Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus. Ich bitte Sie ganz herzlich, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten. Das erleichtert uns den Überblick.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie der Landespresse zu entnehmen war, steht nunmehr fest, dass die fünf bislang über das gesamte Stadtgebiet verstreut untergebrachten hannoverschen Fachgerichte - Finanzgericht, Verwaltungsgericht, Sozialgericht, Landesarbeitsgericht und Arbeitsgericht - an einem Standort untergebracht werden.
Bis 2014 soll das neue Justizzentrum bezugsfertig sein. Den Planungen zufolge wird das Land das Justizzentrum nicht in Eigenregie errichten, sondern setzt auf ein Investorenmodell.
1. Welche finanziellen Auswirkungen sind durch die Zusammenlegung der Fachgerichte an einem Standort zu erwarten?
2. Welche Synergieeffekte hält die Landesregierung auf den verschiedenen Arbeitsebenen der einzelnen Fachgerichte für möglich?
3. Wie wird sich das neue Justizzentrum auf die bürgernahe und dienstleistungsorientierte Struktur der niedersächsischen Gerichtsbarkeiten auswirken?
Herzlichen Dank, Herr Professor Zielke. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die fünf in Hannover ansässigen Fachgerichte Niedersächsisches Finanzgericht, Verwaltungsgericht Hannover, Sozialgericht Hannover, Landesarbeitsgericht Niedersachsen und Arbeitsgericht Hannover sind bislang in angemieteten, über das gesam
te Stadtgebiet verstreut gelegenen Gebäuden untergebracht. Dies erschwert eine gerichtsübergreifende Zusammenarbeit und stellt sich für die Bürgerinnen und Bürger unübersichtlich dar.
Das Landeskabinett hat in seiner Sitzung vom 26. Oktober 2010 deshalb entschieden, dass die fünf Fachgerichte gemeinsam in einem Neubau auf dem landeseigenen Gerichtsparkplatz neben dem Amtsgericht Hannover untergebracht werden sollen.
Das Fachgerichtszentrum soll nicht in Eigenregie, sondern durch einen privaten Investor im Wege des Mietbaues errichtet werden. Dazu soll dem Investor ein Erbbaurecht an dem Grundstück eingeräumt werden, der darauf auf eigene Rechnung ein Fachgerichtszentrum nach den vom Land genannten Erfordernissen plant, errichtet und für 30 Jahre zu marktüblichen Konditionen an das Land vermietet. Für die Vergabe eines solchen Investorenmodells ist ein förmliches Vergabeverfahren mit europaweiter Bekanntmachung erforderlich.
Mit dem Kabinettsbeschluss vom 26. Oktober 2010 ist das Niedersächsische Justizministerium beauftragt worden, mit Unterstützung des Finanzministeriums diese Ausschreibung nunmehr vorzubereiten und durchzuführen. Unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes, der erfahrungsgemäß für die Vorbereitung der Ausschreibung, für das Vergabeverfahren sowie für Planungs- und Bauphase benötigt wird, ist der Nutzungsbeginn des Fachgerichtszentrums ab Mitte 2014 geplant.
Zu Frage 1: Die Kabinettsentscheidung beruht auf einer vorbereitenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die das Justizministerium durchgeführt und mit dem Finanzministerium abgestimmt hat. Der Vergleich der Gesamtkosten eines Investorenbaus von 74,7 Millionen Euro mit denen eines Eigenbaues von 81,6 Millionen Euro ergibt einen wirtschaftlichen Vorteil des Investorenbaus gegenüber einem Eigenbau von 8,45 %.
Gegenüber einer Fortführung des Status quo wird es zu keiner Zeit zu einer Mehrbelastung des Landeshaushalts kommen. Die Miete des Fachgerichtszentrums kann nämlich durch die Einsparung der bisherigen Mieten sowie durch Synergieeffekte erwirtschaftet werden, die zu Einsparungen bei den Betriebskosten und im Personalhaushalt führen.
Um dies sicherzustellen, wird in der Ausschreibung eine Mietobergrenze von rund 1,82 Millionen Euro Kaltmiete im ersten vollen Betriebsjahr festgelegt werden. Zuzüglich einer Umlage des an den Landesliegenschaftsfonds zu entrichtenden Erbbauzinses von 220 000 Euro ergibt sich ein Gesamtbetrag von ca. 2,04 Millionen Euro im ersten Jahr. Dem stehen die eingesparten Kaltmieten der bisherigen Anmietungen von rund 1,58 Millionen Euro sowie Betriebskosten- und Personaleinsparungen in Höhe von ca. 460 000 Euro gegenüber. Das Projekt verhält sich somit haushaltsneutral.
Zu Frage 2: Synergieeffekte ergeben sich aus der räumlichen Zusammenlegung der Fachgerichte zum einen unter dem Aspekt der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung, zum anderen durch die gemeinsame Unterbringung in einem neuen, energieeffizienten Gebäude mit zentralisiertem Gebäudemanagement. Gemeinsame Einrichtungen und Dienste der Fachgerichte sind für den Eingangsbereich, die Wachtmeisterei, die Poststelle, die Telefonzentrale, die Rechtsantragstelle, den Sitzungssaalbereich und die Bibliothek vorgesehen. Dies ermöglicht eine Flächenoptimierung, einen flexibleren Personaleinsatz und Einsparungen im Personalhaushalt.
Das gemeinsame Gebäudemanagement in einem energieeffizienten Gebäude spart Betriebskosten. Möglich ist darüber hinaus eine Zusammenarbeit der Gerichtsverwaltungen, die aber erfahrungsgemäß erst im laufenden Betrieb eines Justizzentrums entwickelt werden kann.
Zu Frage 3: Niedersachsen hat eine gute und leistungsfähige Justiz, die bei den Bürgerinnen und Bürgern hohe Akzeptanz und Respekt genießt. Wichtig für die Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen Justiz ist eine bürgernahe und dienstleistungsorientierte Gerichtsstruktur. Die Regierungsfraktionen haben deshalb in ihrer Koalitionsvereinbarung beschlossen, in geeigneten Fällen die an einem Ort befindlichen Gerichte zu Justizzentren zusammenzulegen.
Modell für eine enge und gute Zusammenarbeit zwischen Fachgerichten ist Braunschweig. Dort sind bereits seit einigen Jahren Sozial- und Verwaltungsgericht in einem Gebäude untergebracht. In Lüneburg wird im nächsten Januar ein Fachgerichtszentrum, ebenfalls bestehend aus Sozial- und Verwaltungsgericht, eingeweiht werden. In Osnabrück wird im kommenden Jahr ein Fachgerichtszentrum der drei ortsansässigen Fachgerichte Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgericht entste
hen. Auch die Bildung eines großen Justizzentrums in Oldenburg mit allen Oldenburger Gerichten und der Staatsanwaltschaft haben wir im Blick.
Was in der Fläche gilt, gilt auch in der Landeshauptstadt Hannover: Durch die Errichtung des Fachgerichtszentrums in unmittelbarer Nachbarschaft zu Amtsgericht, Landgericht und Staatsanwaltschaft Hannover können alle diejenigen Einrichtungen, die dort bereits zentralisiert sind, gemeinsam mit den Fachgerichten genutzt werden. Das betrifft die Postabgangsstelle im Amtsgericht sowie Telefonzentrale, Zentralbibliothek und Kantine im Landgericht.
Auf diese Weise entsteht ein zentrales Angebot aller Justizleistungen in Hannover, das für die Bürgerinnen und Bürger, die Rechtsanwaltschaft, die Justizbediensteten sowie Öffentlichkeit und Medien optimal erreichbar ist und die Präsenz der Justiz in der Landeshauptstadt deutlich macht: ein leistungsfähiges und zugleich bürgernahes Justizzentrum in der Mitte von Hannover.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die erste Frage wird vom SPD-Kollegen Herrn Haase gestellt. Sie haben das Wort.
Danke schön, Frau Präsidentin. - Herr Minister, mit dem Bredero-Haus haben wir ja eine ziemliche Pleite erleben müssen. Aber Schwamm drüber!
Ich frage jetzt zu dem neuen Projekt die Landesregierung: Inwieweit sind denn dieses Mal im Verfahren sowohl die Stadt Hannover als auch natürlich die Personalräte, die ja insbesondere bei dem Thema Synergie durch Personaleinsparungen betroffen sind, beteiligt worden? Oder droht uns dort neues Ungemach?
Ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie in diesem Zusammenhang sagen würden, mit welcher Personalreduzierung Sie bei der Bildung dieses Justizzentrums tatsächlich rechnen würden.
Ganz herzlichen Dank, Herr Haase. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Busemann das Wort. Bitte schön!
Uns hat es am Ende - abgesehen von viel Mitarbeiterschweiß - so recht kein Geld gekostet. Wenn dem Investor oder dem Träger dort die Puste ausgeht, steht das auf einem anderen Blatt. Dann trennt man sich eben und sucht nach neuen, vielleicht sogar besseren Wegen.
Ich glaube, dass das jetzige Vorhaben auf dem landeseigenen Grundstück direkt neben dem Amtsgericht etwas ist, bei dem eigentlich alle denken: Das ist möglicherweise der bessere Standort.
Seien Sie gewiss: Bereits in der Vorbereitung zu der Entscheidung des Kabinetts sind wir personalvertretungsrechtlich über alle Ebenen immer zusammen gewesen, um auch den Raumbedarf und Details wie technische Abläufe zu klären. Wir werden während des Verfahrens einen Projektbeirat bilden. Der Hauptpersonalrat ist beteiligt. Personalvertretungsrechtliche Anforderungen werden von vorne bis hinten - sie sind ganz erheblich; man kann da nur staunen - erfüllt werden. Wir werden uns auch in jeder Phase auf der personalrechtlichen Seite immer wieder abstimmen. Es gibt auch vom Vergaberecht her zu bestimmten Stufen Vorschriften, wann immer eine Benehmensherstellung herbeizuführen ist. Das werden wir mit Sicherheit befolgen.
Die Stadt Hannover muss, soweit sie baurechtlich betroffen ist, ebenfalls einbezogen werden. Das wird sich bei den Voraussetzungen des Vergabeverfahrens, aber dann auch während der Durchführung sicherlich da und dort zu bewähren haben. Ich habe aber den Eindruck, dass auch die Stadt den Standort begrüßt.
Teil der Gesamtkalkulation ist in der Tat - Sie tippen das an - auch die Frage, ob wir auch im Personalkostenbereich gewisse Vorteile haben. Ich würde das einmal ganz vorsichtig mit etwa sechs bis acht Stellen beziffern, die in den von mir genannten Zahlen mit einfließen. Das führt auch dazu, dass wir effizienter und wirtschaftlicher werden.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Limburg, bitte schön!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der geplanten Einsparungen: Wird es auch zu Privatisierungen von Teilaufgaben kommen, also im Bereich Gebäudemanagement, im Bereich Bibliothek, im Bereich Amtsmeisterei? Was ist da geplant? Oder wird es rein um organisatorische Veränderungen gehen?