Protokoll der Sitzung vom 05.10.2010

Des Weiteren wird in diesem Gesetz bei der Bewertung des Medien- und Meinungsmarktes der Bereich des Internets völlig unterbewertet. Selbstverständlich haben alle Medienhäuser in Niedersachsen schon jetzt Onlinestrategien und auch Onlineangebote. Doch je enger die verschiedenen Vertriebskanäle aufeinander abgestimmt sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass für die Nutzer ein wenig vielfältiges Informationsangebot entsteht. Hier müssten im Gesetz flexible Regelungen gefunden werden. Darauf nimmt dieses Gesetz aber überhaupt keinen Bezug.

Ein großes Problem ist unserer Meinung nach auch die Ungleichbehandlung der schon bestehenden Bürgersender mit den neuen privaten Lokalsendern. Herr Schobert hat eine gute Änderung dazu vorgeschlagen. Aber mittelfristig betrachtet ist sie nicht sinnvoll dafür, die Bürgersender auch nachhaltig abzusichern.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die SPD hat Ihnen zusammen mit den Grünen einen Änderungsvorschlag auf den Tisch gelegt. Zwei Punkte möchte ich hervorheben. Wir wünschen uns eine Reduzierung der Verlegerbeteiligung auf maximal 24,9 %, und wir wollen, dass die Übergangsregelung für die Bürgersender so geändert wird, dass eine Gleichbehandlung zu den Privatsendern stattfindet; das wird auch mit der neuen Regelung, die Herr Schobert vorgeschlagen hat, nicht vollständig erreicht.

Als Drittes möchten wir Ihnen vorschlagen, dass die im Rahmen der Anhörung hinzugenommene Zulassung der Hochschulen als Rundfunkveranstalter wieder herausgenommen wird. Hochschulen sind keine Rundfunkveranstalter. Den Versuch durch die Hintertür mit Modellversuchen, wie sie im Gesetz angesprochen sind, lehnen wir ab. Dieses ist auch, um es deutlich zu sagen, eine Lex Lüneburg.

Ein wissenschaftlicher Mehrwert für Hochschulen als Rundfunkveranstalter lässt sich nicht herleiten. Im Gegenteil: Ich erinnere an einen Bericht in der Zeit. Dort kommentierte ein Journalist die laufenden Planungen für einen Fernsehbetrieb an der Leuphana Universität in Lüneburg mit der Überschrift „Millionen fürs Provinz-TV“.

Die Hochschulen, die Campus-TV machen wollen, können das schon jetzt tun, nämlich im Zusammenspiel mit den Bürgersendern, und viele tun das auch, vor allem die Hochschulen, die Medien-,

Journalismus- und Kommunikationsstudiengänge anbieten.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Als letzte Anmerkung: Wir haben des Weiteren vorgeschlagen, eine Erweiterung des Pressegesetzes vorzunehmen. Wir möchten, dass die Verlage ihre Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse in ihren Druckwerken offenlegen. Sie erinnern sich: Wir hatten in diesem Jahr eine Debatte aufgrund der Großen Anfrage der Linken zum Thema „Zeitungslandschaft in Niedersachsen“. Dabei haben wir uns sehr kritisch auch mit dem Thema Beteiligungen auseinandergesetzt. Wir waren der Meinung, dass es keinen Medienkonzentrationsbericht im üblichen Sinne geben sollte; das hielten wir in Niedersachsen für overdone. Aber wir halten es für wichtig, in den Druckwerken die Beteiligungsverhältnisse offenzulegen.

(Zustimmung bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesen Änderungen könnten wir als SPD-Fraktion diesem Gesetz zustimmen und es damit auf eine breite parlamentarische Basis stellen. Wenn die Kollegen von CDU und FDP es wollen, sind wir dazu bereit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention. Bitte schön, Herr Kollege Schobert! Das Verfahren ist bekannt.

Herr Präsident! Verehrte Kollegin Behrens, nur damit diese zwei Punkte nicht so im Raum stehen bleiben:

Bei Veranstaltern lokalen kommerziellen Rundfunks haben wir die Mindestvoraussetzung von drei Gesellschaftern; das bedeutet, kein Gesellschafter kann mehr als 49,9 % der Anteile erwerben. Das ist bei der Bewertung der Frage nach Meinungsmonopolen und Ähnlichem sehr wichtig. Denn selbst wenn der örtliche Tageszeitungsverleger sich beteiligt, hat er nicht die Mehrheit von über 50 % am lokalen kommerziellen Rundfunkveranstalter. Diesbezüglich Ängste zu schüren, ist in unseren Augen nicht richtig.

Der zweite Punkt betrifft den Bereich Campus-TV. Ich hatte ausgeführt, dass es hier nicht darum geht, in Konkurrenz zu den existierenden Bürgermedien oder zu lokalen kommerziellen Anbietern zu treten. Vielmehr geht es darum, den jungen Studierenden die Möglichkeit zu geben, Rundfunk praktisch zu erleben, auszuführen, zu erforschen usw. Es geht vielleicht auch darum, innerhalb eines Hochschulgeländes z. B. Inhalte aus dem Hörsaal zu übertragen, die sicherlich nicht das Interesse eines großen Publikums außerhalb des Geländes finden werden. Wir sollten das auf jeden Fall ermöglichen, damit wir in Niedersachsen im Bereich der Medienforschung weiter an Boden gewinnen und dort weiter Kompetenzen erwerben und auch vermitteln können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion antwortet die Frau Kollegin Behrens. Bitte schön!

Herr Präsident! Geehrter Herr Kollege Schobert, Campusfernsehen ist keine neue Erfindung Ihrer Fraktion.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Das wird an den Universitäten und Fachhochschulen schon seit vielen Jahren gemacht. Dafür braucht man nicht Rundfunkveranstalter zu sein, und darum geht es hier.

(Zustimmung bei der SPD)

Es geht darum, ob Hochschulen Rundfunkveranstalter sein können. Das müssen sie nicht sein. Das wollen sie auch gar nicht. Die Hochschullehrer aus den entsprechenden Studiengängen sind ziemlich erschrocken über diese neue Gesetzesänderung.

Zum Thema „lokale Meinungsmonopole“: Sie haben vorhin die Anhörung und die vielen Menschen gelobt, die sich an ihr beteiligt haben. Ihnen wird nicht entgangen sein, dass die Gewerkschaften, die Kirchenvertreter, die Bürgersender und einige andere mehr die 24,9-%-Grenze gefordert haben, weil das Thema „lokale Meinungsmonopole“ bei einer Höchstbeteiligungsgrenze von 49,9 % wirklich prekär ist. Dieses Ergebnis der Anhörung dürfen Sie nicht vom Tisch wischen. Wir tun das nicht.

Wir halten einen Anteil von 24,9 % für eine ausreichende Möglichkeit, sich an einem neuen Sender zu beteiligen. Alles darüber hinaus gefährdet die Meinungsvielfalt im lokalen Bereich.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Rickert von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Neufassung des Niedersächsischen Mediengesetzes wird in Niedersachsen erstmals werbefinanzierter Lokal- bzw. Regionalrundfunk eingeführt. Damit werden die notwendigen Rahmenbedingungen dafür geschaffen, künftig auch bei uns lokalen oder regionalen privaten Rundfunk zu betreiben. Das heißt, neue Sender können und werden über die Ereignisse vor Ort berichten. Das ist eine große Bereicherung für die Medienlandschaft in unserem Land.

(Zustimmung bei der FDP)

Kommerzieller Rundfunk darf in Niedersachsen bisher nur landesweit verbreitet werden. Mit dem neuen Landesmediengesetz wird die Situation in Niedersachsen den Gegebenheiten in den meisten anderen Bundesländern angepasst. Nichtkommerziellen Lokal- und Regionalfunk gibt es bereits seit 1995, und sein Fortbestand wird auch durch die Novellierung des Landesmediengesetzes gewährleistet. Das heißt, bei den Bürgermedien bleibt alles beim Alten. Wir haben dies übrigens auch mit der vorliegenden Übergangsregelung dokumentiert.

Ich möchte im Folgenden auf einige aus Sicht der FDP-Fraktion zentrale Punkte dieses Gesetzes eingehen, die auch in den durch die Landesregierung und den Medienausschuss des Landtages durchgeführten Anhörungen eine wesentliche Rolle spielten. Bei dieser Gelegenheit danke auch ich - ich kann es nicht so ausführlich wie Herr Schobert tun - allen Akteuren.

Zeitungsverleger dürfen sich künftig mit bis zu 49,9 % an Rundfunkveranstaltern beteiligen. Bisher lag die Obergrenze bei 24,9 %. Somit bietet der vorliegende Gesetzentwurf den Verlegern eine attraktive Möglichkeit, kommerziellen Lokalfunk zu betreiben. Wir haben uns mit der Frage, ob Beteiligungen bis zu 24,9 %, bis zu 49,9 % oder sogar

darüber hinaus zugelassen werden sollen, intensiv beschäftigt. Wir werden bei den 49,9 % bleiben. Eine darüber hinausgehende Beteiligung ist - auch das hat die Anhörung ergeben - nicht verfassungskonform und daher mit uns nicht zu machen.

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

In Niedersachsen gibt es viele Landkreise, in denen es nur eine Tageszeitung gibt. Um hier Doppelmonopole zu verhindern, also die Kontrolle eines Zeitungsverlegers sowohl über die Lokalzeitung als auch über den Lokal- bzw. Regionalfunk, müssen die Zeitungsverleger in solchen Fällen zwei aus einem Katalog von vier sogenannten Vielfalt sichernden Maßnahmen erfüllen. Hierzu zählen die Gründung eines Programmbeirates, Sendezeit für unabhängige Dritte, ein Redaktionsstatut und die Beschränkung des Stimmrechtes. Aus meiner Sicht stellt dies einen ausgewogenen Kompromiss dar, um eine überbordende Meinungsmacht um verhindern.

Die FDP-Fraktion sieht eine Beteiligung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts aufgrund des Gebotes der Staatsferne des Rundfunks überaus kritisch. Daher haben wir uns vehement gegen eine unmittelbare Beteiligung von Gebietskörperschaften ausgesprochen. Ich freue mich daher, dass der vorliegende Gesetzentwurf in diesem Punkt eine klare liberale Handschrift trägt; denn einen Bürgermeisterfunk wird es mit der FDP nicht geben.

(Zustimmung bei der FDP - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Aber einen Wirt- schaftsfunk!)

Die Neufassung des Landesmediengesetzes lässt allerdings eine mittelbare Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts zu. Das heißt, private Unternehmen, an denen Kommunen mehrheitlich beteiligt sind, dürfen sich künftig mit bis zu 24,9 % an lokalen bzw. regionalen Rundfunkveranstaltern beteiligen. Auch dies haben wir mit einigen Beteiligten aus Bereichen mit kommunaler Beteiligung intensiv diskutiert.

Bis zuletzt haben wir über den Wortanteil von 5 % pro Stunde diskutiert. Wir sind dann zu dem Schluss gekommen, dass wir mit 7 % durchaus nichts falsch machen. Dazu wird die Hauptsendezeit ausgedehnt.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Verlängerung von Frequenzzuweisungen. Die Sendelizenzen privater Rundfunkanbieter sol

len einmal um zehn Jahre verlängert werden können, was den Anbietern die nötige Planungssicherheit garantiert. Bei den Bürgermedien fällt diese Frist etwas kürzer aus; hier ist eine Verlängerung um sieben Jahre vorgesehen. Wir sind der Meinung, dass das ausreicht, weil es hier schließlich um öffentliche Mittel geht; deswegen müssen wir die Gelegenheit haben, etwas kurzfristiger zu prüfen.

Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf die zehn plus zehn Jahre zu sprechen: Das sind insgesamt 20 Jahre. Ich meine - das hat auch der vorherige Tagesordnungspunkt gezeigt -, dass angesichts des dynamischen Wachstums der Medienlandschaft und der Telekommunikation dieser Zeitraum fast eine Ewigkeit ist, sodass ich für die FDP-Fraktion Zustimmung zu diesem Gesetz in dem Bewusstsein signalisiere, dass dies nicht die letzte Novelle des Mediengesetzes ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile der Kollegin Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen kommerzielle lokale Rundfunksender ermöglicht werden. Wem nützt das? - Das nützt natürlich in erster Linie denjenigen, die sich dieses Gesetz gewünscht haben, nämlich einer Reihe von Zeitungsverlagen sowie Telekommunikationsfirmen, die gerne solche Sender betreiben möchten. Das ist ein legitimes Ansinnen von Unternehmen, das nicht zu verurteilen ist. Aber eines wollen wir festhalten: Herr Rickert, Sie haben gerade gesagt, Bürgermeisterfunk lehnen Sie ab. Offensichtlich lehnen Sie Wirtschaftsfunk nicht ab. Das ist typisch für die FDP.