Herr Riese, Sie sagen, bei der Einkommensstichprobe gibt es politischen Spielraum, 20 %, 15 %. Ich frage Sie, warum eigentlich nicht 10 % oder 5 %? Da könnten Sie sich doch genauso auf den politischen Spielraum berufen. Wenn Sie politische Spielräume so willkürlich nutzen, dann machen Sie sich unglaubwürdig.
Dann maßen Sie sich an, aus dem so ermittelten Bedarf herauszurechnen, was Sie Hartz-IV-Empfängern nicht gönnen wollen: ein paar Bier und ein paar Zigaretten. Mit welchem Recht tun Sie das eigentlich? Merken Sie eigentlich, mit welcher Arroganz Sie diesen Menschen gegenübertreten und mit welcher Überheblichkeit Sie sie behandeln?
Die CDU nennt sich christlich. Das ist ja kein geschützter Begriff. So darf sich zunächst jeder nennen. Aber ich will Ihnen schon sagen, dass hier Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinanderklaffen. Jesus hat gesagt: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Sie haben es Millionen von Hartz-IV-Empfängern getan!
Herr Grascha, noch einmal zum Lohnabstandsgebot. Ich fordere Sie auf, mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, den wir als Linke schon lange fordern, endlich dafür zu sorgen, dass Menschen vernünftige Löhne bekommen.
Damit würden Sie auch das Lohnabstandsgebot erfüllen. Sie sagen: 3,50 Euro pro Stunde reichen, und die anderen müssen dann darunter bleiben. - So erzeugt man kein sozial gerechtes Lohnabstandsgebot! Das geht nicht!
Frau Mundlos, Sie fordern einen Schlussstrich unter dieser Debatte. Ich verspreche Ihnen: Diese Debatte ist nicht zu Ende. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass Menschen von ihrem Arbeitslohn leben können und dass auch die, die ihren Lebensunterhalt nicht selber bestreiten können, in Würde leben können. Wir werden auch weiter alles tun, damit es Ihnen nicht gelingt, die Armen gegen
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das sagt uns das Grundgesetz, und zwar als Allererstes, als Maßstab unseres politischen Handelns.
Dazu gehört Teilhabe. Dazu gehört, finde ich, dass Menschen das Gefühl haben, dass das, was mit ihnen geschieht, gerecht ist und dass sie in einer Gesellschaft leben, in der es solidarisch zugeht.
Das passiert bei Ihnen nicht. Wenn Sie die Ärmsten gegen die Armen ausspielen, dann handeln Sie nach der Devise „Spalte und herrsche“.
Sie meinen, dass Sie sich so z. B. vor einer gerechten Steuerpolitik drücken können, bei der die starken Schultern mehr tragen als die schwachen.
Wir brauchen in diesem Land endlich eine Vermögenssteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes und eine vernünftige Erbschaftsteuer, und zwar auch deshalb, damit endlich diejenigen für die Krise bezahlen, die sie mit verursacht und maßgeblich von ihr profitiert haben. Das waren ganz sicher nicht die Langzeitarbeitslosen in diesem Land!
Meine Damen und Herren, wie sollen die Menschen das eigentlich finden? - Diese Bundesregierung hat den Graben zwischen Arm und Reich ganz erheblich vergrößert. Die Koalition bedient Hoteliers, schont beim Sparpaket Vermögende, fördert die Atomindustrie, gibt Bankern Milliardengeschenke, die sich dafür fröhlich Boni auf Staatskosten zahlen, und gibt das Geld auch der Pharmaindustrie. Gleichzeitig lehnt sie einen bundesweiten Mindestlohn ab.
Aber ausgerechnet bei den Langzeitarbeitslosen erhebt sie den moralischen Zeigefinger und streicht ihnen die Genussmittel, die in diesem Land zum normalen Leben, zur Teilhabe dazugehören.
Ich glaube, dass all das, was sich im Moment in dieser Republik abspielt, sehr viel damit zu tun hat, dass speziell der CDU der Kompass verloren gegangen ist.
Sie wissen nicht mehr, wie Sie die von Ihnen doch so oft beschworene bürgerliche Mitte in diesem Land erreichen sollen. Sie wählt Sie einfach nicht mehr.
So sind wir jetzt allerorten damit konfrontiert, dass die CDU verzweifelt das Konservative als Ausweg aus der Krise sucht, beispielsweise indem Sie Kindern über das Betreuungsgeld die frühkindliche Bildung in der Krippe vorenthalten wollen.
Frau Merkel sucht das Konservative, indem sie den Herbst des Durchregierens ausruft und einen schändlichen sogenannten Atomkompromiss schließt, bei dem sich die Industrie die Taschen vollstopfen kann und der Steuerzahler bezahlt und auf dem atomaren Müll sitzen bleibt.
Wenn Sie sich umschauen, wo die erhoffte jubelnde bürgerliche Mitte bleibt, dann sehen Sie: Die ist nicht da!
Jetzt auch noch Frau von der Leyen als Hüterin des Konservativen: Zack, zack, da wird einmal kurz die Unterschicht erzogen: Kein Alkohol, kein Tabak, das ist alles nicht nötig. 1 Euro im Monat für chemische Reinigung, Schnittblumen - das muss ja alles nicht sein. - Das sagt die Supernanny aus Berlin und zeigt Härte gegen die Schwachen als Ausdruck des Konservativen.
Die immer noch nicht beerdigte Bildungskarte diskriminiert arme Kinder, anstatt sie zu unterstützen. Abgesehen davon - Herr Riese hat das eben offen zugegeben - können die ausgehungerten Kommunen das entsprechende Angebot überhaupt nicht bereitstellen.
Meine Damen und Herren, schließlich haben Sie für das Konservative ja auch noch den Rambo Mappus in Baden-Württemberg. Auch er passt ins Bild und zeigt unnachgiebige Härte.
Er lässt friedlich demonstrierende Frauen, Kinder und alte Menschen zusammenschlagen und mit Wasserwerfern von Bäumen holen, dass ihnen die Augen herausfallen. Was da passiert, um Stärke zu zeigen, ist eine Schande!
- Frau König, Sie können sich noch zu Wort melden. Die FDP-Fraktion hat noch Redezeit. - Bitte, Frau Helmhold!
Sehen Sie sich in Ihrem Stammland BadenWürttemberg einmal um! Da gibt es kaum noch jemanden, der das gut findet, und niemanden, der deswegen die CDU wählen würde.
Ihre Suche nach der Mitte und nach dem Konservativen, wofür jetzt auch die Hartz-IV-Empfänger bluten müssen, ist, so möchte ich meinen, ziemlich hoffnungslos. Damit kommen Sie nicht weiter.
Sie sollten das Wesen des konservativen Kerns der CDU neu überdenken. Ich glaube, er liegt im Christlichen. Aber davon ist Ihr politisches Handeln meilenweit entfernt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen hier heute Morgen eine sehr interessante Debatte miterleben. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, worum es geht. Im Wesentlichen geht es um zwei Beschlüsse des Verfassungsgerichtes. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es die Regelsätze für Hartz IV nicht überprüfen kann, weil es dafür keine Berechnungsgrundlage gab und sie willkürlich über den Daumen festgelegt wurden.