Protokoll der Sitzung vom 16.02.2011

wenn wir wirklich etwas tun wollen. Da dürfen wir keine Gefahren ausklammern, auch nicht die derzeitige landwirtschaftliche Praxis, die Zunahme von Monokulturen und die Gefahren durch Pestizide und Gentechnik. Davon ist in Ihrem Antrag jedoch nicht die Rede. Sie konzentrieren sich einzig und allein auf den Angriff auf das Bundesnaturschutzgesetz.

Es ist schon ein bisschen ungewöhnlich, dass wir schon jetzt die zweite Lesung Ihres Antrages haben, den Sie erst beim letzten Plenum eingebracht haben. Unseren älteren Antrag mit dem Titel „Bienen vor Pestiziden, Gentechnik und Nahrungsverlust schützen - Imkerei fördern“ in Drs. 16/2697, der auch viele Ansätze zur Förderung des Nachwuchses in der Imkerei enthält, wollen Sie nicht mit beraten, sondern Ihren Antrag jetzt hier einseitig durchstimmen. Damit tun Sie den Bienen keinen Gefallen. Stattdessen versuchen Sie, Ihren alten Angriff auf das Bundesnaturschutzgesetz, den Verzicht auf Ausgleich in der Fläche, nun auch noch mit den Bienen zu begründen. Das haben die schwarz-gelben Tiere nun wirklich nicht verdient, dass sie von Ihnen vorgeschoben werden, um das Naturschutzrecht insgesamt auszuhebeln.

Richtig ist: Wir brauchen Blühflächen und bienengerechte Lebensräume zusätzlich zum Ausgleichsrecht, nicht als dessen Ersatz. Wenn es nach Ihrem Antrag geht, können bienentaugliche Lebens

räume vernichtet werden, und dann würde Geld an Landwirte gegeben, damit sie das an anderer Stelle reparieren.

(Ingrid Klopp [CDU]: Quatsch!)

Das ist kein Gewinn für die Umwelt. Denn auch bei den Bienen gilt: Wir brauchen eine grundlegende Agrarwende, die Bienen nicht wirtschaftlichen Interessen der Agrarindustrie unterordnet, sondern sie als wichtige Schlüsselinsekten achtet.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Da gibt es viele konkrete Beispiele, auch aus Niedersachsen. Zum Beispiel gab es vor Kurzem ein Gerichtsurteil im Raum Uelzen. Da wurde nachgewiesen, dass es Bienenschäden durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bei Kartoffeln gab.

(Ingrid Klopp [CDU]: 2007!)

Das hat das Gericht so festgestellt, und das hat auch die Landesregierung so festgestellt. Doch der Imker bekam keine Entschädigung. Das sei zulässige landwirtschaftliche Praxis. Bienen zu vergiften, sei nicht verboten.

Frau Klopp, dann sprachen Sie das Thema Neonicotinoide an, also bienengiftige Stoffe. Die sind zurzeit verboten; das stimmt. Aber Herr Thümler spricht sich in einer Pressemitteilung vom 6. Juli für eine Lockerung des Insektizidverbots aus. Er nennt da konkret die Beizmittel Gaucho und Poncho. Sie können einmal nachschauen: Das sind beides Neonicotinoide.

(Ingrid Klopp [CDU]: Das weiß ich auch!)

Der gefährliche Wirkstoff Chlotianidin, der ein Bienensterben in Süddeutschland verursacht hat, ist in Gaucho enthalten. Herr Thümler will das wieder zulassen. Das wäre fatal für die biologische Vielfalt, und das wissen Sie auch.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Bienen- vergiftung! - Björn Thümler [CDU]: Die sind sowieso zugelassen, Herr Meyer!)

Und wir müssen klar Nein zur Gentechnik sagen. Es steht gerade ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofes bevor, das die Gefahren für die Imkerei klar beschreibt. Sie müssen sich auch um die Bienengifte in Genpflanzen kümmern.

Deshalb freuen wir uns auf die schriftliche Anhörung zu unserem Antrag im Agrarausschuss. Ich denke, dass dabei herauskommt, dass die Grünen

die besseren, wirksameren und umfassenderen Antworten an die Imker haben als Schwarz-Gelb. Ihr Antrag greift zu kurz, baut Naturschutzrechte ab und enthält kein Wort zu den Gefahren durch Pflanzenschutzmittel und Gentechnik. Daher werden wir ihm nicht zustimmen. Aber das Buch bekommen Sie trotzdem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE hat nun der Kollege Herzog das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer Maßnahmen ergreift, die einen Missstand verringern sollen, ohne genauer nach Ursachen zu fragen, will an dem Missstand nichts ändern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wer wie Sie, Frau Klopp, eine heile Welt beschreibt und dabei ein Bild hochhält, das ein paar Blüten vor einer Biogasanlage zeigt, lenkt von dem Problem ab.

(Zustimmung von Pia-Beate Zimmer- mann [LINKE] - Ingrid Klopp [CDU]: Keine Ahnung von Landwirtschaft!)

Das Problem ist nämlich die Alltagspraxis des Naturnutzers Mensch in seinen vielfältigen Ausprägungen. Sie reichen vom einfachen Gartenbesitzer, der zwar Rosen zieht, aber keine Ahnung von Artenvielfalt und Mikrokreisläufen hat, über die sogenannte Pflegepraxis der Kommunen oder, besser gesagt, der Bauhöfe bis hin zum Landwirt, Herr Große Macke, der vergessen hat, wozu eine Wallhecke oder ein artenreicher Ackerrandstreifen gut ist.

In meiner Heimatstadt kämpfe ich seit Jahrzehnten gegen eine Mentalität, die sich in dem unbedachten Ausspruch des Bauamtsleiters „Busch muss weg“ zusammenfassen lässt. Gemeint hatte er Wallhecken, insbesondere an Wirtschaftswegen. Es ist übrigens der gleiche, der im kommunalen Grün mit Roundup Halbmeterstreifen um alles ziehen ließ, was einen Rand hatte.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Das sei ungefährlich, war sein Kommentar auf entsprechende Kritik. Gut, das krebserzeugende Roundup ist inzwischen durch ein Nachfolge

totspritzmittel ersetzt. Die Praxis ist die gleiche. Es fehlt dort wie in Ihrem Antrag, Frau Klopp, schlicht an Wissen über Artenvielfalt, Biotopvernetzung und zeitlich und örtlich gestaffelte Pflegemaßnahmen an Knicks und Gräben.

Deshalb ist die Formulierung in Nr. 4 Ihres Antrages, „das Zusammenwirken von Landwirten, … Behörden und Gemeinden positiv zu begleiten“, zwar Harmonie suchend, kaschiert aber wie so oft mit unverbindlichen Allerweltsformeln flächendeckende Versäumnisse und Interessensgegensätze. Jahrelang weigerte sich meine Verwaltung, abgepflügte Ackerränder der Kommune und damit der Natur und den Bienen wiederzugeben. Zu aufwendig, hieß es lapidar. Inzwischen gibt es GPS, und wir konnten uns einmal durchsetzen. Grellpinke Stäbe bewiesen plötzlich, wie dort 1 bis 2 m natürlicher Ackersaum in Monokultur verwandelt worden war. - Pardon, vielleicht war ja dafür das Blühstreifenprogramm in Anspruch genommen worden: über 500 Euro pro Hektar Blüten, die früher ganz normal im Getreide wuchsen.

Es gibt Sonderprogramme - alles von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlt, berappt für die Ertragssteigerung um jeden Preis. Und beim Bauhof wird die eine oder andere Stelle weggespart oder zum Ein-Euro-Job.

Meine Damen und Herren, was ist eigentlich mit dem ungebrochenen Versiegelungswahn? Was ist mit dem zunehmenden Einverleiben von natürlichen Brachflächen in Intensivstbewirtschaftung, z. B. Maismonokulturen? - Was hier fehlt, ist Wissensvermittlung an die Nutzer, um die fatale Wachstums- und Ertragssteigerungsspirale in eine ganzheitliche Sicht umzudrehen.

Sie reglementieren alles Mögliche, aber verbindliche Pflegemaßnahmen und Richtlinien fehlen.

(Zustimmung von Pia-Beate Zimmer- mann [LINKE])

Trotz aller Reparaturprogramme kommt nicht einmal eine ökologische Nullnummer hinten heraus, und in einer ehrlichen volkswirtschaftlichen Bilanz auf keinen Fall eine ökonomische Nullnummer.

In den begrenzten vier Wänden dieses Globus müssen dann andere wegen unseres Lebensstils in die Besenkammer ziehen. Aber natürlich nicht wir; denn Sie tun ja etwas für die Bienen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat Herr Dr. Hocker für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon im Rahmen der letzten Debatte über diesen Antrag ist recht deutlich zum Ausdruck gekommen, welche Bedeutung die Abgeordneten der Opposition dem Schutz der Bienen in Niedersachsen beimessen.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Sie hätten einmal besser zuhören sollen!)

Anstatt sich inhaltlich mit dem Thema auseinanderzusetzen, wurde hier eine ganze Menge Klamauk betrieben. Schwarze Pinsel wurden hochgehalten, und das Thema wurde durch den Kakao oder, besser gesagt, durch den Honig gezogen.

(Ronald Schminke [SPD]: Das war Ingrid! Ich habe nicht mit dem Pinsel angefangen!)

- Nein, es war nicht die Kollegin Klopp, die als Erste einen Pinsel hochgehalten hat; sie hatte keinen Pinsel dabei.

Was Sie vor vier Wochen, lieber Kollege Schminke, geritten hat, sich bei diesem Thema nur so oberflächlich einzulassen, habe ich genauso wenig verstanden wie viele Landwirte im Alten Land und in Niedersachsen, die sich nach diesem Auftreten von der Politik nicht mehr ernst genommen fühlen, Herr Kollege Schminke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ronald Schminke [SPD]: Ich bin im- mer ganz genau!)

Ich schiebe es einfach einmal auf den oppositionellen Reflex, sich mit vielen Anträgen der Regierungsfraktionen inhaltlich gar nicht auseinanderzusetzen, sondern sie pauschal abzulehnen, weil man den politischen Erfolg eben nicht bei sich verbuchen kann.

(Ronald Schminke [SPD]: Das sollten Sie einmal lernen! Sie sitzen nämlich bald in der Opposition!)

Dies gilt übrigens nicht nur für die Diskussion hier im Plenum. Wir haben den Antrag vor wenigen Tagen im Ausschuss aufgerufen, und er wurde beraten. Auch da hätten Sie noch zu einer gemeinsamen Beschlussfassung beitragen können. Sie hätten mit dazu beitragen können, dass sich

bereits im Sommer 2011 die Situation der Bienen in Niedersachsen nachhaltig hätte verbessern und dass die Bienen von einem größeren Tracht- und Nahrungsangebot hätten profitieren können.

Herr Dr. Hocker, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Herzog?

Herr Herzog, Sie haben das Wort.