Herr McAllister, Frau Merkel hat am Sonntagabend um 23 Uhr die Chefs der großen Atomkonzerne angerufen und gefragt, ob die Beschlüsse genehm sind.
Bei Ihnen, Herr McAllister, hat noch nicht einmal das Telefon geklingelt. Mit dem Altministerpräsidenten Albrecht hat man noch verhandelt. Mit Ihnen macht man das offensichtlich nicht mehr.
Sie haben vor zwei Wochen gesagt: Je kürzer, desto besser. - Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit. Verbünden Sie sich mit den Bundesländern, die den Atombeschluss ablehnen! Verweigern Sie die Verlängerung des Rahmenbetriebsplans für Gorleben! Fordern Sie die Beteiligung des Bundesrates, dieses Parlamentes bei der Entscheidung über Laufzeitverlängerungen! Sagen Sie Nein! Das meine ich sehr ernst.
(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Abgeordnete der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen zeigen Plakate mit der Aufschrift „Atomkraft? Nein danke!“)
Meine Damen und Herren, Sie wissen, wie die Übung hier im Parlament ist. Wir sollten das nicht unbedingt verkomplizieren. Drehen Sie das bitte um. Dann sind wir alle zufrieden und kann ich den nächsten Redner aufrufen. Das ist der Kollege Langspecht von der CDU-Fraktion. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es läuft ja immer wieder nach demselben Muster ab, Herr Wenzel: Hasskappe aufsetzen, Hysterie und Weltuntergangsuntergangsstimmung. Immer dasselbe, immer die gleiche Show. Das ist schon fast peinlich hier.
Herr Kollege Langspecht, auch das Wort „Hasskappe“ halte ich in diesem Zusammenhang nicht unbedingt für parlamentarisch richtig.
Meine Damen und Herren, die Zukunft der Energieversorgung ist eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Es ist das Megathema mit einer Vielzahl von Fragestellungen. Ihr fundamentaler Irrtum, Herr Wenzel, ist, dass Sie dieses komplexe Thema allein auf die Laufzeiten der Kernkraftwerke reduzieren. Tatsächlich ist die Verlängerung der Laufzeiten nur eines von etlichen energierelevanten Themen, die jetzt von der Bundesregierung sachgerecht, seriös und ideologiefrei
Die Bundesregierung hat jetzt gehandelt und das nachgeholt, was Rot-Grün trotz aller klimapolitischen Predigten in der Vergangenheit nie in Angriff genommen hat, nämlich die konsequente Beschreitung des Weges in das regenerative Zeitalter,
ohne die Energieversorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen außer Acht zu lassen, meine Damen und Herren.
Das ist ein großer Erfolg der Bundesregierung. Den lassen wir uns auch nicht durch Sie kleinreden, Herr Wenzel.
Leitlinie des Neun-Punkte-Konzeptes ist und bleibt eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung. Deswegen ist der wichtigste Eckpfeiler des Konzeptes der weitere konsequente Ausbau der regenerativen Energien. Der Fahrplan steht: 2020 wollen wir 35 % erreichen, 2050 80 %. Gerade wir hier in Niedersachsen - dies haben wir eben gehört - sind hervorragend aufgestellt, gerade was Biogas und Windkraft betrifft.
Meine Damen und Herren, fest steht, dass wir selbst unter ehrgeizigsten Annahmen bis 2020 die Stromerzeugung nicht durch erneuerbare Energien sicherstellen können. Auch das ehrgeizige Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 % zu senken, können wir jedenfalls nicht ohne Nutzung der Kernkraft erreichen.
Wenn wir unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit, unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand auch in Zukunft erhalten und sichern wollen, brauchen wir einen technologieoffenen Mix aller verfügbaren Energieträger, und zwar unter Einschluss der Kernenergie.
Bei der Kernkraftnutzung geht es eben nicht um die Frage „Ja oder nein zur Kernenergie?“, Herr Meyer, wie es von Ihnen populistisch und sachverhaltsverfälschend immer wieder dargestellt wird. Meine Damen und Herren, dazu gehört auch die Finanzierung des Hüttendorfes in Hannover mit Landesmitteln. Wir werden sehr genau prüfen, was da dran ist.
Meine Damen und Herren, das Konzept sieht deshalb vor, dass die Kernkraftwerke durchschnittlich zwölf Jahre länger laufen.
Das ist aus unserer Sicht ein tragbarer Kompromiss. Entgegen Ihrer ständigen Argumentation, Herr Wenzel, die Kernkraft widerspreche dem Ausbau der erneuerbaren Energien, bietet das Energiekonzept jetzt die Möglichkeit, die Finanzierung in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz ganz massiv auszubauen.
Die vorgesehenen Einnahmen betragen am Ende ungefähr 30 Milliarden Euro. Sie werden zu einem Großteil für Energieeffizienz, für die Erforschung der regenerativen Energien, für Speichertechnologien, für den Netzausbau und für umweltfreundliche Mobilität eingesetzt werden können.
Meine Damen und Herren, es ist doch überhaupt gar keine Frage, dass bei den zusätzlichen Einnahmen auch die Länder mitreden und auch beteiligt werden müssen. Diese Einnahmen können natürlich nicht zulasten der Länder und der Kommunen gehen. Vor allem wir in Niedersachsen haben allen Grund, einen Ausgleich für die Belastungen durch Gorleben, Konrad und Asse zu fordern. Dies ist aber längst auf den Weg gebracht. Unser Ministerpräsident hat hier gut vorgearbeitet. Sie können sicher sein und wir sind optimistisch, dass wir berücksichtigt werden, dass Niedersachsen am Ende einen besonderen Ausgleich finanzieller Art bekommen wird.
Was Gorleben betrifft, Herr Wenzel, kann ich nur sagen: Der Salzstock wird nach Aufhebung des Moratoriums zu Ende erkundet.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zum Atomkonsens von Rot-Grün, dessen einziger Inhalt die Laufzeiten für die Kernkraftwerke war, haben wir mit der neuen Konzeption einen Rahmenplan, der die Energieversorgung in Deutschland auch für die Zukunft sichert. Wir sind auf einem guten Weg.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von den GRÜNEN: Herr Rolfes liest Sarrazin! - Dr. Man- fred Sohn [LINKE]: Herr Rolfes, wir haben es gesehen!)
Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Herzog für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da standen Sie kürzlich nebeneinander, um die Medien nach Erhalt eines Gutachtens über die zukünftige Energiepolitik zu informieren: Röttgen und Brüderle, 2 m Abstand zwischen diesen beiden Vertretern ein und derselben Regierung. Der Gelbe sagte: Das Gutachten beweist: 20 Jahre Laufzeitverlängerung sind existenziell notwendig. - Der Schwarze sagte: Die Zahl der Verlängerungsjahre hat, wenn überhaupt, nur marginale Auswirkungen auf den Strompreis. Eine Versorgungslücke ist nicht zu befürchten. - Würden Sie von dieser Regierung eine Versicherung kaufen? - Ich nicht!
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Das war eine denkwürdige Vor- stellung!)
Die Merkel-Regierung vergibt allerdings so lange Gutachten, bis ein von den Atomriesen gesponsertes Institut endlich das hineinschreibt, was gebraucht wird. Aber das zuerst vergebene Gutachten, nämlich das Gutachten des unabhängigen Sachverständigenrats für Umweltfragen, lässt man schnell in der Versenkung verschwinden. Das passte nämlich nicht zu der schwarz-gelben Betonideologie; denn es war ein glasklarer Abgesang auf das atomfossile Zeitalter. Es benennt die Systemunverträglichkeit zwischen den erneuerbaren Energien und Atom- und Kohlekraftwerken. 2020 werden träge, unflexible Großkraftwerke nicht mehr gebraucht, steht darin. Je mehr Erneuerbare, desto intelligenter und schneller müssen flexible, hocheffiziente Kraftwerke das Angebot der Erneuerbaren mit dem realen Verbrauchsbedarf verbinden. Das bedeutet, dass AKWs immer häufiger abgeschaltet werden.
Daraus folgen aber zwangsläufig zunehmend Materialermüdung und Störungen, es sei denn, Schwarz-Gelb kippt nach dem Kastrieren der Solarförderung, dem Streichen der BHKW-Zuschüsse und den Programmen für Wärmedämmung dann letztlich auch noch den wichtigsten Pfeiler einer Strategie ins Zeitalter der Erneuerbaren, nämlich den Vorrang der Einspeisung von Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser. Dann werden eben
zugunsten des maroden AKWs Unterweser Windanlagen im Emsland vom Netz geworfen, egal wie gut der Wind bläst, Herr Bäumer.