frage ich Sie noch einmal ganz konkret und deutlich: Wann werden Sie Ihre Zahlen liefern, damit diese Selbstgefälligkeit hier aufhört?
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Von Selbstgefälligkeit verstehen Sie wirk- lich was! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war jetzt eine intellektuelle Höchstleistung in diesem Hause!)
Konkrete Frage, konkrete Antwort: Der 1. Februar und der 1. September sind die Stichtage, zu denen wir die Zahlen erheben. Sobald diese Zahlen vorliegen, werden wir Sie unterrichten.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen zu dieser Frage vor.
Es ist jetzt 10.45 Uhr. Damit kommt keine weitere Mündliche Anfrage mehr zum Zuge. Ich schließe die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt.
Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die nicht mehr aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 15 aufrufe, möchte ich dem Plenum mitteilen, dass wir jetzt ungefähr 25 Minuten hinter dem Zeitplan zurückliegen. Da ich außerdem davon ausgehe, dass die Dringliche Anfrage mehr Zeit in Anspruch nimmt, als für den auf gestern vorgezogenen Punkt vorgesehen war, möchte ich den Parlamentarischen Geschäftsführern mitteilen, dass sie sich noch etwas einfallen lassen müssen, wenn sie ein Sitzungsende um 15 Uhr erreichen wollen.
Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Sie wissen auch, wie das mit den Vorbemerkungen ist. Ich muss das nicht alles wiederholen.
Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der vom Niedersächsischen Städtetag in einer Denkschrift angemahnten dramatischen Lage der Kommunalfinanzen? - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3251
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der vom Niedersächsischen Städtetag in einer Denkschrift angemahnten dramatischen Lage der Kommunalfinanzen?
Angesichts der Finanzlage von Städten, Gemeinden und Landkreisen in Niedersachsen hat der Niedersächsische Städtetag am 6. Januar 2011 in einer Denkschrift zum Thema „Existenzfragen kommunaler Selbstverwaltung - Kommunale Finanzlage im Gesamtbild“ eindringlich auf die seines Erachtens unzureichend wahrgenommene verfassungsrechtliche Verantwortung der Landesregierung für die Finanzausstattung der Kommunen zwischen Ems und Harz aufmerksam gemacht. Der Niedersächsische Städtetag sieht angesichts der Strukturkrise der Kommunalfinanzen „in nie gekannter Dimension“ die vom Grundgesetz und von der Landesverfassung ausdrücklich geschützte kommunale Selbstverwaltung und Demokratie in Niedersachsen in Gefahr. Er fordert die Landesregierung zu dringend gebotenen Veränderungen auf.
Zunehmend mehr Städte, Gemeinden und Landkreise in Niedersachsen befinden sich nach Auffassung des Niedersächsischen Städtetages an der Grenze ihrer Handlungsfähigkeit. Im Jahr 2011 erwartet der kommunale Spitzenverband in Niedersachsen zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kommunen ein Rekorddefizit von voraussichtlich 1 530 Millionen Euro. Aber auch die Kassenkredite, also die Überziehungskredite der Städte, Gemeinden und Landkreise, die per 30. Juni 2010 nahezu 5 Milliarden Euro betrugen, waren in Niedersachsen nie höher als jetzt. Da sind jährlich 70 Millionen Euro Hilfen der Landesregierung im Rahmen des sogenannten Zukunftsvertrages für
die Entlastung der kommunalen Kassenkredite nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Diese Gelder sind überdies zwingend an die Zusammenlegung von Gemeinden gebunden.
Angesichts ihrer dramatischen Finanzausstattung kürzten und kürzen die niedersächsischen Kommunen daher bei ihren Ausgaben für Investitionen und Personal sowie bei den freiwilligen Aufgaben und sogar bei Pflichtaufgaben. Darunter leidet massiv das soziale und kulturelle Klima vor Ort. Ausbleibende kommunale Investitionen wiederum gefährdeten das lokale Handwerk und örtliche Bauunternehmen sowie deren Beschäftigte.
Die Denkschrift des Niedersächsischen Städtetages gibt ein klares Bekenntnis für den Erhalt der Gewerbesteuer als wichtigste eigene Einnahme der Städte und Gemeinden ab. Die Verbreiterung ihrer Bemessungsgrundlage durch die Erweiterung der Gewerbesteuerpflicht auf Selbstständige und Freiberufler, die ihre Zahlungen weitgehend mit der Einkommensteuer verrechnen können, sei danach für die Erhöhung ihrer Wirksamkeit besonders wichtig.
Auf der Landesebene wiederum ist nach Auffassung des Niedersächsischen Städtetages die Rücknahme der Kürzungen beim kommunalen Finanzausgleich durch die Landesregierung „der zentrale Beitrag zur Stärkung der kommunalen Einnahmen“. Das Land Niedersachsen habe bereits seit dem Jahr 1987 unter wechselnden Landesregierungen die sogenannte Verbundquote im kommunalen Finanzausgleich immer weiter reduziert. Dadurch fehlten den niedersächsischen Kommunen permanent über 650 Millionen Euro gegenüber der bis zum Jahr 1987 geltenden Verteilung zwischen Land und Kommunen. - Der Beleg dazu: Gemeindefinanzbericht 2008 des Deutschen Städtetages, der städtetag 5/2008, Seite 44.
1. Welche konkreten, kontrollfähigen Schritte will sie unternehmen, um über die im sogenannten Zukunftsvertrag verankerten zweckgebundenen Finanzhilfen von jährlich 70 Millionen Euro hinaus die auf nahezu 5 Milliarden Euro angewachsenen Kassenkredite spürbar abzusenken?
2. Wie will sie bei dem vom Niedersächsischen Städtetag angemahnten „zentralen Beitrag zur Stärkung der kommunalen Einnahmen“, der Rücknahme der seit 1987 durchgeführten Kürzungen
3. Wie will sie sich konkret im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für die Verbesserung der Finanzlage der niedersächsischen Städte, Gemeinden und Landkreise einsetzen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Denkschrift des Niedersächsischen Städtetages stellt sowohl kompakt als auch überwiegend korrekt die Situation der kommunalen Finanzen dar. Allerdings kommt das Papier zu einem ganz anderen Schluss, als die Linke uns hier vermitteln möchte.
Die Kernaussage der Schrift lautet - und der ist uneingeschränkt zuzustimmen -: Das zentrale Problem der kommunalen Finanzen ist vor allem die massive Belastung der Kommunen durch die Sozialausgaben.
Die kommunalen Einnahmen müssen verstetigt und verstärkt werden. Die kommunalen Körperschaften brauchen eine solide und verlässliche Einnahmebasis. Dies gilt für alle Kommunen, nicht nur für die mit starker Gewerbesteuer. Dafür setze ich mich ein, und zwar insbesondere in der Gemeindefinanzkommission.
Die Belastungen durch Aufgaben müssen reduziert werden. Vorhandene Standards und Aufgaben müssen überprüft, die Einrichtung neuer Standards und Aufgaben erschwert werden. Kosten dafür gehören ausgeglichen. Das Land hat hier seine Hausaufgaben längst getan und, wie Sie wissen, die strikte Konnexität in die Verfassung eingefügt. Wenn der Bund die sozialen Aufgaben weiterhin so detailliert regeln will, wie er es jetzt tut, muss er eine stärkere Finanzierungsverantwortung übernehmen. Auch dafür hat sich die Landesregierung aktiv in der Gemeindefinanzkommission eingesetzt.
Zu 1: Mit dem im Dezember 2009 zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung abgeschlossenen Zukunftsvertrag ist deutschlandweit erstmals ein ganzheitlicher Ansatz gewählt worden, der weit über die nunmehr auch vereinzelt in anderen Bundesländern entwickelten reinen Entschuldungslösungen hinausgeht. Im Grundsatz geht es in Niedersachsen um den Ausbau eines Instrumentariums zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaften. Neben der Möglichkeit einer kommunalen Entschuldung als zentralem Baustein für eine zukunftsfähige Ausrichtung zahlreicher strukturschwacher Gemeinden und Landkreise stehen dabei das Prinzip der bürgernahen Durchführung öffentlicher Aufgaben, der weitere Abbau von Standards und Bürokratie sowie in bestimmten Förderbereichen die Bündelung einer ressortübergreifenden Strukturpolitik auf strukturschwache und demografisch belastete Räume im Mittelpunkt der Vereinbarung.
Ab dem Jahr 2012 werden jährlich bis zu 70 Millionen Euro in einem Sondervermögen zur Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit besonders betroffener Kommunen bereitgestellt. Bei einer Laufzeit des Fonds von bis zu 20 Jahren könnten theoretisch rund 1,4 Milliarden Euro für Zins und Tilgung kommunaler Liquiditätskredite in Anspruch genommen werden. In diesem Zusammenhang von „einem Tropfen auf den heißen Stein“ zu sprechen, geht an der Realität vollkommen vorbei.
Ziel ist es, bestimmte, wirtschaftlich auf Dauer nicht überlebensfähige Gemeinden und Kreise im Rahmen - und darauf lege ich Wert - freiwilliger Zusammenschlüsse zu leistungs- und zukunftsfähigen Einheiten zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln. Falsch ist die Annahme der Fragesteller, dass die Gelder zwingend an die Zusammenlegung von Gemeinden gebunden seien. In den Genuss einer Entschuldungshilfe kommen auch Kommunen, die ihre dauernde Leistungsfähigkeit trotz extremer Kassenkreditverschuldung auch ohne Fusion wiederherstellen können.
Das Instrumentarium Zukunftsvertrag ist stark nachgefragt. Mit rund 100 Kommunen sind bereits Gespräche geführt worden. Seit der Zusage der Landesregierung auf Unterstützung kommunaler Zusammenschlüsse haben 20 Gemeinden zumindest verbindliche Beschlüsse ihrer Vertretungen zu Fusionen gefasst, und eine Samtgemeinde hat
sich in eine Einheitsgemeinde umgewandelt. Mit dem Zukunftsvertrag sind im vergangenen Jahr rund 72 Millionen Euro Entschuldungshilfe vertraglich gebunden worden.
Ich habe nicht nur vor diesem Haus immer darauf hingewiesen, dass auch ich die hohe Kassenkreditverschuldung für beunruhigend halte. Nicht zuletzt diese Tatsache hat mich letztendlich dazu bewogen, mit dem Zukunftsvertrag ein Instrument zur Absenkung vorzuschlagen. Gleichzeitig muss man aber auch anerkennen, dass es in den Jahren 2007 und 2008 erstmalig gelungen war, eine Trendwende beim Anstieg der Liquiditätskreditverschuldung zu erreichen. Ohne die schwere weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die Niedersachsen und auch seine Kommunen sogar noch relativ gut überstanden haben, würden wir uns jetzt nicht über dieses Thema unterhalten.
Aber auch von den kommunalen Körperschaften erwarte ich eine verstärkte Konzentration auf besonders dringliche Investitionsvorhaben, um die nachfolgenden Generationen nicht zu belasten. Bei den sich mittlerweile wieder verbessernden Einnahmen muss der Fokus unbedingt auf die Rückführung von Schulden bzw. den zügigen Abbau von Liquiditätskrediten gerichtet werden. Auch die Kommunalaufsicht wird im Rahmen der Haushaltsgenehmigungen natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Kassenkredite richten.
Zu 2: Die Steuerverbundquote, die erheblichen Einfluss auf die Höhe der Zuweisungsmasse im kommunalen Finanzausgleich hat, ist nicht willkürlich gegriffen. Dies wäre aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht möglich. Vielmehr basiert die Verbundquote auf einem sorgfältig zwischen Land und Kommunen austarierten Verhältnis. Die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Belastung beider Ebenen werden selbstverständlich miteinander verglichen.
Die Landesregierung ist zu der regelmäßigen Überprüfung verpflichtet, ob die als Verteilungssymmetrie bezeichnete Lastenverteilung noch gewahrt ist. Als Ergebnis dieser Überprüfung schlägt sie dem Landtag als Budgetverantwortlichem vor, ob eine Anpassung der Verbundquote nach unten - wie zuletzt 2005 - oder nach oben - wie zuletzt 2007 - geboten ist.
Die letzte Überprüfung im Sommer 2010 hat ergeben, dass die Verteilungssymmetrie zwischen Land und Kommunen derzeit gewahrt ist. Die aktuelle Höhe der Steuerverbundquote ist also, bei allem Verständnis für den Wunsch nach höheren
Zuweisungen für die kommunalen Körperschaften, ein angemessener Kompromiss zwischen den Interessen der Kommunen und des Landes.
Ich möchte hier aber noch einmal auf den Kern des Problems eingehen: Die Fragestellung erweckt den Eindruck - genau wie die entsprechende Passage in der Denkschrift -, das Land könne nach Belieben jederzeit die Masse im kommunalen Finanzausgleich erhöhen. Bekanntermaßen macht die Verfassung hier ganz klare rechtliche Vorgaben, die der Staatsgerichtshof in seinen Entscheidungen zum kommunalen Finanzausgleich immer wieder deutlich bestätigt hat. Artikel 58 der Niedersächsischen Verfassung besagt unmissverständlich, dass die Höhe der Zuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs nicht nur von dem Ziel bestimmt wird, eine für die Kommunen auskömmliche oder sogar wünschenswerte Größenordnung zu gewährleisten, sondern dass auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes in gleicher Weise zu berücksichtigen ist.
Vor diesem Hintergrund hat das Land für einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Land und Kommunen zu sorgen. Diese Landesregierung hat in der Vergangenheit stets für einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Land und seinen Kommunen gesorgt. Das ist ihr mehrfach ausdrücklich vom Staatsgerichtshof bestätigt worden. Das wird auch in Zukunft so sein. Zudem haben wir uns im Zukunftsvertrag verpflichtet, Änderungen der Verbundquote nur im Einklang mit der Verteilungssymmetrie vorzunehmen.
Insofern ist die Initiative des Städtetages in diesem Punkt verständlich; schließlich vertritt er in erster Linie die Interessen seiner Mitglieder. Verantwortungsbewusste Landespolitik muss allerdings die Interessen des gesamten Landes im Blick haben und nach diesen Maßstäben Politik betreiben. Und dies schließt eben insbesondere den Blick auf die Finanzsituation des Landes mit ein, wonach auch der Landeshaushalt als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise hohe Finanzierungsdefizite zu verkraften hat. Insoweit ist die Finanzsituation des Landes leider keineswegs so, dass alle Wünsche, seien sie auch noch so nachvollziehbar, erfüllt werden können.