Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Vom Verfassungsschutz wurde nicht dargestellt, dass es Gründe geben muss, die direkt in der Person liegen, dass also jenseits der Beteiligung oder Mitgliedschaft in einer Partei noch einmal extra geprüft werden kann. So hätten jedenfalls diese Briefe vom Amt für Verfassungsschutz interpretiert werden müssen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wo sind denn diese Briefe? - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist schon seit März bekannt! - Hans- Christian Biallas [CDU]: Sie haben ei- ne Behauptung aufgestellt, die nicht belegt werden kann!)

Deswegen ist es eben nicht richtig, wenn gesagt wird, dass der Verfassungsschutz sich immer ganz korrekt an Recht und Gesetz gehalten hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Kernproblem in dieser Angelegenheit bleibt natürlich die Rolle des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Er legt nun einmal keine differenzierte, sachliche oder aufgeklärte Haltung in Bezug auf die Linkspartei an den Tag. Andere Länder gehen entschieden differenzierter vor und sagen: Ja, es gibt vielleicht Teile in der Linkspartei, die man beobachten soll, wie z. B. die Marxistische Plattform; aber wir finden es falsch, diese Partei in Gänze zu diskreditieren und unter Generalverdacht zu stellen. Das wird der Partei nicht gerecht. In dieser Partei gibt es viele linke Sozialdemokraten, die von der SPD enttäuscht sind, und Gewerkschaftler.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Gewerk- schafter!)

Sie sagen diesen Leute durch den niedersächsischen Verfassungsschutz: Wir halten euch alle für gefährlich und für Verfassungsfeinde. - Das wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Natürlich ist es ein Stück weit perfide und infam, zu behaupten, dass die ganze Schuld für dieses verschleppte Verfahren bei der Regionsbehörde gelegen hat.

(Reinhold Coenen [CDU]: Wo denn sonst?)

Natürlich haben Sie immer wieder mit verschiedenen Schreiben versucht, das ganze Verfahren zu verzögern und zu verschleppen. Da gibt es doch kein Vertun. Das kann man doch nicht einfach wegwischen.

Herr Schünemann, Sie haben das relativ geschickt gemacht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das stimmt!)

Ihr Haus wusste, dass Sie das eigentlich nicht wollen. Sie haben das Innenministerium damit in ziemliche Verlegenheit gebracht. Deswegen gab es auch das Herumeiern zwischen der Abteilung 6 und der Abteilung 4.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja!)

Da waren sich zwei Abteilungsleiter nicht einig. Man wusste nicht, wie es jetzt weitergeht und was man tun soll. Man wusste, dass der Hausherr die Einbürgerung nicht will, und musste damit irgendwie umgehen. Am Ende hat man den Ball einfach an die Regionsbehörde zurückgespielt.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Die Region ist doch zuständig! - Glocke der Präsidentin)

So war das Verfahren. Sie haben in Ihrem Haus den Eindruck erweckt, Sie wollten nicht einbürgern.

Herr Briese, einen letzten Satz!

Sie haben das wahrscheinlich nicht direkt angewiesen, sondern Sie haben das auf einem sehr viel perfideren Weg gemacht. Deshalb stehen wir heute dort, wo wir stehen.

Mein allerletzter Satz: Am besten wäre es, wenn der niedersächsische Verfassungsschutz eine aufgeklärtere Haltung an den Tag legen würde; denn dann wäre das ganze Verfahren deutlich einfacher und zügiger vonstatten gegangen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Oetjen. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich gesehen habe, dass die Fraktion der Linken dieses Thema für die Aktuelle Stunde angemeldet hat, habe ich mich wie wahrscheinlich

viele Kollegen hier im Hause gefragt, ob es in diesem Fall etwas Neues gibt.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja, das stand in der Braunschweiger Zeitung!)

- Frau Flauger, das habe ich gelesen. Aber ich habe gewartet, ob hier vielleicht noch Dinge vorgetragen werden, die in den Akten übersehen wurden und die andere Fraktionen vielleicht nicht gefunden haben. Deshalb habe ich mich auch relativ spät zu Wort gemeldet; denn ich wollte hören, was Frau Zimmermann an Neuem zu der Frage beizutragen hat, die Sie hier aufwerfen, ob der Minister das Parlament belogen hat. Das ist ja ein dramatischer Vorwurf. Für die FDP-Fraktion kann ich feststellen: Nichts hat sie dazu beigetragen. Es gibt in dieser Frage keine neuen Erkenntnisse. Das ist kalter Kaffee, der wieder aufgewärmt wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Oetjen, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Flauger?

Ich habe gerade erst angefangen zu reden. Später gern. - Ich erinnere noch einmal daran, wie ein solches Einbürgerungsverfahren abläuft: Die Region Hannover als untere Behörde ist für dieses Verfahren zuständig. Sie wendet sich an den Verfassungsschutz mit der Frage, ob in diesem Einbürgerungsfall Erkenntnisse vorliegen. Das ist standardisiert, wie auch die anderen Kollegen gesagt haben. Der Verfassungsschutz äußert sich dann. In diesem Fall muss die Region Hannover diese Äußerung des Verfassungsschutzes für sich bewerten. Es ist in die Kritik geraten, dass vom Innenministerium verlangt worden sei, hier ein Benehmen herzustellen.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Rückspra- che!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Benehmen“ heißt, Rücksprache vor der letzten Entscheidung zu halten, heißt aber eben nicht Einvernehmen. Das heißt für mich, dass die Region Hannover weisungsungebunden und weisungsunabhängig entscheiden kann. Es gibt keine Weisung aus dem Innenministerium, wer eingebürgert und wer nicht eingebürgert werden darf.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: So ist es!)

Das, was die Kollegin Leuschner verlangt, nämlich dass die Behörde vor Ort das unabhängig machen kann und keine Weisungen gegeben werden, ist exakt das Verfahren, wie es bereits heute der Fall ist und auch bei Frau Menger-Hamilton der Fall war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt noch einmal die Frage, Herr Kollege Oetjen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Flauger?

Frau Präsidentin! Vielen Dank Herr Oetjen. Ich zitiere, was in der Braunschweiger Zeitung als Auszug aus der E-Mail stand:

„Herr Schünemann hatte sich zu dem Fall klar positioniert. Können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas tun, um die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu stoßen???“

- Das meint ja wohl die Richtung, die der Innenminister klar geäußert hat. -

„Wenn Frau Hamilton eingebürgert ist, ist es zu spät!“

Denn dann ist das Kind in den Brunnen gefallen. Das entspricht nicht dem Wunsch des Innenministers.

Sind Sie der Meinung, dass der Satz „Herr Schünemann hatte sich zu dem Fall klar positioniert“, tatsächlich dahingehend Interpretationsspielraum lässt, dass Herr Schünemann möglicherweise gesagt hat, er möchte gern, dass Frau MengerHamilton eingebürgert wird? Meinen Sie das im Ernst?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Oetjen!

Frau Flauger, das Recht ist an dieser Stelle sehr eindeutig. Selbst wenn der Minister verhindern wollte, dass Frau Menger-Hamilton eingebürgert wird, kann er es nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Christian Biallas [CDU]: Richtig! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Er hat es versucht! - Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir sind doch keine Bananen- republik!)

Er kann es nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aussagen sind doch klar. Eine direkte Einflussnahme auf das Verfahren gibt es nicht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das hört sich sehr direkt an, finde ich!)

Der Verfassungsschutz hat nach und nach, wenn neue Erkenntnisse vorlagen, Aktualisierungen an die Region Hannover gegeben, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen war. Wenn neue Erkenntnisse vorliegen, dann werden sie natürlich weitergegeben.