Protokoll der Sitzung vom 18.08.2010

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, Sie setzen damit das Versteckspiel fort, das Sie seit mehreren Wochen betreiben. Sie lassen damit die Bevölkerung nicht nur im Wendland, sondern auch in Niedersachsen und letztendlich auch in Deutschland völlig im Dunkeln. Sie überlassen das Handeln den Mappus und anderen. Sie tun leider nichts für Niedersachsen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Herr Langspecht, ich habe Sie als energiepolitischen Sprecher, als atompolitischen Sprecher oder was Sie sonst noch alles sind, vorhin gefragt: Warum lesen Sie, Frau Bertholdes, Herr Bäumer und andere in Ihren Reihen nicht das Gutachten des Sachverständigenrates und zitieren daraus? Warum lesen Sie, um Herrn Sander inhaltlich ein bisschen unter die Arme zu greifen, nicht die wichtige Stelle nach, dass 2020 - darum geht es - die Grundlast nicht mehr mit konventionellen Kraftwerken abzudecken ist? Das sagen die Sachverständigen. Was bedeutet das? Wenn Sie jetzt weiter wie bisher verfahren, wird die Weiche falsch gestellt und zig Milliarden Euro werden versenkt.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ebenfalls nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung hat nun Herr Kollege Thiele für anderthalb Minuten das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Zunächst wollen wir hier eines klarstellen. Es ist eine gute Gepflogenheit in diesem Hause, dass in Fachdebatten vom Grundsatz her der Fachminister für die Landesregierung spricht. Sie werden auf keinen Fall erzwingen, wer hier für die Landesregierung eine Position formuliert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Wir stellen nur etwas fest!)

Im Übrigen, liebe Johanne Modder, müssen wir doch feststellen, dass die Aktuelle Stunde erkennbar parteipolitisch angelegt war. Bei solchen Debatten sollte der, der als Ministerpräsident Verantwortung trägt, sinnvollerweise den Fraktionen und bei Fachfragen dem Fachminister den Vortritt lassen.

Unabhängig davon möchte ich aber den Falschbehauptungen entgegentreten, die Herr Wenzel in den Raum gestellt hat. Ich habe den vier großen Energiekonzernen in meiner Rede eine klare Absage erteilt, insbesondere was den Stil der Debatte der letzten Tage angeht. Wenn Sie zugehört hätten, dann hätten Sie das auch zur Kenntnis genommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe ferner ein klares und sehr deutliches Lob gegenüber dem Bundesumweltminister ausgesprochen, und zwar für seine Ankündigung, einen Teil der Mittel aus der Brennelementesteuer für die Sanierung der Asse II zu verwenden. Das ist ein Bekenntnis zur Brennelementesteuer. Wenn Sie das nicht verstehen, dann sage ich Ihnen das hier noch einmal im Klartext und in Reinschrift.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im jetzigen Stadium der Diskussion ist für uns völlig klar, dass die Landesregierung die niedersächsischen Interessen, also unsere Interessen zu vertreten hat. Das erwarten wir von ihr. Das tun dieser Ministerpräsident und diese Landesregierung in vielen Gremien und Diskussionen, öffentlich, aber auch in Berlin in Gesprächen mit dem Umweltminister und den Konzernen.

(Johanne Modder [SPD]: Was sind das für Interessen?)

Das ist so, das bleibt so, und das ist gut so!

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun hat sich der Ministerpräsident zu Wort gemeldet. Herr McAllister, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das von der Bundesregierung angekündigte nationale Energiekonzept halte ich für sehr richtig und sehr wichtig. Es ist eine strategische Weichenstellung für den Industriestandort Deutschland - darauf ist bereits hingewiesen worden -, die für die nächsten Jahrzehnte eine ganz entscheidende Bedeutung hat. Das nationale Energiekonzept ist überfällig. Ich begrüße, dass diese Bundesregierung jetzt dazu bereit ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der geschätzte Kollege Thiele hat es schon gesagt: Weder die rot-grüne Bundesregierung von 1998 bis 2005 noch die Große Koalition mit Bundesumweltminister Gabriel waren dazu in der Lage. Das heißt, diejenigen, die jetzt schnell ein nationales Energiekonzept einfordern oder dies kritisieren, wären glaubwürdiger, wenn sie in ihrer eigenen Regierungszeit einen Beitrag dazu geleis

tet hätten, diese strategische Weichenstellung vorzunehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was war Ihr Beitrag in der letzten Le- gislaturperiode?)

Deutsche Energiepolitik muss vier Kriterien erfüllen. Erstens. Energie muss bezahlbar bleiben. Zweitens. Die Energieversorgung muss ökologisch verträglich sein. Drittens. Die Energieversorgung muss verlässlich sein. Viertens. Die deutsche Energieversorgung muss so ausgestaltet sein, dass wir unsere Abhängigkeit von Importen reduzieren.

Dazu brauchen wir eine klug abgestimmte Energiepolitik mit den Schwerpunkten Energieeinsparung und Energieeffizienz und einem realistischen Energiemix. Wir sind uns einig: Die Bedeutung der erneuerbaren Energien wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Der Umweltminister hat es bereits dargestellt. Diese Landesregierung ist fest entschlossen, die Rolle Niedersachsens als Land der erneuerbaren Energien Nummer eins weiter zu festigen und weiter auszubauen. Wir fühlen uns auch den ehrgeizigen klimaschutzpolitischen Zielen der Bundesregierung und der Europäischen Union verpflichtet und werden unseren Beitrag dazu aktiv leisten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir brauchen darüber hinaus eine Modernisierung unseres Gas- und Kohlekraftwerkparks. Wer sich zur Energiepolitik äußert und wer will, dass wir schnell aus der Kernenergie aussteigen, der könnte seiner Verantwortung auch dadurch gerecht werden, dass er nicht jede politische Demonstration gegen den Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken vornweg anführt, wie es insbesondere die Sozialdemokraten tun.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zwischen Gas und Kohle ist ein gro- ßer Unterschied! Nennen Sie das nicht in einem Atemzug!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in der Tat die Kernenergie als Brückentechnologie, wie es Umweltminister Sander bereits angesprochen hat.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Werden Sie konkret: Wie lange?)

Wie lang und wie breit diese Brücke sein wird, das soll und wird sich an dem orientieren, was ener

giepolitisch und klimapolitisch notwendig und sicherheitstechnisch verantwortbar ist.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Legen Sie doch die Kriterien Ihres Gutachtens an!)

Alle diese Fragen sind im Rahmen des nationalen Energiekonzeptes zu erörtern, das noch in diesem Jahr vorgelegt und beschlossen werden soll. Das sind hoch komplexe Fragen. Da geht es um offene Fragen juristischer und technischer Art und natürlich auch um Fragen der politischen Durchsetzbarkeit.

Eine Frage möchte Herr Kollege Wenzel stellen.

Nein danke. - Sie werden sich darauf verlassen können, dass diese Landesregierung und auch ich persönlich versuchen werden, die niedersächsischen Belange in das nationale Energiekonzept mit einzubringen.

(Kurt Herzog [LINKE]: Nennen Sie die doch einmal! - Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Welche denn? Was sind denn die niedersächsischen Belange?)

Das tun wir in Gesprächen mit dem Bundesumweltminister, das tun wir in Gesprächen mit den Ministerpräsidenten anderer Länder. Herr Herzog, das ist der Unterschied zu Ihnen: Regierungsarbeit bedeutet auch viele Gespräche hinter den Kulissen, statt ständig um der Diskussion willen alles gleich auf dem offenen Marktplatz auszutragen. Das ist der Unterschied zwischen Regierung und Opposition.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Im Dunkeln!)

Herr McAllister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Nein.

Sie können davon ausgehen, dass wir unsere Belange einfließen lassen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Welche sind das denn?)

- Die sind doch hinreichend bekannt. Der Umweltminister hat sie doch gerade eben vorgetragen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Definie- ren Sie die niedersächsischen Belan- ge doch einmal!)

Sie können sich auf eines verlassen: Die Energiepolitik dieser Landesregierung ist eine Energiepolitik, die pragmatisch, verlässlich und vernünftig auf die bestehenden Herausforderungen reagiert

(Rolf Meyer [SPD]: Phrasen!)

und die nicht naiv oder mit ideologischen Scheuklappen versehen ist, wie das die Opposition heute Morgen einmal mehr bewiesen hat.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, stelle ich zunächst einmal die Beschlussfähigkeit fest.