Verehrter Herr Kollege Adler, weil ich Sie nicht zu den Klamaukbubis in Ihrer Fraktion zähle, habe ich mir die Mühe gemacht, mich einmal mit Ihren Argumenten in der Einbringung vor vier Wochen zu beschäftigen. Vor 27 Tagen haben Sie hier betont, dass Steuerhinterzieher kein Unrechtsbewusstsein hätten, dass Sie die Autorität des Parlaments stärken wollen, dass Sie den Antrag fürsorglich gestellt hätten und dass Sie der Politikverdrossenheit entgegenwirken wollten. Heute habe ich von Ihnen noch ein neues Ziel gehört, nämlich die soziale Gerechtigkeit.
Meine Damen und Herren, all das sind natürlich hehre Ziele, Herr Adler, aber diese Ziele erreichen wir nicht mit den Mitteln Ihres Antrags.
Mal ganz nebenbei bemerkt: In der letzten Debatte hatte ich immer so den Eindruck gewonnen, dass sich Ihre Fraktion über die Aktivitäten des Verfassungsschutzes dermaßen aufregt, aber im gleichen Atemzug wollen Sie von staatlichen Behörden kontrolliert werden. Entweder respektieren Sie grundsätzlich staatliches Handeln, oder Sie fordern so etwas bitte erst gar nicht ein!
Das zeigt eigentlich ein ganz merkwürdiges Demokratieverständnis, und ich frage mich die ganze Zeit, welche Funktion Sie hier letztlich dem Staat geben wollen. Antworten darauf habe ich bisher nicht vernehmen können.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir abschließend noch den Hinweis, der deutlich macht, dass dieser Antrag der Linken nur reinen Unterhaltungswert haben soll. Meinten die Linken es wirklich ernst mit ihrem Antrag - das bewusst hypothetisch ausgedrückt -, hätten sie bereits in den vergangenen vier Wochen die geforderte Erklärung freiwillig abgegeben und dies auch entsprechend publiziert.
Ich habe dazu nichts gelesen. Aber letztlich kann man sagen: Tausendmal das Thema berührt, und nichts ist passiert.
Auf der Internetseite war noch nicht einmal ein Hinweis auf Ihren Antrag. Ich habe genauso wie der Kollege Bosse letzte Nacht noch einmal im
Internet gesurft: kein Hinweis auf irgendeine freiwillige Selbstverpflichtung! - Ich bereite mich nachts auf die Sitzungen vor. Vielleicht haben die Linken sonst was gemacht.
Meine Damen und Herren, es ist einfach traurig, aber wahr. Man kann hier festhalten, liebe Fraktion DIE LINKE: Das war gut gebrüllt, aber Sie haben da nichts auf die Reihe bekommen. - Ich frage mich, warum wir uns Ihnen anschließen sollen.
Stattdessen machen wir Christdemokraten lieber eine bürgernahe Sachpolitik in Niedersachsen und für die Niedersachsen. - Jetzt kann sich Herr Dr. Sohn gern in die Rednerliste einreihen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte den lieben Kollegen Herrn Dreyer fürsorglich nur darauf hinweisen, dass er - wie vorher schon Herr Wulff - mit dem „Tausendmal berührt“ jetzt das zweite Mal den Autor eines Gesangstückes zitiert hat, der vom Verfassungsschutz sorgfältig beobachtet wird, nämlich Diether Dehm. Passen Sie auf, dass Sie nicht in die Fänge Ihres Kollegen Schünemann geraten!
(Beifall bei der LINKEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das war ja richtig witzig! - Weitere Zurufe von der CDU)
Ich sehe nicht, dass geantwortet werden soll. Damit gehen wir in der Rednerliste weiter, und es hat jetzt Herr Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Unsere Fraktion hat den Antrag in der letzten Tagung abgelehnt, und wir werden das natürlich auch diesmal tun, weil, wie das hier schon richtig dargestellt worden ist, Sie kein wesentlich neues Argument gebracht haben, das uns irgendwie überzeugen könnte, dem Antrag auch nur annähernd, in irgendeinem Teil zuzustimmen.
Sie reden in dem Antrag - auch gerade in Ihrer Begründung, Herr Adler, haben Sie das noch einmal getan - immer wieder von Freiwilligkeit. Der Antrag sehe ja nur eine freiwillige Selbstverpflichtung vor, und deswegen seien hier ja alle Rechte der einzelnen Abgeordneten gewahrt.
Um es ehrlich zu sagen: Ich finde es ganz schön heuchlerisch, wie Sie das hier darstellen. Sie wissen ganz genau, dass dann, wenn wir diesen Antrag beschließen würden und wenn es eine Verpflichtung geben würde, wenn einzelne Abgeordnete aber sagen würden, dass sie sich dem entziehen und eine Kontovollmacht nicht erteilen würden, weil es ja ihre freiwillige Entscheidung ist, hier eine unglaubliche Drucksituation erzeugt werden würde. Man würde sich immer wieder fragen: Na, haben die Abgeordneten etwas zu verbergen, sind die vielleicht kriminell? - Von Freiwilligkeit könnte dann wirklich überhaupt keine Rede mehr sein. Lassen Sie das bitte! Sie wissen genau wie ich, dass Freiwilligkeit so nicht funktioniert.
Ein zweiter - wie ich finde - wesentlicher Aspekt ist die generelle Unschuldsvermutung. Wir leben in einem Rechtsstaat, und selbstverständlich gilt für jede Bürgerin und jeden Bürger, auch für jede Landtagsabgeordnete und jeden Landtagsabgeordneten, erst einmal die Unschuldsvermutung. Es bedarf schon eines begründeten Verdachts, damit Behörden, wie z. B. die Finanzämter, Vollmachten bekommen.
Um es noch einmal klarzustellen: Es geht hier nicht um Transparenz der Einnahmen. Natürlich müssen wir Nebeneinkünfte offenlegen. Das wollen wir Grüne. Das haben wir immer eingefordert. Wir sind für Transparenz, weil nur so echte demokratische Kontrolle möglich ist. Aber in Ihrem Antrag geht es darum, dass das Finanzamt Einsicht darin bekommt, wo wir mit der EC-Karte einkaufen, ob wir an unsere Oma oder an unsere Tante Geld überweisen oder ob wir von denen Geld bekommen.
Jedes Detail der privaten Lebensgestaltung soll offengelegt werden. Das widerspricht ganz eklatant der Unschuldsvermutung, und auch darum lehnen wir das ab.
Ein letzter Aspekt: In den letzten Tagen ist ja in Deutschland sehr viel über Datenschutz geredet worden, insbesondere über mangelnden Datenschutz, über Eingriffe in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern. Darum sollten wir auch hier im Parlament eher über mehr Datenschutz, über Signale für mehr Datenschutz diskutieren und nicht über die völlige Abschaffung des Datenschutzes, wie Ihr Antrag das fordert. Darum werden natürlich auch wir ihn ablehnen.
Meine Damen und Herren, zu Punkt 9 der Tagesordnung liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. - Entschuldigung, Herr Zielke, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag offenbart nicht nur ein eigenartiges Staatsverständnis. Er ist leider in weiten Teilen auch von der Realität überholt. Denn das Bankgeheimnis, von dem wir uns nach Meinung der Linken freiwillig trennen sollen, gibt es doch faktisch gar nicht mehr. Allein im Jahr 2007 hat es Millionen Zugriffe auf Stammdaten von Banken und Kreditinstituten gegeben - alle selbstverständlich aus begründetem Anlass.
Insofern: Dass die Finanzbehörden von der freiwilligen Selbstunterwerfung der Abgeordneten nur Gebrauch machen sollen - ich zitiere aus Ihrem Antrag - „durch Stichproben und aus begründetem Anlass“ - das klingt hübsch und maßvoll -, ist doch nur ein Feigenblatt für die Schaffung des gläsernen Untertans.
Es ist in den letzten zehn Jahren mit den Bürgerrechten schon schlimm geworden, seit die FDP nicht mehr in der Bundesregierung ist:
der gläserne Bankkunde, der gläserne Telefonnutzer, der gläserne Patient, der gläserne Fluggast, der gläserne Computer, bald vielleicht der gläserne Autofahrer.
Aber dieser Antrag gibt Anlass zu ein paar grundsätzlichen Bemerkungen. Sie wollen, dass wir als Abgeordnete uns zu leuchtenden Vorbildern der informationellen Selbstaufgabe machen.
Ihr Motto: Wer nichts zu verbergen hat, der kann doch nichts dagegen haben, seine Privatheit preiszugeben. - Aber wer das akzeptiert, der macht sich zum Untertan.
Und wer das fordert, der will nicht den Bürgerstaat, der will den Staat als Obrigkeit. Aber unser Staat ist nicht mehr von Gottes Gnaden, er verkörpert auch nicht die Herrschaft des gesunden Volksempfindens, und er ist auch keine Diktatur des Proletariats - Letzteres genau in dem Sinne, dass hier nicht die Proleten diktieren, was richtig ist. Nein, wir, die Staatsbürger, konstituieren diesen Staat, und er steht nicht über uns.
Wenn wir, meine Damen und Herren Abgeordnete, Vorbilder sein sollten, dann in dem Sinne: Ich habe nichts zu verbergen, und deswegen gehen dich, wertes Finanzamt, und dich, wertes BKA, mein Konto und mein Computer im Prinzip gar nichts an.
Nicht wir Bürger müssen uns rechtfertigen, wenn wir eine Auskunft verweigern, sondern der Staat muss sich rechtfertigen, wenn er eine Auskunft verlangt. Der Bürger hat primär als unschuldig zu gelten. Er braucht nicht zu begründen, warum er sich für unschuldig hält, oder zu beweisen, dass er unschuldig ist. Vielmehr muss der Staat im Einzelfall begründen, warum er an der Unschuld bzw. an der Steuerehrlichkeit des Einzelnen zweifelt.
Ich frage mich übrigens, warum Sie sich gerade die freiwillige Offenlegung der Bankkonten an das Finanzamt auf die Fahne geschrieben haben und nicht die freiwillige Offenlegung der Festplatten an das Bundeskriminalamt. Wir sind doch sicherlich keine Terroristen, verehrte Damen und Herren von den Linken. Wir haben doch nichts zu verbergen. Oder?