Protokoll der Sitzung vom 12.11.2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die öffentliche Debatte um Subventionspolitik in der gemeinsamen Agrarpolitik schlägt hohe Wellen. Wurde endlich durchgesetzt, dass Transferleistungen von Bürgerinnen und Bürgern eingesehen werden konnten, so hat jetzt der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Öffentlichkeit eingestellt wird. Die Linke bleibt dabei: Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse zu wissen, wie Gelder verwendet werden. Das gilt auch für die Landwirtschaft.

(Beifall bei der LINKEN - Jan-Chris- toph Oetjen [FDP]: Die Linke ist ge- gen Datenschutz!)

Die Linke sagt auch, dass eine starke gemeinsame Agrarpolitik aus wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gründen ebenso wie aus Gründen der Versorgungssicherheit und Preisstabilität innerhalb der EU notwendig ist. Aber wir müssen über den Tellerrand gucken und gemeinsam mit europäischen Ländern für Europa eine gemeinsame Agrarpolitik entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese soll steuernd zum Vorteil und vor allem zur Erhaltung der natürlichen Ressourcen ausgestaltet werden. Dies fehlt besonders im Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP. Da heißt es: Niedersachsen ist das Agrarland Nummer eins. - Aber den Preis, den Niedersachsen dafür zahlt, vergessen Sie: geschädigte Umwelt und Bürgerunwillen allerorten.

(Zuruf von der CDU: Was? Wo denn?)

Frau Ministerin Grotelüschen, ich erinnere Sie an den Besuch vor Ihrem Ministerium in dieser Woche. Die Bürgerinnen und Bürger haben Protest gezeigt, ihre Stimme erhoben; sie wollen gehört werden, sie wollen, dass ihr Wille anerkannt und umgesetzt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

CDU und FDP sagen weiterhin: Die Direktzahlungen müssen in vollem Umfang erhalten werden. Meine Damen und Herren, dann aber bitte an ökologische und soziale Kriterien geknüpft! Nur so können wir eine breite gesellschaftliche Akzeptanz erreichen.

Im Antrag der SPD-Fraktion sind zwar Kriterien hinsichtlich der Ökologie enthalten. Uns fehlt aber der soziale Aspekt. Der ländliche Raum benötigt Arbeitsplätze, und zwar nicht nur in der Vered

lungsindustrie oder in Großschlachthöfen, sondern bei den Bauern. Die Linke hat ein Konzept entwickelt, das in der ersten Säule aus Umwelt- und Arbeitsprämie besteht und an Kriterien geknüpft ist. Wir haben hier zwar keinen Antrag eingebracht, aber die Linken werden dies mit gebündelten Kräften im Europäischen Parlament einbringen und damit Sorge für Umwelt und Arbeitsplätze im ländlichen Raum tragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Also: anstelle von Wischiwaschi konkrete Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Jetzt gleich! So- fort!)

Der Nr. 5 in dem Antrag der SPD-Fraktion können wir zustimmen. Der ländliche Raum muss gestärkt werden. Niedersachsen ist ein Flächenland, das von Dörfern und der Landwirtschaft geprägt ist. Es gilt, dieses Kulturgut zu bewahren und für viele Menschen dort Lebensqualität zu erhalten bzw. zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Thema „Exporterstattungen“: Die Linke lehnt Exportsubventionen ab. Sie verdrängen Bauern in weniger entwickelten Ländern vom Markt. Auch wenn Frau Ministerin Grotelüschen in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage dieser Frage ausgewichen ist, gab es in Deutschland im Jahre 2009 Exporterstattungen. Beweisen Sie mir das Gegenteil, dass Niedersachen daran nicht beteiligt war!

Dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP können wir absolut nicht zustimmen. Bei dem Antrag der SPD-Fraktion besteht für uns noch Diskussionsbedarf.

(Wiard Siebels [SPD]: Aber dann stimmt ihr zu!)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Oesterhelweg das Wort. Bitte schön!

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Er hat sich erst danach gemeldet, der Lobbyist!)

Herr Kollege, wenn Sie von mir als Lobbyist sprechen, dann haben Sie einige Zusammenhänge nicht begriffen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Viel zu viele Zusammenhänge!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin König, Sie haben hier viel erzählt, aber relativ wenig gesagt. Eine Passage habe ich mir aber aufgeschrieben, die so nicht stehenbleiben kann. Wenn Sie hier davon sprechen, dass es in Niedersachsen allerorten eine beschädigte Umwelt gibt, dann

(Ingrid Klopp [CDU]: - - - ist das unglaublich!)

fahren Sie mit geschlossenen Augen durch die Gegend.

(Zuruf von der LINKEN: Sie verlassen Ihr Feld nie!)

Wenn das wirklich so wäre, liebe Frau Kollegin König, dann sähe es hier so aus wie 1989 dort, wo Ihre Brüder im Geiste lange genug alles kaputt gemacht haben - in Bitterfeld und anderswo.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: Das haben wir schon lange nicht mehr gehört! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ich hatte schon Entzugserscheinungen!)

Meine Damen und Herren, ich sehe nicht, dass geantwortet werden soll.

(Rolf Meyer [SPD]: Er hat ja auch nur Quatsch erzählt! - Marianne König [LINKE]: Die Zeit ist zu wertvoll! - Wei- tere Zurufe - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wenn Sie noch untereinander diskutieren wollen, können wir noch ein wenig warten.

Der nächste Redner ist der Kollege Oetjen von der FDP-Fraktion. Bitte!

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU ist eine Kernfrage für unser Land. Deswegen ist es gut, dass wir heute mit dem Antrag von CDU und FDP mit star

ker Stimme ein Signal aus Niedersachsen, dem Agrarland Nummer eins, nach Brüssel schicken.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte mich an der Stelle bei den anderen Fraktionen dafür bedanken, dass es möglich war, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu nehmen, der ja zunächst nicht darauf stand.

(Wiard Siebels [SPD]: Wir sind groß- zügig!)

Halten Sie sich bitte zunächst einmal vor Augen, über welche Größenordnung wir diskutieren: Über 1 Milliarde Euro fließen jedes Jahr aus der gemeinsamen Agrarpolitik der EU in unser Land Niedersachsen - über 1 Milliarde Euro! Deswegen ist es eminent wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir uns gerade als Niedersachsen, als Agrarland Nummer eins, klar positionieren.

Wir brauchen eine starke erste Säule. Das hat der Kollege Oesterhelweg gerade sehr richtig dargestellt. Zu dem, was Sie im SPD-Antrag vorstellen, nämlich einen Sockelbetrag, der europäisch einheitlich ist, hat die Europäische Kommission schon im Juni gesagt, dass er nicht kommen wird und dass das auch der falsche Weg wäre, und zwar aus guten Gründen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Genau! Richtig!)

Sie können doch eine Landwirtschaft in Polen und in Rumänien nicht mit der Landwirtschaft in Deutschland, in Frankreich und in Großbritannien vergleichen und hier einen einheitlichen Betrag auf den Weg bringen.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Richtig!)

Das so zu tun, meine verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, würde die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ruinieren. Deshalb wäre das der falsche Weg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Rolf Meyer [SPD]: Das hat keiner ge- schrieben!)

- Nein, Sie müssen lesen, sehr geehrter Herr Kollege Meyer, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben. Da haben Sie von diesem Sockelbetrag gesprochen, und dann soll es zusätzliche weitere Beträge bei zusätzlichem Nutzen geben. Sie tun hier nämlich so - - -

(Zuruf von Wiard Siebels [SPD])

- Das steht in dem Antrag, Herr Kollege.

(Rolf Meyer [SPD]: Das möchtest du wohl gern hineinnehmen!)