Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

„CDU und Grüne bestimmen die politischen Diskussionen, die SPD kommt kaum vor, ist und wird nicht gefragt. Das ist kein Zufall.“

Darüber, meine Damen und Herren, sollten Sie einmal nachdenken.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zum Schluss. Wir werden uns auch weiterhin mit den Zukunftsfragen in diesem Land auseinandersetzen, weil wir mit den Menschen im Land reden und ihnen zuhören, weil wir den Menschen Lösungen anbieten und weil wir Antworten auf Zukunftsfragen haben.

Ich fasse kurz zusammen: Wir setzen den Schwerpunkt in der Bildungspolitik mit der Oberschule und geben dafür zusätzlich 10 Millionen Euro. Wir setzen einen Schwerpunkt in der Famili

enpolitik mit 4,27 Millionen Euro für Kinder- und Familienservicebüros.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Wir setzen einen Schwerpunkt bei der Infrastruktur und geben zusätzlich Geld für die Erneuerung der Landesstraßen und Radwege in diesem Land.

(Zustimmung bei der CDU)

Seien Sie versichert, dass wir auch nach 2011 und weit darüber hinaus verantwortungsvoll mit dem Team um Ministerpräsident McAllister, dem Kabinett, in diesem Land die Politik bestimmen und eine zielgerichtete Haushaltspolitik machen werden.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl- Heinz Klare [CDU]: Hervorragend!)

Herzlichen Dank. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Wenzel das Wort. Bitte schön!

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Herr Wenzel, jetzt erzählen Sie mal, wofür Sie sind!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Thümler, Sie haben die Hausaufgaben von „Mutti“ ja sehr gut abgearbeitet.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich hoffe nur, dass Sie die Branche der erneuerbaren Energien, die wir zusammen mit der SPD aufgebaut haben, in Ihrem Eifer nicht kaputt machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU)

Ich hoffe, Herr Thiele, dass es Ihnen gelingt, die Finanzierung der zweigleisigen Elektrifizierung nach Wilhelmshaven sicherzustellen, bevor der Hafen eingeweiht wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich hoffe auch, dass es uns gelingt, mehr als ein Seekabel nach Norwegen zu legen, und dass es uns gelingt, die Erdkabel in Niedersachsen durchzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Nicht mit euch! Die Grünen sind dagegen!)

Wir warten auch seit Monaten auf den Zeitpunkt, zu dem Sie bereit sind, den Antrag zu diskutieren, der mehr Windkraft in Niedersachsen fordert.

Meine Damen und Herren, das nur dazu.

Ich komme zum Thema: Der erste Haushalt der Regierung McAllister ist nicht nur eine Enttäuschung, er ist auch eine Täuschung der Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wer in diesen Tagen nach Griechenland oder nach Portugal guckt, der bekommt eine Ahnung davon, wohin eine überbordende Verschuldung führen kann.

(Gabriela König [FDP]: Mit euch!)

Eines haben die Beispiele dort mit unserer eigenen Lage hier gemein: Gemeinsam täuschte man sich selbst und die Wählerinnen und Wähler über das wahre Ausmaß der Verschuldung. Die ausgewiesene Verschuldung deckt nur einen Teil künftiger Lasten.

So ist das auch im niedersächsischen Haushalt und im Bundeshaushalt: Die versteckte Verschuldung durch Pensionsverpflichtungen und Rentenzahlungen ist deutlich höher. Weil die Bevölkerung unseres Landes schrumpft, wird künftig ein Drittel weniger Arbeitnehmer für deutlich mehr Menschen im Renten- und Pensionsalter aufkommen müssen. Unsere Sozialversicherungen werden immer stärker belastet, weil die Zahl der Beitragszahler und -zahlerinnen deutlich sinkt.

Meine Damen und Herren! Herr McAllister, vor fünf Monaten sind Sie überraschend ins neue Amt gestolpert. Die Haushaltsklausur haben Sie verschoben, aber die gewonnene Zeit haben Sie nicht zu einer Weichenstellung genutzt.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Bereits zum dritten Mal in Folge wird im Parlament ein verfassungswidriger Haushalt vorgelegt. Auch für das Jahr 2011 werden die neuen Schulden wieder deutlich über den Investitionen liegen. Knapp 2 Milliarden Euro zusätzlicher Schulden planen Sie für das kommende Jahr offiziell ein.

Das ist aber längst nicht alles, meine Damen und Herren, die Wahrheit sieht noch deutlich düsterer aus.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Schulden- könige CDU!)

Wenn man die Einnahmen aus Rücklagen und Fonds und den Verkauf von Tafelsilber hinzurechnet, dann werden es mehr als 2,7 Milliarden Euro sein, um die Niedersachsen am Ende dieses Jahres ärmer ist.

Aber, ich sage Ihnen ganz deutlich, Herr Thümler, Herr McAllister: Ihre Ausreden zählen nicht. Nur ein Fünftel dieses Defizits im laufenden Haushalt ist konjunkturbedingt, der Rest ist strukturell bedingt. Das müssen Sie mir vielleicht nicht glauben, aber das können Sie beim Landesrechnungshof eindeutig nachlesen. Diese Wahrheit ist das eigentliche Dilemma dieses Haushalts, über den wir in diesem Plenum reden.

Auf dem Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse ohne Neuverschuldung sind Sie nicht einen Schritt weitergekommen. Ihr Gerede von einem ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2017, Herr McAllister, können wir wirklich nicht ernst nehmen. Niemand kann das ernst nehmen. Das werden Sie nie und nimmer erreichen, und das wissen Sie auch. Aber Sie können ja sicher sein, das man Sie an diesem Versprechen nicht messen wird, weil Sie dann nicht mehr in Regierungsverantwortung sein werden.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Bei Ihrem Koalitionspartner, Herr McAllister, herrscht schon völliger Realitätsverlust. Kaum kommen wieder etwas mehr Steuern rein, schwadroniert die FDP schon wieder von Steuersenkungen -

(Zurufe von der FDP: Wer denn?)

ohne Rücksicht auf den Bundeshalt, ohne Rücksicht auf die Länderhaushalte und die kommunalen Haushalte.

Lassen Sie mich einmal einen ehemaligen Wahlkampfmanager von Herrn Stoiber und von Herrn Rüttgers in Nordrhein-Westfalen zitieren:

„Die Vetomacht der FDP gegen eine sozial ausgewogene Konsolidierungspolitik zerstört den Markenkern der CDU, nämlich die Partei der sozialen Marktwirtschaft zu sein, die

wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit ausbalanciert.“

Das war vielleicht auch der Grund dafür, dass in Oldenburg sieben Kommunalpolitiker der CDU ihre Partei fluchtartig verlassen haben. Insofern, Herr Thümler, kann ich gar nicht verstehen, wie Sie hier so großspurig auftreten können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Miriam Staudte [GRÜNE]: Hat er noch nicht gemerkt!)

Weiter schreibt Michael Spreng, der Wahlkampfmanager von Herrn Stoiber:

„Dabei täuscht sich die FDP schon bei ihren eigenen (kaum noch vorhande- nen) Wählern: Sie sind nicht so selbstsüchtig, so verantwortungslos, ja so asozial, wie die FDP offenbar meint.“

Meine Damen und Herren, es ist beunruhigend, wenn die Fliehkräfte in einer Gesellschaft schneller wachsen als die Kräfte, die unser Gemeinwesen zusammenhalten. Sinnbildlich für diese Entwicklung steht auch unser Finanzminister, der da zu einer Karikatur seiner selbst wird, wenn er als Vorbild gelten will und die HanBG in ein kleines Dorf im Emsland verschiebt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist die schnelle Mark auf Kosten aller Kommunen. Aber das ist kein glaubwürdiges Beispiel für staatliches Handeln in schwierigen Zeiten.