Es war nämlich so: Im Juli hat Herr Röttgen in einer Talkshow gesagt, dass es ohne Sicherheit keine neue Bohrungen in der Tiefsee geben dürfe. Und weiter: Ziel der Bundesregierung sei „ein Moratorium für neue Tiefsee-Ölbohrungen im OSPAR-Raum“. Dafür wollte er sich bei der Konferenz in Norwegen einsetzen.
Nach dieser tapferen Aussage hat Herr Röttgen dann wohl mit Herrn Brüderle konferiert. Da hat er schon einmal den Kürzeren gezogen, wenn wir an die Laufzeitverlängerung denken. Im Fall des Moratoriums, um das es bezüglich der Tiefseeölbohrungen gehen sollte, muss das Fingerhakeln der beiden Herren ähnlich ausgegangen sein. Herr Röttgen ist gar nicht mehr zur Konferenz nach Norwegen gefahren. Seine Verhandlungen sind schon bundesregierungsintern gescheitert. Jetzt wird nur noch geprüft, ob überhaupt ein Moratorium nötig ist. Die Ölkonzerne, Herr Brüderle, Norwegen und Dänemark prüfen und prüfen, und man kann sich vorstellen, wie lange noch geprüft wird. Das Ergebnis mag ihnen sonst vielleicht unangenehm sein.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, es ist gut, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Herr Röttgen braucht Sie, er braucht Unterstützung, und wir werden gerne dabei helfen, dass Vernunft und gute Beschlüsse zum Schutz des Meeres zustande kommen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Was seid ihr gut! Warum regiert ihr eigentlich nirgends?)
Ich fasse kurz zusammen: Ihre Akteure auf EU- und Bundesebene bedürfen offenbar Ihrer Unterstützung. Das ist in Ordnung, und dabei wollen wir Sie gerne begleiten. Ob Ihr Antrag wirklich zielführend ist, werden die Ausschussberatungen zeigen müssen. Darin sind recht vage Formulierungen enthalten. Wir werden darüber diskutieren und schauen, was Sie wirklich ernst meinen, und gegebenenfalls mit einem eigenen Antrag das Ganze auf die richtige Spur bringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das fossile Lager: Angesichts Ihrer tiefen Sorge und der auch von Ihnen nach dem BP-Gau nicht zu leugnenden möglichen verheerenden Folgen für Nordsee und niedersächsische Küsten sehe ich tiefe Furchen auf Ihrer Stirn. Sie bitten um hohe Sicherheitsstandards, lassen aber im Dunkeln, was das eigentlich ist. Sie bitten um „verbindliche Anforderungen zur Risikovorsorge“, definieren sie aber nicht ansatzweise, und bei Ihren „angemessenen Haftungsregelungen“ bleiben Sie genauso unkonkret.
Aber wo ist Behle, äh, Röttgen? - Wie schon bei der Atomenergie startete der angebliche Umweltminister als Tiger und landete als Fußabtreter der Ölindustrie.
Herr Kollege Herzog, ich möchte Sie kurz unterbrechen. Sie bewegen sich am Rande eines Ordnungsrufes, wenn auch sehr geschickt - das muss ich sagen - in der Formulierung. Ich möchte Sie bitten, hier im Parlament angemessene Vokabeln einzusetzen.
Vollmundig forderte er im Frühjahr ein Moratorium für Ölbohrungen in der Nordsee, aber bei der Meeresschutzkonferenz im September überließ er das Feld den Ölländern und Konzernen und vor allem auch hier wieder: Na? - Brüderle. Er fuhr einfach gar nicht mehr hin, um seinen Antrag durchzusetzen. Das Ergebnis: Die Bohrungen in nordeuropäischen Meeren gehen ungestört weiter.
Doch nun zur Landeszuständigkeit, die Sie in Ihrem Antrag meiden, wie der Teufel das Weihwasser: Die Genehmigungszuständigkeit für Exploration, für neue Förderungen liegen in den zugeordneten Gebieten bei den Landesbehörden, also auch bei Niedersachsen, genauso die Kompetenz für Sicherheitsvorkehrungen. Deshalb frage ich CDU und FDP: Warum setzen Sie nicht hier vor der eigenen Tür an? Wo sind Ihre Forderungen nach einem Moratorium? Wo sind Ihre Fragen nach anstehenden Bohranträgen, vielleicht sogar mit CO2-Verpressung?
Und bei den Haftungsfragen stößt man auf mindestens so ungenügende Zustände wie bei der Atomenergie. Ein Mensch, heißt es da, ist zwar 600 000 Euro wert. Aber es gibt keine Pflicht zur Deckungsvorsorge bei den Betreibern und keine Haftungsreihenfolge. Meine verehrten Kollegen, dieser Antrag hat den Tiefgang eines Schlickrutschers. Kommen Sie raus aus dem Küstennebel!
Nehmen Sie Ihre Landesregierung und Ihren die Arbeit verweigernden Bundesumweltminister in die Pflicht, statt sie in unverbindliche Wortwatte zu wickeln!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir begrüßen, dass sich CDU und FDP mit der ungeklärten Vorsorge- und Haftungsfrage bei Ölunfällen in der Nordsee beschäftigen wollen.
Die Katastrophe im Golf von Mexiko muss auch bei uns zu einem Umdenken in der Energiepolitik und einer Forcierung der Strategie „Weg vom Öl!“ führen. Ich fand es schön und fair, Herr Thiele, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass es eine Anfrage der Grünen im Bundestag war, die die völlig ungeklärte und unbefriedigende Haftungsfrage sowie die Lücken in den Risikokonzepten aufgedeckt hat. Der Verursacher zahlt nämlich nicht, wenn es in der Nordsee zu einer Ölkatastrophe kommt. Einen Deckungsfonds gibt es nur bei Ölunfällen mit Schiffen, nicht jedoch bei Unfällen mit Bohrplattformen. Das ist eine völlig ungeregelte Materie. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die EU, aber auch die Bundesregierung allein in der Ausschließlichen Wirtschaftszone und im Küstenmeer endlich handeln.
Es geht nicht nur um die Öl- und Gasförderung in der Nordsee, sondern auch um unsere nationale Verantwortung für den marinen Bergbau in großen Tiefen insgesamt. Deutschland hat sich Konzessionen in sehr tiefen Meeren im Pazifik und Atlantik gesichert. Es darf nicht sein, dass sich Deutschland oder Niedersachsen indirekt an solchen Förderungen von Bodenschätzen aus der Tiefsee beteiligen.
Meine Damen und Herren, CDU und FDP springen mit ihrem Antrag jedoch ein Stück weit zu kurz. Es ist darauf hingewiesen worden, dass er sehr viele unbestimmte Begriffe enthält. Er wirkt auch sehr schnell zusammengeschustert, Herr Thiele. So soll der Landtag in der Begründung Dinge begrüßen, die im Antrag gar nicht vorkommen. Da sind Ihnen Begründung und Beschlusstext ein bisschen durcheinandergekommen.
Herr Meyer, wie empfinden Sie es, dass der Antragsteller selbst anscheinend gar kein Interesse mehr hat, der Debatte zu folgen, sondern sich im Parlament lieber nach innen unterhält?
Ich sehe Herrn Thiele. Er ist zwar hinter dem Vorsitzenden und dem Parlamentarischen Geschäftsführer etwas versteckt. Aber er ist da und hört hoffentlich auch gut zu.
Denn jetzt geht es darum: Welche Verantwortung hat Niedersachsen, um schwere Ölkatastrophen im Nationalpark Wattenmeer zu verhindern? Was machen Sie mit den zu erwartenden Anträgen auf Probebohrungen im niedersächsischen Teil des Wattenmeers von RWE Dea? - Man muss daran erinnern, dass schon Felder dafür vorgesehen sind, sie sind bei der Anmeldung des Weltnaturerbes extra herausgenommen worden. Ich bin gespannt, wie sich Niedersachsen als Genehmigungsbehörde dazu verhalten wird. Lehnen Sie das ab, wie wir es fordern, oder lassen Sie es zu?
Was war Ihre Rolle - das hat die SPD angesprochen - bei der unsäglichen Verlängerung der Betriebszeit der Bohrplattform Mittelplate durch das Landesbergamt, das dies für Schleswig-Holstein übernimmt, aber Niedersachsen hat die Folgen zu befürchten, um 30 Jahre, nämlich von 2011 bis 2041? Welche Stellungnahme hat Niedersachsen zum Schutz des Wattenmeers abgegeben?
Meine Damen und Herren, Bündnis 90/Die Grünen steht für ein Auslaufen der Ölförderung in der Nordsee. Es muss Schluss sein mit neuen Probebohrungen, ungesicherten Plattformen und ungelösten Haftungsfragen.
Unser Weltnaturerbe ist zu kostbar, um es den Konzerninteressen weniger Ölkonzerne auszuliefern. Meine Damen und Herren, auch im Normalbetrieb gelangen Jahr für Jahr Tausende Tonnen Öl aus Ölplattformen in das Ökosystem Nordsee.
Deshalb ist es wichtig, dass man sich endlich unabhängig von der Wachstumsdroge Öl macht und sozusagen auf Entzug geht.
Deshalb kommen wir, um die Nordsee langfristig und wirksam zu schützen, an einer Strategie hin zu 100 % erneuerbaren Energien, also „Weg vom Öl!“, nicht vorbei.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren im Umweltausschuss in diesen Wochen über Laufzeiten von Kernkraftwerken, über Castortransporte, und es geht immer wieder um das Thema Endlagerung. In diese Themen scheinen sich die Kollegen von der Opposition geradezu verbissen zu haben.