Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

In Wahrheit war das Sicherungssystem der Privatbanken doch am Ende, bevor die Krise überhaupt richtig begonnen hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Szenen, wie wir sie im Herbst 2008 erlebt haben, als der damalige Finanzminister Steinbrück und die Bundeskanzlerin vor die Mikrofone traten und eine Absicherung der Spareinlagen notfalls auf Staatskosten verkünden mussten, soll es, darf es nie wieder geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen ein besseres, europaweit einheitliches System der Einlagensicherung, das die Banken umfasst, die nicht nur regional, sondern im europäischen Binnenmarkt agieren, und dieses nicht nur als Mindeststandard, wie Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, es in Ihrem Antrag fordern, sondern als einheitlichen, also

auch als Höchststandard. Würden wir nicht nur regional agierenden Banken ermöglichen, über den Standard hinauszugehen, käme es zu Wettbewerbsverzerrungen, die wir vermeiden sollten. Das unterschiedliche Vorgehen innerhalb der EU zur Sicherung der Einlagen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise hat die Krise eher noch verschärft. Das müssen wir künftig vermeiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Forderung, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht mit in das einheitliche Sicherungssystem hineingezwungen werden dürfen, unterstützen wir. Klar ist: Wir dürfen nicht diejenigen belasten und bestrafen, die sich nicht an den Zockereien beteiligt, sondern solide gewirtschaftet haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor allem die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken waren in der Krise doch der Fels in der Brandung.

Meine Damen und Herren, Ihre Forderung nach Beibehaltung der Institutssicherung für Sparkassen und Volksbanken ist richtig. Diesen Punkt tragen auch wir mit. Insgesamt geht Ihr Antrag aber viel zu weit. Deshalb lehnen wir ihn ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion erteile ich nun Frau Geuter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um die Sicherheit ihrer Spareinlagen haben sich die meisten Deutschen wahrscheinlich niemals ernsthaft gesorgt, zumindest nicht bis zum Herbst 2008. Damals war auf einmal ein Garantieversprechen der Bundesregierung nötig, um einen Bankrun der verunsicherten Anleger zu verhindern.

Um es in Zukunft erst gar nicht zu solch dramatischen Momenten kommen zu lassen, will die Europäische Kommission Sparer besser schützen. Auch von uns wird die Notwendigkeit gesehen, die Sicherungssysteme der Kreditinstitute in Europa so zu gestalten, dass die Bürger und die Mitgliedstaaten davor geschützt werden, Einlagen zu verlieren bzw. Steuergelder für die Rettung einzelner Institute einsetzen zu müssen. Wir haben natürlich nicht vergessen, dass es überwiegend die international

tätigen, systemrelevanten Banken waren, die auf staatliche Unterstützung angewiesen waren.

Die EU-weite Mindestsicherung der Einlagen bei allen Kreditinstituten ist grundsätzlich zu begrüßen, weil nur mit einer europäischen Regelung die durch die Finanzkrise zutage getretenen Schwachstellen in den nationalen Einlagensicherungssystemen zu schließen sind. Bestehende Sicherungssysteme mit einem umfassenden Schutz, wie ihn z. B. die Institutssicherung gewährt, müssen aber weiterhin unverändert möglich sein. Insofern teilen wir die Bedenken der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken.

Der jetzt vorliegende Vorschlag der Europäischen Kommission ist zweifelsohne ein Eingriff in die in Deutschland existierenden, bewährten, freiwilligen institutsbezogenen Sicherungssysteme. Insofern bedarf der Vorschlag der EU-Kommission der Überarbeitung.

Eine Absenkung des Anliegerschutzes oder eine nachteilige Beteiligung deutscher Banken an Sicherungssystemen, die sie nicht nutzen werden, ist auf jeden Fall zu vermeiden. Daher brauchen wir eine Ausnahmeregelung für institutsbezogene Einlagensicherungssysteme. Ansonsten hätten die Sparkassen und Genossenschaftsbanken einen Nachteil im Wettbewerb. Gerade institutsbezogene Sicherungssysteme wirken auch präventiv. Wir wollen diese weiterhin unterstützen.

Der Antrag der Regierungsfraktionen ist so allgemein gehalten, dass er nichts Falsches enthält. Wir können ihn daher auch unterstützen; denn es wird im weiteren Gesetzgebungsprozess ja darum gehen, funktionierende Sicherungssysteme weder abzuschaffen noch ihre Handlungsspielräume unangemessen einzuschränken. Die Institutssicherung hat sich bewährt. Genau diese erprobten Systeme müssen wir jetzt mit dem Streben nach einem erhöhten europäischen Schutzniveau zusammenbringen. Insoweit gibt es von uns generell eine Zustimmung zum Antrag der Regierungsfraktionen.

Aber ich kann mich erinnern, dass es - das letzte Plenum ist noch nicht so lange her - noch ein weiteres Thema gab, das die Sparkassen und Genossenschaftsbanken genau so umtreibt. Das war das Thema Bankenabgabe. Als ich das Thema und den Zusammenhang der Bankenabgabe mit dem Einlagensicherungssystem angesprochen habe, hat der niedersächsische Finanzminister hier erklärt, das Ganze sei - um es mit seinen Worten zu sagen - längst fertig; denn am Vortage habe Nie

dersachsen im Finanzausschuss des Bundesrates entsprechend votiert.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ich würde mich nicht noch einmal mit dem Fi- nanzminister anlegen! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Ganz ruhig bleiben, Herr Hilbers!)

Dass es aus Sicht des Finanzministers fertig war, will ich ja gerne glauben. Er hoffte wahrscheinlich, damit davon abzulenken, dass Niedersachsen in der letzten Woche im Bundesrat - obwohl Ihre Überzeugung angeblich so war, wie Sie sie dargestellt haben - den Vermittlungsausschuss nicht angerufen hat.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Aber sicherlich werden Ihnen Ihre Mitarbeiter eine spitzfindige Begründung dafür aufgeschrieben haben, weshalb es Sinn macht, sich im Finanzausschuss des Bundesrates gegen eine Sache auszusprechen und hinterher nicht den Mut zu haben, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ich verspreche Ihnen, dass wir das noch zu einem getrennten Thema machen und die Diskussion mit diesem Finanzminister nicht scheuen werden.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Kollege Grascha für die FDP-Fraktion.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der ist ganz gegen Einlagensicherung! Das regelt ja der Markt!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu unserem Entschließungsantrag ist ja schon im letzten Plenum viel gesagt worden. Wir haben darüber auch im Ausschuss intensiv beraten. Insofern möchte ich meinen Wortbeitrag heute darauf beschränken, etwas zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu sagen.

Ich glaube, das, was Sie, Herr Dr. Sohn, hier dargestellt haben, ist ein Schwarz-Weiß-Blick, der Ihnen den Blick für die Realität in Deutschland offensichtlich versperrt. Das deutsche Bankensystem funktioniert sehr erfolgreich mit den drei Säu

len, nämlich dem genossenschaftlichen Bereich, dem öffentlich-rechtlichen Bankenbereich und dem privaten Bereich. Einen Bereich herauszunehmen, nämlich die Privatbanken, und zu diskreditieren, halten wir für völlig falsch.

(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wer hat es denn verbockt?)

Man muss schon zur Kenntnis nehmen, dass die staatlichen Rettungspakete Garantien - ich nenne nur eine Zahl, nämlich 32 Milliarden Euro - für öffentlich-rechtliche Banken oder für Banken, an denen öffentlich-rechtliche Banken beteiligt sind, ausgebracht haben. CDU und FDP, diese Landesregierung und auch die Bundesregierung in Berlin vertreten die Interessen der deutschen Bankenlandschaft in Europa auch bei der Einlagensicherung. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Wir machen aber auch unsere Hausaufgaben hier in Deutschland. Damit komme ich zu dem Thema, das Frau Geuter gerade angesprochen hat. Einlagensicherung ist das eine Thema. Das andere Thema sind die Bankenabgabe und die Maßnahmen, die damit im Zusammenhang stehen.

Im Bundesrat wurden verschiedene Dinge auf den Weg gebracht. Es geht darum, Sanierungsverfahren und Reorganisierungsverfahren durchführen zu können, es geht darum, beispielsweise die Haftungszeit auf zehn Jahre zu verlängern, und es geht darum, dass beispielsweise Mitarbeiter von Banken, die staatlich gestützt werden, nur noch maximal 500 000 Euro verdienen dürfen. All das sind Maßnahmen, die zeigen, dass CDU und FDP ihre Hausaufgaben gemacht haben. Diese Maßnahmen werden uns sicherlich helfen, derartige Krisen in Zukunft zu verhindern.

Das ist das Entscheidende: Einerseits geht es darum, hier in Deutschland das zu regeln, was wir regeln können, und andererseits geht es darum, die Interessen Deutschlands in Europa zu vertreten. Da ist dieses Land bei CDU und FDP in besten Händen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Geuter hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist aber nicht nötig!)

Herr Grascha, mit zwei Dingen in Ihrer Rede muss ich aufräumen.

Zum einen geht es um die Behauptung, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Bankenabgabe und der Einlagensicherung gibt. Das hat sogar der Bundesrat in seiner Sitzung im Oktober mit den Stimmen Niedersachsens anders gesehen und ausdrücklich auf diesen Zusammenhang hingewiesen.

Das Zweite ist, dass Sie sagen, wir müssen das regeln, was wir in Deutschland regeln können. In Deutschland haben wir alles in der Hand, um das Thema Bankenabgabe zu regeln.

Insofern stimmt Ihre Rede nicht so ganz.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Herr Grascha möchte antworten. Bitte schön!

(Rolf Meyer [SPD]: Jetzt aber die Wahrheit!)

Bei unserem Entschließungsantrag geht es um die Einlagensicherung. Die Bankenabgabe taucht hier mit keinem Wort auf. Wenn Sie diesen Zusammenhang herstellen wollen, dann hätten Sie einen Änderungsantrag stellen können, über den wir dann abgestimmt hätten.