denn ein solches Anliegen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lässt sich nicht von der Regierungsbank aus verordnen. Ein solches Anliegen erfordert, wenn es gelingen soll, Teilhabe von Anfang an. Das heißt auch Teilhabe am Erarbeiten der richtigen Ziele und Methoden. Diese Teilhabe müssen wir allen Akteuren ermöglichen. Gerade im Bildungswesen, in dem sich für uns als Land aus
der UN-Konvention der größere Handlungsbedarf ergeben wird, sind das so einige auf den verschiedensten Ebenen.
Deshalb brauchen wir Zeit. Diese Zeit sollte uns das Ziel wert sein. Willkürlich gesetzte terminliche Endpunkte, wie etwa der im Antrag genannte 30. September, dienen dem nicht und sind auch nicht nötig. Nicht umsonst begründet Artikel 24 des UN-Übereinkommens für den schulischen Bereich eine staatliche Verpflichtung, die dem Vorbehalt der progressiven Realisierung unterliegt. Das heißt, die Ziele müssen gar nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden. Sie sollen und dürfen umsichtig und planvoll ausgestaltet werden, als komplexe Herausforderung, die die gesamte Gesellschaft angeht und an der daher auch die ganze Gesellschaft mitgestalten können soll. Genau das wollen wir und werden wir auch tun, auch ohne einen expliziten Aktionsplan.
Danke schön, Herr Lammerskitten. - Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zunächst von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Helmhold. Bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Lammerskitten, ich finde es immer ein bisschen schwierig, wenn hier vorne Dinge behauptet werden, die so, wie Sie sie sagen, nicht stimmen. Sie haben hier eben behauptet, wir wollten erst in einem zweiten Schritt mit den Betroffenen sprechen. Ich lese Ihnen einmal aus unserem Antrag vor:
„für den Aktionsplan Zielvorgaben für alle beteiligten Ministerien des Landes in Absprache mit dem Landesbehindertenbeauftragten, dem Landesbehindertenbeirat und dem Landesbehindertenrat zur Umsetzung der Konvention in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich zu formulieren.“
Das heißt, Einbindung der Betroffenen von Anfang an. Gehen Sie doch hier nicht her und behaupten Sie etwas anderes! Vielleicht haben Sie den Antrag nicht gelesen. Was Sie hier gesagt haben, stimmt jedenfalls nicht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lammerskitten, im Zusammenhang mit der Forderung nach Aufstellung eines Aktionsplans von Aktionismus zu reden, ist wirklich voll am Thema vorbei.
Die UN-Konvention sieht genau diese Aktionspläne als Grundlage für das weitere Handeln vor. Da können Sie doch nicht sagen, Sie wollen erst mit den Betroffenen reden. Das ist seit mehreren Monaten geltendes Recht. Wann fangen Sie denn endlich an, mit den Betroffenen zu reden?
Meine Damen und Herren, Sie ducken sich jedes Mal weg, wenn es um behindertenpolitische Fragen geht. Wenn Sie dann noch die Auffassung vertreten, dass nur der bildungspolitische Bereich die zentrale Aufgabe ist, dann zeigt dies, dass Sie von dem Thema Inklusion überhaupt nichts verstanden haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Gleichstellung aller anderen gesellschaftlichen Bereiche, gleichwertig neben dem Bildungsbereich, zwar eine Mammutaufgabe ist, aber dass es sich um eine Aufgabe handelt, die weit über das hinausgeht, was im Bildungsbereich gemacht werden muss.
Sie haben da eine Bringschuld, übrigens genauso wie bei der Fortschreibung des niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes. Seit Ende letzten Jahres müsste das vorliegen, und noch in der letzten Ausschusssitzung hat der Regierungsvertreter gesagt, er glaube nicht, dass die Notwendigkeit einer Novelle des NBGG gegeben ist. Das kann doch überhaupt nicht sein.
Beschäftigen Sie sich einmal mit den Rechtsgrundlagen, und kommen Sie hier zu konstruktiven Vorschlägen und Ergebnissen!
Herzlichen Dank. - Herr Kollege Lammerskitten möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!
Ich will das in einem einzigen Satz zusammenfassen. Wenn in den Ministerien bereits gehandelt wird, dann muss nicht mehr zum Handeln aufgefordert werden; dann ist das eigentlich die falsche Reihenfolge.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Schwarz [SPD]: Komisch, dann wissen Sie selber nicht, wie die han- deln!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag,
der bereits bestehende Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen konkretisiert. Hieraus ergibt sich ein Handlungsauftrag an Niedersachsen zur Erstellung eines Aktionsplans.
Genau hier schließt der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an. Der Antrag ist mehr als berechtigt, da es in Niedersachsen weder zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages im September 2010 - da waren seit Inkrafttreten der UNKonvention immerhin anderthalb Jahre vergangen - und auch heute noch keinen Aktionsplan gibt. Die SPD wird diesem Antrag zustimmen.
In der ersten Beratung und heute hat Frau Helmhold die Forderungen der UN-Konvention und die Umsetzungsverpflichtung der Landesregierung
dargelegt. Ich denke und hoffe trotz der Einlassungen von Herrn Lammerskitten, die UN-Konvention findet in diesem Hause fraktionsübergreifend Zustimmung.
Es muss doch möglich sein, dem Antrag bzw. dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fraktionsübergreifend zuzustimmen. Die Forderung, einen Aktionsplan bis September 2011 zu erstellen - hier hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Frist noch einmal verlängert; Frau Helmhold hat es eben angesprochen -, kann doch von der Landesregierung mit Leichtigkeit erfüllt werden,
da er sich laut Aussage des Staatssekretärs, Herrn Pott, auf der Zielgeraden befindet. Der Aktionsplan befindet sich auf der Zielgeraden. Das heißt, dass er noch nicht angekommen ist, wobei ich anmerken muss, dass die Wege im Ministerium wirklich sehr lang sein müssen; denn der Aktionsplan ist seit zwei Jahren unterwegs.
Auch die Forderung, für den Aktionsplan Zielvorgaben zur Umsetzung der UN-Konvention zu formulieren, kann nicht strittig sein. Das gilt ebenso für die Forderung, mit anderen Bundesländern Gespräche mit der Bundesregierung zur Frage der Finanzierung zu führen. Das müsste doch zum Tagesgeschäft der Landesregierung gehören. Keine dieser Forderungen ist auch nur ansatzweise dazu angetan, die Landesregierung zu kritisieren oder zu treiben, sondern sie sind eher unterstützend zu sehen. Dass die Opposition nach zwei Jahren des geduldigen Wartens auch jetzt noch nicht die sofortige Vorlage des Aktionsplans verlangt, sondern noch bis September 2011 warten will, ist, wie ich finde, ein großzügiges Arbeitsangebot.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum die Regierungsfraktionen diesen Antrag ablehnen wollen.
Sie haben in der Plenarsitzung am 8. September 2010 erklärt: Wenn sich Deutschland zur Einhaltung und Umsetzung der UN-Behindertenkonven
- Nein, das tun Sie eben nicht; sonst würden Sie heute diesem Antrag zustimmen. Aber das kann ja noch passieren; ich habe da noch alle Hoffnung.
- Wir machen es uns überhaupt nie einfach. Sie könnten dadurch, dass Sie dem heute zustimmen, nämlich den Eindruck widerlegen, dass die Landesregierung den eindeutigen Handlungsbedarf zur Erstellung eines eigenen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention wenig zielstrebig angeht. Das macht nach außen hin keinen guten Eindruck.
- Nein, wenn Sie jetzt zustimmen, dann sagen Sie: Die Landesregierung ist pfiffig dabei. - Aber: Sie nehmen die guten Vorschläge einfach nicht an, was leider zu einer leichten Kritik von mir führt. Das macht mir wirklich keinen Spaß.