Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

(Filiz Polat [GRÜNE]: Ich habe eine Frage gestellt!)

- Jetzt hören Sie einmal zu!

(Unruhe)

Frau Polat, der Minister ist noch am Mikrofon. Er wird die Frage sicherlich beantworten.

Sie machen hier Unterstellungen, die auch mich irgendwann einmal so bewegen, dass ich sage, dass es wirklich reicht.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist keine Beschimpfungsstunde durch die Landesregierung, sondern eine Fragestunde des Parlaments!)

Es geht nicht nur darum, dass Sie die Landesregierung hier in irgendeiner Weise bekämpfen, sondern Sie diskreditieren Mitglieder der Härtefallkommission. Und das lasse ich nicht zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist doch nicht wahr! - Zuruf von Klaus- Peter Bachmann [SPD])

- Eben nicht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber hallo!)

- Nein, eben nicht. Herr Bachmann, Sie müssen einmal zuhören!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ich höre zu! Aber es ist nur schwer erträg- lich, Ihnen zuzuhören! - Filiz Polat [GRÜNE]: Das zeigt, dass Herr Deufel recht hatte!)

- Überhaupt nicht.

Jetzt sage ich Ihnen einmal, wie es tatsächlich ist: Ich war in der Härtefallkommission und habe dort die Veränderungen dargelegt. Alle Mitglieder haben dargelegt, dass keine Änderung der Verordnung gewünscht wird. Punkt. Wenn Sie hier etwas anderes behaupten, dann versuchen Sie damit nur wieder Zwietracht zu säen. Das ist nicht zu akzeptieren.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Sie stellen immer wieder falsch dar, dass wir eine Härtefallkommission abgelehnt hätten, dass das gegen meinen Willen sei usw. Sie wissen genau, dass wir die Ersten gewesen sind, die die neue Möglichkeit im Ausländerrecht durch Petitionsverfahren genutzt haben.

(Editha Lorberg [CDU]: So ist es!)

Sie haben hier im Parlament gesagt: Das wollen wir nicht machen, sondern wir wollen das in die Hände des Innenministers legen. - Dann haben wir das umgesetzt. So ist die Geschichte gewesen, Frau Polat. Sie müssen auch einmal die Wahrheit ertragen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das kann sie nicht!)

Sie versuchen hier jedes Mal zu suggerieren, dass der Innenminister nicht human sei und dass wir den Ausländerbehörden irgendwelche Gängeleien vorwerfen würden. Damit ist irgendwann einmal Schluss! Sie müssen in dieser Diskussion redlich werden! Ansonsten ist das nicht mehr zu akzeptieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie müs- sen einmal Ihre Ignoranz aufgeben!)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Bachmann von der SPD-Fraktion gestellt.

(Björn Thümler [CDU]: Die Chance zur Sachlichkeit ist da!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass hier wohl die letzte und der letzte Abgeordnete spüren, mit wie viel Herz dieser Minister für eine humanitäre Flüchtlingspolitik eintritt,

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und bei der LINKEN)

frage ich die Landesregierung: Warum ist Niedersachsen im Vergleich von Härtefallarbeit in den Bundesländern sowohl nach Einwohnerzahlen als auch nach dem Königsteiner Schlüssel Schlusslicht bei anerkannten und umgesetzten Härtefallen? Herr Minister, liegt das an Ihrem Herz für die Angelegenheit?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in meiner Antwort eindeutig dargelegt, dass humanitäre Fälle durch bundesrechtliche Möglichkeiten berücksichtigt werden können.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wa- rum sind wir Schlusslicht?)

- Hören Sie doch einmal zu!

(Reinhold Coenen [CDU]: Das kann er nicht! - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ich habe eine konkrete Frage gestellt und will keinen Vortrag hören!)

- Sie haben erst eine Vorbemerkung gemacht. Auf diese Vorbemerkung kann ich ganz genauso antworten, Herr Bachmann. Das müssen Sie schon ertragen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Gut! - Reinhold Coenen [CDU]: Das kann er nicht!)

Zum einen gibt es also die Möglichkeit, humanitäre Gesichtspunkte durch bundesrechtliche Möglichkeiten zu berücksichtigen. Zum anderen besteht

auf Landesebene die Möglichkeit, die im Prinzip hier umgesetzt worden ist. Wir haben zuletzt bei den irakischen Flüchtlingen humanitäre Maßnahmen durchgeführt. Lassen Sie mich das an dieser Stelle noch einmal zum Ausdruck zu bringen.

Ich habe hier bei der vorletzten Dringlichen Anfrage dargelegt, welche Maßnahmen wir ergreifen, um gerade integrierten Jugendlichen, Ausländern und Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, unabhängig von den Eltern hier ein Aufenthaltsrecht zu bekommen.

Sie vergessen jedes Mal, was ich gerade dargelegt habe. Wenn Sie die Zahlen von 2006 an zusammenrechnen und dann plötzlich darauf kommen, dass die Härtefallkommission weniger Fälle hat als andere, dann hat das damit zu tun, dass wir hier zunächst ein Petitionsverfahren gehabt haben. Wenn Sie sich die Zahlen von diesem Jahr angucken, in dem schon 28 Ersuchen in der Härtefallkommission stattgegeben worden ist, dann bleibt nur festzustellen, dass wir im Vergleich mit anderen Bundesländern absolut im Schnitt sind. Es gibt hier überhaupt keinen Grund darzustellen, dass unsere Härtefallverordnung anders, härter als die Verordnung anderer Länder ist. Auch bei den Zahlen ist das nicht der Fall.

Wenn es um Einzelfälle geht, Herr Bachmann, kann es nicht sein, dass immer wieder dargestellt wird, wie das in anderen Bundesländern ist. Das sind vielmehr Einzelfälle. In den einzelnen Bundesländern gibt es völlig andere Zusammensetzungen. Wir haben in Niedersachsen z. B. erheblich mehr Roma-Flüchtlinge, als es beispielsweise in Bremen oder in anderen Bundesländern der Fall ist. Das heißt, Sie können die Bundesländer nicht einfach auf Zahlen herunterbrechen, sondern das sind jedes Mal Einzelschicksale.

Was mich wirklich aufregt - darin liegt viel Herzblut -, ist, dass diese Einzelschicksale durch politische Debatten missbraucht werden.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit, Herr Minis- ter!)

Das sollten wir uns wirklich schenken. Übrigens ist das Petitionsverfahren gescheitert - das ist der einzige Grund -, weil Sie hier immer wieder Stimmung gemacht haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Schünemann, Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass die Oppositionsfraktionen hier engagiert um Flüchtlingsschicksale streiten.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das tun auch wir!)

Das hat gar nichts mit Missbrauchen zu tun. Das finde ich völlig unangemessen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe eine konkrete Frage an die Landesregierung: Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Härtefälle immer wieder anerkannt werden, und Sie dargestellt haben, dass das Innenministerium die entsprechenden Härtefälle, die ihm zur Berücksichtigung empfohlen werden, mit Auflagen bescheidet, Sie selbst aber gar nicht richtig wissen, ob die Ausländerbehörden ein entsprechendes Aufenthaltsrecht genehmigen, frage ich Sie, ob Sie nicht die gesamte Härtefallkommission ad absurdum führen, wenn Sie am Ende gar nicht wissen, ob dem entsprochenen Härtefall überhaupt Rechnung getragen wird; denn Sie selbst wissen ja nicht einmal, ob ein entsprechendes Aufenthaltsrecht erteilt wird. Das ist aber der Sinn des ganzen Verfahrens.

(Beifall bei den GRÜNEN - Filiz Polat [GRÜNE]: Genau!)

Herr Minister!