 hier erwähnt hat. Das ist eine sehr wichtige Seite, weil darin steht, woran es nach einer umfassenden Befragung von Frauen und - so meine ich - auch Männern im Landesdienst noch fehlt. Außer an den Dingen, die Frau Pieper bereits erwähnt hat, fehlt es ausweislich dieser Erhebung auch an der zeitlichen Teilbarkeit von Führungspositionen, an mehr Teilzeit und mehr Ermunterung zu Teilzeit für Männer und für Frauen in Führungspositionen. Es fehlt an der Ermutigung von Vätern zur Übernahme von Familienarbeit - der anderen Form, in der man sich mit seiner Zeit beschäftigen kann - und auch in hinreichendem Maße an einer Ermutigung der Frauen, die Verantwortung für Führungsaufgaben tatsächlich auch so übernehmen zu wollen, wie wir im politischen Raum uns das vorstellen.
An der einen oder anderen Stelle fehlt offenbar noch die Selbstsicherheit, wie die befragten Damen selber zu Protokoll gegeben haben.
Die meisten Gesichtspunkte, die ich erwähnt habe, sind im Koalitionsentwurf zu einem neuen, modernen und nicht mehr antiquierten und rückwärts gerichteten Gleichstellungsgesetz abgebildet. Man könnte allenfalls überlegen, ob in dem Entwurf, den wir ja - wie Sie alle wissen - in den nächsten Monaten im Ausschuss besprechen werden, nachdem der GBD seine Vorlage erstellt hat, unter den Personalentwicklungsmaßnahmen, die dort etwas summarisch genannt werden, der Aspekt der besonderen Ermutigung von Frauen für die Übernahme von Führungsverantwortung noch etwas stärker herausgestellt werden kann.
Ich bedaure sagen zu müssen, dass der Gesetzentwurf der SPD ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt. Er bezieht sich auf ein Gesetz, das aus guten Gründen durch eine zeitgemäße Neufassung abgelöst werden sollte, und wird die Zustimmung der FDP nicht finden.
Herzlichen Dank, Herr Riese. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Flauger zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Riese um das Wort gebeten. Sie haben anderthalb Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Riese, ich weiß nicht, ob Sie den Bericht der Landesregierung intensiv gelesen haben und ob Sie ihn hinreichend ernst nehmen. Ich finde, Ihre Aussage, Sie können sich nicht vorstellen, dass eine Frau mit A 16 weniger verdient als ein Mann mit A 16, ist wirklich eine Nullaussage.
Dies scheint mir nicht dafür zu sprechen, dass Sie die Angelegenheit besonders ernst nehmen. Das ist ungefähr das Gleiche, als wenn Sie sagen würden, Sie können sich nicht vorstellen, dass eine Frau mit einem Bruttogehalt von 3 000 Euro weniger Gehalt bekommt als ein Mann mit einem Bruttogehalt von 3 000 Euro. Mehr haben Sie damit nicht geäußert.
(Olaf Lies [SPD]: Immerhin! - Roland Riese [FDP]: Worauf wollen Sie hin- aus? - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Er hat noch nicht einmal unrecht!)
Muss ich daraus, dass Sie sagen, das Gesetz, das die SPD hier vorgelegt hat, wirkt etwas aus der Zeit gefallen, etwa folgern, dass Sie mit dem, was erreicht ist, einverstanden sind und Ihnen das reicht? - Mir reicht das nicht; das will ich Ihnen ganz klar sagen.
Sie werden sich im Zuge der weiteren Beratung und der Abstimmung der Frage stellen müssen, ob Sie bereit sind, als Beteiligter und Mitglied einer die Regierung tragenden Koalitionsfraktion Verantwortung dafür zu übernehmen, dass in Niedersachsen Gleichberechtigung angestrebt wird, oder ob Sie das nicht wollen. Dazu werden Sie sich positionieren müssen. Wir werden das an Ihrem Verhalten ablesen können.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade festgestellt, dass es bei der Linken tatsächlich Abgeordnete gibt, die rechnen können, wenn auch mit etwas bescheidenen Zahlenvergleichen.
(Marianne König [LINKE]: Was ist denn das! - Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Er kann ja wieder einmal 2-Euro-Stücke herumschicken! - Wei- tere Zurufe)
Herr Riese, ich kann das schon einschätzen. Sie brauchen keine Angst um Ihre Redezeit zu haben. Ihnen stehen anderthalb Minuten zu.
Meine Damen und Herren, es muss zunächst einmal die freie Entscheidung jeder Person - Mann oder Frau - sein, wie viel ihrer Zeit sie in ihr Privatleben, Bummelei, Faulheit, Freizeit, Familie und Arbeit stecken will. Das muss durch rechtliche Rahmenbedingungen viel stärker ermöglicht werden, als es in der Gegenwart der Fall ist. Da brauchen wir doch sehr viel mehr Freiheit und Wahlmöglichkeit.
Verehrte Frau Flauger, wenn Sie mir gerade zugehört haben, dann haben Sie gehört, dass ich betont habe, dass die Motivation zu Teilzeitanteilen auch in Führungspositionen sehr viel stärker werden muss, als wir das in der Gegenwart haben. Darin liegen die gesellschaftlichen Veränderungen. Diese modernen und sehr zeitgemäßen Ansätze sind im Koalitionsentwurf abgebildet.
(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Nein, ich möchte mich jetzt nicht aufregen! - Johanne Modder [SPD]: Ein peinlicher Auftritt!)
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit tätig sein, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Sehe ich Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Zweite Beratung: a) Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1846 - b) Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2503 - Beschlussempfehlung des Ältestenrats - Drs. 16/2711
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen zu a, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen, und zu b, den Antrag abzulehnen.
Ich eröffne die Beratung. Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir im November vorgeschlagen haben, durch die Übernahme der Bundestagsregelung zur Veröffentlichung der Nebentätigkeiten von Abgeordneten und der daraus erzielten Einkünfte mehr Transparenz herzustellen, war beispielsweise in der Braunschweiger Zeitung zu lesen: „Aus den anderen Fraktionen kommt vorsichtige Zustimmung.“ Und: „Wir können über dieses Modell reden, auch wenn es im Detail noch einige Dinge zu klären gibt.“ Zitiert wurde hier Björn Thümler, Fraktionsgeschäftsführer der CDU.
Heute nun ist alles anders. Schon im letzten Plenum haben Sie unseren Vorschlag zur Änderung des Abgeordnetengesetzes abgelehnt, übrigens nach der skandalösen Verweigerung einer geordneten Beratung.
Heute nun wollen Sie das Thema Transparenz endgültig beerdigen. Und warum? - Weil Sie nicht wollen, dass sich Bürgerinnen und Bürger ein Bild davon machen können, welche Tätigkeiten Abge
ordnete neben ihrem Mandat ausüben und vor allem wie viel Geld sie dafür erhalten. Es wäre aber gut, wenn die Bürgerinnen und Bürger ermessen könnten, welche ökonomische Bedeutung jeweils das Mandat bzw. die Tätigkeit neben dem Mandat für die Abgeordneten hat, um daraus möglicherweise in bestimmten Debatten Schlüsse ziehen zu können.
Meine Damen und Herren, Sie wissen ebenso gut wie ich, dass die von uns vorgeschlagene Regelung, nämlich eine Veröffentlichung in Stufen, im Bundestag so praktiziert wird und verfassungsfest ist. Was also hindert Sie? Welche Argumente bringen Sie eigentlich vor? - Nun, Björn Thümler, mittlerweile zum Fraktionsvorsitzenden gemacht,
erklärte es heute den Bild-Lesern. Er spricht erstens von einer Neiddiskussion. Was soll das eigentlich heißen? - Abgeordnete sind öffentliche Personen. Wirtschaftliche Beziehungen und Verflechtungen müssen auch in ihren Größenordnungen bekannt sein. Für mich ist das ein wesentliches Stück Demokratie.
Aber Herr Thümler ging ja noch weiter. „Die Summe der Nebeneinkünfte ist nur entscheidend für Voyeure“, sagte er Bild. Ist das Ihr Verständnis von Demokratie?
CDU und FDP da oben machen, was sie wollen, und das Volk ist der Zuschauer, als Voyeur sozusagen. Die Bevölkerung steckt ihr Geld in Form von Steuern in den Automaten. Aber was dafür gezeigt wird, entscheidet Herr Thümler.
Demokratie sozusagen als Peepshow! Herr Thümler, wäre dann eigentlich die Veröffentlichung im Bundestag die Peepshow Ihres Parteifreundes Lammert? Wird durch mehr Transparenz das Parlament zur Peepshow?