Meine Damen und Herren, zu Tagesordnungspunkt 1 d liegt mir keine weitere Wortmeldung vor. Ich schließe die Beratung.
Volkswagen muss als selbstständiges niedersächsisches Unternehmen erhalten bleiben - Die Interessen der Beschäftigten und der niedersächsischen Wirtschaft dauerhaft sichern! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/212
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Unternehmen Porsche heißt Porsche, weil die Familie Porsche einen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmenspolitik hat. Das Unternehmen Volkswagen hat erkennbar eine ganz andere Geschichte. Die komplizierte Eigentumssituation hat 1959/1960 zu einem Kompromiss geführt, der sich zuerst in der Satzung und dann im VW-Gesetz niedergeschlagen hat.
Diese historische Anmerkung ist notwendig, um die Auseinandersetzungen zu Volkswagen in angemessener Weise zu führen, auch wenn so mancher in Brüssel das nicht wahrhaben will. Wir haben überhaupt keine Veranlassung, von diesem Kompromiss abzuweichen, weil dieses Unternehmen aufgrund seiner Unternehmenskultur und seiner Mitwirkungsrechte wirtschaftlich erfolgreich ist. Darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren.
Die SPD-Fraktion hat keine Einwände erhoben, als es darum ging, ob das Unternehmen Porsche bei VW einsteigt. Das war in Ordnung, dabei waren wir uns auch einig. Wir haben auch zur Kenntnis zu nehmen, dass der Europäische Gerichtshof zwei Details aus dem VW-Gesetz eliminiert hat, die er für nicht vereinbar mit dem europäischen Recht hält. Aber wir haben überhaupt keine Veranlassung, davon abzuweichen, dass die gültige Satzung auch in Zukunft und das VW-Gesetz auch in Deutschland in angemessener Weise ihre Gültigkeit behalten müssen. Dafür streiten wir.
Wir stehen mit diesen Forderungen nicht allein. Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Bundesregierung und bei all denen, die dazu beigetragen haben, dass die Bundesregierung letzte Woche diesen Gesetzentwurf beschlossen hat. Ich hoffe, dass die Protokollnotiz zum Gesetz folgenlos bleiben wird. Das wünsche ich uns allen miteinander. Ich werde auch weiterhin dafür streiten, dass in Europa das Alleinstellungsmerkmal des Themas VW erkannt wird. Ich räume gerne ein: Ich war sehr ungehalten darüber, dass Herr Verheugen in der letzten Woche öffentlich erklärt hat, er sehe das wie die Kollegen in der EU-Kommission. - Wir müssen den deutschen Europäern in Kommission und Parlament deutlich machen, dass wir nicht bereit sind, das zu akzeptieren. Wir werden weiter dafür streiten, dass die EU ihre Widerstände aufgibt. Denn sie sind unangemessen, wie ich finde.
Wir werden weiter dafür kämpfen, dass in der Satzung und im Gesetz - und wenn das alles nicht helfen sollte, auch durch angemessene Anteile; aber ich hoffe, es reicht - die Einflussmöglichkeiten des Landes Niedersachsen und damit die Interes
sen der Beschäftigten und Standorte auf Dauer gesichert bleiben, meine Damen und Herren. Darum geht es in dieser Auseinandersetzung. Es geht darum, dass der Firmensitz und die Produktion in Niedersachsen bleiben. Das kann sehr wohl mit dem profitablen Unternehmen, das sich in der internationalen Konkurrenz erfolgreich behaupten kann, ins Einvernehmen gebracht werden.
Aber ich sage auch ausdrücklich: Volkswagen ist kein patriarchalisches Unternehmen - dass Porsche ein solches Unternehmen ist, mussten wir in diesen Tagen zur Kenntnis nehmen. Bei allem Respekt davor, wie das Unternehmen Porsche geführt wird - und es wird ja erfolgreich geführt -: Die Art der Auseinandersetzung und die Art der Intervention von Porsche bei dem Unternehmen Volkswagen, wie sie in den letzten Tagen stattgefunden hat, machen deutlich, dass wir dafür streiten müssen, dass der zweitgrößte Eigner von VW, nämlich Niedersachsen, seine Kompetenz aufrechterhält. Porsche sieht nicht durch die Brille Niedersachsens, das wird sich auch nicht ändern. Deshalb sage ich für meine Fraktion: Wir unterstützen den Betriebsrat mit Bernd Osterloh an der Spitze dabei, die Unternehmenskultur und die Mitbestimmungsrechte bei Volkswagen auf Dauer zu sichern. Wir unterstützen auch das, was der Vorstandsvorsitzende Winterkorn in den letzten Tagen gegenüber der Süddeutschen Zeitung gesagt hat: Die Kunden, die Händler, die Belegschaft, die Zulieferer und die Aktionäre haben Vertrauen in die Wachstumsstrategie von Volkswagen. - Wir haben auch Vertrauen in diese Wachstumsstrategie und fordern den Hauptaktionär Porsche auf, dieses Vertrauen ebenfalls aufzubringen; denn es ist gerechtfertigt. Ein angemessener Umgang der beiden großen Aktionäre miteinander ist aus Sicht der Beschäftigten und des Landes Niedersachsen dringend geboten.
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Herrn Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn bei VW mit dem nun vorgelegten neuen VW-Gesetz von Frau Zypries wirklich alles
klar wäre - so soll es ja nach außen hin den Anschein haben -, warum läuft dann die kontroverse öffentliche Diskussion so unvermindert weiter? - Recht haben heißt eben nicht immer auch recht bekommen, Kollege Jüttner.
Alle Freudenbekundungen über das von der Bundesregierung eingebrachte neue VW-Gesetz erinnerten angesichts der darin enthaltenen automatischen Änderungsklausel leider an das bekannte Pfeifen im Walde. Wie kann der Bund von seinem Vorgehen rechtlich überzeugt sein, wenn er eine solche Hintertür offen lässt und selbst eine Protokollnotiz zum Gesetz zum nachträglichen schadlosen Umschreiben der sicher geglaubten - nach den Aussagen von Frau Zypries in der Vergangenheit habe auch ich sie sicher geglaubt - Sperrklausel von 20 % auf die von der EU geforderten 25 % mit aufnimmt? Dabei haben doch alle hier ein mulmiges Gefühl. Deshalb wurde auch diese Aktuelle Stunde beantragt, und deshalb haben Sie, Herr Jüttner, einen dringenden Brief an Ihren Parteifreund und EU-Kommissar Verheugen geschrieben, der offen ausgesprochen hat, was die EU scheinbar durchdrücken will.
Rechtlich scheint die Fortschreibung der 20-%Sperrklausel, wie sie Frau Merkel und Frau Zypries auf den Weg gebracht haben, nach EU-Vorgaben auf tönernen Füßen zu stehen. Das sagen leider nicht nur EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy und Wendelin Wiedeking, denen man ja noch parteiliche Interessen unterstellen kann. Brüssel hat angesichts der viel ausgeprägteren protektionistischen Bestrebungen in Spanien, Frankreich und Italien scheinbar gar keine andere Wahl: Es kann bei VW kein Auge zudrücken. - Der EuGH würde - so sieht es im Augenblick aus - sehr schnell erneut negativ entscheiden und nach derzeitigem Stand womöglich die 20 % nicht anerkennen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, angesichts der historischen Verantwortung des deutschen Staates aus dem Aufbau der Fabriken in Wolfsburg mit enteignetem Gewerkschaftskapital steht die Bundesregierung hier mit Niedersachsen klar in einer Verantwortungsgemeinschaft.
Statt sich mit allzu unsicheren rechtlichen Versprechungen bei VW durch die Hintertür aus der Verantwortung zu stehlen, hat der Bund - anders als Niedersachsen - aber auch das Potenzial, die Absicherung der öffentlichen Interessen bei VW durch die Vordertür umzusetzen. Darauf sollten wir möglicherweise mehr unser Augenmerk setzen.
Bei der nun offensichtlich gewordenen Unsicherheit, ob auch das neue VW-Gesetz wieder einkassiert werden wird, raten wir dringend an, ein zusätzliches Sicherheitsnetz zu spannen. Um dem für das Unternehmen schädlichen Gezerre mit der EU und mit Porsche endlich ein Ende zu setzen, sollte der Bund mit seinen Bankbeteiligungen die Chance einer rentierlichen Übernahme von 5 % VW-Aktien durchrechnen und für den Fall der Fälle ernsthaft vorbereiten. Die Potenziale des Unternehmens insbesondere in den zukünftig im Wettbewerb entscheidenden Energiespartechniken sollten dabei auch Herrn Steinbrück überzeugen.
Trotz aller Erfolge, die VW in den vergangenen Monaten eingefahren hat, braucht der Konzern jetzt endlich wieder ein verlässliches und ruhiges Umfeld. Die heute bekannt gewordenen Rücktrittsgerüchte um Martin Winterkorn sind da ein echtes Alarmsignal. Das Machtgerangel zerrt über Gebühr an den Nerven aller Beteiligten und wird auf Dauer auch die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit im Unternehmen beeinträchtigen.
Nachdem der Bund den ersten Schritt mit dem neuen VW-Gesetz gegangen ist, muss er nun auch die nötigen Maßnahmen zur Absicherung der vorhandenen Schwächen des Gesetzes ergreifen. Ich finde, das sollte heute von hier aus auch als Signal ausgehen. Wir sollten uns nicht blind auf dieses neue VW-Gesetz verlassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es richtig gut, dass sich der Landtag erneut in einer Aktuellen Stunde mit VW und dem befasst, was Porsche da so treibt. Schließlich - das haben wir schon gehört - ist VW einer der wichtigsten Arbeitgeber in Niedersachsen und sozusagen der Lackmustest dafür, inwieweit die Landesregierung, aber auch die SPD die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im VWKonzern vor den Angriffen von Porsche schützen will.
verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sind ja im Verein mit der wirtschaftsliberalen FDP als Speerspitze für den Kahlschlag im Sozialstaat, für den Sozialklau der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stets besonders hervorgetreten.
(Björn Thümler [CDU]: Das ist eine unwahre Behauptung! - Weiterer Zu- ruf von der CDU: Das ist alles gelo- gen!)
Meine Damen und Herren, wer sich nicht zu schade ist, Landeskrankenhäuser zu privatisieren, von denen weiß man: Das sind Ideologen,
und sie sind für rationale Argumente eigentlich überhaupt nicht mehr zugänglich, weil maximale Gewinne götzenhaft über allem stehen.
haben Ihr Versprechen der IG Metall gegenüber nicht gehalten, das VW-Gesetz nach dem EuGHUrteil weitgehend zu erhalten. Ich spreche hier vom Entsenderecht.
Dabei sollte Ihnen das Herz eigentlich doch höher schlagen, wenn Sie einen VW über die Straßen rollen sehen. VW ist doch ein gelungenes Modell für die Aufhebung einer Enteignung!
Die Nazis, unter anderen mit den Anführern Porsche und Schwiegersohn Piëch, haben mit geraubten Gewerkschaftsgeldern und mit dem Blut und dem Leben von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern das Werk in Wolfsburg aufbauen lassen.
- Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen. - Die besonderen Regelungen, wie das VW-Gesetz, die Stiftung oder die Mitbestimmung, haben einen historischen Hintergrund. Jede Landesregierung hat deswegen eine besondere Verantwortung für VW. Daran sollten wir immer denken, wenn wir über die Zukunft von VW sprechen.
Worum es aber heute geht, ist, sich klarzumachen, dass sich offensichtlich ein deutsches Unternehmen, das überdies traditionelle Beziehungen zu VW hat, wie eine „Heuschrecke“ aufführt. Dass darüber sogar der Spiegel berichtet, der nun wirk
lich nicht im Verdacht steht, das Leib- und Magenblatt der LINKEN zu sein, sollte Sie wirklich beunruhigen.
Es geht also um weit mehr als nur um die Frage nach der Aktienmehrheit. Es geht darum, dass Porsche mit Audi einen missliebigen Konkurrenten von der Platte putzen will. Es geht also auch um Arbeitsplätze an einem deutschen Standort wie Ingolstadt. Porsche zerschlägt Porzellan, das nicht mehr zu kitten ist. Sie haben nicht nur die Gewerkschaften gegen sich, sondern auch die Manager. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: die Manager, eine Spezies, die es ansonsten wunderbar versteht, sich gegenseitig geräuschlos Geld in die Tasche zu stecken,