Die Einschulung ist noch keine zwei Wochen her. Viele Eltern haben sich gefragt: Wie schaffe ich es mit dem wenigen Geld, meinem Kind ein schönes Fest zu bereiten, eine große Schultüte, ein cooles Outfit zu ermöglichen? - Etwas, was für viele Eltern kein Problem darstellt, bereitet einem Teil der Mütter und Väter schlaflose Nächte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, arme Kinder müssen mit zusätzlichen Einschränkungen bei der Grundversorgung mit Nahrung und Kleidung, in sozialen Beziehungen und bei kultureller Teilhabe leben. Das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung hat hier leider nur den ersten Schritt zur Abschaffung der Ungerechtigkeiten getan.
Die Bürokratie ist häufig eine weitere Hürde, die es zu überwinden gilt. Oftmals ist es auch eine weitere Stigmatisierung. Neben einem guten Einkommen bei guter Arbeit und verlässlicher Kinderbetreuung ist Teilhabe der erste Schritt gegen Armut.
Hinzu kommt ein weiterer Faktor: die Gerechtigkeit bei der Verteilung monetärer Leistungen, also direkter Gelder für Kinder und Jugendliche. Die staatlichen Zuschüsse, die Kindern gewährt werden, sind ungerecht verteilt. Familien, die SGB-IILeistungen beziehen, sind vom Kindergeld ausgeschlossen, weil dieses vollständig angerechnet wird. Familien mit einem hohen Einkommen hingegen profitieren nicht nur vom Kindergeld, sondern auch noch von steuerlichen Vorteilen. Das ist ungerecht.
Wir erreichen die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen am ehesten über Bildungseinrichtungen. Wir bitten die Landesregierung daher, sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass kurzfristig die Mittel für das Bildungs- und Teilhabepaket sowie für weitere Teilhabeleistungen erhöht werden. Dabei muss deren Beantragung weiter vereinfacht werden. Das Verfahren muss schnell und unbürokratisch über die Bühne gehen. Die Inanspruchnahme muss frei von Diskriminierung geschehen. Zu den Leistungen könnten ein gemeinsames Mittagessen in der Schule - ich glaube, viele von Ihnen wurden auf kommunaler Ebene diesbezüglich auch schon angesprochen - oder Schulbücher und notwendige Lernförderungen gehören. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Teilhabe!
In einem zweiten Schritt müssten mittelfristig SGBII-Regelsätze für Kinder unter Einbeziehung der Mittel des Bildungs- und Teilhabepaketes im angemessenen Umfang erhöht werden. Dabei ist es für uns wichtig, dass die Anrechnung des Kindergeldes auf SGB-II-Leistungen entfällt. Die Regelsätze stehen den Kindern zu. Das ist Chancengerechtigkeit.
Wir fordern, dass langfristig alle staatlichen Leistungen der Kinderförderung, wie etwa das Kindergeld, der Kinderzuschlag oder der Kinderfreibetrag, so wie der SGB-II-Regelsatz für Kinder zu einer einheitlichen Kindergrundsicherung zusammengeführt werden. Deren Höhe muss dem verfassungsrechtlichen Existenzminimum entsprechen und für alle Kinder gelten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist sozial.
Vielen Dank, Frau Kollegin Glosemeyer. - Bevor ich die nächste Wortmeldung aufrufe, darf ich Ihnen hier etwas zeigen, was im LPK-Raum gefunden wurde. Falls es jemand vermisst - das ist hier abgegeben worden. Wir haben das auch hier bekannt geben wollen.
„Kinder müssen alle Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben und auf volle Teilhabe am sozialen Leben haben.“
Ich glaube, in diesem Ziel sind sich alle Abgeordneten dieses Hauses einig. Gerade CDU-geführte Landesregierungen waren es, die in der Vergangenheit verschiedene familienpolitische Maßnahmen initiiert und durchgeführt haben, um genau dieses Ziel zu erreichen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die Übernahme der Kindergartengebühren im dritten Kindergartenjahr.
Weiterhin stellen Sie in Ihrem Antrag fest, dass das Bildungs- und Teilhabepaket Kinder- und Jugendarmut nicht wirklich entschärfen könnte.
Ich glaube, das Bildungs- und Teilhabepaket hat mit seinen Möglichkeiten einen Weg aufgezeigt, wie wir zu einer verbesserten gesellschaftlichen Teilhabe kommen können. Leider ist die Inanspruchnahme - da gebe ich dem Kollegen Schremmer recht - auf viel zu hohen bürokratischen Hürden aufgebaut. Viele Antragsteller tun sich schwer, diesen Antrag überhaupt auszufüllen. Es gibt eine Reihe von Kommunen, die extra Personal eingestellt haben, damit sie diesen Antrag ausfüllen können. Das kann nicht der Weg sein, wie wir ihn in Zukunft gehen müssen.
Ich höre das hier immer wieder seitens der Kolleginnen und Kollegen von der linken Hausseite. Sie alle wussten, dass das Bildungs- und Teilhabepaket irgendwann ausläuft. Dann kann es nicht sein, dass Sie immer nur in Richtung Berlin rufen, sondern wenn es Ihnen ernst ist, dann müssen Sie auch einmal in der Lage sein, für dieses Ziel eigene Mittel in die Hand zu nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierungsfraktionen sprechen in ihrem Antrag von einem eigenen Anspruch auf Grundsicherung für Kinder bzw. von einer Anpassung der Kinderregelsätze. Das Bundesverfassungsgericht hat in den vergangenen Jahren Urteile zum Existenzminimum bei Kindern gesprochen. Diese finden bereits heute in den SGB-II-Sätzen Anwendung. Die
se müssen natürlich - ich glaube, da sind wir uns einig; das geschieht auch - regelmäßig geprüft und angepasst werden.
Ihre Forderung nach Verzicht auf Anrechnung des Kindergeldes auf SGB-II-Leistungen kann von uns nicht mitgetragen werden. Es kann und darf nicht sein, dass jemand, der arbeitet und SGB-IILeistungen bezieht, auf Dauer weniger Einkünfte hat als derjenige, der SGB-II-Leistungen und Kindergeld bezieht. Wir müssen dafür sorgen, dass wir einen ausreichenden Abstand zwischen Sozialleistungen und Arbeitseinkommen haben, damit sich auch in Zukunft Arbeit lohnt.
(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Können Sie die Gleichung er- klären, die Sie gerade gemacht ha- ben?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang lohnt sich auch ein Blick auf das von der Mittelstandsvereinigung der CDU vorgelegte Konzept einer Steuerreform.
Herr Kollege Meyer, darf ich Sie unterbrechen und fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schremmer beantworten würden?
Im Gegensatz zu Ihrem Antrag, der Vorschläge aus der Sicht der SGB-II-Empfänger macht, macht dieses Konzept Vorschläge zur Entlastung aller Bürgerinnen und Bürger. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Familien mit Kindern. Dieses Konzept sieht für jede Bürgerin und für jeden Bürger einen Grundfreibetrag von 8 000 Euro vor. Auf darüber hinausgehende Einkünfte greift zunächst ein Einkommensteuersatz von 12 %. Auch Kinder haben vom ersten Tag an einen einheitlichen Grundfreibetrag. Dies führt zu einer kinder- und familienfreundlichen Ausgestaltung dieser Steuerreform. Es bedeutet im Endeffekt, dass eine Familie mit zwei Kindern und einem Arbeitnehmer bis
zu einem Einkommen von 33 000 Euro keinen Cent Steuern zahlt. Ich glaube, das ist der Weg, den wir gehen müssen, um die gesellschaftliche Teilhabe für Kinder und Jugendliche zu verbessern.
Es gibt aber auch in der heutigen Zeit schon eine ganze Menge Beispiele, wie Teilhabechancen erhöht werden können. Die Diakonie des Kirchenkreises Leine-Solling führt in Uslar und Bodenfelde ein Projekt „Jeder isst mit“ durch. Ohne vorherigen bürokratischen Aufwand und absolut kostenlos können Kinder in den dortigen Schulen und Kindertagesstätten am Mittagessen teilnehmen. Innerhalb von anderthalb Jahren stieg die Teilnehmerzahl der BuT-berechtigten Kinder am Mittagessen von 46 auf 142 Kinder. Auch tragen viele Kommunen durch Übernahme des einen Euro für das Mittagessen zu einem kostenlosen Mittagessen zur Verwaltungsvereinfachung bei. Daher hat sich die CDU-Landtagsfraktion auf Bundesebene bereits einmal dafür eingesetzt, dass die Streichung der Ein-Euro-Regelung in das SGB II aufgenommen wird.
In dem uns seit dieser Woche vorliegenden Antwortschreiben aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Streichung dieser EinEuro-Regelung wird deutlich, dass die Sozialdemokraten in der Bundesregierung diesen Vorschlag ablehnen. Daher wünsche ich Ihnen viel Erfolg, diesen Punkt in Ihrem Entschließungsantrag dort umzusetzen! Sie können davon ausgehen, dass Sie uns dabei an Ihrer Seite haben werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an meinen Ausführungen sehen Sie: Es gibt eine Menge Möglichkeiten zur verbesserten gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Dabei dürfen wir nicht nur die SGB-II-Empfänger im Blick haben, sondern müssen wir Regelungen für alle Gesellschaftsgruppen finden. Hierzu gibt es eine Menge interessanter Vorschläge, die wir gemeinsam miteinander diskutieren sollten. Die von Ihnen gemachten Vorschläge sind aus unserer Sicht nicht zielführend.
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt, Herr Dr. Genthe, zunächst der Abgeordnete Thomas Schremmer, Bündnis 90/Die Grünen. 90 Sekunden!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Meyer, noch einmal zum sogenannten Familienleistungsausgleich. Ich habe darüber auch gesprochen. Wir müssen die ganze Zeit gar nicht über die SGB-II-Transferempfänger reden. Die Frage ist doch: Wie rechtfertigt man, dass Kinder in unterschiedlichen Familien offensichtlich unterschiedlich hoch gefördert werden? - Das entspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes, sondern das Gegenteil ist der Fall. Ich habe es dargestellt. Man kann es berechnen. Die Kinderfreibeträge von einkommensstarken Familien führen dazu, dass im Schnitt diese Gutverdiener 270 Euro im Monat für ihr Kind bekommen und diejenigen, die durchschnittliche Einkommen haben, 190 Euro. Die Anrechenbarkeit bei denjenigen, die Transferleistungen empfangen, wird dazu führen, dass da noch weniger Geld fließt.
Wie rechtfertigen Sie als Sozialpolitiker diese Tatsache, dass an der Stelle im Grunde ein gravierender Unterschied je nach Einkommen der Familie gemacht wird, obwohl die Kinder im Prinzip alle gleich sind und wir auch wollen, dass sie alle gleich gefördert sind? Wir wollen natürlich auch nicht, dass die Kinder aus unterschiedlichen Familien unterschiedlich gefördert werden. Das haben Sie eben ganz deutlich gesagt. Ich möchte gerne wissen: Was tun Sie ganz konkret dafür, dass sich das ändert?
Vielen Dank, Herr Kollege Schremmer. - Kollege Meyer möchte antworten. Bitte! Ebenfalls maximal 90 Sekunden.
Sehr geehrter Herr Präsident, ich denke, so lange brauche ich gar nicht. - Sie machen den gleichen Fehler, den Sie immer machen. Sie machen eine Gleichmacherei der Gesellschaft, die es in keiner dieser Gesellschaften überhaupt geben wird und geben kann.
Es kann auch nicht das Ziel sein, auch nicht Ihr Ziel, in einer Gesellschaft eine Gleichmacherei zu machen und damit jeden Leistungsanreiz kaputt zu machen.
Ich glaube, in meiner Rede ist deutlich geworden, dass wir diejenigen fördern, die förderwürdig sind. Das werden wir auch in Zukunft machen. Wir wissen auch, dass es ein Existenzminimum gibt, das es zu beachten gibt. Wir können gerne diskutieren, ob dieses Existenzminimum ausreichend ist oder nicht und welcher Weg es dann sein kann, wie man diese Personen am besten fördern kann.